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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: BVerwG 7 CN 2.08
Rechtsgebiete: AWS, KrW-/AbfG
Vorschriften:
AWS § 12a Abs. 4 | |
AWS § 19 Abs. 5 | |
KrW-/AbfG § 3 Abs. 7 | |
KrW-/AbfG § 4 Abs. 5 | |
KrW-/AbfG § 10 Abs. 2 | |
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 | |
KrW-/AbfG § 15 |
In der Normenkontrollsache
...
hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. August 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß, Neumann und Guttenberger und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper
ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. April 2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I
Die Antragstellerin begehrt im Wege der Normenkontrolle die Feststellung der Unwirksamkeit von § 19 Abs. 1 und 5 sowie von § 12a Abs. 4 der Abfallwirtschaftssatzung (AWS) des Antragsgegners in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Dezember 2007.
Die angegriffenen Satzungsbestimmungen lauten wie folgt:
§ 12a
Sperrmüll
...
(4)
Sperrmüll ist am Tage der Abfuhr bis 7 Uhr gestapelt, gebündelt oder in sonstiger Weise geordnet und auf dem Bürgersteig vor dem Grundstück, auf dem der Sperrmüll angefallen ist, bzw. in unmittelbarer Umgebung in Abstimmung mit dem Entsorgungsunternehmen, wenn vor dem Grundstück die Bereitstellung nicht möglich ist, so bereitzustellen, dass der laufende Verkehr nicht beeinträchtigt wird und zügiges Verladen möglich ist.
...
§ 19
Verbotswidrig abgelagerte Abfälle
(1)
Für die Entsorgung verbotswidrig abgelagerter Abfälle im Sinne des § 11 AbfG LSA ist der Verursacher in Anspruch zu nehmen. In den Fällen, in denen das nicht oder nicht in einem angemessenen Zeitraum möglich ist, gelten die Absätze 2, 3, 4 und 5.
...
(5)
Verbotswidrig abgelagerte Abfälle im Straßenbereich sind durch den jeweiligen Baulastträger der Straße bzw. innerhalb von Ortschaften durch die Gemeinde nach Maßgabe dieser Satzung zu entsorgen.
Gemäß der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners umfasst die Abfallentsorgung die Verwertung und Beseitigung der Abfälle. Soweit Abfälle von der Entsorgung oder dem Einsammeln und dem Transport ausgeschlossen sind, ist der Abfallbesitzer selbst zum Transport bzw. zur Entsorgung verpflichtet (§ 3 Abs. 1, 4 und 5 AWS). Die Abfuhr von Sperrmüll findet zweimal jährlich statt (§ 18 Abs. 11 AWS). Nicht zum Sperrmüll zählender und daher nicht eingesammelter Abfall ist nach Beendigung der Abfuhr vom Heraussteller oder Grundstückseigentümer unverzüglich wegzuräumen und einer sachgemäßen Entsorgung nach den Bestimmungen der Satzung zuzuführen (§ 12a Abs. 6 AWS).
Zur Begründung des Normenkontrollantrags hat die Antragstellerin vorgetragen: In ihren Stadtteilen würden jährlich ca. 40 Sperrmüllabfuhrtage organisiert. In den Tagen danach herrsche große Unordnung, die Straßenzüge gäben zum Teil das Bild von Müllhalden wieder. Zum Teil werde Sperrmüll bereits Tage vorher auf die Straße gestellt. Hinzu komme ein "Mülltourismus"; Trödelhändler suchten aus dem Sperrmüll brauchbare Sachen heraus. Dies führe zu einer Verbreitung des Sperrmülls über Straße und Gehwege; aus dem Sperrmüll werde so kleinteiliger Hausmüll. Nicht zum Sperrmüll zählende Abfallfraktionen, wie Elektroschrott und Baustellenabfälle, würden ebenso zur Sperrmüllabfuhr bereit gestellt und blieben dann zum Teil auf der Straße liegen. Die Nachberäumung durch die Antragstellerin nach Sperrmülltagen verursache jährliche Kosten von über 15 000 EUR bei steigender Tendenz. Einen Antrag auf finanziellen Ausgleich habe der Antragsgegner abgelehnt. Die Straßenreinigung umfasse lediglich die von deren Nutzern zurückgelassenen Abfälle, ersetze aber nicht die Müllabfuhr. Die Sperrmüllentsorgung müsse auf ein Abholsystem mittels Abrufkarte umgestellt werden.
Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten: § 19 Abs. 5 AWS belaste die Antragstellerin lediglich mit den Kosten der Nachberäumung; ihr oblägen lediglich das Einsammeln und der Transport zur Deponie. Für die weitere Entsorgung (Deponierung) entstünden den Gemeinden - wie bisher in ständiger Praxis - keine Kosten; diese trage der Antragsgegner. Eine Übernahme der Transportkosten müsse abgelehnt werden. Im Übrigen gingen nach § 11b AbfG LSA außerhalb dieses Gesetzes durch Rechtsvorschriften begründete Reinigungspflichten den Pflichten nach §§ 11, 11a AbfG LSA vor. Nach § 47 StrG LSA obliege der Antragstellerin die Straßenreinigung innerhalb der geschlossenen Ortslage. Hierfür anfallende Kosten würden durch die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren abgewälzt.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Normenkontrollklage abgewiesen. Ermächtigungsgrundlage für die angegriffene Satzungsregelung sei § 11a AbfG LSA i.V.m. § 17 StrG LSA. Nur auf Grundstücken i.S.v. § 11 AbfG LSA habe der Antragsgegner Müll auf eigene Kosten einzusammeln und zu entsorgen. Nicht gelte dies für "andere" Grundstücke i.S.v. § 11a AbfG LSA, wozu auch öffentliche Straßen zählten. Das Einsammeln und Bereitstellen verbotswidrig abgelagerter Abfälle obliege dort der Antragstellerin. § 17 StrG LSA ergänze diese Verpflichtung. Ob der Straßenreinigungspflicht nach § 47 Abs. 1 StrG LSA auch die nach einer Sperrmüllaktion verbotswidrig abgelagerten Abfälle unterfielen, sei zweifelhaft. Würde man dies bejahen, wäre die Antragstellerin auch insoweit zum Einsammeln und Entsorgen verpflichtet. Die Entsorgungspflicht des Antragsgegners erstrecke sich nach § 15 KrW-/AbfG nur auf im Entsorgungsgebiet angefallene und ihm überlassene Abfälle. Regelungen zur Frage der Überlassung seien Sache des Landesgesetzgebers, der dies durch § 4 AbfG LSA wiederum der beseitigungspflichtigen Körperschaft überantworte. Das Überlassen von Sperrmüll werde gemäß § 12a Abs. 4 AWS mit dessen Bereitstellen bewirkt. Ein Überlassen liege nicht vor, wenn von der Sperrmüllabfuhr nicht erfasste Gegenstände bereitgestellt würden. Das vom Antragsgegner gewählte Sperrmüllbeseitigungssystem des § 12a Abs. 4 AWS sei rechtens.
Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Antragstellerin: Entgegen §§ 13, 15 Abs. 1 KrW-/AbfG übertrage der Antragsgegner den kreisangehörigen Gemeinden mit § 19 Abs. 5 AWS Aufgaben der Abfallentsorgung. Der Abfallbesitzer habe die Abfälle aber lediglich zu überlassen, der Antragsgegner als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger müsse sie entsorgen. Entsorgungsaufgaben könnten auf die Antragstellerin nur auf deren Antrag übertragen werden (§ 4 Abs. 3 AbfG LSA); hieran fehle es. Selbst wenn mit dem Entsorgen i.S.v. § 19 Abs. 5 AWS den kreisfreien Gemeinden lediglich die Verpflichtung zum Einsammeln und Transportieren übertragen werden sollte, sei die Satzungsregelung rechtswidrig, da der Transport von Abfällen in Fahrzeugen bereits Teil der Abfallbeseitigung sei, die dem Antragsgegner obliege. Über § 19 Abs. 5 AWS hinaus beeinträchtige das in § 12a Abs. 4 AWS vorgesehene Sperrmüllentsorgungssystem die Antragstellerin, weil sie die Nachteile dieses Systems tragen müsse. Im Zusammenhang mit dieser Regelung habe die Antragstellerin auch kein rechtliches Gehör gefunden.
