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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.11.2008
Aktenzeichen: BVerwG 7 B 29.08
Rechtsgebiete: AbwV
Vorschriften:
AbwV Anhang 40 Abschnitt D Abs. 5 Nr. 1 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 7 B 29.08
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 10. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Neumann
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass Abwasser aus ihrem Betrieb im Rahmen der behördlichen Überwachung auf den Parameter "absorbierbare organisch gebundene Halogene" (AOX) untersucht wird.
Im Betrieb der Klägerin werden von fremden Betrieben gefertigte und angelieferte Werkstücke im Wege der Galvanisierung mit einem metallischen Überzug versehen und anschließend an den Kunden zurückgegeben (Lohngalvanik). Das anfallende Abwasser wird in einer eigenen Behandlungsanlage der Klägerin vorbehandelt und anschließend in eine öffentliche Abwasseranlage eingeleitet. Der beklagte Landrat versah die hierfür erforderliche Genehmigung nach der Indirekteinleiterverordnung vom 10. Oktober 1990 (GVBl. S. 451) unter anderem mit einer Nebenbestimmung, nach der im Rahmen der behördlichen Überwachung das Abwasser an der Endkontrollstation durch einen amtlichen Gutachter zu beproben und unter anderem auf den Parameter AOX zu untersuchen ist.
Die Klägerin wandte sich hiergegen und verwies auf Abschnitt D Abs. 5 Nr. 1 des Anhangs 40 zur Abwasserverordnung (AbwV) vom 17. Juni 2004 (BGBl I 1108). Nach dieser Vorschrift gelten die Anforderungen an AOX in den Herkunftsbereichen Galvanik und mechanische Werkstätten auch dann als eingehalten, wenn die in der Produktion eingesetzten Hydrauliköle, Befettungsmittel und Wasserverdränger keine organischen Halogenverbindungen enthalten. Die Klägerin machte hierzu geltend, in ihrer Produktion setze sie keine Hydrauliköle, Befettungsmittel und Wasserverdränger ein.
Der beklagte Landkreis lehnte eine Änderung der Auflage zu der Indirekteinleitergenehmigung ab, weil den der Klägerin angelieferten Werkstücken aus dem Herstellungsprozess Öle, Fette und Wasserverdränger anhaften könnten, die organische Halogenverbindungen enthielten. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie auf die Verwendung von organischen Halogenverbindungen in den zuliefernden Betrieben Einfluss nehmen könne. Abschnitt D Abs. 5 des Anhangs 40 zur AbwV sei deshalb auf das bei ihr anfallende Abwasser nicht anwendbar.
Nachdem sich die zunächst erteilte Genehmigung nach der Indirekteinleiterverordnung durch Zeitablauf erledigt hatte, hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Ablehnung einer Änderung dieser Genehmigung rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und im Kern ausgeführt: Die Voraussetzungen der Regelung in Abschnitt D Abs. 5 des Anhangs 40 zur AbwV seien im Falle der Lohngalvanik der Klägerin nicht erfüllt, weil zwar im spezifischen Produktionsprozess der Klägerin als Hilfsstoffe keine Hydrauliköle, Befettungsmittel und Wasserverdränger Anwendung fänden, die organische Halogenverbindungen enthielten, aber nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese Hilfsstoffe dem zugelieferten und zu galvanisierenden Werkstück anhafteten und somit in den spezifischen Produktionsprozess im Betrieb der Klägerin eingeschleppt würden.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Klägerin wirft als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage auf,
ob die Regelung in Anhang 40 Abschnitt D Abs. 5 der AbwV so zu interpretieren ist, dass sich die Anforderungen an die "in der Produktion eingesetzten" Betriebsstoffe nur an den Galvanikbetrieb (oder die mechanische Werkstätte) selbst richten, oder ob die Regelung so interpretiert werden muss, dass mit dem Produktionsbegriff auch der Kundenbetrieb einer (Lohn-)Galvanik (bzw. mechanischen Werkstatt) erfasst wird, so dass sich die stoffbezogenen Anforderungen auch auf die der Galvanisierung (bzw. Bearbeitung in einer mechanischen Werkstatt) vorgelagerte Produktion des Halbfertigproduktes in einem anderen Unternehmen erstrecken.
Die Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie nicht klärungsbedürftig ist. Die Antwort auf sie ergibt sich bereits unmittelbar aus der einschlägigen Vorschrift. Zwar mag der Wortlaut der Vorschrift eine Auslegung im Sinne der Klägerin nicht vornherein ausschließen. Sinn und Zweck der Vorschrift erzwingen aber die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung, ohne dass dabei noch Zweifel verblieben, die in einem Revisionsverfahren behoben werden müssten.
