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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 13.08
Rechtsgebiete: KG
Vorschriften:
KG § 5 Abs. 1 |
2. Auslagen im Sinne von § 5 Abs. 5 Satz 1 KG sind die Sach- und Geldmittel, die zur Behebung der Notlage unmittelbar dem Hilfsbedürftigen oder einem Dritten zugewandt werden.
3. Die Vorschriften des Auslandskostengesetzes finden auf den Auslagenersatzanspruch nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG keine Anwendung.
4. Bei der Festsetzung des Erstattungsbetrages nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Dieser kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - die Rückforderung nur eines Teils der Kosten oder in Ausnahmefällen auch den völligen Verzicht auf die Erstattung gebieten.
In der Verwaltungsstreitsache
...
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß, Neumann und Guttenberger sowie
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Kosten, die im Zusammenhang mit ihrer Befreiung aus der Geiselhaft entstanden sind.
Im September 2003 wurde die Klägerin auf einer Trekkingtour im Nordwesten Kolumbiens - gemeinsam mit den anderen Teilnehmern einer mehrköpfigen Reisegruppe - von der Nationalen Befreiungsarmee (ELN), der zweitgrößten Rebellengruppe Kolumbiens, entführt. Nach intensiven Bemühungen des Auswärtigen Amtes, der Deutschen Botschaft in Bogota, kolumbianischer Behörden und verschiedener anderer Organisationen wurde die Klägerin - zusammen mit einer spanischen Geisel - Ende November 2003 freigelassen.
Im Zuge der Verhandlungen hatten die Entführer die Freilassung der Klägerin und der spanischen Geisel u.a. davon abhängig gemacht, dass diese mit einem zivilen Hubschrauber vom Übergabeort abgeholt werden. Nachdem das Auswärtige Amt hierzu sein Einverständnis erklärt hatte, erteilte die Deutsche Botschaft in Bogota - ebenso wie die spanische Regierung - gegenüber dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) die Zustimmung zur Charter des Hubschraubers. Die Klägerin und die spanische Geisel wurden am 24. November 2003 mit dem Hubschrauber nach Bogota gebracht, von wo aus die Klägerin am darauffolgenden Tag den Rückflug nach Deutschland antrat.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2004, dessen Erlass der Klägerin am Tag zuvor telefonisch angekündigt worden war, forderte die Beklagte die Klägerin auf, die hälftigen Kosten für den Hubschraubereinsatz in Höhe von 12 640,05 EUR zu erstatten. Der Bescheid ist auf die § 5 Abs. 5, § 25 des Konsulargesetzes (KG) in Verbindung mit den §§ 1, 7, 10 des Auslandskostengesetzes (AKostG) gestützt.
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben: Es fehle dem Bescheid an einer Rechtsgrundlage. Auf § 5 Abs. 5 Satz 1 KG könne er nicht gestützt werden, weil diese Vorschrift nur auf wirtschaftliche/soziale Notlagen zugeschnitten sei. Auch § 6 KG sei weder tatbestandlich einschlägig, noch habe die Beklagte das in dieser Vorschrift vorgesehene Ermessen ausgeübt. Für eine Anwendung von § 7 Abs. 1 AKostG sei schon mangels einer Amtshandlung des Auswärtigen Amtes im Ausland kein Raum. Abgesehen davon gehöre die Befreiung von Geiseln auch nicht zu den "konsularischen Aufgaben" im Sinne des Auslandskostengesetzes. Eine analoge Anwendung von § 5 oder § 6 KG scheide ebenfalls aus. Es liege weder eine planwidrige Regelungslücke vor noch könne ohne weiteres angenommen werden, dass der Gesetzgeber in Entführungsfällen eine grundsätzliche Kostenerstattungspflicht des Entführungsopfers vorgesehen hätte.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen: Die Kostenerstattungspflicht der Klägerin folge aus § 5 Abs. 5 Satz 1 KG. Diese Vorschrift sei weit auszulegen und nicht nur auf wirtschaftliche Notlagen anwendbar. Die Kostenübernahmeerklärung habe unmittelbar zugunsten der Klägerin gewirkt und der Beendigung ihrer Notlage gegolten. Die Befugnis zum Erlass eines Kostenerstattungsbescheides folge, wenn nicht schon aus § 5 Abs. 5 KG, so jedenfalls aus § 25 KG in Verbindung mit den Vorschriften des Auslandskostengesetzes. Das Auslandskostengesetz erfasse auch Auslagen im Sinne von § 5 Abs. 5 KG. