Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 83.99
Rechtsgebiete: VermG


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 2
Leitsatz:

Eine "Übernahme in Volkseigentum" im Sinne von § 1 Abs. 2 VermG liegt nicht vor, wenn ein zum Nachlass gehörendes Grundstück nach der Erbausschlagung zunächst berufener Erben unbefristet durch einen VEB der Gebäudewirtschaft auf privatrechtlicher Grundlage für mögliche weitere, aber unbekannte Erben verwaltet worden ist.

Urteil des 7. Senats vom 30. November 2000 - BVerwG 7 C 83.99 -

I. VG Dresden vom 22.04.1999 - Az.: VG 7 K 3411/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 7 C 83.99 VG 7 K 3411/96

Verkündet am 30. November 2000

Nöpel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2000 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, Kley, Herbert und Neumann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 22. April 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren die vermögensrechtliche Rückübertragung zweier Grundstücke.

Eigentümer der jeweils mit einem Mehrfamilienwohnhaus bebauten Grundstücke war bis zu seinem Tod im Jahre 1948 Herr Curt W. Aufgrund eines gemeinschaftlichen Testaments wurde er von seiner Ehefrau Margarethe W. als Vorerbin beerbt. Als Nacherben waren die Kläger, als Ersatznacherbin die Gemeinde L. und als weitere Ersatzerbin die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde L. eingesetzt. Frau Margarethe W. hatte in dem Testament ihren Vater und dessen Abkömmlinge, ihre Schwester und deren Sohn, von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Nach ihrem Tod am 15. Juli 1983 schlugen die Kläger die Erbschaft für sich und ihre Kinder aus. Die Gemeinde L. schlug die Erbschaft ebenfalls aus. Der Rat des Bezirks D. versagte der Kirchengemeinde L. die Genehmigung, die für deren Erbschaftserwerb erforderlich war.

Das Staatliche Notariat ordnete für die unbekannten Erben der Frau Margarethe W. eine Nachlasspflegschaft an. Nach vergeblichen Versuchen, die Schwester der Erblasserin und deren Sohn zu ermitteln, bestimmte es im Mai 1985, die beiden Grundstücke in die Verwaltung eines VEB der Gebäudewirtschaft zu geben und den Nachlass zur Hinterlegung zu bringen, weil das Erbrecht der DDR nicht festgestellt werden könne. Die Nachlasspflegerin schloss für jedes der beiden Grundstücke einen Verwaltungsvertrag mit einem VEB der Gebäudewirtschaft ab.

Während des Revisionsverfahrens stellte das Amtsgericht Dresden im August 1999 einen Erbschein aus. Nach ihm sind die Beigeladenen zu 1 Erben nach Margarethe W. Diesen Erbschein zog das Amtsgericht Dresden später ein, weil sich weitere mögliche Erben gemeldet hatten, deren Erbrecht in dem ausgestellten Erbschein nicht berücksichtigt war.

Die Kläger fochten die Ausschlagung der Erbschaft bei den Zivilgerichten erfolglos an.

Der Funktionsvorgänger des Beklagten lehnte den vermögensrechtlichen Antrag der Kläger auf Rückübertragung der beiden Grundstücke ab. Diese seien weder in Volkseigentum überführt noch in staatliche Treuhandverwaltung übernommen worden.

