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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.03.1999
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 252.98
Rechtsgebiete: VermG 1991, 2. VermRÄndG, VermG 1998


Vorschriften:

VermG (1991) § 18 Abs. 1 Satz 3
2. VermRÄndG Art. 14 Abs. 6 Sätze 6 und 7
VermG (1998) § 34 Abs. 1 Sätze 4 bis 6
Leitsatz:

1. Der Bescheid gemäß Art. 14 Abs. 6 Satz 6 2. VermRÄndG über die Kündigung der Sicherungshypothek nach § 18 Abs. 1 Satz 3 VermG (F. 1991) ist dinglicher Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen der in der Hypothek genannten Geldsumme aus dem Grundstück.

2. Eines besonderen Leistungsbescheides für die durch Kündigung fällig gestellte Forderung bedarf es insofern nicht.

Beschluß des 8. Senats vom 8. März 1999 - BVerwG 8 B 252.98 -

I. VG Berlin vom 11.09.1998 - Az.: VG 25 A 326.95 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 252.98 VG 25 A 326.95

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 8. März 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und Postier

beschlossen:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. September 1998 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Grundstücksanteil eines Rechtsvorgängers der Klägerin wurde 1952 in Volkseigentum überführt und die im Grundbuch eingetragene Sicherungshypothek zum Höchstbetrag gelöscht. Im Jahre 1991 erfolgte die Rückübertragung des Miteigentumsanteils und die Eintragung einer Sicherungshypothek zugunsten des Entschädigungsfonds. Durch Bescheid kündigte das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen die Sicherungshypothek gegenüber der Klägerin.

Die dagegen gerichtete Klage hat zum Teil Erfolg gehabt, weil der Kündigungsbescheid nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die Bestimmung einer Zahlungsverpflichtung durch Verwaltungsakt enthalte, für die eine gesetzliche Ermächtigung jedoch fehle. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die beklagte Bundesrepublik Deutschland (Entschädigungsfonds) Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Für die Zulassung der Revision liegt weder der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) vor (1.), noch kommt der Sache die ihr beigegebene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu (2.).

1. Es stellt keinen rügefähigen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dar, daß das Gericht unvermutet - wie die Beschwerde meint - den Erlaß eines Leistungsbescheides angenommen und diesen für rechtswidrig befunden hat. Eine begründete Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs setzt die (erfolglose) Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten voraus, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 3. Juli 1992 BVerwG 8 C 58.90 Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 248 S. 96 <99> m.w.N.; BVerfGE 74, 220 <225> m.w.N.). Diese Möglichkeit bestand hier, wie auch die dem angefochtenen Gerichtsbescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung aufgezeigt hat, darin, statt Beschwerde den Antrag auf mündliche Verhandlung zu stellen (§ 84 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), um dann im wiedereröffneten Klageverfahren die Frage nach der gesetzlichen Ermächtigung erörtern zu können. Wer eine ihm zumutbare Gelegenheit nicht nutzt, verwirkt sein Rügerecht.

2. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage führt ebensowenig zu einer Zulassung der Revision.

Die Beschwerde will geklärt wissen, ob die gesetzliche Ermächtigung von Art. 14 Abs. 6 Satz 6 2. VermRÄndG zur Kündigung einer Sicherungshypothek nach § 18 Abs. 1 Satz 3 VermG (F. 1991) mittels Bescheids auch die Befugnis mitumfaßt, den durch die Kündigung fällig gestellten Betrag verbindlich einzufordern. Diese Rechtsfrage kann verneint werden, ohne daß es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

Art. 14 Abs. 6 2. VermRÄndG enthält keine ausdrückliche Befugnis zum Erlaß eines Leistungsbescheides. Zur Durchsetzung der gesicherten Forderung bedarf es dessen auch nicht. Zahlt der Eigentümer nach Kündigung der Hypothek nicht freiwillig, kann sich der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Grundstück befriedigen (§ 1147 BGB). Dazu benötigt er einen dinglichen Titel. Diesen stellt gemäß Art. 14 Abs. 6 Satz 7 2. VermRÄndG der Kündigungsbescheid dar, durch den die Sicherungshypothek mit einer Frist von drei Monaten fällig wird (Satz 6); denn er bildet unmittelbar die Grundlage für die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung ("Aus dem Bescheid findet ... die Zwangsvollstreckung ... statt"). Daher ist er auch tendenziell nicht auf Leistung der Geldsumme, sondern neben der Fälligstellung von Forderung und Hypothek auf Duldung gerichtet, die sinngemäß lautet, daß sich der Gläubiger wegen der gesicherten Geldsumme aus dem Grundstück befriedigen darf. Folglich gehört zum Entscheidungsinhalt des Kündigungsbescheides die Erkenntnis, daß bestandsvernichtende oder -verändernde Einwendungen (etwa gemäß § 1163 BGB) sowie schuldnerbestimmte Einreden (§§ 1137, 1184 BGB) der Geltendmachung der Hypothek nicht entgegenstehen. Der Kündigungsbescheid bewirkt also nicht nur die Beendigung des Schuldverhältnisses, sondern stellt damit gleichzeitig die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung fest. Zur Begründung des Bescheides notfalls im Widerspruchsbescheid gehört mithin die Angabe der Geldsumme, deretwegen die Zwangsvollstreckung geduldet werden soll. Wenn außerdem zur Vermeidung der unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung Modalitäten für eine freiwillige Zahlung mitgeteilt werden, entsteht dadurch auch dies entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht der Rechtsschein, daß auf schuldrechtlicher Seite noch eine verbindliche Zahlungsaufforderung erfolgt sei.

Diese einfache, offenkundig auf Beschleunigung angelegte Verfahrensweise gemäß Art. 14 Abs. 6 Satz 7 2. VermRÄndG dient der Entlastung der Zivilgerichte (so die Begründung im Gesetzgebungsverfahren zur gleichlautenden Bestimmung von § 34 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG in: BTDrucks 13/10246 zu Nr. 24 (§ 34) Doppelbuchst. bb 4. Absatz). Die Pfandreife und die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung sind im Streitfalle durch die Verwaltungsgerichte zu prüfen, lediglich über die Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung sowie wegen Rechten Dritter bleiben die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig. Vereinfachend wirkt sich ferner aus, daß weitere Voraussetzungen wie sie etwa nach § 66 Abs. 4 SGB X für die dort aus dem Verwaltungsakt vorgesehene Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung der Zivilprozeßordnung erforderlich sind hier nicht erfüllt sein müssen. Die Behörde kann nach Ablauf der Frist von Art. 14 Abs. 6 Satz 7 2. VermRÄndG auf der Grundlage des vollziehbaren Kündigungsbescheides unmittelbar den Antrag beim Vollstreckungsgericht auf Vollstreckung in das Grundstück stellen (§§ 864 bis 871 ZPO). Dementsprechend kann wie vorsorglich klargestellt wird die Beklagte im vorliegenden Falle aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der Klage gegen den die Kündigung der Sicherungshypothek aussprechenden Bescheid die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 13, 14 GKG.

Ende der Entscheidung

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