Der Antragsgegner tritt der Revision entgegen. § 19 Abs. 5 AWS konkretisiere in nicht zu beanstandender Weise § 11a AbfG LSA und damit § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG. Der Begriff der Abfallentsorgung umfasse gemäß § 10 Abs. 2 KrW-/AbfG das Bereitstellen, Überlassen, Einsammeln, die Behandlung und Ablagerung von Abfällen. Die Antragstellerin sei als Trägerin der Straßenbaulast Besitzerin der satzungswidrig auf den Gehwegen bereitgestellten und zurückgelassenen Abfälle geworden. Sie sei zur Entsorgung der Abfälle bis zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet. Auch die Straßenreinigungspflicht nach § 47 StrG LSA, auf die § 11b AbfG LSA sich beziehe, verpflichte die Antragstellerin, verbotswidrig abgelagerte Abfälle zu beseitigen. Dasselbe folge aus § 17 Abs. 1 StrG LSA. Der Antragstellerin sei in Bezug auf die Wahl des Systems der Sperrmüllentsorgung gemäß § 12a Abs. 4 AWS in hinreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt worden.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zugestimmt.
II
Die Revision der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit von § 12a Abs. 4 AWS im Einklang mit Bundesrecht und ohne Verfahrensfehler abgelehnt (1.). Hinsichtlich § 19 Abs. 5 AWS beruht das Urteil zwar auf Verstößen gegen Bundesrecht, erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die angegriffene Bestimmung einer bundesrechtskonformen Auslegung zugänglich ist (2).
1.
Soweit das Oberverwaltungsgericht § 12a Abs. 4 AWS als wirksames Recht erachtet hat, begegnet das angefochtene Urteil keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
Mit dieser Bestimmung wird im Einzelnen geregelt, wie Sperrmüll - das sind nach der Definition in § 12a Abs. 1 AWS nur die dort aufgeführten beweglichen Sachen aus Haushaltungen, für die der Antragsgegner eine getrennte Entsorgung durchführt - zur weiteren Entsorgung bereitzustellen ist. Für die von der Antragstellerin angegriffene Art und Weise der Bereitstellung dieses Abfalls sowie für die darin liegende oder sich anschließende Überlassung trifft das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz keine Regelung. Bundesrechtliche Grenzen für die landesrechtliche Ausgestaltung von Bereitstellungs- und Überlassungspflichten bestehen nur insoweit, als für das gewählte System sachbezogene Gründe bestehen müssen und die konkrete Ausgestaltung der Überlassungspflicht nicht das Ziel einer ordnungsgemäßen und gemeinwohlverträglichen Abfallverwertung oder -beseitigung (§ 5 Abs. 3, § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG) gefährden darf (Beschluss vom 27. Juli 1995 - BVerwG 7 NB 1.95 - BVerwGE 99, 88 <91> = Buchholz 451.22 § 3 AbfG Nr. 1). Das in § 12a Abs. 4 AWS vorgesehene System der Sperrmüllabfuhr im Wege einer flächendeckenden Straßensammlung ist mit diesem bundesrechtlichen Maßstab vereinbar. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses System dem von der Antragstellerin geforderten Sperrmüllabholsystem mittels Abrufkarte gegenübergestellt und zu Gunsten der satzungsmäßig vorgesehenen Regelung fiskalische Gesichtspunkte sowie Effizienzaspekte ins Feld geführt. Diese sachlichen Gründe tragen die Entscheidung des Antragsgegners für das streitige Entsorgungssystem angesichts seines weiten Organisationsermessens und des damit verbundenen Gestaltungsspielraums. Auch die Antragstellerin bestreitet nicht, dass die Vorschrift des § 12a Abs. 4 AWS nicht schon in ihrer abstrakten Ausgestaltung Bedenken begegnet, sondern die von ihr beklagten Zustände an den Abfuhrtagen nur die Folgen der Nichtbeachtung der Regelung sind.
Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge der Antragstellerin greift nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht ersichtlich. Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen der Antragstellerin zu den (unerfreulichen) Folgen der Systementscheidung zur Kenntnis genommen und in den Urteilsgründen kurz gewürdigt. Zu Weiterem verpflichtet der Grundsatz der Gewährleistung rechtlichen Gehörs nicht.
2.