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und hierzu ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VermG seien nicht erfüllt. Die Erbausschlagungen hätten nicht zu einer Übernahme der Grundstücke in Volkseigentum geführt. Der Staat habe die Grundstücke nicht auf der Grundlage der gesetzlichen Erbvermutung tatsächlich für das Volkseigentum in Besitz genommen. Das Staatliche Notariat habe nicht ein Erbrecht der DDR festgestellt, sondern angenommen, dass vorrangige unbekannte Erben existierten. Nach den abgeschlossenen Verträgen hätten die beauftragten VEB die Grundstücke für diese unbekannten Erben, nicht aber als staatliches Eigentum verwalten sollen. Eine analoge Anwendung von § 1 Abs. 2 VermG komme mangels einer Regelungslücke im Gesetz nicht in Betracht.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision machen die Kläger geltend: Für eine Übernahme in Volkseigentum genüge es, wenn das Verhalten der Behörden darauf angelegt gewesen sei, das Grundstück privater Verfügungsgewalt zu entziehen und in irgendeiner Form staatlicher Verfügungsgewalt zu unterstellen. Die Übernahme müsse aber nicht dokumentarisch, durch Eintragung von Volkseigentum im Grundbuch oder durch Ausstellung eines Erbscheins zugunsten des Staates, vollzogen worden sein. Das einfachste Mittel der faktischen Inbesitznahme habe darin bestanden, ein in Gang gesetztes Verfahren zur Ermittlung von Erben nicht weiter zu betreiben. Die ursprünglich Berechtigten seien bei dieser Verfahrensweise wirksam ausgeschaltet und mögliche nachrangige Erben faktisch ausgeschlossen gewesen. Bestehende, im Grundbuch eingetragene Belastungen hätten nicht abgelöst werden müssen, was bei einer förmlichen Übernahme in Volkseigentum erforderlich gewesen wäre. Der Wohnraum habe aufgrund seiner Verwaltung durch den VEB für die staatlich gelenkte Wohnraumversorgung zur Verfügung gestanden. Der VEB als Verwalter habe zu Lasten der Eigentümer die Grundstücke erheblich belasten können, ohne selbst oder als Rechtsträger des Volkseigentums haften zu müssen. Die nach dem Erbfall aufgenommenen Aufbauhypotheken hätten nachrangige Erben - wären sie ermittelt worden - zuverlässig veranlasst, die Erbschaft ebenfalls auszuschlagen. Das Tatbestandsmerkmal einer Übernahme in Volkseigentum bezwecke nur, das Vertrauen privater Dritter zu schützen. An einem solchen schutzwürdigen Vertrauen Dritter fehle es hier. Bis zur Wiedervereinigung hätte kein nachberufener Erbe eine Erbschaft angenommen, wenn der Nachlass - wie hier - nur aus überschuldeten Grundstücken bestanden habe. Jedenfalls sei § 1 Abs. 2 VermG zumindest analog anzuwenden. Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass zum einen die erzwungene Selbstschädigung wieder gutgemacht werde, zum anderen die Rechte Dritter dann gewahrt blieben, wenn diese einen gewissen Grad an Schutzwürdigkeit erlangt hätten. Hätten nachrangige Erben bis zum In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes ihren Willen zur Annahme der Erbschaft nicht manifestiert, hätten sie nicht vor dem erstausschlagenden und restitutionsberechtigten Erben zum Zuge kommen sollen. Dieser Gesetzeszweck würde verfehlt, wenn der erstausschlagende Erbe nur deshalb um seinen Restitutionsanspruch gebracht werde, weil das Staatliche Notariat untätig geblieben sei. Eine aus diesem Grund steckengebliebene Übernahme in Volkseigentum sei einer faktischen Übernahme in Volkseigentum gleich zu behandeln.

Die Beklagte schließt sich den Ausführungen des Verwaltungsgerichts an.

Die Beigeladene zu 1 a verteidigt das angefochtene Urteil:

Eine tatsächliche Inbesitznahme der Grundstücke für das Eigentum des Volkes aufgrund einer gesetzlichen Erbvermutung sei nicht erfolgt und habe auch nicht erfolgen sollen. Das Staatliche Notariat sei von einem Erbrecht dritter Personen ausgegangen. Es habe den Nachlass lediglich gesichert und den Anspruch der Erben auf Herausgabe der einzelnen Nachlassgegenstände nicht angetastet. Für eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 VermG fehle es an einer Regelungslücke.

Der Oberbundesanwalt hält einen Rückübertragungsanspruch für gegeben: § 1 Abs. 2 VermG sei erweiternd auszulegen oder gegebenenfalls analog anzuwenden. Das Staatliche Notariat habe die eingetretene erbrechtliche Situation (Erbanfall an den Staat) im Grundbuch nicht offen gelegt, sondern sich mit einer tatsächlichen Verwaltung des Vermögens durch einen VEB auf der Basis vordergründig ungeklärter Eigentumsverhältnisse begnügt. Auch in einem solchen Fall liege das anstößige Abwandern des Vermögenswerts in staatliches Eigentum vor, das den Akt der Selbstschädigung (Erbverzicht) als ein wiedergutmachungswürdiges Unrecht kennzeichne.

II.

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage ohne Verstoß gegen Bundesrecht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückübertragung der streitigen Grundstücke. Sie sind nicht Berechtigte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG. Die streitigen Grundstücke waren nicht von einer schädigenden Maßnahme nach § 1 Abs. 2 VermG betroffen.

Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 VermG ist zweigliedrig. Der Akt der Selbstschädigung (Erbausschlagung) muss sich in einer Übernahme des Vermögensgegenstandes in Volkseigentum vollendet haben. Nicht schon die ökonomische Zwangslage und der durch sie verursachte Akt der Selbstschädigung, sondern erst das damit verbundene Abwandern des Vermögenswertes in staatliches Eigentum machen die Erbausschlagung zu einem wiedergutmachungswürdigen Unrecht (BVerwG, Urteil vom 28. August 1997 - BVerwG 7 C 70.96 - BVerwGE 105, 172, 174).

