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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.07.2000
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 96.99
Rechtsgebiete: VermG, EGBGB, SachenRBerG, ErholNutzG


Vorschriften:

VermG § 4 Abs. 2 Satz 1
VermG § 16 Abs. 2 Satz 1
VermG § 16 Abs. 3
EGBGB Art. 233 § 3
SachenRBerG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ErholNutzG §§ 1 ff.
Leitsatz:

Der redliche Erwerb dinglicher Nutzungsrechte an volkseigenen Grundstücken, die im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Kauf von Wochenendhäusern zu Erholungszwecken verliehen wurden, schließt die Rückübertragung der Grundstücke nicht aus.

Urteil des 7. Senats vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 96.99 -

I. VG Schwerin vom 20.05.1999 - Az.: VG 3 A 1699/95 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 7 C 96.99 VG 3 A 1699/95

Verkündet am 12. Juli 2000

Gallin Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2000 durch durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer, Gödel, Kley und Herbert

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Mai 1999 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Flurstücke ..., Gemarkung ..., Flur ..., an die Klägerin zurückzuübertragen; der Bescheid des Beklagten vom 21. Oktober 1992 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. April 1993 sowie der Widerspruchsbescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen Mecklenburg-Vorpommern vom 17. Oktober 1995 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Gründe:

I.

Die Klägerin beansprucht nach dem Vermögensgesetz (VermG) die Rückübertragung von drei mit Wochenendhäusern bebauten Flurstücken am P. See. Die Flurstücke gehörten zu mehreren Grundstücken im Gewann H., deren Eigentümer der Vater und Rechtsvorgänger der Klägerin war. Nach dessen Flucht aus der DDR im Jahre 1955 wurden die Grundstücke gemäß Anordnung Nr. 2 vom 20. August 1958 (GBl DDR I S. 664) über die Behandlung des Vermögens von Personen, die die Deutsche Demokratische Republik nach dem 10. Juni 1953 verlassen, unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt; als Treuhänder wurde der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung eingesetzt. Laut einem auf den 25. Juni 1972 datierten, vom staatlichen Liegenschaftsdienst beurkundeten Kaufvertrag wurden die Grundstücke auf der Grundlage der Verwalterverordnung vom 11. Dezember 1968 (GBl DDR 1969 II S. 1) in Volkseigentum überführt und der Rat der Stadt P. als Rechtsträger bestimmt. Nach dem Tod ihres Vaters im Jahre 1975 verlangte die Klägerin als dessen Alleinerbin von den staatlichen Behörden Auskunft über das Grundvermögen des Erblassers. Ihr wurde mitgeteilt, die Grundstücke seien zur Befriedigung von Gläubigerforderungen verwertet worden.

An dem mit einem Wochenendhaus bebauten, 520 m² großen Flurstück ... verlieh der Rat des Kreises L. im Jahre 1979 auf der Grundlage des Gesetzes über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken vom 14. Dezember 1970 (GBl DDR I S. 372) den Beigeladenen zu 3 und 4 ein dingliches Nutzungsrecht "für ihre persönlichen Erholungszwecke". Das Nutzungsrecht wurde im Grundbuch eingetragen, und es wurde ein Gebäudegrundbuchblatt angelegt. An dem früheren Flurstück ... (jetzt ... und ...) verlieh der Rat des Kreises L. im Jahre 1977 den Beigeladenen zu 5 und 6, 7 und 8 sowie 9 und 10 jeweils für eine Fläche von 300 m² ein dingliches Nutzungsrecht zur Bebauung mit einem Wochenendhaus mit dem Recht, es für ihre persönlichen Erholungszwecke zu nutzen. Die Flächen wurden von den Beigeladenen mit Wochendhäusern bebaut, für die Gebäudegrundbuchblätter angelegt wurden.

