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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.10.1999
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 184.99
Rechtsgebiete: VwGO, VermG
Vorschriften:
VwGO § 42 Abs. 2 | |
VwGO § 113 Abs. 1 | |
VermG § 6 Abs. 6 a Satz 1 |
Die bloße Aufhebung eines ablehnenden Restitutionsbescheids durch das Vermögensamt während eines hiergegen anhängigen Klageverfahrens des Berechtigten verletzt den Verfügungsberechtigten nicht in schützenswerten Rechtspositionen. Dessen subjekte Rechte werden vielmehr erst durch eine abschließende Sachentscheidung über das Restitutionsbegehren berührt.
Beschluß des 8. Senats vom 5. Oktober 1999 - BVerwG 8 B 184.99 -
I. VG Magedeburg vom 20.04.1999 - Az.: VG A 9 K 817/98 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 8 B 184.99 VG A 9 K 817/98
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 5. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer und Krauß
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 20. April 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen des Verfügungsberechtigten. Dieser ist Eigentümer mehrerer streitiger Grundstücke, die ursprünglich der Firma Th. und B. gehörten; dieses Unternehmen wurde zunächst in Volkseigentum überführt und dann Betriebsteil eines 1990 in eine GmbH umgewandelten VEB, über dessen Vermögen 1991 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde. Einen im Jahre 1992 erlassenen Feststellungsbescheid über die Berechtigung der ehemaligen privaten Gesellschafter und eine gütliche Vereinbarung über die Rückübertragung bestimmter Grundstücke des ehemaligen Unternehmens an die Berechtigten hob der Beklagte mit Bescheid vom 27. März 1997 auf, stellte nunmehr die Berechtigung der Firma Th. und B. i.L. fest und schloß - unter anderem - in den Gründen eine Restitution der Grundstücke nach § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG wegen Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens aus. Während eines hiergegen anhängigen Klageverfahrens der ehemaligen privaten Gesellschafter hob der Beklagte wegen der Änderung des § 3 b Abs. 1 VermG durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz auch den Bescheid vom 27. März 1997 mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 25. September 1998 auf, lehnte u.a. die Restitution des Unternehmens wegen der Einstellung des Geschäftsbetriebs ab und kündigte unter Ziff. 5 eine gesonderte Entscheidung über die Rückgabe übriggebliebener Vermögensgegenstände, insbesondere des Grundvermögens, an. Die hiergegen nunmehr von dem Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, weil durch die Aufhebung eines ablehnenden Restitutionsbescheides und die Ankündigung einer Restitutionsentscheidung nach § 6 Abs. 6 a VermG keine subjektiven Rechte des Verfügungsberechtigten verletzt seien.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Revision kann weder wegen des gerügten Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen werden.
1. Das Verwaltungsgericht hat die ihm von Amts wegen obliegende Pflicht zur Erforschung des wesentlichen Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt; ein solcher Vorwurf wäre nur dann berechtigt, wenn das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung zu den vermißten Verfahrenshandlungen verpflichtet gewesen wäre. Das ist nicht der Fall. Da das Verwaltungsgericht die Verletzung subjektiver Rechte des Klägers durch den angefochtenen Bescheid vom 25. September 1998, insbesondere eine durch den Bescheid getroffene Regelung über den Anspruch gemäß § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG verneint hat, kam es aus seiner materiellrechtlichen Sicht auf die von dem Kläger unter Beweis gestellten objektiven Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 6 a Satz i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG nicht an. Aus diesem Grunde könnte auch der geltend gemachte, aber bereits nicht hinreichend dargelegte (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) Verstoß gegen die Vorschriften über die geheime Beratung bei der Entscheidung über den Beweisantrag nicht zum Erfolg führen, weil das angefochtene Urteil darauf nicht beruhen kann.
2. Der Rechtssache kommt auch die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung nicht zu.
a) Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen,
ob sich der Verfügungsberechtigte mit seiner Klage gegen die gemäß §§ 48 ff. VwVfG erfolgte Aufhebung eines ablehnenden Restitutionsbescheids auf die objektive Rechtswidrigkeit des Aufhebungsbescheides berufen kann und
ob die Aufhebung eines ablehnenden Restitutionsbescheids "unter Eröffnung der Einzelrestitution ... als Teilentscheidung ohne Prüfung der §§ 3 b Abs. 1, 6 Abs. 6 a VermG in der Gesamtschau möglich ist",
sind ohne weiteres zu beantworten, ohne daß es hierzu eines Revisionsverfahrens bedürfte.