An einem Abwandern des Grundstücks in Volkseigentum infolge der Erbausschlagung fehlt es hier.

Die umstrittenen Flächen sind weder kraft Erbrechts noch tatsächlich Volkseigentum geworden.

Nach den Klägern waren gesetzliche Erben vorhanden, die vor dem Staat erbberechtigt waren und die Erbschaft nicht ausgeschlagen haben. Dies hat das Verwaltungsgericht zwar nicht festgestellt, ist aber zwischen den Beteiligten des Revisionsverfahrens unstreitig und kann daher vom Senat berücksichtigt werden. Die Entstehung von Volkseigentum im Wege der Erbfolge scheidet damit von vornherein aus.

Eine Übernahme in Volkseigentum im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG kann aber nach der Rechtsprechung des Senats auch dann vorliegen, wenn nicht alle dem Staat vorgehenden Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, der Staat also nicht wirklich Erbe geworden und materiellrechtlich an dem zum Nachlass gehörenden Grundstück kein Volkseigentum entstanden ist. Es reicht aus, wenn der Staat das Grundstück auf der Grundlage der gesetzlichen Erbvermutung tatsächlich für das Volkseigentum in Besitz genommen hat (BVerwGE 105, 172, 176). Dieses Tatbestandsmerkmal ist hier nicht erfüllt.

Der Staat hat die streitigen Grundstücke nach den Erbausschlagungen durch die Kläger und die testamentarisch berufenen Ersatzerben unbefristet für die unbekannten gesetzlichen Erben verwalten lassen (1). In einem solchen Fall sind die Grundstücke nicht, auch nicht faktisch, in das Eigentum des Volkes übernommen worden (2). § 1 Abs. 2 VermG kann auf Fälle dieser Art nicht entsprechend angewendet werden (3).

1. Nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind die Grundstücke auf privatrechtlicher Grundlage zugunsten der unbekannten Erben, nicht des Staates verwaltet worden. Das Staatliche Notariat hatte die Nachlasspflegerin zum Abschluss der Verwalterverträge gerade mit der Begründung aufgefordert, das Erbrecht der DDR könne nicht festgestellt werden. Zwar hat die Nachlasspflegerin mit der Verwaltung der Grundstücke jeweils einen VEB der Gebäudewirtschaft beauftragt. Ob eine staatliche oder eine private Verwaltung anzunehmen ist, richtet sich aber bei der Verwaltung durch eine dem Staat zugeordnete Stelle wie einen VEB der Gebäudewirtschaft nicht nach der organisatorischen Zuordnung des Verwalters, sondern vorrangig nach dem Rechtsgrund des Verwaltungsverhältnisses. Die staatliche Verwaltung beruhte typischerweise auf hoheitlicher Anordnung. Demgegenüber ist von privater Grundstücksverwaltung auszugehen, wenn der Verwalter aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften als Bevollmächtigter des privaten Grundstückseigentümers eingesetzt wurde (BVerwG, Urteil vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 18.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 4 VermG Nr. 3). Im vorliegenden Fall waren Grundlage der Verwaltung privatrechtliche Verwalterverträge, welche die Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben mit dem jeweiligen VEB der Gebäudewirtschaft abgeschlossen hatte. Die Verträge waren nur bis zu ihrem Widerruf durch die legitimierten Erben wirksam. Der jeweilige VEB führte für die Verwaltung der Grundstücke ein gesondertes Hauskonto, das nach Legitimation der Erben mit diesen abzurechnen war. Er war ermächtigt, das Grundstück für die Aufnahme von Krediten in Form von Aufbaugrundschulden zu belasten. Diese Vollmacht galt nur für Baumaßnahmen, die der Erhaltung und Wertverbesserung des Grundstücks dienten. Eine solche Belastung wäre bei volkseigenen Grundstücken nicht zulässig gewesen (§ 20 Abs. 3 Satz 2 ZGB).

Das Verwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass die private Verwaltung des Grundstücks für die unbekannten Erben in Wahrheit nicht gewollt war, der abgeschlossene Verwaltervertrag also nur eine faktisch praktizierte staatliche Verwaltung verdecken sollte. Die Kläger äußern insoweit lediglich Vermutungen, haben aber Anhaltspunkte für eine derartige Praxis oder gar für auf sie hinzielende Weisungen nicht benennen können.