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Kostenerhebung nach § 10 Abs. 1 AKostG lägen nicht vor. Die Klägerin befinde sich weder in einer wirtschaftlicher Notlage noch bedeute die Erhebung der Kosten für sie eine besondere Härte. Die Klägerin sei berufstätig und habe für ein Interview über ihre Geiselhaft ein nicht unerhebliches Honorar erhalten. Es sei auch im Übrigen nicht unangemessen, die Klägerin und nicht die Allgemeinheit mit den Kosten zu belasten. Die Kostenübernahmeerklärung sei für sie möglicherweise lebensrettend gewesen. Zudem seien für die Bemühungen um ihre Freilassung insgesamt ca. 39 000 EUR angefallen. Berücksichtigt werden müsse auch, dass die Klägerin ein erkennbares und daher vermeidbares Risiko eingegangen sei. Der Erstattungsbescheid verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, der ohnehin nur bei Ermessenentscheidungen zum Tragen komme. Auch in anderen Entführungsfällen hätten die Geiseln diejenigen Kosten erstatten müssen, die ihnen unmittelbar zugute gekommen seien. Erforderlichenfalls könne die Klägerin Stundung oder Ratenzahlungen vereinbaren. Ein etwaiger Anhörungsmangel sei, sofern er überhaupt vorliege, mangels Ermessen unbeachtlich bzw. jedenfalls geheilt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen.
Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts komme § 5 KG als Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid nicht in Betracht. Diese Vorschrift sei strukturell den Vorschriften des Fürsorgerechts nachgebildet und auf von den Konsularbeamten routinemäßig zu behebende Sachverhalte, wie etwa eine vorübergehende wirtschaftliche Not, zugeschnitten. Befreiungsaktionen gehörten nicht zum Spektrum der Sozialhilfe. Die Klägerin habe sich während ihrer Entführung nicht in einer wirtschaftlichen Notsituation befunden und auch keiner finanziellen Hilfe bedurft. Zudem sei ihre Befreiung federführend nicht von der örtlichen Auslandsvertretung, sondern vom Krisenstab des Auswärtigen Amtes gesteuert worden. § 6 KG scheide als Rechtsgrundlage ebenfalls aus. Der Bescheid könne auch nicht auf § 7 AKostG gestützt werden. § 5 Abs. 5 Satz 1 KG und § 7 AKostG schlössen sich gegenseitig aus. Abgesehen davon fehle es an einer Amtshandlung. Die Kostenübernahmeerklärung gegenüber dem IKRK stelle keine hoheitliche Tätigkeit dar. Überdies sei bei der Entscheidung über die Erstattungsforderung ihre wirtschaftliche Situation nicht hinreichend berücksichtigt worden. Zum Zeitpunkt ihrer Freilassung sei sie finanziell nicht leistungsfähig und verschuldet gewesen. Überdies habe sie damals lediglich über ein Gehalt von umgerechnet ca. 1 800 EUR verfügt. Dies begründe eine besondere Härte, die auch durch die Möglichkeit, Stundung oder Ratenzahlungen zu beantragen, nicht gemildert werde. Ihre Heranziehung zu den Kosten für den Hubschrauberflug verstoße auch gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. In sämtlichen, der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Entführungsfällen habe das Auswärtige Amt von den freigelassenen Geiseln lediglich die Kosten angefordert, die nach Abschluss der Befreiungsaktion entstanden seien, insbesondere die Kosten für die Rückführung nach Deutschland. Der Hubschraubereinsatz sei aber noch Teil der Befreiungsaktion gewesen und habe nicht der Rückführung der Klägerin nach Deutschland gedient.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil: Der Hilfebegriff des Konsularrechts müsse weit ausgelegt werden. Eine abschließende Aufzählung potentieller Not- oder Krisensituationen sei nicht möglich und auch nicht im Interesse einer bürgerfreundlichen Gesetzesauslegung. Folge man der Auffassung der Klägerin, wären nicht nur die Befreiungen deutscher Geiseln im Ausland, sondern auch die zahlreichen "Standardfälle" wie Rettungsmaßnahmen nach Unfällen, die Betreuung und Rückführung von Minderjährigen oder psychisch Kranken und ähnliches ungeregelt. Die individuell zurechenbaren Kosten hingen gerade in den Entführungsfällen von der jeweiligen Einzelfallsituation ab. Ein Verzicht auf die gesetzlich vorgesehene Kostenrückerstattung hätte eine nicht nachvollziehbare und vom Gesetzgeber auch nicht bezweckte Belastung der Allgemeinheit zur Folge.