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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.10.2001
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 10.01
Rechtsgebiete: VermG, SpTrUG, InVorG


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 6 Satz 1
VermG § 5 Abs. 1 Buchst. a
VermG § 5 Abs. 1 Buchst. d
VermG § 6 Abs. 1 Satz 1
SpTrUG § 12 Abs. 1
InVorG § 11 Abs. 5
InVorG § 16 Abs. 1 Satz 3
Der Restitutionsausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG ist auch auf gemeinnützig tätige Unternehmen anwendbar.

Eine zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben in der Rechtsform einer Gesellschaft privaten Rechts betriebene Einrichtung ist kein Unternehmen im Sinne des Vermögensgesetzes. Die Rückgabe eines für deren Zwecke genutzten Grundstücks kann nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG ausgeschlossen sein.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 7 C 10.01

Verkündet am 25. Oktober 2001

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2001 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, Kley, Herbert und Neumann

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 27. April 2000 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Kläger verlangen die Feststellung ihres Anspruchs auf den Verkehrswert des Betriebsgrundstücks des ehemaligen Textilunternehmens M. M. AG in C. Ihren jüdischen Rechtsvorgängern, die jeweils zur Hälfte das Grundkapital der AG hielten, wurden die Aktien aus Gründen rassischer Verfolgung entzogen. Das "arisierte" Unternehmen wurde zunächst fortgeführt und nach seiner Enteignung auf der Grundlage des sächsischen Gesetzes über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes im Jahr 1949 stillgelegt. Rechtsträger des Betriebsgrundstücks in der A. Straße 11 war seit 1957 der VEB K. und E. für Textilmaschinen - Institut für Textilmaschinen - in K.

Das Institut für Textilmaschinen wurde durch Anordnung des Ministers für Schwermaschinenbau vom 17. Dezember 1956 als "Haushaltsorganisation" gegründet. Es diente Aufgaben der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet des Textilmaschinenbaus. Zum Bau von Prototypen und Mustermaschinen wurden in der A. Straße Erprobungs- und Versuchsräume im Nachbargebäude angemietet. Der Bereich Maschinendynamik, Messtechnik, Elektrotechnik und Elektronik wurde 1969/70 in den Betriebsteil P.straße in C. ausgelagert. Seit 1979 firmierte das Institut als Forschungsbetrieb des volkseigenen Kombinats T. unter der Bezeichnung Te. 1980 wurde es mit dem VEB Nähwirkmaschinenbau zum VEB Te. M. verschmolzen. Zugleich bezog die Abteilung Elektrotechnik/Elektronik ein Gebäude in der N.straße in C. Durch notarielle Erklärungen vom 28. Juni 1990 wurde der VEB Te. M. auf der Grundlage der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 im Wege der Unternehmensspaltung in die M.-Ma. GmbH und in die C. Tex. GmbH umgewandelt. Zur Durchführung der Umwandlung sollten das Fondsvermögen des VEB Te. M. zum 1. Mai 1990 auf die beiden neuen Gesellschaften übertragen werden und die Rechtsträgerschaft an Grund und Boden auf die Treuhandanstalt übergehen, die den Gesellschaften die Nutzungsrechte zu übergeben hatte.

Die C. Tex. GmbH wurde am 4. Oktober 1990 in das Handelsregister eingetragen. Im Juli 1991 änderte sie ihre Firma in Ce. C. Tex. GmbH (künftig: Ce.). Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 10. August 1993 wurde die Gesellschaft in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt, die nach dem Gesellschaftsvertrag der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Technik und Bildung auf dem Gebiet des Textilmaschinenbaus und angrenzenden Gebieten des allgemeinen Maschinenbaus dienen soll, selbstlos tätig ist und ausschließlich gemeinnützige Zwecke im Sinne des Steuerrechts verfolgt. Im Jahr 1994 wurde die Ce. durch Veräußerung der Geschäftsanteile an den Förderverein Ce. C. Tex. e.V. als Alleingesellschafter privatisiert.

