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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.02.1998
Aktenzeichen: BVerwG 7 B 347.97
Rechtsgebiete: VermG, VwGO


Vorschriften:

VermG § 5 Abs. 1 Buchst. a und d
VermG § 6 Abs. 6 a
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3
VwGO § 104 Abs. 1
Leitsatz:

Der Rückgabeausschluß nach § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG kann nicht durch das Angebot eines Nutzungsverhältnisses abgewendet werden.

Beschluß des 7. Senats vom 19. Januar 1998 - BVerwG 7 B 347.97

I. VG Leipzig vom 16.04.1997 - Az.: VG 3 K 498/95


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 7 B 347.97 VG 3 K 498/95

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 19. Januar 1998 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und Kley

beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 16. April 1997 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 119 590 DM festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger beansprucht nach § 6 Abs. 6 a des Vermögensgesetzes - VermG - die Rückübertragung von Grundstücken, die früher zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb gehörten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Rückübertragung wegen Einbeziehung der Flächen in ein Naherholungsgebiet nach § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG ausgeschlossen sei.

Auch die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1), noch sind Verfahrensfehler erkennbar, welche die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigen (2).

1. a) Soweit der Kläger allgemein beanstandet, das angegriffene Urteil lasse die gebotene einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 1 VermG vermissen, und deshalb meint, der Umfang des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von Restitution und Rückgabehindernissen bedürfe revisionsgerichtlicher Klärung, genügt sein Vorbringen nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung einer Grundsatzrüge. Eine konkrete Rechtsfrage, die in einem Revisionsverfahren zu beantworten wäre, formuliert er in diesem Zusammenhang nicht.

b) Grundsätzliche Bedeutung weist auch nicht die im Anschluß daran aufgeworfene Frage auf, ob im Hinblick auf die Größe des betroffenen Gebiets bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG eine Gesamtschau ausreiche oder eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Flurstücke erforderlich sei; denn ihre Beantwortung muß sich zwangsläufig an den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ausrichten. Abgesehen davon sind nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts sämtliche umstrittenen Flächen untrennbar in das Naherholungsgebiet einbezogen, das eine zusammenhängende parkähnliche Anlage bildet. Ausgehend von diesen tatsächlichen Verhältnissen liegt es auf der Hand, daß eine nach einzelnen Flurstücken differenzierende Betrachtung ausscheidet.

c) Ebensowenig ist die Zulassung der Revision wegen der vom Kläger sinngemäß gestellten Frage gerechtfertigt, ob dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der veränderten Nutzung im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG auch durch die Vereinbarung eines langfristigen Nutzungsverhältnisses mit dem Alteigentümer Rechnung getragen werden kann. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, daß dieser Restitutionsausschluß schon seinem Wortlaut nach eine solche "Abwendungsbefugnis" des Berechtigten nicht zuläßt. Anders als § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG, der vorschreibt, daß ein der gewerblichen Nutzung zugeführtes oder in eine Unternehmenseinheit einbezogenes - und damit in privatem Interesse ungenutztes - Grundstück nur dann von der Rückgabe ausgeschlossen ist, wenn diese nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens möglich ist, enthalten die anderen Restitutionsausschlußtatbestände des § 5 Abs. 1 VermG, die an eine im öffentlichen Interesse vorgenommene Nutzungsänderung anknüpfen, keine derartige Einschränkung. Bei ihnen führt daher bereits die Nutzungsänderung allein zum Restitutionsausschluß, ohne daß es darauf ankäme, ob und inwieweit im Einzelfall die geänderte Nutzung auch bei Rückgabe des Eigentums aufrechterhalten werden könnte.