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu Recht stattgegeben und die Klage abgewiesen. Der Erstattungsbescheid vom 23. Januar 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass der Klägerin eine konsularische Hilfe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 KG geleistet worden ist (1), die für den Hubschraubereinsatz entstandenen Kosten Auslagen im Sinne von § 5 Abs. 5 Satz 1 KG darstellen (2) und der Erstattungsanspruch vom Auswärtigen Amt durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden durfte (3). Jedenfalls im Ergebnis zutreffend ist auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Kosten für den Hubschrauber in voller Höhe geltend gemacht werden durften (4). Der Bescheid leidet schließlich auch nicht an einem beachtlichen Verfahrensmangel (5).
1.
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KG sollen die Konsularbeamten Deutschen, die in ihrem Konsularbezirk hilfsbedürftig sind, die erforderliche Hilfe leisten, wenn die Notlage auf andere Weise nicht behoben werden kann. Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG ist der Empfänger zum Ersatz der Auslagen verpflichtet.
Der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 KG beschränkt sich nicht auf die Behebung wirtschaftlicher Notlagen. Für eine solche Beschränkung gibt schon der Wortlaut der Norm nichts her. Nach dem allgemeinen Wortsinn wird mit dem im Konsulargesetz nicht näher definierten Begriff "Notlage" ein Zustand der Bedrängnis, d.h. eine Situation, in der eine Person dringend Hilfe benötigt ("akute Hilfsbedürftigkeit"), beschrieben. Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 KG erfasst damit alle denkbaren Arten von Notfällen. Dabei kommt es auf die Ursache der Hilfsbedürftigkeit nicht an. Die Hilfe nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KG muss daher auch dann gewährt werden, wenn der Hilfsbedürftige seine Notlage selbst verschuldet hat.
Nur diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck der Norm gerecht. Die Neuregelung der konsularischen Hilfe in § 5 KG sollte die gesetzliche Grundlage für alle Fälle bilden, in denen ein Deutscher sich in irgendeiner Notlage an die Auslandsvertretung um Hilfe wendet (vgl. BRDrucks 404/64 S. 26). Zwar dürfte für den Gesetzgeber bei der Novellierung des Konsulargesetzes im Jahre 1974 aufgrund der damaligen Lebenswirklichkeit, d.h. vor dem Aufkommen des Massentourismus, die Behebung wirtschaftlicher Notlagen im Vordergrund gestanden haben, ebenso wird er Entführungen deutscher Staatsbürger im Ausland nicht in seine Überlegungen einbezogen haben. Dies rechtfertigt aber keine einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 KG. Vielmehr war es offenkundig das Anliegen des Gesetzgebers, die konsularischen Aufgaben zu erweitern und die überholten und unzulänglichen Bestimmungen des alten Konsulargesetzes durch zeitgemäße Regelungen zu ersetzen. Dabei wurde auf eine Aufzählung der konsularischen Aufgaben bewusst verzichtet, weil dies "bei ihrer Fülle und Unterschiedlichkeit praktisch nicht möglich sei" (BTDrucks 7/2006 S. 4).
Sinn und Zweck des § 5 KG ist es demnach, die Konsularbeamten zu ermächtigen, Deutschen, die im Konsularbezirk in eine wie auch immer geartete akute Notlage geraten, zur Behebung dieser Notlage auch materielle Hilfe zu leisten, um sofort wirksam helfen zu können. Die Vorschrift stellt eine in sich geschlossene selbständige Regelung des materiellen konsularischen Leistungsrechts dar, die die allgemeine konsularische Schutz- und Beistandspflicht aus § 1 KG für diesen Fall der konsularischen Hilfe an einzelne Deutsche konkretisiert und abschließend regelt (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, Kommentar, Stand November 2007, § 5 Rn. 1.1 und 1.2).