Die Ce. wurde am 15. Juli 1991 als Eigentümerin des in Rede stehenden Grundstücks eingetragen. Auf ihren Antrag erließ die Stadt C. am 8. Oktober 1993 einen Investitionsvorrangbescheid über die Inanspruchnahme des Betriebsgrundstücks zur Errichtung einer Montage- und Erprobungshalle. In der Begründung des Bescheids heißt es, dass durch diese Eigeninvestition der notwendige Ersatz für den ehemaligen Betriebsteil P.straße geschaffen werden solle. Das Grundstück P.straße wurde Ende 1992 aufgrund einer gütlichen Einigung zwischen der Ce. und der Fa. Kettenfabrik S. und K. als Berechtigter in das Eigentum der Sa.- und P.gesellschaft mbH in D. übertragen; das Betriebsgrundstück des früheren Betriebsteils N.straße wurde bereits 1991 der Stadt C. zur Verfügung gestellt. Durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 9. April 1996 stellte die Stadt C. fest, dass die eigeninvestive Maßnahme der Ce. auf dem Grundstück A. Straße 11 durchgeführt worden sei.

Die Kläger meldeten im Jahr 1990 vermögensrechtliche Ansprüche an und verlangten die Rückgabe des Grundstücks A. Straße 11. Durch Bescheid vom 8. Juni 1995 stellte der Beklagte ihre Entschädigungsberechtigung fest, weil der verfolgungsbedingte Vermögensverlust ihrer Rechtsvorgänger zu vermuten sei. Die Rückübertragung des Unternehmens M. M. AG i.L. sowie des Grundstücks A. Straße 11 lehnte er ab. Das Unternehmen sei im Jahr 1949 stillgelegt worden, eine Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs sei nicht zu erwarten. Das ehemalige Betriebsgrundstück sei gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG von der Rückgabe ausgeschlossen, weil es in die Unternehmenseinheit des 1957 gegründeten Instituts für Textilmaschinen einbezogen worden sei, durch die Ce. als dessen Rechtsnachfolgerin für betriebliche Zwecke genutzt werde und als das einzige Betriebsgrundstück nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens zurückgegeben werden könne. Diese Beeinträchtigung werde durch ein Vermietungsangebot der Kläger nicht beseitigt, da die Mietkosten den Bestand der Einrichtung und deren Gemeinnützigkeit gefährden würden. Auch eine gemeinnützige GmbH könne den Restitutionsausschlusstatbestand erfüllen.

Auf die gegen die Ablehnung der Rückübertragung des Betriebsgrundstücks erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet festzustellen, dass der M. M. AG i.L. dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung des Verkehrswerts des Grundstücks A.straße 11 zustehe. Die Rückübertragung des Grundstücks sei infolge Durchführung der investiven Maßnahme der Ce. nicht möglich. Der Restitutionsausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG sei nicht erfüllt, weil die Ce. als gemeinnützige GmbH kein Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift sei. Ein Unternehmen im Sinne des Vermögensgesetzes setze in Anlehnung an den Gewerbebegriff eine auf Gewinnerzielung gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit voraus. Gemeinnützige Unternehmen unterfielen bei Vorhandensein eines öffentlichen Interesses dem Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG. Soweit der Anwendungsbereich dieser speziellen Regelung eröffnet sei, sei § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG nicht anwendbar. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG seien jedoch nicht gegeben, weil die Ce. am Stichtag noch kein gemeinnütziges Unternehmen gewesen sei. Im Übrigen bestünden Zweifel daran, dass die Rückgabe des Grundstücks zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Unternehmens geführt hätte. Die wirtschaftliche Lage der Ce. und die Nutzung des Grundstücks am Stichtag seien nicht bekannt. Die Ce. könne sich nicht auf die Betriebsnotwendigkeit des in Rede stehenden Grundstücks berufen, nachdem sie bereits das Eigentum an ihren beiden anderen Betriebsgrundstücken (P.straße und N.straße) aufgegeben habe. Die Grundstücksfragen hätten im Zusammenhang gelöst werden müssen. Gegen eine erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens spreche auch die Tatsache, dass die Ce. zumindest ab April 1993 bis zur Durchführung der Eigeninvestition im Jahr 1996 Büroflächen auf dem Grundstück an Dritte vermietet habe. Offen bleiben könne, ob der Ausschlussgrund durch das Vermietungs- oder Verpachtungsangebot der Kläger an die Ce. entfallen sei.

Gegen dieses Urteil hat die Beigeladene die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Der Beklagte tritt der Rechtsauffassung der Beigeladenen bei. Die Kläger verteidigen das angegriffene Urteil mit Rechtsausführungen und neuem tatsächlichen Vorbringen.

II.

