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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.12.2003
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 11.02
Rechtsgebiete: VermG, BGB


Vorschriften:

VermG § 2 Abs. 2 Satz 1
VermG § 3 Abs. 1 Satz 1
VermG § 3 Abs. 1 Satz 2
BGB §§ 2110 ff.
Die Rechtsposition des als "Westerwerbers" geltenden Treugebers ist auch dann kein restitutionsfähiger Vermögenswert im Sinne von § 2 Abs. 2 VermG, wenn ihm der Treuhänder hinsichtlich des in der DDR belegenen Grundstücks (Treuguts) eine Auflassungsvollmacht für ein Insichgeschäft erteilt hatte.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 11.02

Verkündet am 10. Dezember 2003

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2003 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf, Kley, Krauß, Golze und Postier

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. August 2001 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, an ihn das Grundstück in K., Im H. 31 c, Flur 12, Flurstücke 432, 433 und 434 zurückzuübertragen.

E. H. (im Folgenden auch: Treuhänder) erwarb das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Dezember 1950. Nach einem zugleich notariell beurkundeten "Treuhandvertrag" zwischen ihm und P. E. (im Folgenden auch: Treugeber), dieser wohnhaft in Berlin-Schlachtensee, kaufte er das Grundstück im Auftrag des Treugebers mit dessen Mitteln. Der Treuhänder verpflichtete sich und seine Erben, das Grundstück jederzeit an den Treugeber oder dessen Erben auf Verlangen zu übergeben und aufzulassen. Am 21. Juni 1951 wurde der Treuhänder als neuer Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch von K. eingetragen. Er verließ die DDR am 23. März 1954.

Die damalige Verwalterin des Grundstücks fragte im April 1979 im Auftrage des Beigeladenen zu 2 vergeblich bei dem Treuhänder schriftlich an, ob dieser angesichts der Kosten für anstehende Reparaturen an einem Verkauf des Hauses an den Beigeladenen zu 2 interessiert sei.

Mit notarieller Urkunde vom 11. Dezember 1979 erklärte der Treuhänder, dass er mit dem Treugeber darüber einig sei, das zwischen ihnen bestehende Treuhandverhältnis zu beenden. Dementsprechend bevollmächtige er den Treugeber, über das Grundstück "allermaßen" zu verfügen.

Der Rat der Gemeinde K. nahm am 19. Februar 1980 für Wert erhaltende Baumaßnahmen eine Aufbaugrundschuld in Höhe von 8 658 Mark auf. Er beschloss ferner am 28. Februar 1980 die Anwendung des Aufbaugesetzes zur Sicherung von Instandsetzungsarbeiten am Wohngebäude, nachdem der Treuhänder als Eigentümer weder einer Kreditaufnahme zur Durchführung der Werterhaltungsmaßnahmen zugestimmt noch einen neuen Nachfolger für die aus dem Amt geschiedene Verwalterin benannt habe. Die Eintragung für das Eigentum des Volkes im Grundbuch erfolgte am 25. November 1980; Rechtsträger war der Rat der Gemeinde K. Die festgesetzte Entschädigung wurde mit auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten verrechnet.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 bewohnen das auf dem Grundstück befindliche Eigenheim auf Grund einer Wohnraumzuweisung vom 8. Juni 1979. Der Rat der Gemeinde K. verkaufte ihnen das Eigenheim mit notariellem Vertrag vom 27. November 1980 und der Rat des Kreises Potsdam verlieh ihnen das Nutzungsrecht an dem volkseigenen Grundstück.

Der Treugeber und seine Ehefrau I. E., die Mutter des Klägers, setzten sich mit Erbvertrag vom 11. Oktober 1980 zu alleinigen Erben ein und bestimmten für den Fall des Ablebens des Letztversterbenden, dass der "dann noch vorhandene Gesamtnachlass im Wege der Schlusserbschaft" an die B. Anstalt in B. fallen soll. Der Treugeber verstarb am 20. Januar 1988. Im Abtretungsvertrag vom 11. Dezember 1989 und (wiederholend) mit notariell beurkundeter Erklärung vom 4. Mai 1990 trat I. E. unentgeltlich und schenkungshalber alle Rechte an dem Grundstück dem Kläger ab.

