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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 7.06
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, Richtlinie 75/442/EWG
Vorschriften:
KrW-/AbfG § 4 Abs. 4 Satz 2 | |
KrW-/AbfG § 4 Abs. 4 Satz 3 | |
Richtlinie 75/442/EWG Art. 1 Buchst. e | |
Richtlinie 75/442/EWG Art. 1 Buchst. f | |
Richtlinie 75/442/EWG Anhang II A | |
Richtlinie 75/442/EWG Anhang II B |
Der Einsatz heizwertreichen Abfalls zur Stützfeuerung in einer Sonderabfallverbrennungsanlage ist regelmäßig eine Verwertungsmaßnahme, wenn er zur gezielten Steuerung des Verbrennungsprozesses eingesetzt wird. Die Verwendung eines geeigneten Abfallgemischs zur Sicherstellung einer selbstgängigen Verbrennung sämtlicher Abfälle ist keine Verwertungsmaßnahme.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 7 C 7.06
Verkündet am 26. April 2007
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert, Krauß, Neumann und Guttenberger
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darum, ob ein Abfallgemisch Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung ist. Die Klägerin betreibt eine Vorbehandlungsanlage für besonders überwachungsbedürftige Abfälle (§ 41 KrW-/AbfG a.F.). Im August 2000 zeigte sie der Beklagten an, dass sie den Abfall AS190204D1 gemäß Entsorgungsnachweis ENA 1511111LV in der Sonderabfallverbrennungsanlage der Beigeladenen entsorge. Der von der Klägerin konditionierte Abfall enthält schlammige Tankrückstände, Reaktions- und Destillationsrückstände, Schlämme aus Farb- und Lackentfernung, Druckfarben und Druckfarbenschlämme, verbrauchte Wachse und Fette sowie ölhaltige Abfälle aus der Reinigung von Lagertanks. Sein durchschnittlicher Heizwert beträgt 13 850 kJ/kg.
Mit Bescheid vom 25. August 2000 stellte die Beklagte fest, es handele sich um Abfall zur Beseitigung, der im Rahmen der bestehenden Zuweisung in der Sonderabfallverbrennungsanlage AVG in Hamburg beseitigt werden müsse. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die zugelassene Berufung nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die Klage sei, nachdem die Gültigkeitsdauer der Bestätigung des Entsorgungsnachweises abgelaufen sei, als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, da die Klägerin gleichartigen Abfall auch in Zukunft bei der Beigeladenen entsorgen lassen wolle. Die Beklagte habe den Abfall zu Recht als Abfall zur Beseitigung eingestuft. Hauptzweck seiner Verbrennung sei nicht die Wärmegewinnung oder Energieerzeugung. Nach dem Widmungszweck der Anlage der Beigeladenen sei die Verbrennung kein Verwertungsvorgang. Die Anlage sei eine Beseitigungsanlage. Der Abfall ersetze auch nicht den Primärenergieträger Heizöl beim Einsatz zur Stützfeuerung, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass der Abfall tatsächlich zur Stützfeuerung eingesetzt und die Anlage der Beigeladenen bei Ausbleiben des Abfalls unter Einsatz eines Primärenergieträgers weiterbetrieben werde. Nach Angaben der Beigeladenen werde in der Anlage das als Regelbrennstoff eingesetzte Heizöl durch flüssige Sonderabfälle substituiert, Abfälle wie derjenige der Klägerin würden in den Feststoffbunker gekippt. Ein Zukauf von Abfällen finde bei der Beigeladenen nicht statt. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich nichts anderes. Das Gutachten befasse sich weithin mit der Zulässigkeit der Verwertung und verfehle damit die Frage, ob der Abfall der Klägerin überhaupt Abfall zur Verwertung sei. Im Übrigen sei dem Gutachten und den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen nicht zu entnehmen, dass der Abfall der Klägerin unmittelbar zum Ersatz von Primärenergieträgern eingesetzt werde. Selbst wenn die Verbrennung des Abfalls, wie der Sachverständige dargelegt habe, zum selbstgängigen Verbrennungsprozess maßgeblich beitrage und insoweit eine Stützfeuerung mit Heizöl zunehmend entbehrlich werde, liege darin keine Substitution, sondern allenfalls ein "kompensatorischer Effekt".