Im Jahre 1990 beantragte die Klägerin die Rückübertragung der Grundstücke im Gewann H., die ehemals ihrem Vater gehört hatten. Mit Bescheid vom 21. Oktober 1992, geändert durch Bescheid vom 26. April 1993, gab der Beklagte dem Antrag zum überwiegenden Teil statt; die Klägerin sei Berechtigte, da die Grundstücke durch den staatlichen Verwalter veräußert worden seien. Die Rückübertragung der Wochenendhausflurstücke sowie eines weiteren, im Revisionsverfahren nicht mehr umstrittenen Eigenheimgrundstücks lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Restitution sei ausgeschlossen, weil die Beigeladenen Gebäudeeigentümer seien und die ihnen verliehenen dinglichen Nutzungsrechte redlich erworben hätten.

Durch das angegriffene Urteil hat das Verwaltungsgericht die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Den Beigeladenen zu 3 bis 10 seien an den mit Wochenendhäusern bebauten Flächen dingliche Nutzungsrechte verliehen worden. Greifbare Anhaltspunkte für die Unredlichkeit des Erwerbs lägen nicht vor. Nach dem Gesetz vom 14. Dezember 1970 hätten Bürgern der DDR Nutzungsrechte zur Errichtung eines Eigenheims oder eines anderen, persönlichen Zwecken dienenden Gebäudes verliehen werden können; hierzu gehörten die Wochenendhäuser. In den Jahren 1976 bis 1979 seien in P. für 36 volkseigene Erholungsgrundstücke dingliche Nutzungsrechte verliehen worden. Dass Wochenendhäuser vielfach auf der Grundlage vertraglicher Nutzungsrechte erworben und errichtet worden seien, stelle die Rechtmäßigkeit der Verleihung dinglicher Nutzungsrechte nicht in Frage. Der Restitutionsausschlusstatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG erfasse nach seinem Wortlaut und Zweck auch den redlichen Erwerb dinglicher Nutzungsrechte an Wochenendhausgrundstücken.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt: Dingliche Nutzungsrechte an Erholungsgrundstücken unterfielen nicht dem Ausschlusstatbestand des redlichen Erwerbs, da das Restitutionsinteresse des früheren Eigentümers das gegenläufige Interesse des Nutzers überwiege. Ob dem Nutzer eines Erholungsgrundstücks ein dingliches Nutzungsrecht verliehen oder ob ein vertragliches Nutzungsrecht begründet worden sei, sei seit InKraft-Treten des Zivilgesetzbuchs vom Zufall abhängig gewesen. Dem entspreche, dass der Bundesgesetzgeber bei dinglichen Nutzungsrechten für Erholungszwecke anders als bei dinglichen Nutzungsrechten an Eigenheimgrundstücken dem redlichen Erwerber kein Recht zum Grundstückserwerb, sondern nur den Anspruch auf ein Erbbaurecht für die Dauer von 30 Jahren eingeräumt habe. Damit habe der Gesetzgeber der gegenüber Eigenheimen geringeren wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung von Wochenendhäusern Rechnung getragen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 11 verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Die übrigen Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert. Nach Ansicht des Oberbundesanwalts begegnet das angegriffene Urteil rechtlichen Bedenken.

II.

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, weil die Verleihung dinglicher Nutzungsrechte im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Kauf von Wochenendhäusern die Rückübertragung der betroffenen Flurstücke nicht ausschließt. Der Restitutionsausschlussgrund des redlichen Erwerbs dinglicher Nutzungsrechte (§ 4 Abs. 2 Satz 1 VermG) erstreckt sich nicht auf volkseigene Grundstücke, die zu Erholungszwecken genutzt wurden (Erholungsgrundstücke).

