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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.02.2004
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 9.03
Rechtsgebiete: BBergG, EV Anlage I Kapitel V, Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum Nr. 9.23
Vorschriften:
BBergG § 31 Abs. 1 Satz 1 | |
EV Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1 | |
Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum Nr. 9.23 der Anlage zu § 1 Abs. 2 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 7 C 9.03
Verkündet am 19. Februar 2004
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, Kley, Herbert und Neumann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 26. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu bergrechtlichen Förderabgaben.
Das Bergamt ... erteilte der Klägerin am 17. Februar 1994 eine im Jahr 1999 aufgehobene Bewilligung für den bergfreien Bodenschatz Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen im Bewilligungsfeld "...I". Das Bewilligungsfeld liegt nördlich von ... im Landkreis ... Die Klägerin förderte nach ihren Angaben seit 1991 bis 1998 Kies und Sand ausschließlich aus einem Kiessee innerhalb dieses Bewilligungsfeldes. Nach Aufforderung des Bergamtes machte sie Angaben zu der Menge Kies und Sand, welche sie in den Jahren 1994 bis 1998 gefördert hatte. Auf dieser Grundlage zog das Bergamt sie durch Änderungsbescheid vom März 2000 für das Jahr 1994, durch Bescheid vom 18. November 1997 für das Jahr 1995, durch weiteren Bescheid vom selben Tag für das Jahr 1996, durch Bescheid vom 23. März 2000 für das Jahr 1997 sowie durch Bescheid wiederum vom März 2000 für das Jahr 1998 jeweils zu einer Förderabgabe heran.
Die Klägerin hat nach erfolglosen Widersprüchen jeweils Klage erhoben. Sie hat zur Begründung in allen Verfahren unter anderem geltend gemacht: Die tatsächlich geförderten Rohstoffe rechtfertigten nicht deren Einstufung als bergfreier Bodenschatz. Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen seien nach der fortgeltenden Nr. 9.23 der Anlage zu § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 (GBl DDR I S. 1071) nur dann bergfrei, wenn der Kiesanteil größer 2 mm mehr als 10 % betrage und die geologische Vorratsmenge größer als 1 Mio. t sei. Sie habe in den jeweiligen Jahren aber nur die Kiese und Kiessande gefördert, die keinen Kiesanteil größer 2 mm von mehr als 10 % aufgewiesen hätten.
Das Verwaltungsgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, das zu dem Ergebnis kam: Das Bewilligungsfeld "..." enthalte im Durchschnitt des Feldes bergfreie Bodenschätze, wobei einzelne Teile des Feldes kiesarme, andere hingegen kiesreichere Partien aufwiesen. Aus dem Kiessee seien mit hoher Wahrscheinlichkeit kiesarme Sande mit einem Kiesanteil < 10 % und einer Vorratsmenge unter 1 Mio. t geologischer Vorräte gefördert worden.
Das Verwaltungsgericht hat den Klagen stattgegeben und die angefochtenen Abgabenbescheide aufgehoben: Bei den geförderten Kiesen und Sanden habe es sich nicht um bergfreie Bodenschätze gehandelt. Maßgeblich sei, ob die tatsächlich geförderten Rohstoffe diese Qualität erfüllten. Nach dem eingeholten Gutachten liege der Kiesanteil > 2 mm im gesamten Bewilligungsfeld zwar über 10 %, jedoch unter 10 % in dem Kiessee, aus dem die Klägerin in den in Rede stehenden Jahren ausschließlich gefördert habe.
Auf die Berufungen des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Urteile des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen abgewiesen: Für die Einstufung der geförderten Kiese und Kiessande als bergfreier Bodenschatz komme es nicht auf das Vorkommen in einzelnen Teilbereichen des Bewilligungsfeldes, sondern auf die geologische Vorratsmenge im Bewilligungsfeld an.
Gegen diese Urteile richtet sich die Revision der Klägerin, die der Senat nach Verbindung der Verfahren zugelassen hat. Die Klägerin erstrebt die Zurückweisung der Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts. Sie wiederholt und vertieft ihren Standpunkt, maßgeblich könne nur die Qualität des Bodenschatzes sein, der in dem jeweiligen Erhebungszeitraum gefördert worden sei, nicht hingegen die Qualität der geologischen Vorratsmenge im Bewilligungsfeld insgesamt.
Der Beklagte hält die Revision für unbegründet: Die einschlägigen Bestimmungen des Bergrechts der DDR verdeutlichten, dass Bezugspunkt für einen Kiesanteil größer 2 mm die gesamte Lagerstätte sei. Der Begriff der geologischen Vorratsmenge beziehe sich auf den Gesamtkomplex einer Lagerstätte, deren Grenzen objektiv feststünden und nicht willkürlich durch eine entsprechende Antragstellung festgelegt werden könnten. Auf den konkret geförderten Kies könne nicht abgestellt werden.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend.