Gegen das Urteil hat die Klägerin die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor: Das Urteil verletze § 4 Abs. 4 KrW-/AbfG. Die Hauptverwendung des Abfalls bestehe darin, dass er als Brennstoff diene und einen Primärenergieträger ersetze. Zu Unrecht sehe der Verwaltungsgerichtshof im Widmungszweck der Anlage ein Kriterium zur Abgrenzung von Abfällen zur Verwertung und zur Beseitigung. Erforderlich sei eine verfahrensbezogene Betrachtung. Die Abgabe der in der Anlage der Beigeladenen erzeugten Wärme und Energie sei für das Erreichen der Gewinnschwelle wesentlich. Der Einsatz des heizwertreichen Abfalls diene hauptsächlich dazu, durch Verbrennung so viel Wärme zu erzeugen, dass zusammen mit der Verbrennung anderer Abfälle die Mineralisierungstemperatur von 1 100° C eingehalten werde. Heizöl könne entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs nicht nur durch flüssige Abfälle substituiert werden. Unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht und des Überzeugungsgrundsatzes habe der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Klägerin entscheidungserhebliche Tatsachen nicht nachgewiesen habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe nicht berücksichtigt, dass in der Anlage der Beigeladenen feste Abfälle zwar im Bunker zwischengelagert, aber nach Vermischung von heizwertarmen und heizwertreichen Abfällen als Feststoffe mit mittlerem Heizwert verbrannt würden, um den Verbrauch von Primärbrennstoffen herabzusetzen. Die Nachweispflicht für die Verwendung des Abfallgemischs als Heizölersatz und für einen Weiterbetrieb der Anlage bei Ausbleiben des Abfalls obliege nicht der Klägerin. Dass die Verbrennung der Rohstoffsubstitution diene, habe der Sachverständige in seinem Gutachten dargelegt und in der mündlichen Verhandlung erläutert. Der Verwaltungsgerichtshof sei ohne hinreichende eigene Sachkunde von dem Gutachten abgewichen und habe davon nur Teile gewürdigt.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus: Bei Entsorgung von Abfällen in einer Abfallverbrennungsanlage sei darzulegen, dass der Hauptzweck der Maßnahme in der Verwertung liege. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs habe der Verwaltungsgerichtshof auch den Widmungszweck der Anlage als Abgrenzungskriterium berücksichtigt. Aus den Verwertungsberichten der Beigeladenen könne nicht auf einen Verwerterstatus der Anlage geschlossen werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe deshalb keinen Anlass gehabt, sich mit den Verwertungsberichten und den hierauf beruhenden Ausführungen des Sachverständigen auseinanderzusetzen. Die Stromerzeugung sei nur ein Nebenprodukt des Betriebs der Anlage der Beigeladenen. Den unter bestimmten Umständen möglichen Beitrag des Abfalls zu einem selbstgängigen Verbrennungsprozess habe der Verwaltungsgerichtshof zu Recht als nur kompensatorischen Effekt bezeichnet, zumal die Anlage seit Inbetriebnahme thermisch überlastet sei. Auch der Sachverständige habe eine gezielte Nutzung des Substitutionspotentials des Abfalls nicht festgestellt. Die Verfahrensrügen der Klägerin seien unbegründet.
Die Beigeladene bezweifelt das Feststellungsinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage, weil keine Geschäftsbeziehungen mehr mit der Klägerin beständen und die Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 2000, auf die sich die Klägerin vor dem Verwaltungsgerichtshof berufen habe, gekündigt worden sei.
II
Die Revision ist unbegründet. Das angegriffene Urteil beruht nicht auf einem Verstoß gegen Bundesrecht. Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Klage mit dem Hauptantrag unzulässig ist, weil sich die auf einen bestimmten Entsorgungsnachweis bezogene Feststellung der Beklagten nach Klageerhebung infolge Zeitablaufs erledigt hat (§ 5 Abs. 3, § 10 Abs. 1 Satz 2 NachwV a.F.). Ebenfalls zu Recht hat er die Klage mit dem hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag für zulässig gehalten. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), weil sie auch in Zukunft Abfall der in Rede stehenden Art in einer Sonderabfallverbrennungsanlage entsorgen und geklärt wissen möchte, ob es sich um Abfall zur Beseitigung oder zur Verwertung handelt.
Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Abfall der Klägerin als Abfall zur Beseitigung einzustufen ist und damit der bei innerstaatlichen Entsorgungsvorgängen auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht unbedenklichen Andienungspflicht unterliegt (§ 9 Abs. 2 Satz 2 LAbfG, § 4 Abs. 1 SAbfVO; vgl. Urteil vom 11. April 2002 - BVerwG 7 CN 1.02 - Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 191), ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Klägerin beabsichtigt die Verbrennung des Abfalls in einer Sonderabfallverbrennungsanlage. Ob sich eine Abfallverbrennung als Maßnahme zur Beseitigung oder zur Verwertung darstellt, richtet sich nach dem Hauptzweck der Maßnahme (§ 4 Abs. 4 Satz 2 KrW-/AbfG). Danach kommt es vorrangig darauf an, ob die Entsorgungsmaßnahme hauptsächlich in der Nutzung der stofflichen oder energetischen Eigenschaften des Abfalls oder in der Beseitigung seines Schadstoffpotentials besteht. Die Abgrenzung nach dem Hauptzweck wurde durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs konkretisiert (Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-228/00, Belgische Zementwerke - NVwZ 2003, 455; Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-458/00, MVA Straßburg - NVwZ 2003, 457; Urteil vom 3. April 2003 - Rs. C-116/01, SITA - NVwZ 2003, 585; ebenso Urteil vom 6. November 2003 - BVerwG 7 C 2.03 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 11). Diese Rechtsprechung betrifft die in Art. 1 Buchst. e und f der Richtlinie 75/442/EWG des Rates über Abfälle (Abfallrahmenrichtlinie) bestimmten Begriffe der Verwertung und der Beseitigung, die in Art. 2 Buchst. i und k der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (Abfallverbringungsverordnung) in Bezug genommen werden. Sie ist deshalb auch für die Abgrenzung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, durch das die Abfallrahmenrichtlinie umgesetzt wurde, maßgebend. Danach ist eine Abfallverbrennung ein Verwertungsvorgang, wenn die Abfälle hauptsächlich als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung verwendet werden und damit Primärenergie ersetzen, die sonst für diesen Zweck hätte eingesetzt werden müssen.
Die Hauptverwendung von Abfällen zur Energieerzeugung hat entsprechend dem Substitutionsgedanken drei Voraussetzungen. Die Abfallverbrennung muss - erstens - mit ihrem Hauptzweck dazu bestimmt sein, die Abfälle zur Energieerzeugung einzusetzen. Ein Einsatz zur Energieerzeugung ist anzunehmen, wenn - zweitens - thermische Energie erzeugt und der gewonnene Energieüberschuss tatsächlich genutzt wird. Es muss also mehr Energie entstehen, als bei der Verbrennung verbraucht wird, und der Überschuss muss als Verbrennungswärme oder Elektrizität genutzt werden. Die Abfälle müssen - drittens - hauptsächlich als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung Verwendung finden. Bei dem Verbrennungsvorgang muss der größere Teil der Abfälle verbraucht und der größere Teil der freigesetzten Energie zurück gewonnen und genutzt werden. Nur dann ist die Abfallverbrennung ein Mittel zum Zweck der Ressourcenschonung, weil sie Primärenergie ersetzt. Andernfalls liegt eine thermische Behandlung, also Abfallbeseitigung vor. Ob die Abfälle vermischt wurden, ist für die Abgrenzungsfrage ebenso wie für die Bestimmung des Hauptzwecks unerheblich. § 4 Abs. 4 Satz 3 KrW-/AbfG ist europarechtskonform dahin auszulegen, dass als "einzelner Abfall" auch ein Abfallgemisch zu verstehen ist, gleichgültig ob es bereits vermischt angefallen ist oder nachträglich hergestellt wurde (Beschluss vom 27. September 2001 - BVerwG 3 B 82.01 - Buchholz 451.221 § 4 KrW-/AbfG Nr. 2). Ein Abfallgemisch ist Abfall zur Verwertung, wenn es als solches überwiegend verwertbar ist und der Verwertung zugeführt wird (Urteil vom 15. Juni 2000 - BVerwG 3 C 4.00 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 6).
