Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.01.2002
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 15.01
Rechtsgebiete: VermG, VwGO


Vorschriften:

VermG § 4 Abs. 3 Buchst. a
VwGO § 108 Abs. 1 Satz 1
Die Veräußerung eines volkseigenen Eigenheimgrundstücks rechtfertigt keine Vermutung der Unredlichkeit des privaten Erwerbers.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 7 C 15.01

Verkündet am 17. Januar 2002

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2002 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, Kley, Herbert, Postier und Neumann

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 28. November 2000 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Klägerin beansprucht die Rückübertragung eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks an die Erbengemeinschaft nach ihrer 1999 verstorbenen Mutter. Diese war 1951 aus der DDR ausgereist und erwarb das Grundstück als Alleinerbin ihrer 1972 verstorbenen Mutter. Das Grundstück wurde unter staatliche Verwaltung gestellt. Der Verwaltervermerk wurde am 9. August 1972 eingetragen. Zum Verwalter wurde der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) bestellt. Laut Grundbucheintragung vom 20. Dezember 1978 wurde das Grundstück durch Kaufvertrag vom selben Tag in Volkseigentum überführt; zugleich wurden der Verwaltervermerk und zwei 1944 eingetragene Auflassungsvormerkungen zugunsten der Mutter und eines Onkels der Klägerin im Grundbuch gelöscht. Durch notariellen Kaufvertrag vom 10. Mai 1979 veräußerte die KWV das Grundstück an die Beigeladenen, die seit 1957/1960 Wohnungsmieter waren. Der Kaufpreis entsprach einem Wertermittlungsgutachten. Der Liegenschaftsdienst des Rats des Bezirks erteilte am 30. Juli 1979 die Grundstücksverkehrsgenehmigung. Die Beigeladenen wurden am 22. August 1979 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Unter demselben Datum wurden der Verwaltervermerk und die beiden Auflassungsvormerkungen im Grundbuch abermals gelöscht.

Auf den Rückübertragungsantrag der Mutter der Klägerin stellte die Beklagte durch Bescheid vom 12. Januar 1996 deren Berechtigung fest; die Rückübertragung des Grundstücks lehnte sie wegen redlichen Erwerbs der Beigeladenen ab. Der Widerspruch gegen die Ablehnung der Rückübertragung blieb erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beigeladenen das Eigentum an dem Grundstück redlich erworben hätten. Das Regelbeispiel unredlichen Erwerbs i.S. des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG sei nicht erfüllt. Ob die Veräußerung gegen die Verwalterverordnung vom 11. Dezember 1968 verstoßen habe, sei unerheblich, weil den Beigeladenen das Grundstück nicht vom staatlichen Verwalter verkauft worden sei. Der Verkauf an die Beigeladenen habe zwar gegen die Vorschrift über die Unveräußerlichkeit des Volkseigentums verstoßen (§ 20 ZGB). Gleichwohl fehle es an dem erforderlichen manipulativen Element. Durch die Abweichung von der Rechtsvorschrift habe der Erwerbsvorgang nicht gezielt beeinflusst werden sollen. Die Parteien seien offenbar davon ausgegangen, dass ein volkseigenes Eigenheimgrundstück habe veräußert werden dürfen. Der darin liegende Rechtsirrtum könne keine gezielte Manipulation begründen. Der Erwerb weise keine Besonderheiten auf, die auf eine Manipulation oder ein kollusives Zusammenwirken der beteiligten staatlichen Stellen hindeuteten. Eine Einwirkung der Beigeladenen auf den Erwerbsvorgang sei nicht ersichtlich; nach den glaubhaften Angaben des Beigeladenen sei die KWV mit dem Kaufangebot auf ihn als langjährigen Mieter zugekommen. Angesichts der rechtlich einwandfreien und praktisch gleichwertigen Alternative eines Eigenheimverkaufs unter Verleihung eines Nutzungsrechts am volkseigenen Grundstück sei auch kein Grund für eine gezielte Beeinflussung des Erwerbs erkennbar. Jedenfalls hätten die nicht juristisch vorgebildeten Beigeladenen den Rechtsverstoß nicht erkennen müssen. Aus dem notariellen Vertrag sei nicht hervorgegangen, dass es sich um ein volkseigenes Grundstück gehandelt habe. Darin sei die KWV als Verkäufer des von ihr verwalteten Grundstücks aufgetreten. Von der Übernahme des Grundstücks in staatliche Verwaltung und anschließend in Volkseigentum hätten die Beigeladenen nur mittelbar Kenntnis dadurch erlangt, dass man ihnen neue Kontonummern für die Überweisung der Miete mitgeteilt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor: Das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine Unredlichkeit des Erwerbs nach § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG verkannt. Es verstoße gegen jede Lebenserfahrung, dass sich die beteiligten staatlichen Stellen in einem Irrtum über das grundsätzliche Veräußerungsverbot des § 20 Abs. 1 ZGB befunden hätten. Die Unredlichkeit der Beigeladenen beim Erwerb folge daraus, dass ihnen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts positiv bekannt gewesen sei, dass das Grundstück sich im Volkseigentum befunden habe. Davon abgesehen begründe die Offenkundigkeit und das Gewicht des Rechtsverstoßes die Vermutung, dass die Erwerber diesen auch erkannt hätten oder jedenfalls hätten erkennen müssen. Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das angegriffene Urteil und führen ergänzend aus, dass eine Regelvermutung für die Unredlichkeit des privaten Erwerbers eines volkseigenen Eigenheimgrundstücks nicht angenommen werden könne.