Soweit das Oberverwaltungsgericht die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit des § 19 Abs. 5 AWS abgelehnt hat, verstößt das Urteil in mehrfacher Hinsicht gegen Bundesrecht. Das Urteil erweist sich aber nach bundesrechtskonformer Auslegung der angegriffenen Satzungsregelung im Ergebnis als richtig.
a)
Unrichtig und mit § 13 Abs. 1, § 15 KrW-/AbfG nicht vereinbar ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müsse nur solche Abfälle entsorgen, die in seinem Gebiet angefallen und ihm überlassen worden sind. Diese Rechtsauffassung übersieht, dass es auch Abfälle ohne überlassungspflichtigen Abfallbesitzer geben kann, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger selbst einsammeln und weiter entsorgen muss. Dies gilt z.B. für den Fall des "wilden" Abfalls, der auf Privatgrundstücken abgelagert worden ist, die kraft gesetzlicher Verpflichtung frei zugänglich sind (Urteile vom 11. Dezember 1997 - BVerwG 7 C 58.96 - BVerwGE 106, 43 <46> = Buchholz 451.22 § 3 AbfG Nr. 2 , vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 82.87 - Buchholz 451.22 AbfG Nr. 31 und vom 11. Februar 1983 - BVerwG 7 C 45.80 - BVerwGE 67, 8 <12> = Buchholz 451.22 AbfG Nr. 11).
b)
Bundesrechtswidrig ist ferner die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz erfasse verbotswidrig abgelagerte Abfälle mangels Überlassung an den Antragsgegner als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht. Auch auf solche Abfälle ist vielmehr das Abfallrecht des Bundes anwendbar, wie bereits § 15 Abs. 4 KrW-/AbfG als Sonderregelung für bestimmte illegal abgestellte Kraftfahrzeuge zeigt. Maßgeblich ist allein, ob es insoweit einen überlassungspflichtigen Abfallbesitzer i.S.v. § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG gibt - dann trifft diesen ggf. die Pflicht zur ordnungsgemäßen Bereitstellung und Überlassung des Abfalls - oder ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger den Abfall in Ermangelung eines Abfallbesitzers selbst einsammeln (und dann entsorgen) muss.
Ist ein Abfallbesitzer vorhanden, muss er die Abfälle zusammentragen und entsprechend den satzungsrechtlichen Bestimmungen so bereitstellen, dass der Entsorgungsträger sie ohne weiteren Aufwand einsammeln kann (Urteil vom 11. Dezember 1997 a.a.O.). Kann ein Abfallbesitzer nicht bestimmt werden, muss der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger den Müll selbst aufsammeln. Diese nicht ausdrücklich im Gesetz geregelte Pflicht ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 bzw. § 10 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG.
c)
Auch die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass in Auslegung abfall- und straßenrechtlicher Bestimmungen des Landesrechts die Pflicht zum Einsammeln und Entsorgen verbotswidrig abgelagerter Abfälle innerhalb geschlossener Ortslagen den Eigentümer des Straßengrundstücks trifft, verstößt mit diesem weiten Verständnis gegen Bundesrecht. Dabei wird insbesondere außer Acht gelassen, dass es sich auch bei Sperrmüll um Abfälle aus privaten Haushaltungen oder anderen Herkunftsbereichen i.S.v. § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG handelt (Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl. 2003, § 13 Rn. 14), für die der Satzungsgeber - in zulässiger Weise - nur eigene Überlassungsmodalitäten schaffen durfte. Sperrmüll unterfällt damit wie sonstiger Abfall dem bundesrechtlichen Regime des Abfallrechts, d.h. die im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz niedergelegten Pflichten von Abfallbesitzer und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger sind durch nachrangige Rechtsetzung nicht disponibel. Die Entsorgung im Rechtssinne ist gemäß § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG Sache des Antragsgegners.