Auf der Grundlage dieser Maßstäbe hat der Verwaltungsgerichtshof den Abfall der Klägerin zu Recht als Abfall zur Beseitigung eingestuft. Die entscheidungstragenden Erwägungen, dass die Hauptverwendung des Abfalls nicht in der Energieerzeugung bestehe und der Abfall auch nicht anlagenintern einen Primärenergieträger substituiere, sind mit Bundesrecht vereinbar.
Die Hauptverwendung des Abfalls zur Energieerzeugung hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Darstellung des Anlagenbetriebs im Schreiben der Beigeladenen an den Beklagten vom 9. Oktober 2001 mit der Begründung verneint, dass die Energieerzeugung nur ein "Nebenprodukt" darstelle. Der Anteil an den aus der Lieferung elektrischer Energie erzielten Umsatzerlösen beträgt hiernach höchstens 3,5 % des Gesamtumsatzes. Der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichtshofs stimmt mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs überein. Danach besteht der Hauptzweck der Verbrennung von Abfällen in einer Abfallverbrennungsanlage selbst dann nicht in deren Verwertung, wenn die bei der Verbrennung erzeugte Wärme ganz oder teilweise zurück gewonnen wird. Wenn die Rückgewinnung der durch die Verbrennung erzeugten Wärme nur einen Nebeneffekt einer Maßnahme darstellt, deren Hauptzweck die Abfallbeseitigung ist, steht sie der Einstufung dieser Maßnahme als Beseitigungsmaßnahme nicht entgegen (Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-458/00, MVA Straßburg - NVwZ 2003, 457 <459> Rn. 41, 43).
Das bedeutet nicht, dass eine Verwertung von Abfällen in einer Abfallverbrennungsanlage unter Energieerzeugung für anlagenexterne Zwecke von vornherein ausgeschlossen ist. Der Europäische Gerichtshof stellt auch in der zitierten Entscheidung vorrangig auf die bereits erwähnten verfahrensbezogenen Kriterien ab (Rn. 32 - 37). Dieser Erwägungen hätte es nicht bedurft, wenn die Abgrenzung von Beseitigung und Verwertung ausschließlich nach dem Widmungszweck der Anlage vorzunehmen wäre. Dem entspricht, dass der Europäische Gerichtshof eine Verwertung von Abfällen in einer Abfallbeseitigungsanlage unter bestimmten Voraussetzungen für möglich hält. Dafür genügt nach seiner Rechtsprechung allerdings nicht, dass durch den Einsatz von Abfall der erzielte Energieüberschuss als Strom in das Netz eingespeist und damit Primärenergie in anderen Kraftwerken ersetzt wird. Abfälle werden in einer Verbrennungsanlage verwertet, wenn deren Betrieb mangels Versorgung mit Abfällen unter Verwendung eines Primärenergieträgers oder durch Zukauf von Abfällen fortgesetzt werden müsste (a.a.O. Rn. 44). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Betreiber einer Abfallverbrennungsanlage auch in dem Fall zur Energielieferung verpflichtet ist, dass er über keinen Abfall verfügt und darum seiner Lieferungsverpflichtung durch Einsatz von Primärenergie nachkommen muss. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, die nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen sind, bestehen solche Lieferungsverpflichtungen nicht. Angesichts dessen war der Einwand der Klägerin, die Abgabe der in der Anlage der Beigeladenen erzeugten Energie sei für das Erreichen der Gewinnschwelle wesentlich, für den Verwaltungsgerichtshof nicht entscheidungserheblich. Auch ein Zukauf von Abfällen, um den Weiterbetrieb der Verbrennungsanlage bei Ausbleiben von Abfällen zu ermöglichen, findet nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht statt.