II.

Die Revision der Klägerin hat mit dem Ergebnis Erfolg, dass das angegriffene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen wird. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Beigeladenen das volkseigene Eigenheimgrundstück redlich erworben hätten, ist mit der in § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG getroffenen Regelung zur Unredlichkeit des Erwerbs nicht vereinbar (1). Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz lassen eine abschließende Entscheidung zum redlichen Erwerb der Beigeladenen nicht zu; das zwingt zur Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht (2).

1. Nach dem Regelbeispiel des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG ist der Rechtserwerb unredlich, wenn er nicht im Einklang mit den zum Zeitpunkt des Erwerbs in der DDR geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis stand und der Erwerber dies wusste oder hätte wissen müssen. Die Vorschrift setzt damit - erstens - einen Rechtsverstoß sowie - zweitens - die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Erwerbers von diesem Rechtsverstoß voraus. Dabei ist die erstgenannte Voraussetzung nur dann erfüllt, wenn der Verstoß gegen allgemeine Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätze oder eine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis bei objektiver Betrachtung die Absicht erkennen lässt, den Erwerbsvorgang gezielt zu beeinflussen. Die darin liegende anstößige Manipulation ist dem Erwerber zuzurechnen, wenn er an ihr in vorwerfbarer Weise beteiligt war; dafür genügt nach der zweiten Voraussetzung des Regelbeispiels, dass er die Manipulation kannte oder hätte kennen müssen (Urteil vom 19. Januar 1995 - BVerwG 7 C 42.93 - BVerwGE 97, 286 <289 ff.>; stRspr).

a) Entgegen der Auffassung der Revision kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Veräußerung von Volkseigentum regelmäßig die Vermutung der Unredlichkeit des privaten Erwerbers begründet.

Ein Verbot der Veräußerung volkseigener Grundstücke in Privateigentum war in den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften der DDR nicht explizit ausgesprochen. Die in § 20 Abs. 1 ZGB bestimmte Unantastbarkeit des sozialistischen Eigentums wurde in der Rechtspraxis als Verbot verstanden, über das entsprechend den ideologischen Vorstellungen ausschließlich dem Staat zugeordnete Volkseigentum außerhalb spezieller, im gesellschaftlichen Interesse erlassener Rechtsvorschriften zu verfügen (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 7 C 2.99 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 35). Eine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von diesem Verfügungsverbot bei allen Bürgern der DDR, auch bei nicht rechtskundigen, kann nicht allgemein vermutet werden. Ein Anscheinsbeweis, aus dem sich eine solche Vermutung ableiten ließe, setzt einen Sachverhalt voraus, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf einen bestimmten Verlauf hinweist und es rechtfertigt, die besonderen Umstände des Einzelfalls in ihrer Bedeutung zurücktreten zu lassen (vgl. Urteil vom 1. März 1995 - BVerwG 8 C 36.92 - Buchholz 303 § 287 ZPO Nr. 3). Ein derartiger, das Regelbeispiel unredlichen Erwerbs i.S. des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG ausfüllender typischer Geschehensablauf in Fällen des Erwerbs eines volkseigenen Grundstücks entspricht keinem hinreichend tragfähigen Erfahrungssatz. Das Regelbeispiel stellt auf das Vorhandensein einer inneren Tatsache ab, nämlich darauf, dass der Erwerber einen Rechtsverstoß, der bei objektiver Betrachtung auf die Absicht einer gezielten Beeinflussung des Erwerbsvorgangs hindeutet, als manipulativ erkannte oder erkennen musste. Diese subjektive Voraussetzung lässt sich nicht generell annehmen, weil es auf den individuellen Kenntnisstand des betroffenen Erwerbers oder jedenfalls auf den bei bestimmten Personenkreisen typischerweise vorhandenen Kenntnisstand ankommt. Das

schließt eine von der konkreten Kenntnis des Betroffenen abgelöste Regelvermutung aus.