Es liegt auf der Hand, daß der Verfügungsberechtigte allein durch die Aufhebung einer ablehnenden Restitutionsentscheidung während der Anhängigkeit eines dagegen gerichteten Klageverfahrens des Berechtigten (vgl. § 50 VwVfG) nicht in schützenswerten Rechtspositionen (§ 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 VwGO) verletzt wird; denn er bleibt - nach wie vor verfügungsbeschränkter (§ 3 Abs. 3 VermG) - Eigentümer der streitigen Grundstücke. Die Aufhebung hat - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - lediglich zur Folge, daß über den gestellten vermögensrechtlichen Anspruch des Anmelders noch nicht abschließend entschieden ist. Die subjektiven Rechte des Verfügungsberechtigten werden vielmehr erst durch die positive, abschließende und damit im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG regelnde Entscheidung über den Restitutionsantrag des Anmelders berührt. Eine solche Regelung liegt entgegen der Auffassung des Klägers in dem mit der Klage angefochtenen Bescheid nicht; denn in dessen Ziff. 5 wird lediglich eine gesonderte Entscheidung über die Rückgabe übriggebliebener Vermögensgegenstände angekündigt. Daran ändert sich auch dadurch nichts, daß in dem aufgehobenen Bescheid vom 27. März 1997 die Restitution gemäß § 6 Abs. 6 a Satz 1 VermG wegen Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens abgelehnt worden war - wogegen sich die Klage der Anmelder gerichtet hat - und der Verfügungsberechtigte dadurch im Falle der Bestätigung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren begünstigt worden wäre. Denn dieser Bescheid war bei seiner Aufhebung insoweit noch nicht bestandskräftig, eine gesicherte Rechtsposition des Verfügungsberechtigten somit noch nicht entstanden.
Aus den von ihr zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts kann die Beschwerde demgegenüber nichts zu ihren Gunsten herleiten. In dem Urteil vom 29. Februar 1996 - BVerwG 7 C 6.95 - (Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 15 S. 7 <9 f.>) wird lediglich die aus der Verfügungsberechtigung folgende Klagebefugnis des Grundstückseigentümers gegen einen zu seinen Lasten ergangenen Restitutionsbescheid dargelegt. Von dieser Rechtsprechung ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Die Klagebefugnis des Verfügungsberechtigten zur Anfechtung eines Bescheids, mit dem - ohne Sachentscheidung über das Restitutionsbegehren - nur ein ablehnender Restitutionsbescheid aufgehoben wird, wird in der zitierten Entscheidung weder ausdrücklich noch sinngemäß behandelt oder gar im Sinne der Beschwerde bejaht. Dementsprechend geht auch der Beschluß vom 11. Februar 1998 - BVerwG 7 B 30.98 - (Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 69 S. 9 <11>) entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht generell von der die Klagebefugnis des Verfügungsberechtigten vermittelnden "Drittwirkung eines Restitutionsbescheids" aus und mißt insbesondere einem bloßen Aufhebungsbescheid keine solche Drittwirkung bei. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht dort lediglich die Sachentscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde verneint, wenn ein Restitutionsbescheid infolge verspäteter Widerspruchseinlegung bestandskräftig geworden und daraus für den Begünstigten eine gesicherte Rechtsposition erwachsen ist. An letzterem fehlt es bei Fallkonstellationen der vorliegenden Art jedoch gerade. Im übrigen ging es in diesem Beschluß um den - mit der Aufhebung des ablehnenden Bescheids verbundenen - Erlaß eines positiven Restitutionsbescheids.
Ob die mit der zweiten Fragestellung ferner angesprochene Änderung des § 3 b Abs. 1 VermG durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz - die Anlaß für den Erlaß des Aufhebungsbescheides war - Sachverhalte der vorliegenden Art erfaßt, wird erst zu prüfen sein, wenn der Beklagte über das Restitutionsbegehren abschließend entscheidet. Für die behauptete Verletzung subjektiver Rechte bereits durch die Aufhebung des noch nicht bestandskräftigen, die Restitution ablehnenden Bescheids ergibt sich hieraus nichts.
b) Aus dem letztgenannten Grunde ist im vorliegenden Verfahren gegen den Aufhebungsbescheid auch die weitere Frage,
ob in Art. 3 Ziff. 6 WoModSiG eine zulässige gesetzliche Rückwirkung liegt, die eine Unternehmenstrümmerrestitution bei im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes stillgelegten und im Gesamtvollstreckungsverfahren befindlichen Unternehmen ermöglicht,
nicht entscheidungserheblich und daher nicht grundsätzlich bedeutsam.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 und 3, § 14 GKG.
Ende der Entscheidung
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