Eine Verwertung von Abfällen in einer Verbrennungsanlage kommt darüber hinaus dann in Betracht, wenn durch ihren Einsatz Primärenergie anlagenintern substituiert wird. Trotz seines möglicherweise missverständlichen Hinweises auf den Widmungszweck der Anlage der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof nicht verkannt, dass auch in einer Abfallverbrennungsanlage eine Verwertungsmaßnahme stattfindet, wenn die Erzeugung von Energie oder Wärme unter Substitution von Primärenergie Hauptzweck des Verbrennungsvorgangs ist. Das ergibt sich daraus, dass er trotz der Widmung der Anlage zur Abfallbeseitigung der Frage nachgegangen ist, ob der Abfall der Klägerin in der Anlage unmittelbar zur Stützfeuerung eingesetzt wird und damit bei der Verbrennung den Einsatz von Heizöl oder eines anderen Primärenergieträgers entbehrlich macht. Bei dieser Prüfung stellt der Verwaltungsgerichtshof zwar überhöhte Anforderungen an die Substitution von Primärenergie bei der Abfallverbrennung in einer Sonderabfallverbrennungsanlage. Seine tatsächlichen Feststellungen, die mangels erfolgreicher Verfahrensrügen im Revisionsverfahren zugrunde zu legen sind, ermöglichen aber den Schluss, dass das für die Stützfeuerung verwendete Heizöl auch bei Anlegen des zutreffenden Maßstabs durch den Abfall der Klägerin nicht ersetzt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass bei dem Einsatz von Abfällen in einer Verbrennungsanlage eine Substitution von Primärenergie nicht schon dann anzunehmen ist, wenn in der Anlage überhaupt Primärenergiequellen durch Abfälle ersetzt werden. Erforderlich ist nach seiner Auffassung eine "vollständige Substituierbarkeit" zwischen Primärenergie und Abfall in dem Sinn, dass die Anlage bei Ausbleiben sämtlicher Abfälle mit Primärenergie weiterbetrieben werden muss (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 22. August 2003, AS 30, 418 <424>). Damit werden die Anforderungen an die Substitution von Primärenergie in einer Verbrennungsanlage überspannt. Die Auffassung hätte zur Folge, dass eine Abfallverwertung in einer Abfallverbrennungsanlage durch anlageninterne Substitution eines Primärenergieträgers der Sache nach ausscheidet, weil Hauptzweck einer solchen Anlage definitionsgemäß die Abfallbeseitigung ist. Das widerspricht der Prämisse des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Abfallverwertung grundsätzlich auch in einer Abfallverbrennungsanlage möglich sein kann (Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-458/00, MVA Straßburg - NVwZ 2003, 457 <458> Rn. 44).
Eine Verwertung setzt entsprechend dem die Abfallverwertung beherrschenden Prinzip der Ressourcenschonung voraus, dass durch Energieerzeugung natürliche Rohstoffquellen ersetzt werden. Demgemäß kann eine anlageninterne Substitution angenommen werden, wenn Abfall als Ersatzbrennstoff bei der Stützfeuerung eingesetzt wird. Dass eine vollständige Austauschbarkeit sämtlicher Abfälle mit Primärenergieträgern nicht erforderlich ist, wird durch die vom Europäischen Gerichtshof für maßgebend erachteten Anhänge II A und II B zur Abfallrahmenrichtlinie bestätigt (EuGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-458/00, MVA Straßburg - NVwZ 2003, 457 <458> Rn. 24, 26). Diese bestimmen nicht den Status von Anlagen, sondern führen Verfahren der Beseitigung und der Verwertung von Abfällen auf. Sie schließen damit nicht aus, dass in einer Anlage sowohl Beseitigungsverfahren als auch Verwertungsverfahren durchgeführt werden können (Baars/Nottrodt, AbfallR 2003, 220 <225>; Dolde, in: 12. Kölner Abfalltage, 2003, S. 237 <247 f.>). Eine derart "maßnahmenbezogene" Betrachtungsweise liegt auch den Schlussanträgen des Generalanwalts Jacobs im Verfahren MVA Straßburg zugrunde, indem er die Kontrollfrage stellt, ob dann, "wenn die Abfälle für eine bestimmte Maßnahme nicht verfügbar wären, ... diese Maßnahme gleichwohl mit anderem Material durchgeführt werden" würde (Schlussanträge, Rs. C-458/00 Rn. 42).