Die Billigung der Rechtsauffassung des Antragsgegners durch das Oberverwaltungsgericht, dass gemäß § 19 Abs. 5 AWS die im Nachgang zur Sperrmüllabfuhr verbotswidrig im Straßenbereich abgelagerten Abfälle durch die Antragstellerin zu "entsorgen" und damit nicht nur einzusammeln, sondern auch zur Deponie des Antragsgegners weiter zu befördern seien, beruht auf einer unrichtigen, da unscharfen Anwendung des Begriffs der "Entsorgung", wie er über § 3 Abs. 1 Satz 2 AWS hinausgehend insbesondere in § 19 AWS auch durch den Satzungsgeber Verwendung findet. Bundesrechtlich sind jedoch die arbeitsteiligen Verpflichtungen von Abfallbesitzer und öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger für die Entsorgung von Abfällen insgesamt bereits abschließend festgelegt. Gemäß § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG erfasst die Abfallentsorgung die Verwertung und Beseitigung von Abfällen. Die Abfallbeseitigung umfasst ihrerseits das Bereitstellen, Überlassen, Einsammeln, die Beförderung, die Behandlung, die Lagerung und die Ablagerung von Abfällen zur Beseitigung (§ 10 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG). § 4 Abs. 5 KrW-/AbfG bezeichnet die einzelnen Vorgänge für die Abfallverwertung mit dem Bereitstellen, Überlassen, Sammeln, Einsammeln durch Hol- und Bringsysteme, Befördern, Lagern und Behandeln von Verwertungsabfällen. Im Gegensatz zu § 1 Abs. 2 AbfG 1986, wonach nur Maßnahmen der entsorgungspflichtigen Körperschaft der Abfallentsorgung zugerechnet wurden, werden durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in den Vorgang der Abfallentsorgung im Sinne einer Abfallbeseitigung oder Abfallverwertung damit auch Pflichten des Abfallerzeugers bzw. Abfallbesitzers einbezogen, wie das Sammeln, Bereitstellen und Überlassen von Abfällen. § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG verteilt insoweit - wie im Grunde bereits das Abfallgesetz 1986 (Urteil vom 19. Januar 1989 a.a.O.) - die Verantwortung für die ordnungsgemäße Beseitigung von Abfällen aus privaten Haushaltungen, aber auch für die Beseitigungsabfälle aus anderen Herkunftsbereichen auf "zwei Schultern", als Erzeuger oder Besitzer von Abfällen für das Sammeln, Bereitstellen und Überlassen in die Pflicht genommen werden, während die abschließenden Phasen von Abfallverwertung und Abfallbeseitigung, nämlich die des (mit dem Überlassen einhergehenden) Einsammelns, Beförderns, Lagerns und Behandelns/Ablagerns von Abfällen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegen.
d)
Das angefochtene Urteil erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig, weil die Antragstellerin kraft Bundesrechts als Abfallbesitzerin anzusehen ist, deshalb zum Einsammeln, geordneten Bereitstellen und Überlassen der liegengebliebenen Reste der Sperrmüllabfuhr verpflichtet ist und § 19 Abs. 5 AWS - bei bundesrechtskonformer Auslegung - keine darüber hinausgehenden Pflichten zum Inhalt hat.
Die Antragstellerin hat als Trägerin der Straßenbaulast an den Ortsstraßen und bei höher klassifizierten Straßen als Trägerin der Straßenbaulast an den Gehwegen (und in dieser Eigenschaft regelmäßig auch als Eigentümerin der jeweiligen Grundstücke) die eine hinreichende Zugriffsmöglichkeit begründende tatsächliche Sachherrschaft über die am Straßenrand bzw. auf den Gehwegen verbotswidrig abgelagerten Abfälle. Der daraus resultierende Abfallbesitz setzt keinen Besitzbegründungswillen voraus (Urteil vom 11. Dezember 1997 a.a.O. S. 45; stRspr). Es ist deshalb unerheblich, ob der Abfall von Dritten unerlaubt weggeworfen oder verbotswidrig als Sperrmüll am Straßenrand oder am Gehweg abgestellt worden ist.
Dass Straßen dem Gemeingebrauch - und für Anlieger sogar in gesteigerter Form - gewidmet sind, ändert an dieser Bewertung nichts. Zwar wird nach der Rechtsprechung des Senats der Privateigentümer eines aufgrund gesetzlicher Anordnung für die Allgemeinheit frei zugänglichen Grundstücks nicht Besitzer des dort abgelagerten "wilden" Abfalls (Urteil vom 11. Februar 1983 a.a.O.). Doch war für diese Beurteilung maßgeblich, dass eine Doppelbelastung des Privateigentümers - einmal durch die ihm auferlegte Öffnung seines Grundstücks für die Allgemeinheit und zusätzlich durch die Zuordnung der abfallrechtlichen Verantwortlichkeit für die Folgen dieser Öffnung - die zumutbare Opfergrenze des Art. 14 GG überschreiten würde (Urteil vom 11. Dezember 1997 a.a.O.).