Dessen Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 1. September 1994 ab. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, der Kläger sei nicht Berechtigter im Sinne des Vermögensgesetzes; denn er leite seine Rechte aus einer Rechtsnachfolge nach dem Treugeber ab, der zu keinem Zeitpunkt Eigentümer des Grundstücks gewesen sei. Die Treuhandvereinbarung möge dem Treugeber zwar das Recht gegeben haben, vom eingetragenen Eigentümer jederzeit die Übertragung des Eigentums zu verlangen, ein solcher Auflassungsanspruch stelle aber keinen Vermögenswert im Sinne von § 2 Abs. 2 VermG dar. Es sei eindeutig, dass der Restitutionsantrag des Klägers allein im eigenen Namen gestellt worden sei.

Den Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss V beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen des Landes Brandenburg mit Bescheid vom 26. Juli 1996 zurück. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, dass der vereinbarte schuldrechtliche Eigentumsverschaffungsanspruch des Treugebers keinen Vermögenswert im Sinne von § 2 Abs. 2 VermG darstelle. Es entspreche nicht der Aufgabe des Vermögensgesetzes, schuldvertraglichen Ansprüchen zur Durchsetzung zu verhelfen.

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die Inanspruchnahme des Grundstücks unter Machtmissbrauch erfolgt sei, da die Voraussetzungen für eine Enteignung nach dem Aufbaugesetz nicht vorgelegen hätten. Die Instandsetzungsarbeiten am Wohnhaus seien nur vorgeschoben worden und zur Sicherung der Bewohnbarkeit des Hauses nicht erforderlich gewesen. Die angestellten Wert- und Preisermittlungen für das Grundstück belegten, dass das Haus in einem ordnungsgemäßen Zustand gewesen sei. Die Enteignung sei nur erfolgt, um dem Beigeladenen zu 2 das Grundstück zu verschaffen. Auf Grund der Treuhandvereinbarung und den später getroffenen Abreden habe der Treugeber ein Anwartschaftsrecht auf den Eigentumserwerb an dem Grundstück erworben.

Der Kläger hat beantragt, unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide das streitbefangene Grundstück an ihn, hilfsweise an den Treuhänder zurückzuübertragen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 23. August 2001 mit der Begründung abgewiesen: Der Erfolg des Hauptantrags scheitere daran, dass der Kläger nicht Berechtigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG sei. Bei der Inanspruchnahme des Grundstücks nach dem Aufbaugesetz seien keine Vermögenswerte des Rechtsvorgängers des Klägers betroffen worden. Der Treugeber sei nie Eigentümer des Grundstücks gewesen und ihm habe auch nicht auf Grund der Treuhandvereinbarung ein Eigentumsrecht bzw. ein eigentumsähnliches Recht zugestanden. Eine dem Anwartschaftsrecht vergleichbare Rechtsstellung habe nicht bestanden. Ein Vollrechtserwerb des Treugebers sei nicht gesichert gewesen. Dazu habe es bereits an einem Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt gefehlt. Im Übrigen liege in der Inanspruchnahme des Grundstücks kein vermögensrechtlich relevanter Zugriff, der zielgerichtet ein Recht des Treugebers betroffen hätte.

Der Hilfsantrag sei unzulässig, da der Kläger als Rechtsnachfolger des verstorbenen Treugebers nicht klagebefugt sei.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision trägt der Kläger vor, das angegriffene Urteil verletze Bundesrecht und beruhe auf Verfahrensfehlern.

Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. August 2001 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. September 1994 und den Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses V beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen des Landes Brandenburg vom 26. Juli 1996 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Grundstück Gemarkung K., Flur 12, Flurstücke 432, 433, 434 an ihn zurückzuübertragen.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1 und 2 treten der Revision entgegen und beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist mit der Maßgabe der Zurückverweisung der Sache begründet. Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht. Es beruht auf der fehlerhaften Anwendung von § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 VermG. Das Verwaltungsgericht hat verkannt, dass der Kläger aus wirksam erworbenem Recht nach E. H. klagt. Die bisher festgestellten Tatsachen lassen eine abschließende Entscheidung des Senats über die Klage nicht zu. Daher ist das Urteil des Verwaltungsgerichts nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.