Ungeachtet seines unzutreffenden rechtlichen Ansatzes hält der Verwaltungsgerichtshof für möglich, dass in einer Abfallbeseitigungsanlage Maßnahmen der Abfallverwertung durch Substitution bei der Stützfeuerung durchgeführt werden können. Eine derartige Substitution findet nach seinen tatsächlichen Feststellungen in der Verbrennungsanlage der Beigeladenen jedoch nicht statt. Nach deren unwidersprochen gebliebener Darstellung in ihrem bereits erwähnten Schreiben vom 9. Oktober 2001 wird in ihrer Verbrennungsanlage zur Stützfeuerung als Regelbrennstoff Heizöl verwendet, das im Anlagenbetrieb regelmäßig durch verfügbare flüssige Sonderabfälle mit einem Heizwert von mehr als 11 000 kJ/kg ersetzt wird. Dabei richtet sich die Verwendung der jeweiligen Brennstoffe nach den Anforderungen der Verbrennung, die darin bestehen, die Temperatur im Drehrohr und in der Nachbrennkammer bei 1 100° C zu halten. Das Heizöl und die flüssigen Sonderabfälle werden zur gezielten Steuerung der Verbrennungstemperatur eingesetzt. Feste Abfälle werden im Feststoffbunker als heizwertarme und heizwertreiche Abfallfraktionen getrennt zwischengelagert und miteinander vermischt, um sie im Bedarfsfall mit einem mittleren Heizwert zu verbrennen. Damit soll der Verbrauch von Primärbrennstoffen reduziert und eine möglichst gleichmäßige Energiezufuhr bei der Verbrennung erreicht werden. Diesen Vorgang hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof dahin erläutert, dass eine selbstgängige Abfallverbrennung bei mindestens 1 100° C angestrebt werde, um auf den Einsatz von Primärenergie zur Stützfeuerung verzichten zu können. Anders als bei der Verbrennung von Hausmüll, die wegen dessen höheren Heizwerts von vornherein selbstgängig sei, beständen bei den in der Anlage der Beigeladenen zu verbrennenden Sonderabfällen erhebliche Heizwertunterschiede. Deren Ausgleich durch Vermischung diene der Unterstützung eines selbstgängigen Verbrennungsprozesses und der Vermeidung einer überhöhten Verbrennungstemperatur, bei der die thermische Belastungsgrenze im Kessel zu rasch erreicht werde.
Zur Stützfeuerung werden in einer Abfallverbrennungsanlage heizwertreiche Abfälle eingesetzt, wenn sie dem in der Anlage zu verbrennenden Abfall im Bedarfsfall gesondert zugeführt werden, um den Verbrennungsprozess zu steuern und damit eine selbstgängige Verbrennung sicherzustellen. Bei dem in der Anlage der Beigeladenen angewandten Verfahren wird diese Funktion durch die flüssigen Sonderabfälle erfüllt, die das als Regelbrennstoff eingesetzte Heizöl im Rahmen ihrer Verfügbarkeit ersetzen. Die flüssigen Sonderabfälle werden außerhalb des Drehrohrofens und der Nachbrennkammer in einem Tanklager vorgehalten und anstelle des Heizöls dem Verbrennungsvorgang gezielt zugeführt, um ein drohendes Absinken der erforderlichen Betriebstemperatur zu verhindern. Sind keine flüssigen Sonderabfälle vorhanden, wird zum Zweck der Steuerung des Verbrennungsprozesses Heizöl eingesetzt. Die Zuführung der flüssigen Sonderabfälle ist mithin als Substitution eines Primärenergieträgers einzustufen.