Der Sinn und Zweck der speziellen Regelung in Anhang 40 Abschnitt D Abs. 5 AbwV wird bestimmt durch die allgemeine Vorschrift des § 3 Abs. 1 AbwV. Danach darf die Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser in Gewässer nur erteilt werden, wenn die Schadstofffracht nach Prüfung der Verhältnisse im Einzelfall so gering gehalten wird, wie dies durch Einsatz wassersparender Verfahren bei Wasch- und Reinigungsvorgängen, Indirektkühlung und den Einsatz von schadstoffarmen Betriebs- und Hilfsstoffen möglich ist, soweit in den Anhängen zur AbwV nichts anderes bestimmt ist. Diese Bestimmung enthält ein grundlegendes Gebot zur Minimierung der Schadstofffracht, das in den einzelnen Anhängen näher ausgestaltet wird.
Vor diesem Hintergrund kann - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - Anhang 40 Abschnitt D Abs. 5 AbwV nur dahin verstanden werden, dass die Einhaltung der Anforderungen an den Parameter AOX nur dann fingiert wird, wenn die Produktionsabläufe so organisiert sind, dass von der Einhaltung des Grenzwertes ausgegangen werden kann und deshalb auf eine Beprobung und die damit verbundenen Kosten verzichtet werden kann. Dies ist wiederum nur der Fall, wenn die dort bezeichneten Strategien zur Vermeidung von Schadstoffen im Abwasser ergriffen worden sind, weil nur deren tatsächlicher Einsatz den Schluss zulässt, dass der Schadstoffeintrag ohnehin unter dem Grenzwert liegt und dessen Einhaltung deshalb fingiert werden kann. Maßgeblich ist hier allein die Nr. 1 des Anhang 40 Abschnitt D Abs. 5 AbwV. Danach hängt die Fiktion einer Einhaltung der Anforderungen an den Parameter AOX davon ab, dass auf den Einsatz von Hydraulikölen, Befettungsmitteln und Wasserverdrängern verzichtet wird, die organische Halogenverbindungen enthalten.
Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, denen die Klägerin nicht entgegentritt, werden Hydrauliköle, Befettungsmittel und Wasserverdränger typischerweise als Hilfsstoffe im Bereich der mechanischen Werkstätten bei der Herstellung oder Bearbeitung des Werkstücks eingesetzt, nicht aber in der Galvanik einschließlich der dortigen Vor-, Zwischen- und Nachbehandlung. In die Abwässer aus dem Herkunftsbereich Galvanik gelangen Hydrauliköle, Befettungsmittel und Wasserverdränger typischerweise dadurch, dass sie im Zuge des Galvanisierungsprozesses von den eingebrachten Werkstücken, denen sie anhafteten, gelöst werden.
Dieser typische Ablauf darf bei der Auslegung und Anwendung der Regelung des Anhangs 40 Abschnitt D Abs. 5 AbwV nicht ausgeblendet werden, wenn das Ziel nicht unterlaufen werden soll, das an die öffentliche Abwasserbeseitigung abgegebene Abwasser möglichst frei von toxischen Halogenverbindungen zu halten. Die Anwendung der Fiktionsregelung rechtfertigt sich nur, wenn die dort vorausgesetzten Strategien zur Vermeidung einer Belastung des Abwassers mit organischen Halogenverbindungen bereits in den mechanischen Werkstätten einsetzen, in denen das Werkstück hergestellt oder bearbeitet wird.
Dies kommt im Wortlaut der Vorschrift eindeutig zum Ausdruck. Absatz 5 des Anhangs 40 Abschnitt D AbwV trennt nicht nach den Herkunftsbereichen Galvanik und mechanische Werkstätten, sondern fasst beide zusammen. Hiervon ausgehend erfasst der Begriff "Produktion" in Anhang 40 Abschnitt D Abs. 5 Nr. 1 AbwV den Prozess der Herstellung und Bearbeitung von Werkstücken in der mechanischen Werkstatt und die anschließende Galvanisierung der Werkstücke. Findet beides - Herstellung oder Bearbeitung des Werkstücks und dessen Galvanisierung - in einem Betrieb statt, liegt ohnehin auf der Hand, dass mit "Produktion" dieser Prozess insgesamt gemeint ist und einheitlich erfasst werden soll. Für die Anwendung der Fiktionsregel ändert sich daran nichts, wenn diese einheitliche Produktion arbeitsteilig auf einen Herstellungsbetrieb und eine Lohngalvanik aufgeteilt ist.
Einem Betrieb, der sich auf die Galvanisierung von Werkstücken aus fremden Betrieben beschränkt, kommt die Fiktionsregelung des Anhangs 40 Abschnitt D Abs. 5 Nr. 1 AbwV danach nur dann zugute, wenn er nachweisen kann, dass auch bei der Herstellung und Bearbeitung der ihm zugelieferten Werkstücke keine Hydrauliköle, Befettungsmittel und Wasserverdränger mit organischen Halogenverbindungen eingesetzt worden sind.
Dies hat das Oberverwaltungsgericht im Einzelnen in seiner Entscheidung zutreffend dargelegt. Dem wäre auch in einem Revisionsverfahren nichts hinzuzufügen. Die Klägerin hat mangels inhaltlicher Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht aufgezeigt, dass weiterer Klärungsbedarf besteht und in einem Revisionsverfahren weitergehende Erkenntnisse gewonnen werden könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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