Die Revision ist begründet. Die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der vermögensrechtliche Unternehmensbegriff und damit auch die Anwendbarkeit des in § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG geregelten Restitutionsausschlussgrundes eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit voraussetze, verletzt Bundesrecht (1). Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz ist der Senat an einer abschließenden Entscheidung in der Sache gehindert (2). Daher ist das Urteil des Verwaltungsgerichts nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.

1. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Erwägung stattgegeben, dass entgegen der Annahme des Beklagten einer der in § 5 VermG geregelten Restitutionsausschlussgründe nicht vorliege. Insbesondere fehle es an den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG, denn die Ce. sei wegen ihrer Eigenschaft als gemeinnütziges und damit nicht auf Gewinn zielendes Unternehmen keine Unternehmenseinheit im Sinne dieser Vorschrift. Diese Begründung ist bundesrechtswidrig; sie ist mit dem Unternehmensbegriff des Vermögensgesetzes unvereinbar.

Wie der Senat im Urteil vom 20. September 2001 - BVerwG 7 C 25.00 - (zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, gehört die Absicht der Gewinnerzielung nicht zu den Voraussetzungen des Unternehmensbegriffs gemäß § 6 VermG i.V.m. § 1 der Unternehmensrückgabeverordnung (URüV). Ein einheitlicher, durch Gewinnorientierung gekennzeichneter Unternehmensbegriff, an den das Vermögensgesetz hätte anknüpfen können, lässt sich nicht feststellen. Der im Vermögensgesetz verwendete Begriff des Unternehmens setzt entsprechend dem dieses Gesetz prägenden Wiedergutmachungszweck keine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Das Vermögensgesetz behandelt Unternehmen als eigenständige Vermögenswerte, weil sie sich - über die bloße Zusammenfassung von einzelnen Vermögensgegenständen hinaus - als Vermögensmassen darstellen, die als organisierte Einheiten am Markt auftreten und von einem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck geformt sind. Wurden sie dem Unternehmensträger durch eine Schädigungsmaßnahme entzogen, so sind sie - soweit möglich - auch als solche zurückzugeben, weil anders dem Wiedergutmachungszweck des Gesetzes nicht ausreichend Rechnung getragen werden könnte. Der wirtschaftliche Zweck als bestimmendes Merkmal des Unternehmensbegriffs (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 1997 - BVerwG 7 C 40.96 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 35) ist nicht mit einer Gewinnerzielungsabsicht gleichzusetzen. Er ist erfüllt, wenn der Betrieb planmäßig und auf Dauer angelegt eine wirtschaftliche Tätigkeit am Markt entfaltet, d.h. Produkte oder Dienstleistungen gegen Entgelt anbietet. Für das gesetzliche Ziel der Erhaltung von Vermögensgesamtheiten ist es ohne Belang, ob ein Betrieb auf Gewinnerzielung oder lediglich auf kostendeckende Einnahmen gerichtet ist.

Hiervon ist auch bei der Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG auszugehen. Den unternehmensbezogenen Merkmalen dieses Restitutionsausschlusstatbestands liegt der im Vermögensgesetz einheitlich verwendete Unternehmensbegriff zugrunde. Dem steht der Gesetzeswortlaut nicht entgegen, der in der ersten Alternative des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG auf eine "gewerbliche" Nutzung abstellt. Diese Formulierung geht auf Nr. 3 Buchst. a der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 zurück. Sie hat nicht den Sinn, abweichend von den Voraussetzungen der in der zweiten Alternative genannten Unternehmenseinheit einen gewinnorientierten Gewerbebegriff in das Vermögensgesetz einzuführen. Die Unterscheidung der beiden Tatbestandsalternativen soll den Fall der Nutzungsänderung eines vor der Schädigung keinen unternehmerischen Zwecken dienenden Grundstücks (Zuführung) von einer fortgesetzten Nutzung für derartige Zwecke (Einbeziehung) abgrenzen (vgl. die Erläuterungen der Bundesregierung zu § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG, BTDrucks 11/7831). Auch die hiernach der unternehmerischen gleichstehende gewerbliche Nutzung setzt keine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Der Ausschlusstatbestand zielt mit beiden Alternativen darauf ab, die Lebensfähigkeit vorhandener Unternehmen zu erhalten. Die Vorschrift bewirkt eine "vergangenheitsorientierte investive Vorfahrtsregelung" (vgl. Urteil vom 20. März 1997 - BVerwG 7 C 55.96 - BVerwGE 104, 193 <197>). Mit dieser Funktion bezweckt sie vorrangig den Schutz der aus den ehemaligen volkseigenen Betrieben hervorgegangenen Wirtschaftseinheiten (vgl. §§ 11, 23 TreuhG). Deren Fortbestand unter den neuen Wirtschaftsbedingungen soll nicht durch Rückgabe betriebsnotwendiger Grundstücke oder Gebäude gefährdet werden. Der Regelungszweck erfasst damit auch gemeinnützig tätige Unternehmen, deren Gegenstand und Zweck auf eine Teilnahme am Markt gerichtet ist. Die Erhaltungswürdigkeit eines Unternehmens hängt nicht davon ab, ob die Erträge für eigennützige oder für gemeinnützige Zwecke (vgl. §§ 51 ff. AO, § 1 KStG 1999) verwendet werden.