Die inhaltliche Anlehnung des § 5 KG an sozialhilferechtliche Grundsätze führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie gibt den Konsularbeamten Hinweise und Vorgaben zu Art, Form und Maß der Hilfe in den Standardfällen wirtschaftlicher Not, rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass § 5 KG nur der Behebung solcher Notlagen dient. Der Gesetzgeber hat im Gegenteil betont, dass Sozialhilfe im Inland und Unterstützung Hilfsbedürftiger im Ausland einander nicht gleichgesetzt werden können und die Unterstützung aufgrund des § 17 KG (jetzt § 5 KG) im Inland keine Parallele hat (BRDrucks 404/64 S. 25 und 27). Auch die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 2 KG, wonach die Hilfe auch in der Gewährung von Rechtsschutz bestehen kann, zeigt, dass § 5 KG nicht nur wirtschaftliche Notlagen erfasst.
Eine einschränkende Auslegung des § 5 KG im Sinne einer Fürsorgevorschrift für wirtschaftliche Notlagen wäre weder mit der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 16. Oktober 1977 - 1 BvQ 5/77 - BVerfGE 46, 160 ff. "Schleyer") noch mit der konsularischen Beistandspflicht aus § 1, 2. Spiegelstrich KG vereinbar. Denn sie hätte zur Folge, dass es für die konsularische Hilfeleistung außerhalb wirtschaftlich-sozialer Notlagen keine (einfach-)gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gäbe.
Die Klägerin befand sich infolge ihrer Entführung in einer auf andere Weise nicht zu behebenden Notlage im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 KG. Die Kostenübernahmeerklärung des Konsularbeamten der Deutschen Botschaft gegenüber dem IKRK hat jedenfalls zur Beseitigung der Not beigetragen und sich auf das Notwendige beschränkt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatten die Geiselnehmer die Freilassung der Klägerin und der spanischen Geisel davon abhängig gemacht, dass beide mit einem zivilen Hubschrauber vom Übergabeort abgeholt werden.
Die Mitwirkung der Zentrale des Auswärtigen Amtes sowie eines Krisenstabes steht der Annahme einer Hilfeleistung des Konsularbeamten im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 KG nicht entgegen. Es versteht sich von selbst, dass der Konsularbeamte vor Ort in komplexen Einzelfällen wie etwa bei Entführungen, aber auch in den von § 6 KG erfassten Fällen, in enger Abstimmung mit der Zentrale agiert. Diese Selbstverständlichkeit findet auch Ausdruck im Gesetz über den Auswärtigen Dienst vom 30. August 1990 (BGBl. I S. 1842). Danach ist es insbesondere Aufgabe des Auswärtigen Dienstes, Deutschen im Ausland Hilfe und Beistand zu leisten (§ 1 Abs. 2, 5. Spiegelstrich GAD). Ergänzend ist in § 1 Abs. 4 GAD explizit bestimmt, dass der Auswärtige Dienst die im Konsulargesetz geregelten Aufgaben erfüllt. Der Auswärtige Dienst umfasst nach § 2 GAD sowohl die Zentrale als auch die Auslandsvertretungen. Diese Regelung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Organisation des Auswärtigen Dienstes als eine einheitliche Behörde wesentliche Voraussetzung für dessen Funktionsfähigkeit ist (BTDrucks 11/6547 S. 14).
2.
Die von der Deutschen Botschaft in Bogota übernommenen anteiligen Kosten für die Charter des Hubschraubers sind Auslagen im Sinne von § 5 Abs. 5 Satz 1 KG. Unter Auslagen im Sinne dieser Vorschrift sind die zur Hilfe bestimmten Geldmittel zu verstehen (vgl. BTDrucks 7/131 S. 20). Der Auslagenbegriff des § 5 Abs. 5 Satz 1 KG erfasst damit nicht nur die dem Hilfsbedürftigen unmittelbar zugewandten Sach- oder Geldmittel, sondern auch diejenigen finanziellen Mittel, die - wie hier die Kosten für den Hubschrauber - unmittelbar zur Behebung der Notlage bestimmt sind und zu diesem Zweck einem Dritten zugewandt werden.