d) Schließlich kommt eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch nicht wegen der vom Kläger gestellten Frage in Betracht, ob dem vom Bundesverwaltungsgericht zu § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG entwickelten qualitativen Beurteilungsmaßstab (Urteil vom 30. November 1995 - BVerwG 7 C 55.94 - BVerwGE 100, 70) "bereits durch eine quantitative Überprüfung der getätigten Investitionen Genüge geleistet wird". Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Verwaltungsgericht sich ausdrücklich die qualitative Betrachtungsweise des Senats zu eigen gemacht und für die Erheblichkeit des baulichen Aufwandes neben den Kosten auf die Art der Baumaßnahmen und die dadurch bewirkten Veränderungen im Erscheinungsbild abgestellt hat. Unabhängig davon wäre die Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat sie - soweit sie einer generellen Beantwortung zugänglich ist - bereits in der vom Kläger herangezogenen Entscheidung behandelt hat.

2. Die geltend gemachten Verfahrensfehler führen ebenfalls nicht zum Erfolg des Rechtsbehelfs.

a) Soweit der Kläger eine Verletzung der Erörterungspflicht nach § 104 Abs. 1 VwGO rügt, die dazu geführt habe, daß das Verwaltungsgericht von einem überhöhten Pachtzins im Falle einer Erbbaurechtsbestellung ausgegangen sei, kann das angegriffene Urteil nicht auf diesem vermeintlichen Verfahrensfehler beruhen; denn das Verwaltungsgericht steht vorrangig auf dem - richtigen - Standpunkt, daß § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG keine Möglichkeit bietet, den Rückgabeausschluß durch die Vereinbarung eines Nutzungsrechtsverhältnisses abzuwenden. Abgesehen davon ist aber auch der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe einen überhöhten Pachtzins angenommen, nicht nachvollziehbar, so daß auch insoweit ein Ursachenzusammenhang zwischen gerügtem Verfahrensmangel und ergangener Entscheidung nicht feststellbar ist. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 16. April 1997 - Bl. 224 ff. d.A. - hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers bei seinem Angebot einen Erbbauzins von 4 % zugrunde gelegt, was - wie das Verwaltungsgericht zutreffend berechnet hat - bei einer Fläche von 12 ha und einem angenommenen Grundstückswert von 2 DM je Quadratmeter Nutzfläche einen jährlichen Pachtzins von 9 600 DM ergibt.

b) Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, das von ihm verwertete Urteil des Senats vom 20. März 1997 (- BVerwG 7 C 55.96 - VIZ 1997, 412) mit den Beteiligten zu erörtern, denen es seinerzeit noch nicht bekannt gewesen sei, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Die Vorstellung des Klägers, eine solche Erörterung mit den Beteiligten hätte dazu führen können, daß das Gericht - diesem Urteil folgend - auf eine Dauernutzungsregelung zwischen den Beteiligten hingewirkt hätte, geht daran vorbei, daß die dahin gehenden Aussagen dieser Entscheidung sich auf § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG beschränken und nicht auf die anderen Restitutionstatbestände des § 5 Abs. 1 VermG übertragbar sind.

c) Ebenfalls erfolglos bleibt der weitere Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht sei ohne vorherige Erörterung mit den Beteiligten und damit überraschend von einer baurechtlichen Unzulässigkeit einer "Ausparzellierung" der Bungalowgrundflächen ausgegangen. Auch auf diesem vermeintlichen Verfahrensmangel kann die angegriffene Entscheidung nicht beruhen; denn bei diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts handelt es sich um eine bloße Hilfserwägung.

d) Unberechtigt ist auch die abschließende Rüge, das Verwaltungsgericht habe aktenwidrig angenommen, der Kläger habe keine langfristige Nutzungssicherung des betroffenen Objekts angeboten. Das Gericht hat vielmehr unter ausdrücklicher Wiedergabe dieses Angebots lediglich auf den Umstand hingewiesen, daß der Kläger die Flächen nicht selbst in der bisherigen Art und Weise nutzen und bewirtschaften wolle, sondern dies der Beigeladene zu 1 gegen Entgelt tun solle.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.



Ende der Entscheidung

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