2. Ob die Rückübertragung der Grundstücke an die Kläger gemäß § 5 VermG ausgeschlossen ist, lässt sich derzeit nicht abschließend entscheiden.

a) Im Blick auf das klägerische Vorbringen in der Revisionsinstanz bemerkt der Senat jedoch vorab, dass die in der genannten Bestimmung aufgeführten Ausschlussgründe auch in vollem Umfang für vermögensrechtliche Ansprüche gelten, die sich aus § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG herleiten. Nach dieser Vorschrift ist das Vermögensgesetz entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden, die ihr Vermögen wegen ihrer Verfolgung aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verloren haben. Die "entsprechende" Anwendung des Vermögensgesetzes bedeutet nicht, dass die Vorschrift des § 5 VermG auf Ansprüche nach § 1 Abs. 6 VermG unanwendbar oder nur eingeschränkt anwendbar wäre; das wird durch § 1 Abs. 1 des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes bestätigt, der auf den Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 1 VermG und damit auch auf § 5 VermG Bezug nimmt (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 7 C 19.94 - BVerwGE 98, 261 <267>). Gegen die Anwendung des Restitutionsausschlusses auf Ansprüche nach § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG bestehen weder verfassungsrechtliche noch völkerrechtliche Bedenken (a.a.O., S. 267 ff.; ebenso der in jenem Verfahren ergangene Kammerbeschluss des BVerfG vom 17. Februar 1999 - 1 BvR 1579/95 und 495/96 -, RGV B III 87). Gleiches gilt für die Einschränkung solcher Rückübertragungsansprüche durch das Investitionsvorranggesetz; durch dieses werden im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums in zulässiger Weise bestimmt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Oktober 1998 - 1 BvR 179/94 -, NJW 1999, 1460).

b) Die Anwendung des Restitutionsausschlusstatbestands des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG scheitert des Weiteren auch nicht daran, dass die Beeinträchtigung des Unternehmens durch die Rückgabe eines Grundstücks auf dem Verlust des Eigentums beruhen muss; denn die Ce. verfügte bereits am Stichtag des § 5 Abs. 2 VermG über eine Rechtsstellung, die dem Eigentum am Grundstück gleichkam.

Nach der Rechtsprechung des Senats müssen die Zuführung eines Grundstücks oder Gebäudes zu einer gewerblichen Nutzung und die Einbeziehung in eine Unternehmenseinheit regelmäßig aus eigenem Recht vollzogen worden sein (vgl. Urteil vom 14. Juni 2001 - BVerwG 7 C 24.00 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Der Schutzzweck des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG, bestimmte Veränderungen der Nutzungsart oder Zweckbestimmung eines entzogenen Unternehmens nicht durch die Wiederherstellung der früheren Eigentumsverhältnisse in Frage zu stellen, greift nicht ein, wenn die Nutzung des Grundstücks auf einem schuldrechtlichen Verhältnis beruht (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 7 C 63.94 - Buchholz 428 § 17 VermG Nr. 1). Der Ausschlusstatbestand setzt voraus, dass das Unternehmen bereits am Stichtag Eigentümer des Grundstücks war oder zumindest eine eigentumsähnliche Rechtsstellung hatte. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Ce. ist als Eigentümerin des Grundstücks zwar erst am 15. Juli 1991 im Grundbuch eingetragen worden. Sie hatte ein eigentumsähnliches Recht an dem Grundstück jedoch bereits aufgrund der notariellen Umwandlungserklärung vom 28. Juni 1990 erlangt.

