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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 20.01.1999
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 160.98
Rechtsgebiete: VwGO, VermG, GKG


Vorschriften:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 108 Abs. 1
VwGO § 108 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO § 154 Abs. 2
VwGO § 162 Abs. 3
VermG § 30 a
GKG § 13
GKG § 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BVerwG 8 B 160.98 VG 1 K 815/95

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 20. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Golze

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 1. April 1998 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 350 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch liegt ein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält folgende Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

Ist ein Antrag auf Rückübertragung des Eigentums an abschließend aufgezählten, konkret bezeichneten Vermögenswerten der Auslegung fähig?

Diese Frage läßt sich in dieser allgemeinen Form ohne weiteres verneinen. Ein Antrag nach § 30 VermG auf Rückübertragung des Eigentums an abschließend aufgezählten, konkret bezeichneten Grundstücken erfaßt zweifellos allein diese Grundstücke. Ein solcher Antrag kann nicht im Wege der Auslegung auf weitere Grundstücke ausgedehnt werden.

Das Verwaltungsgericht geht entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht von der gegenteiligen Auffassung aus. Es ist vielmehr im vorliegenden Einzelfall zu der Überzeugung gelangt, der Antrag der Klägerin bezeichne zwar nur zwei Grundstücke konkret, enthalte aber insoweit keine abschließende Aufzählung. Die Klägerin habe vielmehr bei der Antragstellung zum Ausdruck gebracht, daß sie alle in dem Pachtvertrag vom 1. Juni 1955 genannten Grundstücke, zu denen auch das im Streit befindliche gehöre, beanspruche. Ob dies zutrifft, ist hier ohne Bedeutung. Das Verwaltungsgericht ist also aufgrund der besonderen Umstände, die gerade den vorliegenden Einzelfall kennzeichnen, zu dem Ergebnis gelangt, daß der Antrag der Klägerin auszulegen ist. Eine über diesen Fall hinausreichende Bedeutung kommt seiner Entscheidung nicht zu. Schon gar nicht führt das verwaltungsgerichtliche Urteil dazu, daß die mit der Bestimmung des § 30 a VermG angestrebte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nachträglich wieder eingeschränkt oder gar beseitigt wird.

2. Das Verwaltungsgericht hat auch seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt. Unstreitig hat die Klägerin am 12. September 1990 mit dem Antrag den Pachtvertrag vorgelegt. Allein aus der Vorlage des Vertrags hat das Verwaltungsgericht geschlossen, die Klägerin habe zum Ausdruck gebracht, daß sie alle in dem Vertrag genannten Grundstücke beanspruche. Auf die näheren Umstände der Vorlage (z.B. mündliche Äußerungen der Klägerin) kam es nach Meinung des Verwaltungsgerichts nicht an. Deshalb mußte das Verwaltungsgericht diese Umstände auch nicht aufklären.

Selbst wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie rüge insoweit auch einen Verstoß gegen Beweisgrundsätze und gegen Denkgesetze, liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor. Sind bei der tatsächlichen Würdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, gehört es zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschlüsse vom 18. Februar 1972 BVerwG VIII B 3.72 Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 62 S. 27 <28> und vom 14. März 1988 BVerwG 5 B 7.88 Buchholz a.a.O. Nr. 199 S. 31 <32 f.>). Dabei sind die Grundsätze der Beweiswürdigung revisonsrechtlich dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen grundsätzlich ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht bezeichnet werden (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 10. Februar 1978 BVerwG 1 B 13.78 Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 8 und vom 12. Januar 1995 BVerwG 4 B 197.94 Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 <4>). Eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz, die ausnahmsweise als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden könnte (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 BVerwG 4 C 28.89 BVerwGE 84, 271 <272 f.>; Beschluß vom 12. Januar 1995 BVerwG 4 B 197.94 a.a.O. S. 4), liegt ersichtlich nicht vor. Ein Tatsachengericht hat nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezogen hat; ebensowenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlußfolgerungen; es muß sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluß handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1987 BVerwG 9 C 147.86 Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4> m.w.N.; Beschlüsse vom 14. März 1988 BVerwG 5 B 7.88 a.a.O. m.w.N. und vom 8. Juli 1988 BVerwG 4 B 100.88 Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34 S. 3 <4 f.> m.w.N.). Nach dem Sachverhalt darf denkgesetzlich ausschließlich eine einzige Folgerung möglich sein, die das Gericht nicht gezogen hat (vgl. etwa Beschluß vom 12. Januar 1995 BVerwG 4 B 197.94 a.a.O. S. 4). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Vielmehr ist der aus der Vorlage des Pachtvertrages gezogene Schluß, die Klägerin habe damit zum Ausdruck gebracht, daß sie alle in diesem Vertrag genannten Grundstücke beanspruche, eine von mehreren denkgesetzlich möglichen Schlußfolgerungen.

Soweit die Beschwerde rügt, das Verwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verletzt, genügt sie nicht dem Darlegungsgebot (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie trägt nämlich nicht vor, wieso das angefochtene Urteil auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann. Die Ausführungen über den Rechtsträgernachweis sind einer von mehreren Gründen, die das Verwaltungsgericht dafür anführt, daß der Pachtvertrag auch das streitgegenständliche Grundstück umfaßt. Angesichts dessen hätte die Beschwerde darlegen müssen, wieso das Verwaltungsgericht zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können, wenn es berücksichtigt hätte, daß es sich um zwei Rechtsträgernachweise handelt. Dies hat sie aber nicht getan. Sie hat nicht einmal vorgetragen, daß nach Auffassung des Beklagten das streitgegenständliche Grundstück nicht von dem Pachtvertrag erfaßt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 13, 14 GKG.

Ende der Entscheidung

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