Die Vorschriften des Auslandskostengesetzes finden auf den Auslagenersatzanspruch nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (und der Beklagten) keine Anwendung. Die Auslagen nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG sind keine Auslagen im Sinne dieses Gesetzes. Das Oberverwaltungsgericht folgert aus § 25 KG, wonach für konsularische Amtshandlungen Kosten (Gebühren und Auslagen) nach besonderer gesetzlicher Regelung erhoben werden, zu Unrecht, dass von dieser Verweisung auf das Auslandskostengesetz auch die speziellen Auslagen nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG erfasst werden.
Das Auslandskostengesetz ist eine spezialgesetzliche Regelung für die Verwaltungskosten des Auswärtigen Amtes und der Auslandsvertretungen, auf die das Verwaltungskostengesetz des Bundes keine Anwendung findet (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 VwKostG). Es verwendet denselben Kostenbegriff wie das Verwaltungskostengesetz, das unter Kosten die Gebühren und Auslagen öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden versteht. Gegen die Annahme, dass § 5 Abs. 5 Satz 1 KG derselbe Auslagenbegriff zugrunde liegt wie dem Auslandskostengesetz, spricht schon die Vorschrift des § 7 AKostG. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift sind Auslagen der Auslandsvertretungen und der Honorarkonsularbeamten, die im Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 1 genannten Amtshandlungen entstehen, zu erstatten. Absatz 2 sieht darüber hinaus eine Erstattungspflicht für enumerativ aufgeführte Auslagen im Zusammenhang mit Amtshandlungen des Auswärtigen Amtes vor. Amtshandlungen nach § 1 Abs. 1 AKostG sind solche nach den §§ 1 bis 17 KG. § 7 AKostG liefe demnach hinsichtlich der §§ 5, 6 KG leer bzw. die speziellen Erstattungsregelungen in § 5 Abs. 5 Satz 1 KG und § 6 Abs. 2 Satz 1 KG wären überflüssig, wenn davon ausgegangen würde, dass der Auslagenbegriff in § 5 Abs. 5 Satz 1 KG mit demjenigen des Auslandskostengesetzes übereinstimmt. Auslagen im Sinne des Auslandskostengesetzes sind vielmehr nur die mit der Amtsausübung verbundenen Aufwendungen, nicht aber die unmittelbar zur Behebung der Notlage erbrachten finanziellen Hilfen oder geldwerten Sachleistungen.
Aus den Gesetzesmaterialien folgt nichts anderes. Zwar heißt es darin, die allgemeine Auslagenerstattungspflicht in § 7 AKostG habe ihren Grund darin, dass der Tätigkeitsbereich der Auslandsvertretungen zu vielfältig sei, um die einzelnen möglichen Auslagenarten enumerativ zu nennen. Insbesondere die Tätigkeiten, die aus den §§ 5 bis 7 KG anfallen könnten, zählten hierzu (BTDrucks 8/176 S. 9 und BTDrucks 8/1160 S. 4). Daraus ergibt sich aber nur, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass auch im Zusammenhang mit konsularischen Hilfeleistungen nach den §§ 5 bis 7 KG verwaltungsmäßige Auslagen im Sinne des Auslandskostengesetzes anfallen können. § 25 KG stellt lediglich klar, dass die Erstattung dieser verwaltungsmäßigen Kosten sich nach dem Auslandskostengesetz richtet.
3.
Der Ersatzanspruch aus § 5 Abs. 5 Satz 1 KG ist eine öffentlich-rechtliche Geldforderung des Bundes, die nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes vollstreckt wird (vgl. BTDrucks 7/131 S. 20). Aus der Festlegung der Verpflichtung des Hilfeempfängers zum Auslagenersatz in § 5 Abs. 5 Satz 1 KG folgt zugleich die Befugnis, die öffentlich-rechtliche Erstattungsforderung durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Diese Befugnis steht nicht nur den Auslandsvertretungen, sondern auch dem Auswärtigen Amt zu, denn die Erfüllung der im Konsulargesetz geregelten Aufgaben obliegt nach § 1 Abs. 2 und 4 und § 2 GAD dem Auswärtigen Dienst als einheitlicher Behörde.