Die Umwandlung des VEB Te. M. in die M. Ma. GmbH und die Ce. beruhte auf der Umwandlungsverordnung vom 1. März 1990. Danach sollte der in Rechtsträgerschaft befindliche Grund und Boden in das Eigentum der umgewandelten Kapitalgesellschaften übergehen (§ 23, § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG). Im Fall der Unternehmensspaltung fehlte es an einer Regelung, die eine Übertragung von Vermögensgesamtheiten erlaubte. Diese Möglichkeit wurde durch das Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTrUG) vom 5. April 1991 (BGBl I S. 854) geschaffen. Für bestimmte Rechtsmängel im Zusammenhang mit der Spaltung und Umwandlung ehemals volkseigener Wirtschaftseinheiten, die zur Unwirksamkeit des Rechtsübergangs einer Vermögensgesamtheit im Wege der Realteilung auf eine oder mehrere neue Kapitalgesellschaften geführt hatten, sieht das Gesetz eine Heilung vor (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SpTrUG). Eine fehlgeschlagene Vermögensübertragung wird geheilt, wenn sie nach dem Willen der an der Umwandlungserklärung beteiligten Parteien zum Zweck der Gründung von Spaltgesellschaften vor In-Kraft-Treten des Spaltungsgesetzes erfolgen sollte. Mit der Heilung fingiert das Gesetz den Übergang der Vermögensgegenstände rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eintragung der Spaltgesellschaft in das Handelsregister. Die Vorschrift bewirkt auch den Übergang des Eigentums an Grundstücken (vgl. Haritz, in RVI, § 12 SpTrUG Rn. 10 f.). Der Rechtsübergang wird gegenüber dem Grundbuchamt durch eine Bescheinigung der Treuhandanstalt nachgewiesen.

Die Voraussetzungen der Heilung eines unwirksamen Eigentumsübergangs sind hier ersichtlich erfüllt. Bei der Eintragung der Ce. als Eigentümerin des Grundstücks am 15. Juli 1991 wurde im Grundbuch vermerkt, dass diese Eintragung aufgrund Bestätigung der Treuhandanstalt vom 11. Juni 1991 und Eintragung der Ce. im Handelsregister nach dem Treuhandgesetz in Verbindung mit § 12 des Spaltungsgesetzes erfolgt ist. Die Ce. ist hiernach seit 4. Oktober 1990 Eigentümerin des in Rede stehenden Grundstücks. Dass es am Stichtag des § 5 Abs. 2 VermG (29. September 1990) noch aufgrund eines von der Treuhandanstalt eingeräumten Nutzungsrechts in die Unternehmenseinheit einbezogen war, ist unschädlich. Aus der Umwandlungserklärung ergibt sich, dass die Treuhandanstalt die Rechtsträgerschaft an dem Grundvermögen des VEB Te. M. übernehmen und den umgewandelten Kapitalgesellschaften - entsprechend einem gesonderten, nicht in den vorliegenden Akten befindlichen Verzeichnis - hieran die Nutzungsrechte einräumen sollte. Diese Abweichung von dem gesetzlich vorgesehenen Übergang in das Eigentum der umgewandelten Kapitalgesellschaft erklärt sich aus dem gesellschaftsrechtlichen Systemwechsel im Jahr 1990. Angesichts der bereits vorgezeichneten Eigentumszuordnung vermittelte das als Eigentumsersatz dienende Nutzungsrecht an dem Grundstück der Ce. die am Stichtag erforderliche Rechtsstellung.

c) Der näheren Klärung bedürfen dagegen der Unternehmensgegenstand der Ce. und im Zusammenhang damit die Mitgliedschaftsverhältnisse des Fördervereins als ihres Unternehmensträgers. Nur dann lässt sich abschließend beurteilen, ob das Grundstück dem Restitutionsausschluss des § 5 VermG - sei es gemäß Buchst. a, sei es gemäß Buchst. d - unterfällt.