1. Dem Verwaltungsgericht kann allerdings darin gefolgt werden, dass dem Kläger aus abgetretenem Recht nach P. E. kein Anspruch auf Übertragung des streitbefangenen Grundstücks zusteht. Im maßgeblichen Schädigungszeitpunkt - das ist frühestens der Tag der Umschreibung im Grundbuch auf das Eigentum des Volkes am 25. November 1980 - war das Treuhandverhältnis zwischen P. E. und E. H. beendet. Das Wesen der Treuhand besteht darin, dass auf Grund einer (schuldrechtlichen) Abrede ganz oder teilweise das Vermögensrecht im Interesse des anderen Teils (Treugebers) ausgeübt wird. E. H., der Treuhänder, hatte jedoch bereits am 23. März 1954 die DDR verlassen und das Treuhandverhältnis in Übereinstimmung mit dem Treugeber für beendet erklärt gehabt (notarielle Urkunde vom 11. Dezember 1979). Anstelle der Übertragung des Treuguts, das bei ihm verbleiben musste, hatte er zwar P. E. eine Auflassungsvollmacht erteilt und ihm damit eine unmittelbare Verfügungsbefugnis über das Grundstück eingeräumt. Diese Rechtsposition, in der die Enteignung nach dem Aufbaugesetz eingegriffen hat, ist aber kein Vermögenswert im Sinne des Vermögensgesetzes.

Vermögenswerte sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 VermG bebaute und unbebaute Grundstücke sowie rechtlich selbständige Gebäude und Baulichkeiten, Nutzungsrechte und dingliche Rechte an Grundstücken oder Gebäuden, bewegliche Sachen sowie gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte. Mit dieser gesetzlichen Aufzählung ist der sachliche Geltungsbereich des Vermögensgesetzes - vorbehaltlich von Satz 2, der hier nicht eingreift - abschließend geregelt. Ein schuldrechtlicher Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück gehört nicht dazu (Urteil vom 27. Februar 1997 - BVerwG 7 C 22.96 - Buchholz 428 § 2 a VermG Nr. 3; Beschluss vom 22. Juni 1993 - BVerwG 7 B 76.93 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 1; Beschluss vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 8 B 35.02 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 12).

Mehr als ein solcher Anspruch auf Eigentumsverschaffung stand P. E. im Schädigungszeitpunkt nicht zu. Der Treuhänder konnte als Eigentümer des Grundstücks kraft des ihm verbliebenen Herrschaftsrechts nach wie vor wirksam - wenn auch treuwidrig - über das Grundstück zu Lasten von P. E. verfügen. Dessen Position steht daher nicht der des Anwartschaftsrechts eines Auflassungsempfängers gleich.

Das Anwartschaftsrecht eines Auflassungsempfängers ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein dingliches Recht im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 VermG und daher restitutionsfähig (Urteile vom 20. März 1997 - BVerwG 7 C 62.96 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 30, vom 15. November 2000 - BVerwG 8 C 26.99 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 51 und vom 11. Januar 2001 - BVerwG 7 C 10.00 - BVerwGE 112, 335 = Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 53). Es liegt vor, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr durch eine einseitige Erklärung zu zerstören vermag. Das ist beim Eigentumserwerb an einem Grundstück der Fall, wenn der Empfänger einer Auflassung im Sinne von § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB den Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt gestellt hat; denn der an die Einigung gebundene Veräußerer kann danach die Rechtsposition des Auflassungsempfängers grundsätzlich nicht mehr einseitig zerstören, weil dessen Eintragungsantrag nach § 45 Abs. 1 GBO späteren Anträgen vorgeht. Dieses Anwartschaftsrecht ist aber erst ein restitutionsfähiger Vermögenswert im Sinne von § 2 Abs. 2 VermG, wenn nicht nur der Veräußerer den Rechtserwerb nicht mehr vereiteln konnte, sondern darüber hinaus auch eine Beeinträchtigung oder Vernichtung des Rechts nach dem normalen Lauf der Dinge ausgeschlossen war. Das war in der Rechtswirklichkeit der DDR der Fall, wenn alle Eintragungsvoraussetzungen vorlagen, insbesondere die zur Übertragung des Eigentumsrechts an einem Grundstück oder Gebäude erforderliche Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung erteilt war.