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG sind Vermögenswerte, die bestimmten Schädigungsmaßnahmen unterlagen, auf Antrag an die Berechtigten zurückzuübertragen, soweit dies nicht durch das Vermögensgesetz ausgeschlossen ist. Ausgeschlossen ist die Rückübertragung u.a. dann, wenn Dritte unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG in redlicher Weise "Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte" an dem Vermögenswert erworben haben. Bei der Veräußerung von Grundstücken oder Gebäuden ist die Möglichkeit redlichen Erwerbs darüber hinaus durch die Rechtsgeschäfte nach dem 18. Oktober 1989 betreffende sog. Stichtagsregelung eingeschränkt, die ihrerseits durch näher bestimmte Rückausnahmetatbestände abgemildert ist (§ 4 Abs. 2 Satz 2 VermG). Grundgedanke dieses Regelungsmodells ist der sozial verträgliche Ausgleich zwischen dem Interesse der Restitutionsberechtigten an der Rückgabe rechtsstaatswidrig entzogener Grundstücke oder Gebäude und dem schutzwürdigen Vertrauen Dritter auf den Bestand ihrer in der DDR redlich erworbenen Rechte. Der Restitutionsausschlussgrund des redlichen Erwerbs greift hiernach ein, soweit das Gesetz dem Vertrauen des redlichen Erwerbers auf den Fortbestand des Rechtssystems Vorrang einräumt (vgl. BVerwGE 94, 279 <284 ff.>).

Aus der gesonderten Erwähnung der dinglichen Nutzungsrechte neben dem Eigentum in § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ergibt sich, dass der redliche Erwerb eines solchen Rechts an einem Grundstück die Restitution ebenso ausschließen soll wie der redliche Erwerb des Eigentums am Grundstück selbst, auch wenn der Nutzungsberechtigte als Gebäudeeigentümer nur zum Besitz des Gebäudes berechtigt war. Diese Regelung erklärt sich daraus, dass dingliche Nutzungsrechte an volkseigenen Grundstücken regelmäßig jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht dem Eigentum gleichkamen; angesichts der Unveräußerlichkeit des volkseigenen Grund und Bodens dienten sie dem Zweck, selbständiges Gebäudeeigentum zu ermöglichen und damit den Kauf oder die Errichtung eines Gebäudes dinglich abzusichern. Wurden Gebäudeeigentum und dingliches Nutzungsrecht redlich erworben, kann der Berechtigte darum regelmäßig weder das im Eigentum des Nutzers stehende Gebäude noch das mit dem dinglichen Nutzungsrecht belastete Grundstück herausverlangen. Vielmehr stehen dem Nutzer - nach Maßgabe des ihm verliehenen Nutzungsrechts - das Recht zum Besitz des Grundstücks sowie die im Sachenrechtsbereinigungsgesetz geregelten Ansprüche auf Grundstückskauf oder Bestellung eines Erbbaurechts gegen den (gegenwärtigen) Grundstückseigentümer zu (§ 15 SachenRBerG). Die Restitutionsfestigkeit redlich erworbener Nutzungsrechte soll deren Bedeutung im sozialen und wirtschaftlichen Leben der DDR Rechnung tragen.

Die Anknüpfung des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG an den Begriff der dinglichen Nutzungsrechte bedeutet zugleich, dass die Reichweite der restitutionsausschließenden Wirkung redlich erworbener dinglicher Nutzungsrechte dem Rechtsgehalt entspricht, der den jeweiligen dinglichen Nutzungsrechten in der DDR-Rechtsordnung potentiell zukam. Der Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts, das zum Erwerb eines volkseigenen Ein- oder Zweifamilienhauses oder zur Errichtung eines Eigenheims verliehen wurde, konnte das Eigentum am Grundstück erlangen, nachdem das Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl DDR I S. 157; Verkaufsgesetz) den Grunderwerb zugelassen hatte (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 VerkaufsG). Da nach diesem Gesetz beim Erwerb und bei der Errichtung eines Eigenheims ein dingliches Nutzungsrecht am volkseigenen Grundstück zu verleihen war und die Möglichkeit des Grunderwerbs auf diejenigen Grundstücke erstreckt wurde, an denen entsprechende dingliche Nutzungsrechte vor seinem In-Kraft-Treten verliehen worden waren (vgl. § 4 Abs. 2 Sätze 1 und 3 VerkaufsG), führte das Verkaufsgesetz zu einer Erstarkung des Rechtsgehalts der genannten dinglichen Nutzungsrechte. Die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheims oder dem Erwerb eines volkseigenen Ein- oder Zweifamilienhauses verliehenen dinglichen Nutzungsrechte erhielten dadurch die Funktion, auch als rechtliche Grundlage des Erwerbs eines volkseigenen Grundstücks zu dienen.