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Senat kann offen lassen, ob das angefochtene Urteil Bundesrecht verletzt; denn es stellt sich jedenfalls aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob das Oberverwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen seien nach der Nr. 9.23 der Anlage zu § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 in Verbindung mit der Anlage I Kapitel V, Sachgebiet D, Abschnitt III Nr. 1 Buchst. a des Einigungsvertrages dann bergfrei, wenn der Kiesanteil > 2 mm mehr als 10 % der geologischen Vorratsmenge im Bewilligungsfeld betrage, oder ob statt dessen auf die Lagerstätte abzustellen ist und wie diese geologisch abzugrenzen ist. Keinesfalls kann auf den jeweils tatsächlich geförderten Kies oder Sand und dessen Zusammensetzung abgestellt werden. Dann könnte erst im Nachhinein festgestellt werden, ob auf die Abbautätigkeit während des zurückliegenden Jahres das Bundesberggesetz Anwendung findet oder nicht. Während der Kiesgewinnung im Jahr bliebe nicht nur unklar, nach welchem Rechtsregime sich die Gewinnung richtet, sondern auch, wem der gewonnene Kies eigentumsrechtlich zugeordnet ist.
2. Die angefochtenen Abgabenbescheide sind schon deshalb rechtmäßig, weil die Klägerin von der ihr erteilten bergrechtlichen Bewilligung Gebrauch gemacht und den dort bezeichneten Bodenschatz aus dem Bewilligungsfeld gewonnen hat. Ob der bezeichnete Bodenschatz tatsächlich bergfrei ist, die Bewilligung also zu Recht erteilt ist, ist wegen der Bestandskraft der Bewilligung für die Heranziehung zu einer Förderabgabe nicht mehr nachzuprüfen.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BBergG hat der Inhaber einer Bewilligung jährlich für die innerhalb des jeweiligen Jahres aus dem Bewilligungsfeld gewonnenen oder mitgewonnenen bergfreien Bodenschätze eine Förderabgabe zu entrichten.
Die Erhebung einer Förderabgabe für die Gewinnung von Kiesen und Kiessanden bestimmter Qualität ist eine gesetzliche Folge der Bergfreiheit dieser Bodenschätze. Aufgrund der Qualifizierung als bergfrei ist das Recht auf Gewinnung der Bodenschätze nicht Bestandteil des Eigentums am Grundstück mit der Folge, dass der Oberflächeneigentümer über das Recht auf Gewinnung auch nicht verfügen kann; er kann es insbesondere nicht gegen Entgelt einem Dritten übertragen oder zur Ausübung überlassen. Das Recht wird vom Staat verliehen. Die Förderabgabe stellt den Ausgleich für den - marktfähigen und vermögenswerten - Vorteil dar, den der Gewinnungsberechtigte damit erlangt. Wer als Dritter nicht bergfreie, d.h. im Eigentum des Grundstückseigentümers stehende Bodenschätze abbauen will, muss erst - in der Regel gegen Entgelt - vom Grundstückseigentümer ein entsprechendes Recht erwerben. Darauf ist der Inhaber einer Bewilligung nicht angewiesen (Beschluss vom 1. Februar 1999 - BVerwG 4 BN 53.98 - Buchholz 406.27 § 31 BBergG Nr. 1).
Aufgrund der bestandskräftigen Bewilligung unterlagen die Kiese und Kiessande in dem Bewilligungsfeld dem ausschließlichen Gewinnungs- und Aneignungsrecht der Klägerin. Sie durfte Kiese und Kiessande aus diesem Bewilligungsfeld nur aufgrund der ihr erteilten Bewilligung gewinnen. Die Nr. 9.23 der Anlage zu § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 definiert als bergfreien Bodenschatz nicht den Kies > 2 mm, sondern den Kies und Sand insgesamt, der die geologische Vorratsmenge gleich welcher Begrenzung bildet, also auch jene unter Umständen weit überwiegenden Anteile an Kies < 2 mm. Soll Kies und Kiessand aus dieser geologischen Vorratsmenge gewonnen werden, ist stets eine bergrechtliche Bewilligung erforderlich. Die bestandskräftige Bewilligung bezieht sich mithin auf den Kies und Sand insgesamt. Mit der Gewinnung von Kiesen und Kiessanden gleich welcher Körnung hat die Klägerin von der ihr erteilten Bewilligung Gebrauch gemacht. Solange die Klägerin von der Bewilligung Gebrauch machte, zog sie den ausgleichspflichtigen Vorteil und hat hierfür die Förderabgabe zu entrichten. Wenn sie meint, der vorhandene Bodenschatz erfülle die Anforderungen nicht, welche die Nr. 9.23 an die Bergfreiheit solcher Kiese und Sande stellt, hätte sie bereits früher die Aufhebung der Bewilligung beantragen müssen. Sie hätte dann zwar - sind die Kiese und Kiessande tatsächlich nicht bergfrei - keine Förderabgabe zahlen, stattdessen aber das Recht zur Gewinnung des grundeigenen Bodenschatzes von dem Grundeigentümer erwerben müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Ende der Entscheidung
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