2. In der privatrechtlichen Verwaltung für unbekannte Erben liegt keine tatsächliche Inbesitznahme des Grundstücks für das Eigentum des Volkes aufgrund vermuteten Erbrechts des Staates. Vielmehr respektiert der Staat das Erbrecht der nach der Erbausschlagung nachrangig berufenen Erben. Er nutzt die Erbausschlagung des vorrangig berufenen Erben nicht zu einer anstößigen und deshalb wiedergutmachungswürdigen Überführung des Grundstücks in Volkseigentum aus, sondern hält den Fall für die rein erbrechtliche Abwicklung offen. Wollte man unter diesen Umständen gleichwohl eine Übernahme der Grundstücke in Volkseigentum im Sinne von § 1 Abs. 2 VermG bejahen, verlöre dieses Tatbestandsmerkmal die Bedeutung, die ihm nach dem Gesetz zukommt. Es läge bereits dann vor, wenn kein nachberufener Erbe die Erbschaft vor In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes tatsächlich angetreten hat. Der Schädigungstatbestand wäre ohne einen wenigstens faktischen Zugriff des Staates auf das Eigentum erfüllt. Das Merkmal der Übernahme in Volkseigentum hätte damit nur noch die Funktion, die schutzwürdigen Belange der konkurrierenden Erben gegeneinander abzugrenzen. Das wiedergutmachungswürdige Unrecht besteht aber in den Fällen des § 1 Abs. 2 VermG gerade in dem durch ökonomischen Zwang hervorgerufenen Abwandern des Vermögenswertes in staatliches Eigentum zum Zwecke der ideologisch erwünschten Mehrung des Volkseigentums. Demnach fehlt es im Verhältnis zum erstausschlagenden Erben an einem wiedergutzumachenden Unrecht, wenn das Grundstück infolge der Erbausschlagung nicht zumindest faktisch in Volkseigentum übernommen worden ist. Angesichts dessen kommt es auf den von der Revision hervorgehobenen Gesichtspunkt mangelnder Schutzwürdigkeit nachrangiger Erben nicht an, weil er nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, einen nach der Konzeption des Gesetzes wiedergutmachungswürdigen Zugriff auf das Eigentum rückabzuwickeln.

Aus demselben Grund ist der weitere Hinweis der Kläger verfehlt, die (begründete) Restitution solle wie eine Anfechtung der Erbausschlagung wirken (BVerwG, Urteil vom 28. August 1997 - BVerwG 7 C 70.96 - BVerwGE 105, 172, 174). Die Kläger möchten umgekehrt zunächst aufgrund erbrechtlicher Überlegungen, nämlich anknüpfend an die höhere Schutzwürdigkeit der Erbprätendenten im Verhältnis zueinander und nicht im Verhältnis zum schädigenden Staat, eine Anfechtungsberechtigung des erstausschlagenden Erben begründen, um sodann hieraus zu folgern, sein Restitutionsanspruch müsse wegen dessen beabsichtigter Wirkung als Erbausschlagung durchgreifen. Damit wird wiederum entgegen dem Regelungskonzept des Gesetzgebers das eigentlich wiedergutmachungswürdige Unrecht, nämlich der Zugriff des Staates auf das Eigentum, zugunsten einer rein erbrechtlichen Betrachtung aus dem Tatbestand des § 1 Abs. 2 VermG ausgeblendet. Nutzt der Staat die Erbausschlagung nicht zu einem Zugriff auf das Eigentum, ist der Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes nicht erreicht. Die Rückabwicklung richtet sich allein nach Erbrecht. Ist die Erbausschlagung nach erbrechtlichen Regeln nicht oder nicht mehr anfechtbar, muss der erstausschlagende Erbe die erbrechtlichen Folgen seiner Ausschlagung hinnehmen.

Die Kläger berufen sich schließlich auf die "Rechtswirklichkeit" der DDR. Unter den Verhältnissen der DDR hätten die nachberufenen Erben, wäre ihnen der Erbanfall bekannt geworden, ebenfalls die Erbschaft ausgeschlagen. Aus diesem Grund sei die Verwaltung der Grundstücke für die unbekannten Erben nach der Rechtswirklichkeit der DDR ein faktisch unumkehrbarer Zugriff des Staates auf das Grundstück gewesen. Auch diese Erwägung trägt indes nicht. Die Kläger wollen fiktive Erbausschlagungen der nachrangig berufenen Erben berücksichtigt wissen. Solche fiktiven Erbausschlagungen sind jedoch nicht geeignet, die fehlende Übernahme in Volkseigentum zu ersetzen.

3. Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 2 VermG kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers wird das wiedergutmachungswürdige Unrecht gerade durch das anstößige Abwandern des Vermögenswertes in staatliches Eigentum begründet. Dieses Element des zweigliedrigen Schädigungstatbestandes ist nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers unverzichtbar. Ist es nicht erfüllt, weil das Grundstück auf privatrechtlicher Grundlage für unbekannte Erben verwaltet wurde, ist damit eine entsprechende Anwendung des Tatbestands ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Ende der Entscheidung

Zurück