Dieser Rechtsstellung war die Rechtsposition von P. E. im Zeitpunkt der Schädigung nicht vergleichbar. Weder hatte der Treuhänder das Grundstück an P. E. aufgelassen, noch bestand für diesen zu der Zeit eine realistische Erwerbschance. Die Veräußerung eines in der DDR gelegenen Grundstücks an einen "Westerwerber" war nicht genehmigungsfähig, weil sie die "ordnungsgemäße Verwaltung oder die gesellschaftlich effektive Nutzung des Grundstücks" nicht gewährleistete und "gesellschaftliche Interessen" verletzte. Dies stellte für die Genehmigungsbehörden - jedenfalls bis zur Spätphase der DDR - einen zwingenden Versagungsgrund nach § 3 Abs. 4 der Grundstücksverkehrsverordnung vom 15. Dezember 1977 (GBl I 1978 73) dar (vgl. BGH, VIZ 1998, 581 <582>). Die Einschätzung, dass es sich bei dieser eingeschränkten Verkehrsfähigkeit um teilungsbedingtes Unrecht handelt, macht das Erwerbshindernis nicht unbeachtlich. Die Rechtswirklichkeit im Zeitpunkt der Schädigung, auf die § 2 Abs. 2 VermG Bezug nimmt (Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 7 C 10.00 - a.a.O.), ließ nur eine Erwerbsaussicht bei geänderten politischen Verhältnissen zu. In dieser Situation befand sich der Treugeber schon bei Abschluss des Treuhandvertrages, weswegen ein unmittelbarer Erwerb damals unterblieben war. Dass das teilungsbedingte Unrecht einen Eigentumserwerb in der DDR verwehrt hatte, wird als Rechtsnachteil nicht vom Vermögensgesetz erfasst. Dieses will den Entzug von Eigentum korrigieren, nicht aber eine stecken gebliebene Erwerbschance ausgleichen (vgl. Beschluss vom 22. Juni 1993 - BVerwG 7 B 76.93 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 1).

2. Die Verfügungsvollmacht, die der Treuhänder erteilt hatte, enthält auch keine Vorausabtretung eines erst mit dem Erlass des Vermögensgesetzes entstandenen Restitutionsanspruchs auf das fragliche Grundstück. Eine Umdeutung scheidet aus; denn die Vollmachtserteilung ist nicht unwirksam, nur weil sie eine eingeschränkte Realisierungschance bot. Einer ergänzenden Auslegung der Willenserklärung steht entgegen, dass zur damaligen Zeit eine vorausschauende Bestimmbarkeit des erst Jahre später und nach einer grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse entstandenen Restitutionsanspruchs nicht gegeben war. Zwar muss im Zeitpunkt der Abtretung der Rechtsgrund für die Forderung noch nicht wirksam geschaffen, aber das zukünftige Entstehen der Forderung schon als wahrscheinlich anzunehmen gewesen sein.

3. Das Verwaltungsgericht hat hingegen außer Betracht gelassen, dass eine Vorausabtretung auch durch Gebrauch einer Vollmacht erfolgen konnte. Die Vollmacht gab hier der Mutter des Klägers das von ihr wahrgenommene Recht, den zukünftigen Rückübertragungsanspruch des Treuhänders auf sich im Voraus überzuleiten, um ihn dann an den Kläger abzutreten. Die nach Beendigung der Treuhandschaft vorgenommene Bevollmächtigung, die in ihrer Eigenschaft als Auflassungsvollmacht im Interesse des Treugebers isoliert von einem Grundgeschäft erfolgt war, ist nicht mit dessen Tode erloschen, sondern besteht zugunsten seiner Witwe, der Mutter des Klägers, weiter. Dies folgt zwar nicht aus § 1922 BGB, weil die Vollmacht keine vermögensrechtliche Position ist. Die Erbin ist aber als für den Tod bevollmächtigt anzusehen (vgl. Habermeier in Bamberger/Roth BGB Band 1, 2003, § 168 Rn. 5; Schramm in Münchner Kommentar zum BGB Band 1, 4. Auflage 2001, § 168 Rn. 6 m.w.N.). Von dieser Vollmacht hat die Witwe Gebrauch gemacht, als sie im Abtretungsvertrag vom 11. Dezember 1989 und (bekräftigt) mit notariell beurkundeter Erklärung vom 4. Mai 1990 alle Rechte an dem Grundstück dem Kläger abgetreten hat. Die Vollmacht enthielt zwar in erster Linie nur das Recht, das Grundstück auch sich selbst aufzulassen; denn der Treuhänder hatte von den Beschränkungen des Insichgeschäfts gemäß § 181 BGB befreit. Aber an die Stelle des zunächst bei dem Treuhänder verbliebenen Eigentums am Grundstück ist mit In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes - für den Fall, dass der Eigentumsverlust auf eine Schädigungsmaßnahme zurückzuführen sein sollte - ein Rückübertragungsanspruch getreten. Diese Vermögenszuordnung erfolgte unmittelbar. Ein allgemeines Surrogatsprinzip ist dem Zivilrecht zwar fremd (vgl. Coester-Waltjen Jura 1996, 24 <28>), aber der Anspruch auf Rückübertragung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VermG stellt einen Fall von gesetzlicher Surrogation dar. Dieses Prinzip der unmittelbaren Ersetzung gewährleistet einen sozialverträglichen Ausgleich von - zumeist teilungsbedingtem - Unrecht. Es hat zur Folge, dass sich die Rechtspositionen, die an dem alten Gegenstand bestanden haben, an dem neuen in unveränderter Form fortsetzen (Coester-Waltjen, a.a.O. Seite 25). Das Surrogat wird folglich vom Umfang der Vollmacht erfasst. Das entspricht vorliegend auch dem hypothetischen Willen des Vollmachtgebers, der erkennbar alles rechtlich Mögliche getan haben wollte, um sich der Verantwortung über das Treugut entledigen zu können. Die seitens der Mutter des Klägers im Zusammenhang mit der am 11. Dezember 1989 und (wiederholend am) 4. Mai 1990 erklärten Übertragung aller Rechte am Grundstück auf ihren Sohn vorgenommene Abtretung des künftigen Restitutionsanspruchs an sich selbst ist wirksam. Zu der Zeit war eine Regelung der offenen Vermögensfragen in der erfolgten oder in ähnlicher Weise wahrscheinlich. Das wird auch anhand der Befristung des redlichen Erwerbs gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG deutlich.