Nicht weiter führt schließlich der Hinweis der Revision auf die Vorschrift des § 68 Abs. 1 Nr. 1 ZGB, wonach ein Vertrag nichtig war, wenn sein Inhalt gegen ein in Rechtsvorschriften enthaltenes Verbot verstieß. Allein eine solche Rechtsunwirksamkeit des Erwerbs gibt für die Frage der Redlichkeit des Erwerbers nichts her. Redlicher Erwerb i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG setzt nicht voraus, dass das zugrunde liegende Rechtsgeschäft zivilrechtlich wirksam war. Das folgt schon aus der Regelung des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG, die davon ausgeht, dass der Erwerber nicht allein wegen eines Rechtsverstoßes unredlich ist. Die Redlichkeit bemisst sich danach, ob das Vertrauen des Erwerbers in den Bestand seines Eigentums schutzwürdig ist. Nur in diesem Rahmen kann die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Erwerbs eines volkseigenen Grundstücks Bedeutung gewinnen (vgl. Urteil vom 18. Januar 1996 - BVerwG 7 C 20.94 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 25).

b) Das angegriffene Urteil ist jedoch fehlerhaft, weil es die Voraussetzungen einer Manipulation beim Erwerbsvorgang i.S. des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG verkannt hat. Die dem DDR-Recht widersprechende Veräußerung des volkseigenen Grundstücks hatte objektiv manipulativen Charakter; denn der Rechtsverstoß zielte darauf ab, den Beigeladenen das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen.

Das Verwaltungsgericht hat sich dieser Einsicht verschlossen, weil es den Sachverhalt fehlerhaft festgestellt und darüber hinaus den Begriff der Manipulation zu eng ausgelegt hat. Es hat eine Manipulation - erstens - mit der Begründung verneint, die Vertragsparteien seien bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags "offensichtlich" davon ausgegangen, dass volkseigene Eigenheimgrundstücke veräußert werden dürften. Soweit sich diese Erwägung auf die auf Verkäuferseite aufgetretene Partei - Abteilungsleiterin und Sachbearbeiterin Liegenschaften bei der KWV - bezieht, hat das Verwaltungsgericht damit eine Manipulation wegen eines Rechtsirrtums staatlicher Stellen ausgeschlossen. Einen solchen durfte es jedoch deswegen nicht unterstellen, weil i.S. des § 291 ZPO offenkundig ist, dass den staatlichen Stellen das Verbot der Veräußerung volkseigenen Grund und Bodens in Privateigentum bekannt war. Die Unantastbarkeit des Volkseigentums galt als Grundlage der sozialistischen Gesellschaftsordnung (vgl. Art. 10, Art. 2 Abs. 2 der Verfassung der DDR von 1968/1974). Das Wissen, dass volkseigene Grundstücke nicht zu persönlichem Eigentum übertragen werden durften, muss darum bei staatlichen Stellen als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Die für den Verkauf volkseigener Eigenheime einschlägigen Rechtsvorschriften ließen keinerlei Zweifel daran, dass allein das Gebäude, nicht aber der zugehörige Grund und Boden in Privateigentum veräußert werden konnte (vgl. §§ 1 und 2 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 19. Dezember 1973 <GBl DDR I S. 578>). Verkauft werden konnten nur volkseigene Miteigentumsanteile an Eigenheimgrundstücken (§ 3 Abs. 1), also Anteile an nicht volkseigenen, vertraglich genutzten Grundstücken, die gemäß § 459 ZGB durch Investitionen volkseigener Betriebe, sozialistischer Genossenschaften oder ähnlicher Einrichtungen entstanden waren (vgl. Urteil vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 96.99 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 10). Aus der Eigenheimverordnung vom 31. August 1978 (GBl DDR I S. 425) ergibt sich nichts anderes. Die Veräußerung eines volkseigenen Eigenheimgrundstücks in Kenntnis dieses Verbots ist bei objektiver Betrachtung wegen des auf die Eigentumsverschaffung zielenden Erwerbsvorgangs ohne weiteres manipulativ. Ohne den bewussten Rechtsverstoß staatlicher Stellen hätte das volkseigene Grundstück nicht an die Beigeladenen veräußert werden können.