Nach dem Revisionsvorbringen der Kläger wurde die Ce. in ein gemeinnütziges Unternehmen umgewandelt, um die Aufgabe staatlicher Wirtschaftsförderung mittels staatlicher und kommunaler Zuschüsse zu erfüllen. Dieses Vorbringen gibt angesichts der Voraussetzungen des vermögensrechtlichen Unternehmensbegriffs Anlass zu der Prüfung, ob der Förderverein als alleiniger Anteilsinhaber der Ce. dem maßgeblichen Einfluss von Trägern öffentlicher Verwaltung unterlag und ob der in eine gemeinnützige Tätigkeit geänderte Unternehmensgegenstand noch durch eine wirtschaftliche Zielsetzung geprägt war. Ein Unternehmen, das seinen Unternehmenszweck durch privatwirtschaftliche Tätigkeit am Markt nicht dauerhaft wahrnehmen kann, scheidet aus dem privatwirtschaftlichen Sektor aus, wenn es im öffentlichen Interesse zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge in staatliche Regie übernommen wird. Eine solche Einrichtung öffentlicher Wirtschaftsverwaltung ist unabhängig davon, ob die privatrechtliche Form fortbesteht, kein Unternehmen im Sinne des Vermögensgesetzes. Demgegenüber hindern weder die Gemeinnützigkeit des Unternehmens noch seine Abhängigkeit von Subventionen die Anwendung des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG, wenn die Ce. nach wie vor nicht von staatlichen und kommunalen Hoheitsträgern beherrscht ist und durch Angebot von Produkten oder Leistungen gegen Entgelt auch nach Änderung des Unternehmensgegenstands privatwirtschaftliche Zwecke wahrnimmt.

aa) War die Ce. im maßgeblichen Zeitraum - vom Stichtag des § 5 Abs. 2 VermG bis zur Durchführung der Eigeninvestition (vgl. Urteil vom 2. Mai 1996 - BVerwG 7 C 16.95 - Buchholz 428.1 § 12 InVorG Nr. 7) - ihrem Gegenstand nach als durch privatwirtschaftliche Zwecke gekennzeichnetes Unternehmen zu beurteilen und kommt damit die Anwendung des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG in Betracht, bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Frage der Betriebsnotwendigkeit des in Rede stehenden Grundstücks.

Unter der Voraussetzung, dass die Grundstücke P.straße oder N.straße im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 SpTrUG nach dem Willen der die Umwandlung erklärenden Parteien in das Vermögen der Ce. übergehen sollten, wird das Verwaltungsgericht zu klären haben, ob nach den im maßgeblichen Zeitraum gegebenen tatsächlichen Umständen das Grundstück A. Straße 11 derart funktional in die Unternehmenseinheit einbezogen war, dass es nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens zurückgegeben werden konnte. Das ist schwerlich dann der Fall, wenn sich zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht aus betriebsbezogenen Gründen herleiten ließ, dass gerade das Grundstück A. Straße 11 das künftige Betriebsgrundstück der Ce. werden sollte, weil auch die beiden anderen Grundstücke nach Lage, Größe und Beschaffenheit für diesen Zweck geeignet waren. Unter diesen Umständen könnte sich die Beigeladene nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es bei den anderen Grundstücken zu einer Rückgabe im Wege der gütlichen Einigung gekommen und das in Rede stehende Grundstück erst dadurch betriebsnotwendig geworden ist.

Ferner wird zu klären sein, ob das Vermietungsangebot der Kläger, dem der Entwurf eines offenbar von der Treuhandanstalt ausgearbeiteten Mietvertrags vom 13. August 1993 zugrunde lag, die Betriebsnotwendigkeit des Grundstücks entfallen ließ. Dabei wird das Verwaltungsgericht davon auszugehen haben, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG auch dann gegeben sein kann, wenn die Rückgabe des Grundstücks aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Lebensfähigkeit des Unternehmens gefährden würde (vgl. Urteil vom 20. März 1997 - BVerwG 7 C 55.96 - BVerwGE 104, 193 <200 f.>). Diese Voraussetzung ist bei einem gemeinnützigen Unternehmen danach zu beurteilen, ob es durch eine Anmietung des Betriebsgrundstücks einem erheblichen, den Unternehmenszweck gefährdenden Kostendruck ausgesetzt wird. Daran kann es fehlen, wenn nach dem Inhalt des Mietvertrags und begleitenden Vereinbarungen die Existenzfähigkeit des Unternehmens ohne das Eigentum an dem Grundstück gesichert erscheint. Als derartige Ausgleichsmaßnahme kann auch die von der Treuhandanstalt verlangte Ablösung von Verbindlichkeiten der Ce. zu werten sein (vgl. § 6 Abs. 6 a Satz 2 VermG). Einer solchen Zahlungsverpflichtung stand die für Ansprüche aus § 1 Abs. 6 VermG geltende Sonderregelung des § 3 Abs. 1 Sätze 4 und 5 VermG a.F. (jetzt: § 3 Abs. 1 Sätze 4 und 10 VermG) nicht entgegen, da deren Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben waren.