Das Formerfordernis für diese Abtretung, das sich hier aus Art. 14 Abs. 1 2. VermRÄndG ergibt, ist gewahrt. Mit dem Restitutionsantrag hat der Kläger die Vollmachtsurkunde vom 11. Dezember 1979 und die Abtretungserklärung vom 11. Dezember 1989 dem Beklagten vorgelegt und ihm damit die Abtretung des Restitutionsanspruchs des E. H. angezeigt . Dass der Beklagte aus diesen Tatsachen keine entsprechenden rechtlichen Schlüsse gezogen hat, ist für die Wirksamkeit der Abtretung ohne Einfluss.

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1 und 2 ist die Mutter des Klägers aus erbrechtlichen Gründen nicht gehindert gewesen, den Rückübertragungsanspruch ihrem Sohn abzutreten. Dabei kann die Erheblichkeit der Einrede der Vorerbschaft offen bleiben; denn eine Nacherbeneinsetzung ist dem Erbvertrag vom 11. Oktober 1980 nicht zu entnehmen. Eine entsprechende Wortwahl der Rechtsbegriffe enthält der Vertrag nicht. Von einer notariellen Beurkundung ist jedoch zu erwarten, dass Erbfolgeregelungen spezieller Art normgemäß zum Ausdruck gebracht werden. Die bei der Einsetzung eines Nacherben verwendeten Begriffe (vgl. § 2100 BGB) sind indes nicht gewählt worden. Die Verwendung des Begriffes "Schlusserbschaft" lässt vielmehr darauf schließen, dass sich die Eheleute im Einklang mit § 2269 Abs. 1 BGB gegenseitig zu Vollerben und die B. Anstalt als Schlusserben, also Vollerbin des Längstlebenden eingesetzt haben. Der überlebende Ehegatte ist danach als Vollerbe nicht gehindert, über den Nachlass des Verstorbenen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen (vgl. Musielak, Münchner Kommentar zum BGB, Bd. 9, 3. Aufl. 1997, § 2269 Rn. 32).

4. Das Verwaltungsgericht hat - von seinem rechtlichen Ansatz her folgerichtig - nicht abschließend geprüft, ob die Inanspruchnahme des fraglichen Grundstücks den tatbestandlichen Voraussetzungen von § 1 VermG (insbesondere von § 1 Abs. 2 VermG) unterliegt. Angesichts der eingehenden Verfahrensrügen des Klägers ist ferner offen, ob die vom Verwaltungsgericht allein bei der Behandlung des - unzulässigen - Hilfsantrages angenommene Redlichkeit gemäß § 4 Abs. 2 VermG auch einen Ausschluss der Rückübertragung gegenüber dem Kläger rechtfertigt. Die Rüge bemängelt zu Recht die fehlende Aufklärung des Widerspruchs, der nach Lage der Akten darin besteht, dass einerseits wegen für notwendig erachteter Instandsetzungsarbeiten enteignet worden ist, es aber andererseits in dem unmittelbar danach abgeschlossenen Eigenheimkaufvertrag mit den Beigeladenen zu 1 und 2 heißt, dass Baumaßnahmen nicht vorgesehen seien. Die Frage der Redlichkeit steht im Zusammenhang mit der Klärung der näheren Umstände der Enteignung.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 204 516,75 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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