4.
Der Erstattungsbescheid begegnet auch der Höhe nach keinen Bedenken. Die Entscheidung über die Rückforderung der Kosten liegt in den Fällen des § 5 Abs. 5 Satz 1 KG weder im behördlichen Ermessen noch findet - entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - § 10 Abs. 1 AKostG Anwendung; denn die Auslagen nach § 5 Abs. 5 Satz 1 KG sind keine Auslagen im Sinne des Auslandskostengesetzes (s.o.). Bei der Festsetzung des Erstattungsbetrages ist aber der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Dieser kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - die Rückforderung nur eines Teils der Kosten oder in Ausnahmefällen auch den völligen Verzicht auf die Erstattung gebieten. Zu den in die Entscheidung einzubeziehenden Umständen gehören neben der individuellen Leistungsfähigkeit des Erstattungspflichtigen etwa auch der Anlass des Auslandsaufenthalts (Urlaub, Aufbau-/Entwicklungshilfe, diplomatische Mission etc.) und der Verursachungsbeitrag des Entführungsopfers (z.B. Missachtung einer Reisewarnung etc.).
Der angefochtene Bescheid vom 23. Januar 2004 wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht. Die vorliegend maßgeblichen Umstände des Einzelfalls gebieten keinen (weiteren) Verzicht der Beklagten auf die Erstattungsforderung. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind für die Befreiung der Klägerin insgesamt Aufwendungen in Höhe von ca. 39 000 EUR entstanden. Wie das Oberverwaltungsgericht weiter festgestellt hat, hat die Klägerin für ein Interview mit einer Illustrierten über ihre Geiselhaft ein nicht unerhebliches Honorar erhalten, zudem verfügt sie über ein regelmäßiges Arbeitseinkommen. Überdies waren die mit der Trekkingtour verbundenen Gefahren für die Klägerin nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erkennbar und dementsprechend auch vermeidbar. In Anbetracht dieser Umstände ist es nicht unverhältnismäßig, die Klägerin jedenfalls hinsichtlich der Charter des Hubschraubers anteilig zur Kostenerstattung heranzuziehen und sie im Übrigen auf die Möglichkeit zu verweisen, Stundung oder Ratenzahlungen zu beantragen.
Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin erhobene Rüge, ihre Heranziehung zu Kosten in Höhe von 12 640 EUR verstoße gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, greift nicht durch. Der Gleichheitssatz kommt grundsätzlich nur bei Ermessensentscheidungen zum Tragen. Abgesehen davon übersieht die Klägerin, dass Art und Maß der erforderlichen Hilfe und folglich auch die Höhe des Auslagenersatzanspruchs sich gerade in Entführungsfällen nach den jeweiligen Einzelfallumständen richten.
5.
Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht einen beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 46 VwVfG verneint. Zwar ist die Klägerin vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine Anhörung (§ 28 Abs. 1 VwVfG) muss ungeachtet der Form, in der sie erfolgt, ihren Zweck, dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, erfüllen können. Davon kann hier keine Rede sein. Der Erstattungsbescheid ist der Klägerin nur einen Tag vor seinem Erlass telefonisch angekündigt worden, obwohl eine besondere Eilbedürftigkeit weder ersichtlich noch von der Beklagten dargetan worden ist. Ob - wie das Oberverwaltungsgericht meint - dieser Verfahrensmangel durch das Wechseln von Schriftsätzen im gerichtlichen Verfahren geheilt worden ist (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG), kann dahinstehen. Der Anhörungsmangel rechtfertigt die Aufhebung des Kostenerstattungsbescheides jedenfalls deshalb nicht, weil offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die Klägerin hat auch im gerichtlichen Verfahren keine Umstände vorgetragen, die ihre Heranziehung zu den Kosten der Charter des Hubschraubers unverhältnismäßig erscheinen lassen. Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer telefonischen "Anhörung" am 22. Januar 2004 auf eine Schuldenlast in Höhe von ca. 20 000 EUR hingewiesen hat, ist dieses Vorbringen im gerichtlichen Verfahren nicht weiter konkretisiert, geschweige denn belegt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Ende der Entscheidung
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