Schließlich wird das Verwaltungsgericht der Frage nachzugehen haben, ob aus der zeitweisen Fremdvermietung des 5 000 m² großen Betriebsgrundstücks geschlossen werden kann, dass es ganz oder teilweise für die Ce. nicht betriebsnotwendig war. Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass im Jahr 1993 insgesamt 481 m² Bürofläche an drei Unternehmen teils kurzfristig, teils auf unbestimmte Zeit vermietet wurden. Bei einer nur kurzfristigen und der Größenordnung nach nicht ins Gewicht fallenden Zwischenvermietung vorübergehend für das Unternehmen nicht benötigter Flächen eines Grundstücks werden die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG in der Regel nicht zu verneinen sein; ein Unternehmen kann auf das Eigentum an einem Grundstück auch dann angewiesen sein, wenn dieses - in Zeiten schwacher Konjunktur oder zur Überbrückung der Zeit bis zu einer nahe bevorstehenden Investition - befristet und in untergeordnetem Umfang an dritte Unternehmen vermietet wird. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn sich konkret abzeichnet, dass das Grundstückseigentum für das Unternehmen verzichtbar ist, weil sich der Unternehmenszweck auf absehbare Zeit nicht mehr verwirklichen lässt.

bb) Sollte sich der Unternehmensgegenstand der Ce. mit Blick auf einen vorherrschenden und das Eingreifen des Staates rechtfertigenden öffentlichen Zweck bereits seit dem Stichtag der Sache nach als staatliche Wirtschaftsförderung dargestellt haben, kommt die Anwendung des § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG als Auffangtatbestand in Betracht. Dem steht der Umstand, dass die Ce. am Stichtag noch kein gemeinnütziges Unternehmen war, nicht entgegen. Die Tatbestände der Buchst. b bis d umschreiben nach Maßgabe ihres Regelungsinhalts bestimmte Anwendungsfälle des Restitutionsausschlusses jeweils gesondert und abschließend. Demgegenüber erfüllt § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG die Funktion eines Auffangtatbestands für bestimmte Fälle erhaltungswürdiger Veränderungen der Nutzungsart oder Zweckbestimmung eines Grundstücks oder Gebäudes, die von den in Buchst. b bis d getroffenen Spezialregelungen nicht erfasst werden (vgl. Urteil vom 30. November 1995 - BVerwG 7 C 55.94 - BVerwGE 100, 70 <75>). Ist der auf privatwirtschaftliche Unternehmen zugeschnittene Sachbereich des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG nicht einschlägig, weil der Unternehmensgegenstand der Ce. von Anfang an durch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben geprägt war, schließt allein deren Rechtsform als Gesellschaft privaten Rechts den Rückgriff auf den Auffangtatbestand nicht aus. Das Verwaltungsgericht wird bei dieser Fallgestaltung zu klären haben, ob das Grundstück oder das Gebäude am 29. September 1990 mit erheblichem baulichen Aufwand in seiner Nutzungsart oder Zweckbestimmung verändert oder ob eine solche Änderung konkret zu erwarten war (vgl. Urteil vom 28. Februar 2001 - BVerwG 8 C 32.99 -, VIZ 2001, 367 m.w.N.). Dabei kommt es nicht auf die im Zuge des Investitionsvorrangs errichtete Montagehalle an. Der Ausschlusstatbestand kann nicht durch eine Eigeninvestition verwirklicht werden, deren Durchführung gemäß § 11 Abs. 5 InVorG zum Untergang des Restitutionsanspruchs geführt und den Surrogatanspruch ausgelöst hat (§ 1 Satz 2, § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG). Da der Surrogatanspruch einen Restitutionsanspruch voraussetzt, steht den Klägern der Anspruch auf Zahlung des Verkehrswerts zu, wenn ein Ausschlussgrund bis zur Durchführung der Eigeninvestition nicht gegeben war (vgl. Urteil vom 29. Juli 1999 - BVerwG 7 C 31.98 - Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 2).

Ende der Entscheidung

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