Demgegenüber dienen in der Anlage der Beigeladenen die festen Abfälle nicht der Stützfeuerung. Sie werden je nach ihren Brenneigenschaften in zwei verschiedene Bunkerkassetten des Feststoffbunkers für heizwertarme und heizwertreiche Abfälle eingeführt und nach Vermischung zu einem Material mittleren Heizwerts über die dem Bunker nachgeschaltete Feststoffbeschickung im Drehrohrofen verbrannt. Heizwertreiche feste Abfälle teilen damit das rechtliche Schicksal der übrigen Abfälle, die in der Verbrennungsanlage der Beigeladenen beseitigt werden. Die Verwendung eines geeigneten Abfallgemischs zu dem Zweck, eine Stützfeuerung mit Primärenergie entbehrlich zu machen, macht den Vorgang der Abfallverbrennung nicht zu einer Verwertungsmaßnahme. Hauptzweck einer solchen Verwendung ist die möglichst wirtschaftliche Beseitigung sämtlicher Abfälle durch Verbrennung. Zur Stützfeuerung wäre das Abfallgemisch übrigens auch nicht geeignet, weil die festen Abfälle in der Anlage der Beigeladenen mangels bedarfsgerechter Zwischenlagerung nicht gezielt zugeführt werden können, um ein drohendes Absinken der erforderlichen Betriebstemperatur zu verhindern. Ebenso wenig ist in der Vermischung der Abfälle zum Zweck ihrer bestmöglichen Verbrennung eine Verwertungsmaßnahme zu sehen. Die Vermischung der Abfälle stellt nur einen Zwischenschritt auf dem Weg zu ihrer umweltverträglichen Entsorgung dar (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 7 C 4.06 - NVwZ 2007, 338). Sie ändert nichts daran, dass die Abfälle insgesamt zur Beseitigung bestimmt sind.
Die Wirkung der Vermischung der Abfälle, die der Verwaltungsgerichtshof als "kompensatorischen Effekt" bezeichnet hat, mag zwar den Einsatz von Heizöl zur Stützfeuerung verringern. Das Ausnutzen guter Brenneigenschaften eines Abfallgemischs ist aber keine von der Abfallverbrennung zu unterscheidende Stützfeuerung, sondern eine Optimierung des Verbrennungsprozesses. Die Vermischung der Abfälle als eine der Verbrennung vorausgehende Maßnahme lässt sich damit selbst dann, wenn sie zu einer Einsparung von Primärenergie bei der Abfallverbrennung beiträgt, nicht als Maßnahme der Abfallverwertung einstufen. Andernfalls wäre jede Verbrennung eines aus heizwertarmen und heizwertreichen Abfällen bestehenden Abfallgemischs hinsichtlich der heizwertreichen Abfälle als Verwertungsmaßnahme anzusehen. Das widerspräche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der in der selbstgängigen Verbrennung regelmäßig heizwertreichen Hausmülls grundsätzlich einen Vorgang der Abfallbeseitigung sieht (Urteil vom 13. Februar 2003 - Rs. C-458/00, MVA Straßburg - NVwZ 2003, 457 Rn. 44). Diese Rechtsprechung betrifft entgegen der Annahme der Klägerin nicht nur die Verbrennung von Hausmüll, sondern die Verbrennung von Abfall jeder Art, deren Hauptzweck die Abfallbeseitigung ist.
Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen sind unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Das Revisionsvorbringen ergibt kein Ermittlungsdefizit bei Tatsachen, die nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs entscheidungserheblich waren. Die Formulierung, die Klägerin habe bestimmte Umstände nicht "nachgewiesen", begründet bei sachgerechtem Verständnis im Zusammenhang der Entscheidungsgründe keinen Aufklärungsmangel, sondern bringt die rechtlichen Folgen der materiellen Darlegungslast zum Ausdruck. Auch der gerügte Beweiserhebungsfehler liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht die nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Anknüpfungstatsachen des Sachverständigengutachtens für fehlerhaft gehalten. Soweit er dem Sachverständigengutachten nicht gefolgt ist, beruht dies auf der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden rechtlichen Bewertung der von dem Sachverständigen ermittelten Umstände. Ebenso unbegründet ist die Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht auf der Grundlage eines unvollständigen Sachverhalts entschieden, sondern die aus seiner rechtlichen Sicht entscheidungserheblichen Tatsachen anders als die Klägerin oder der Sachverständige gewürdigt. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene abweichende Würdigung bedurfte keiner einem Sachverständigen vorbehaltenen Sachkunde, weil sie sich auf Rechtsfragen beschränkt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Ende der Entscheidung
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