Demgegenüber ermöglichten nach der DDR-Rechtsordnung dingliche Nutzungsrechte an volkeigenen Erholungsgrundstücken den Grundstückserwerb nicht. Da das gesetzliche Verbot, volkseigene Grundstücke in Privateigentum zu veräußern, durch das Verkaufsgesetz nur für Eigenheimgrundstücke aufgehoben wurde, blieben volkseigene Erholungsgrundstücke bis zum Ende der DDR unveräußerlich (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 7 C 2.99 -, VIZ 2000, 343 <344>). Erworben werden konnten lediglich volkseigene Miteigentumsanteile an bebauten Erholungsgrundstücken (§ 5 VerkaufsG), also Anteile an nicht volkseigenen, vertraglich genutzten Grundstücken, die durch Investitionen volkseigener Betriebe, sozialistischer Genossenschaften oder ähnlicher Einrichtungen entstanden waren (vgl. § 459 ZGB). Mit Blick auf die gesetzlich ausgeschlossene Möglichkeit, volkseigene Erholungsgrundstücke zu erwerben, waren die zum Zweck der Errichtung oder des Erwerbs eines Wochenendhauses verliehenen dinglichen Nutzungsrechte an Erholungsgrundstücken nach ihrem Rechtsgehalt von minderer Qualität als dingliche Nutzungsrechte, die im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Erwerb von Eigenheimen verliehen wurden.

Da der Inhaber eines dinglichen Erholungsnutzungsrechts das zugehörige Grundstück nach DDR-Recht nicht erwerben konnte, durfte er auch nicht darauf vertrauen, dass der redliche Erwerb eines solchen Nutzungsrechts die Restitution des Grundstückseigentums ausschließen würde. Der Restitutionsausschlussgrund erweitert die Rechtsposition des Nutzers nicht, sondern schützt unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 und 3 VermG den vorhandenen Bestand des redlich erworbenen Rechts an einem Vermögenswert. Darum ist das Vertrauen des Inhabers eines dinglichen Nutzungsrechts darauf, das Grundstückseigentum "behalten" zu dürfen, nur dann hinreichend schutzwürdig, wenn bereits das in der DDR erworbene dingliche Nutzungsrecht den Erwerb des Grundstücks ermöglichte. Diesem vom Regelungskonzept des sozial verträglichen Ausgleichs vorausgesetzen Erfordernis genügt das dingliche Nutzungsrecht an einem volkseigenen Erholungsgrundstück nicht. Es fehlt damit an einem Rechtsgrund für den Ausschluss der Grundstücksrestitution wegen redlichen Erwerbs. Soweit dem Urteil vom 13. Oktober 1994 - BVerwG 7 C 38.93 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 10 (S. 18 f.) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält der Senat daran nicht fest.