Das Verwaltungsgericht hat - zweitens - für die Annahme einer Manipulation keinen Anlass gesehen, weil mit dem Verkauf des Gebäudeeigentums unter Verleihung eines dinglichen Nutzungsrechts eine gleichwertige Alternative zur Verfügung gestanden habe, die manipulationsfrei gewesen wäre. Diese Erwägung verkennt die Voraussetzungen eines manipulativen Erwerbs. An einer gezielten Einflussnahme auf den konkreten Erwerbsvorgang fehlt es nicht deswegen, weil dem Erwerber eine funktionsadäquate Rechtsposition auch ohne Manipulation hätte verschafft werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Anwendung des § 1 Abs. 3 VermG nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Überführung eines Vermögenswerts in Volkseigentum auch auf rechtmäßige Weise hätte herbeigeführt werden können (Urteil vom 28. April 1998 - BVerwG 7 C 28.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 152 m.w.N.). Für eine Manipulation beim Erwerbsvorgang i.S. des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG gilt nichts anderes, da diese Vorschrift gleichsam das Spiegelbild unlauterer Machenschaften bei der Enteignung darstellt. Reserveursachen sind daher auch bei der Frage nach einem objektiv manipulativen Erwerb unbeachtlich. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts ist bundesrechtswidrig.

Das Verwaltungsgericht hat - drittens - die Frage, ob der Verwalter mit der Veräußerung des Grundstücks gegen die Verwalter-Verordnung vom 11. Dezember 1968 (GBl DDR II 1969 S. 1) verstoßen hat, als rechtlich unerheblich ausgeblendet. Das Regelbeispiel des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG beziehe sich allein auf das vom Erwerber selbst abgeschlossene Rechtsgeschäft, nicht aber auf eine vorangegangene Überführung des Grundstücks in Volkseigentum (vgl. Beschluss vom 22. Juli 1997 - BVerwG 7 B 245.97 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 43). Die Annahme, dass es für die Redlichkeit des Erwerbers nach der genannten Vorschrift regelmäßig auf das dem Erwerb zugrunde liegende Rechtsgeschäft ankommt, trifft zwar zu. Das Verwaltungsgericht hat jedoch nicht in Betracht gezogen, dass abweichend vom Regelfall ein in zwei Verkaufsvorgänge aufgeteilter Lebenssachverhalt unter dem Gesichtspunkt eines objektiv manipulativen Erwerbs als Einheit zu beurteilen sein kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn beide Vorgänge durch eine zeitliche Nähe gekennzeichnet sind, als Verkäufer jeweils dieselbe staatliche Stelle auftritt und ein innerer Zusammenhang nach den objektiven Umständen nahe liegt. Unter solchen Voraussetzungen wird durch eine getrennte Beurteilung des zusammenhängenden Geschehens das Merkmal einer Manipulation verfehlt. Die gezielte Einflussnahme auf den Erwerb kann gerade auch in der Zwischenschaltung eines Umweggeschäfts liegen, die dazu dient, den Erwerb in der beabsichtigten Form überhaupt erst zu ermöglichen oder bestimmte Umstände zu verschleiern.

Die Annahme eines manipulativen Zusammenhangs der beiden Verkaufsvorgänge drängt sich hier schon deswegen auf, weil der Veräußerung des Grundstücks in das Eigentum des Volkes kaum fünf Monate später der Erwerb der Beigeladenen folgte, in beiden Fällen die KWV Verkäuferin war und die Überführung in Volkseigentum zum Erlöschen von Belastungen des Grundstücks geführt hat, die anderenfalls aufrechterhalten geblieben wären. Hinzu kommen Merkwürdigkeiten, die darauf hindeuten, dass der Erwerbsvorgang durch die kurzfristige Überführung des Grundstücks in Volkseigentum gezielt beeinflusst werden sollte. In dem notariellen Vertrag vom 10. Mai 1979 wird der Grundstückseigentümer nicht genannt. Die darin vorgenommene Bezeichnung der als Verkäuferin aufgetretenen KWV als "Verwalter", die angesichts der Löschung des Verwaltervermerks im Grundbuch am 20. Dezember 1978 von Dritten als private Verwaltung verstanden werden musste, hat aus objektiver Sicht die Tatsache verschleiert, dass ein volkseigenes Grundstück an private Erwerber veräußert wurde. Das mag erklären, weshalb bei der Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung durch den Liegenschaftsdienst beim Rat des Bezirks nicht aufgefallen ist, dass es sich um ein volkseigenes Grundstück handelte. Die vorangegangene Veräußerung durch Kaufvertrag vom 20. Dezember 1978 an das Eigentum des Volkes, die nach Sachlage den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 der Verwalter-Verordnung vom 11. Dezember 1968 (a.a.O.) offen widersprach, führte zum Erlöschen der Belastungen des Grundstücks (§ 4 Abs. 1 der Verwalter-Verordnung). Auf diese Weise sind neben dem Verwaltervermerk namentlich die im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkungen untergegangen. Das erlaubt den Schluss, dass der Zwischenerwerb durch das Eigentum des Volkes nur dem Ziel diente, die KWV von den Eigentumsverschaffungsansprüchen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und ihres Bruders zu befreien. Von dieser Manipulation war die kurz darauf vorgenommene Weiterveräußerung des Grundstücks an die Beigeladenen beeinflusst, wenn deren Erwerb von vornherein angestrebt war. Dafür könnte sprechen, dass die in der Zweiten Abteilung des Grundbuchs eingetragenen Lasten und Beschränkungen bei der Eintragung der Beigeladenen als Eigentümer erneut gelöscht wurden.