Diese verfassungsrechtlich begründete, wertende Einschränkung des Abfallbesitzes greift jedoch nicht, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung durch eigene Entscheidung oder kraft gesetzlicher Verpflichtung ein in seinem Verwaltungsvermögen stehendes Grundstück dem Gemeingebrauch widmet oder allgemeine Betretungsrechte eröffnet. So hat der Senat den Abfallbesitz der Bundesrepublik Deutschland bei Müllablagerungen an bundeseigenen Schifffahrtsanlagen, an denen ein gesetzliches Betretungsrecht für jedermann und Gemeingebrauch bestand, ohne Weiteres bejaht (Urteil vom 8. Mai 2003 - BVerwG 7 C 15.02 - Buchholz 451.221 § 3 KrW-/AbfG Nr. 5), nachdem schon mit Beschluss vom 21. Dezember 1998 - BVerwG 7 B 211.98 - (Buchholz 451.222 § 2 BBodSchG Nr. 1) für die Pflicht zur Beseitigung von Abfällen auf Parkplätzen an Bundesautobahnen Zweifel an der Übertragbarkeit der Rechtsprechung zu kraft Gesetzes frei zugänglichen Privatgrundstücken auf Grundstücke im Gemeingebrauch geäußert worden waren. Die Antragstellerin hat ihre Ortsstraßen (und an Ortsdurchfahrten höher klassifizierter Straßen die in ihrer Baulast stehenden Gehwege) dem öffentlichen Verkehr gewidmet und den Anliegern einen gesteigerten Gemeingebrauch eröffnet, der auch die Befugnis umfasst, dort für befristete Zeit Sperrmüll bis zu dessen Abholung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu lagern. Mit dieser Verkehrseröffnung verbindet sich der Antragstellerin gegenüber kein Eingriff. Die Zuweisung der abfallrechtlichen Verantwortung für dadurch verursachte verbotswidrige Ablagerungen von "wildem" Abfall durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz stellt damit keine unter Wertungsgesichtspunkten korrekturbedürftige Doppelbelastung dar, obwohl das Sammelsystem des Antragsgegners, auf das die Antragstellerin keinen Einfluss hat, auch zu den misslichen Folgen beiträgt.
Allerdings weist das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz der Antragstellerin als Abfallbesitzerin an den "Sperrmüllresten" nicht die Verpflichtung zu deren Entsorgung zu. Entsorgungspflichtig für Haushaltsabfälle ist und bleibt - wie bereits dargelegt - der Antragsgegner als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (§§ 13, 15 KrW-/AbfG). § 19 Abs. 5 AWS verstieße gegen diese bundesrechtliche Regelung, wenn die Vorschrift zwingend so zu verstehen wäre, wie ihr Wortlaut es nahezulegen scheint ("... sind durch die Gemeinde nach Maßgabe dieser Satzung zu entsorgen."). Mit dieser verfehlten Formulierung ist jedoch lediglich gemäß § 19 Abs. 4 AWS die "Überlassung", also das erforderliche Einsammeln und geordnete Bereitstellen, gemeint. Mit diesem Inhalt ist die angegriffene Satzungsbestimmung mit Bundesrecht vereinbar. Die gebotene einschränkende Auslegung der Formulierung überschreitet nicht die Grenzen des Wortsinns. Dass möglicherweise gegenüber § 19 Abs. 4 AWS kein wesentlicher zusätzlicher Regelungsinhalt verbleibt, steht nicht entgegen.
Sache der für die weitere Auslegung der Satzung zuständigen Gerichte des Landes wird es sein, über das in § 19 Abs. 4 und 5 AWS gleichermaßen verwendete Tatbestandsmerkmal "nach Maßgabe dieser Satzung" zu befinden. Damit erhebt sich die auch von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob innerhalb des Ortsbereichs auf "sonstigen Grundstücken" oder Straßen wild abgelagerte Abfälle entsprechend § 19 Abs. 2 und 3 AWS nur an der Straße bereitzustellen und dort dem Antragsgegner zu überlassen sind, oder ob sich hiermit eine weitere Sortierung der "wilden" Abfälle in die satzungsgemäß vorgesehenen Fraktionen verbindet und deren anschließende Überlassung nach den Modalitäten der Satzung im Hol- oder Bringsystem (§§ 8 bis 16 AWS).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 EUR festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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