Die dem Gesetzeszweck entsprechende Auslegung, dass dingliche Nutzungsrechte an Erholungsgrundstücken die Grundstücksrestitution nicht ausschließen können, ist mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG und mit dessen Entstehungsgeschichte vereinbar. Der aus der Rechtsordnung der DDR übernommene unbestimmte Rechtsbegriff der "dinglichen Nutzungsrechte" zwingt zu einem Verständnis, das sich an den früheren rechtlichen Gegebenheiten orientiert und damit auch die Funktion in den Blick nimmt, die dem in Rede stehenden Rechtsinstitut nach der Rechtsordnung der DDR zukam. Dingliche Nutzungsrechte an volkseigenen Grundstücken sollten dem jeweiligen Gebäudeeigentümer die erforderliche Berechtigung zur Nutzung des Grundstücks gewährleisten. An diesen Funktionszusammenhang knüpft der mit dem Erwerb eines dinglichen Nutzungsrechts an einem Grundstück verbundene Restitutionsausschluss an. Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass ein "isoliertes" dingliches Nutzungsrecht an einem Grundstück nicht zum Restitutionsausschluss führt, wenn der mit diesem Recht verbundene Gebäudeerwerb bei In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes noch nicht vollendet war. In diesem Falle wird das dingliche Nutzungsrecht gewissermaßen funktionslos und kann damit seine eigentliche, nämlich die Nutzung des Gebäudes absichernde und damit in einem engeren Sinne bestandswahrende Funktion nicht mehr erfüllen. Damit entfällt gerade die Eigenschaft, um derentwillen es gerechtfertigt ist, den redlichen Erwerb des Nutzungsrechts mit einem Restitutionsausschluss zu verbinden (vgl. Beschluss vom 26. September 1994 - BVerwG 7 B 50.94 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 9). In vergleichbarer Weise wird an eine andere mit dem dinglichen Nutzungsrecht an einem Grundstück verbundene immanente Funktionsgrenze für den Fall angeknüpft, dass dieses Recht dazu dient, das Eigentum an einem Wochenendhaus oder einem vergleichbaren zu Erholungszwecken errichteten selbständigen Gebäude auf einem volkseigenen Grundstück abzusichern. Da ein solches Nutzungsrecht nach der zugrunde liegenden Nutzungsabrede und der damit verbundenen besonderen Art des Nutzungszwecks nach den einschlägigen Vorschriften des DDR-Rechts zu keiner Zeit den Erwerb des Grundstückseigentums vermitteln konnte, ist es wegen des mit dem Regelungskonzept des § 4 VermG verbundenen sozialverträglichen Ausgleichs nicht gerechtfertigt, an seinem redlichen Erwerb die Grundstücksrestitution scheitern zu lassen. Die Entstehungsgeschichte des Vermögensgesetzes, in der im Anschluss an Nr. 3 Buchst. b der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 erkennbar stets nur die prinzipiell zum nachfolgenden Grundstückserwerb führenden dinglichen Nutzungsrechte der "Eigenheimer" behandelt oder in den Blick genommen wurden, steht dem nicht entgegen; die Behauptung des Beklagten, aus den Erläuterungen der Bundesregierung zu § 4 Abs. 2 VermG ergebe sich "ganz klar", dass hiervon nicht nur die "Häuslebauer"-Fälle, sondern auch Nutzungsrechte für Erholungszwecke erfasst seien, ist unzutreffend. Das in der Revisionserwiderung des Beklagten vorgetragene Argument, dass die Fallgruppe dinglicher Nutzungsrechte an Erholungsgrundstücken bislang nicht zum Anlass einer Änderung des Restitutionsausschlusstatbestands genommen worden sei, während das in § 20 VermG geregelte Vorkaufsrecht der Mieter und Nutzer nicht nur von Ein- und Zweifamilienhäusern, sondern auch von Erholungsgrundstücken erhebliche Änderungen erfahren habe, trägt nicht; wenn diese Regelung außer den typischerweise durch Nutzungsverträge (vgl. §§ 312 ff. ZGB) begründeten Nutzungsrechten an Erholungsgrundstücken (vgl. hierzu BTDrucks 12/5992, S. 57) auch die hier in Rede stehenden dinglichen Erholungsnutzungsrechte erfasst, wäre die Auffassung des Beklagten schon dadurch widerlegt, dass das Vorkaufsrecht einen Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks voraussetzt (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 VermG).