2. Das Verwaltungsgericht hat die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zur Redlichkeit der Beigeladenen beim Erwerb des volkseigenen Grundstücks nicht getroffen.

Auf der vom Verwaltungsgericht unterstellten Grundlage eines objektiv manipulativen Erwerbs hat es zwar die Auffassung vertreten, dass es an dem erforderlichen subjektiven Zurechnungselement fehle, weil keine greifbaren Anhaltspunkte erkennbar seien, aus denen sich eine zumindest fahrlässige Unkenntnis der Beigeladenen von der Manipulation ergebe. Mit dieser Begründung kann das angegriffene Urteil aber schon deswegen nicht aufrechterhalten werden, weil sie nicht erkennen lässt, von welchem rechtlichen Verständnis eines i.S. des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG manipulativen Erwerbs das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Ob ein Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass der Erwerb den einschlägigen Rechtsvorschriften widersprach, lässt sich nur aufgrund einer alle Umstände berücksichtigenden Gesamtwürdigung beurteilen. Da das Verwaltungsgericht wesentliche Voraussetzungen einer objektiven Manipulation verkannt hat, ist seine Beurteilung der subjektiven Redlichkeit nicht tragfähig. Es wird deshalb unter Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Beweismittel erneut zu prüfen haben, ob die Beigeladenen von den die Veräußerung des volkseigenen Grundstücks begleitenden Manipulationen Kenntnis hatten oder bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätten haben müssen.

Dabei wird auch aufzuklären sein, ob die Beigeladenen wussten oder wissen mussten, dass sie ein volkseigenes Grundstück erwarben. Nach den Angaben in der Revisionserwiderung der Beklagten haben sich die Beigeladenen ihr gegenüber dahin geäußert, es sei ihnen bei ihrem Erwerb bekannt gewesen, dass das Grundstück in Volkseigentum stand. Für eine solche Kenntnis spricht die Erwägung des Verwaltungsgerichts, die Parteien des Kaufvertrags vom 10. Mai 1979 seien "ganz offensichtlich" davon ausgegangen, dass die Veräußerung eines Grundstücks aus dem Eigentum des Volkes jedenfalls bei Eigenheimen möglich sei. Demgegenüber lässt die gerichtliche Feststellung, die Beigeladenen hätten von der Übernahme des Grundstücks in Volkseigentum "nur mittelbar" Kenntnis erlangt, auch eine andere Deutungsmöglichkeit zu. In diesem Zusammenhang wird das Verwaltungsgericht auch den von der Beigeladenen unterzeichneten, an den Rat der Stadt gerichteten Antrag vom 16. März 1990 "zum Kauf des Grund und Bodens, auf dem unser Haus steht" zu würdigen haben.

Erbringt die erforderliche Beweisaufnahme keine Klarheit darüber, ob die Beigeladenen von den manipulativen Umständen des Erwerbs wussten oder hätten wissen müssen, kann in der Veräußerung des volkseigenen Grundstücks in Privateigentum ein greifbarer Anhaltspunkt für eine mögliche Unredlichkeit der Beigeladenen gesehen werden. Dass kein Erfahrungssatz besteht, der die Annahme eines Anscheinsbeweises für die Unredlichkeit des privaten Erwerbers eines volkseigenen Eigenheimgrundstücks rechtfertigt, schließt nicht aus, diesen Umstand bei der individuellen Redlichkeitsprüfung als Indiz zu berücksichtigen.

Ende der Entscheidung

Zurück