Die Bedeutungslosigkeit des redlichen Erwerbs dinglicher Erholungsnutzungsrechte für das Grundstückseigentum ändert freilich nichts daran, dass der überkommene Bestand der redlich erworbenen Vermögenswerte des Erholungsnutzers die Restitution überdauert. Soweit dingliche Erholungsnutzungsrechte ihrem Zweck entsprechend selbständiges Gebäudeeigentum begründen und damit den Kauf oder die Errichtung eines Wochenendhauses dinglich absichern sollten, genießt der redliche Erwerber Bestandsschutz. Wird ein mit einem Wochenendhaus bebautes Erholungsgrundstück an den früheren Eigentümer zurückübertragen, bleibt es daher im Fall des redlichen Erwerbs mit dem dinglichen Nutzungsrecht und dem selbständigen Gebäudeeigentum belastet. Das ergibt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG, wonach der Berechtigte mit der Rückübertragung des Eigentums am Grundstück in alle in Bezug auf den Vermögenswert bestehenden Rechtsverhältnisse eintritt. Dass zu diesen Rechtsverhältnissen auch dingliche Erholungsnutzungsrechte gehören können, folgt im Umkehrschluss aus § 16 Abs. 3 Satz 1 VermG; denn nach dieser Vorschrift sind dingliche Nutzungsrechte mit dem Bescheid über die Rückübertragung des Grundstücks nur dann aufzuheben, wenn die Voraussetzungen des redlichen Erwerbs nicht gegeben sind. Das bestätigt zugleich, dass das Vermögensgesetz dingliche Nutzungsrechte anerkennt, die die Grundstücksrestitution nicht ausschließen und gleichwohl fortbestehen. Um solche Rechte handelt es sich bei redlich erworbenen dinglichen Nutzungsrechten an Erholungsgrundstücken.

Die fortbestehenden dinglichen Erholungsnutzungsrechte, deren Anpassung an das bürgerliche Recht in Art. 233 § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 EGBGB vorbehalten war, sind gemäß § 16 Abs. 4 VermG im Rahmen des als Art. 2 des Schuldrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2538) ergangenen Erholungsnutzungsrechtsgesetzes (ErholNutzG) bereinigt worden. Sie sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SachenRBerG grundsätzlich ebenso wie die vertraglichen Erholungsnutzungsrechte von der Sachenrechtsbereinigung ausgenommen worden, weil eine Nutzung von Grundstücken zu Freizeitzwecken gegenüber den Interessen des Restitutionsberechtigten weniger schutzwürdig ist als eine Wohnnutzung (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 98). Im Einklang mit ihrer schwächeren Rechtsposition wurde den Eigentümern von Wochenendhäusern, die ein dingliches Nutzungsrecht am volkseigenen Erholungsgrundstück redlich erworben hatten, kein Recht auf Ankauf des Grundstücks, sondern lediglich ein Anspruch auf Bestellung eines "kleinen" Erbbaurechts (für die Dauer von 30 Jahren ab Vertragsabschluss) eingeräumt. Damit wurde ein Rechtszustand hergestellt, der sowohl den schutzwürdigen Interessen des Nutzers an einer persönlichen Nutzung des Erholungsgrundstücks und des von ihm errichteten oder erworbenen Wochenendhauses als auch dem Interesse des Berechtigten an der Wiedergutmachung der rechtsstaatswidrigen Entziehung seines Grundeigentums Rechnung trägt. Diese an die Grundsätze der für vertragliche Nutzungsrechte maßgeblichen Schuldrechtsanpassung angenäherte Regelung entspricht der Rechtslage nach dem Vermögensgesetz, das den Restitutionsausschlussgrund des redlichen Erwerbs nicht auf Erholungsgrundstücke erstreckt, weil der Inhaber eines zu Erholungszwecken verliehenen dinglichen Nutzungsrechts zu keiner Zeit auf den Erwerb des Grundstückseigentums vertrauen durfte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Ende der Entscheidung

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