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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 7.06
Rechtsgebiete: VermG


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 6 Satz 1
Eine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG setzt voraus, dass die Verfolgung des Betroffenen aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen das bestimmende Motiv für den Vermögensverlust war. Eine bloße Mitursächlichkeit reicht nicht aus.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 7.06

Verkündet am 25. April 2007

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg, Dr. Hauser und Buchberger

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die vermögensrechtliche Berechtigung der Klägerin an dem ehemaligen Landwirtschaftsbetrieb "Landgut O.".

1927 erwarb die Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine mbH (GEG) Hamburg das rund 675 ha große damalige Rittergut O. bei St. und errichtete dort eine Schweinemästerei zur Belieferung der benachbarten Konsumvereine. Zu Beginn der 1930er Jahre griffen Nationalsozialisten die Konsumvereine propagandistisch und tätlich an und drohten mit deren völliger Vernichtung. Sie bezeichneten sie im "Völkischen Beobachter" (4. Juli 1931) als "marxistische Konsumvereine" sowie "politisch und kapitalistisch aufgezogene Pestbeulen" und stellten sie als "Vortrupp des Marxismus" dar. Nach dem 30. Januar 1933 nahmen die Maßnahmen nationalsozialistischer Kampftruppen gegen Genossenschaftsläden, deren Kunden und das Personal noch zu. Nach einem Kabinettsbeschluss vom 25. April 1933 sollten die Konsumgenossenschaften keine finanzielle Unterstützung in der Form von Bürgschaften für Kredite und Zinsverbilligungszuschüssen mehr erhalten. Gleichzeitig erklärte die Regierung aber, dass keine Maßnahmen gegen ihren Bestand geplant seien. Einzelaktionen gegen die Konsumgenossenschaften, die die Sicherheit der Spargelder breiter Bevölkerungsteile gefährdeten, würden nicht gebilligt.

Am 2. Mai 1933 besetzten Nationalsozialisten in Hamburg das Verwaltungsgebäude des Zentralverbands Deutscher Konsumvereine (ZdK), der von der GEG gegründet worden war. Am 4. Mai 1933 wurde Adam Remmele, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZdK und bekannter Sozialdemokrat, verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht. Als Staatskommissar wurde der Nationalsozialist Erich Grahl zum Führer der Geschäftsleitung der GEG ernannt. Am 15. Mai 1933 nahm der Führer der Deutschen Arbeitsfront (DAF), Robert Ley, an einer Sitzung teil, auf der Vertreter der GEG eine Unterwerfungserklärung unterzeichneten. In den örtlichen Genossenschaften wurden Beauftragte der DAF eingesetzt. Daneben blieb ein Großteil der bisherigen Funktionäre im Amt.

Die Konsumgenossenschaften wurden in der Folgezeit nicht umgehend zerschlagen, sondern zeitweilig durch das Reich sogar finanziell gestützt. Das war auf Einwände des Reichswirtschafts- und des Reichsfinanzministeriums zurückzuführen, die sich bis Ende 1936 mit der Begründung durchsetzen konnten, eine Auflösung der Konsumgenossenschaften werde fiskalische Probleme wegen der Inanspruchnahme hoher Reichsbürgschaften mit sich bringen, die Arbeitslosenquote erheblich erhöhen, zu einem Verlust der genossenschaftlichen Spargelder führen und die Akzeptanz der nationalsozialistischen Regierung in der Arbeiterschaft gefährden. Auch aus (kriegs-)wirtschaftlichen Gründen ließ das NS-Regime die Konsumgenossenschaften zunächst bestehen, um sich die Produktions- und Handelsstrukturen zu Nutze zu machen.

Im August 1933 firmierte die GEG um in "Reichsbund der Deutschen Verbrauchergenossenschaften mbH (GEG)". In diese Gesellschaft wurden die bisherigen konsumgenossenschaftlichen Dachverbände einschließlich des ZdK, des Reichsverbandes Deutscher Konsumvereine e.V. und der Großeinkaufs- und Produktions-AG überführt.

Das Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 25. November 1933 (RGBl I S. 1011) begrenzte zulässige Rabatte auf den Höchstsatz von 3 % und schränkte die Geschäftstätigkeit der Konsumgenossenschaften dadurch ein. Das Gesetz über die Verbrauchergenossenschaften vom 21. Mai 1935 (RGBl I S. 681) stellte die Gründung neuer Verbrauchergenossenschaften unter Genehmigungsvorbehalt und verpflichtete die bestehenden, verbliebene Spareinlagen bis zum 31. Dezember 1940 aufzulösen. Im Anschluss daran wurden 72 Konsumgenossenschaften mit Mitteln aus dem Reichshaushalt liquidiert. Die DAF verlor die Zuständigkeit für die Verbrauchergenossenschaften an das Reichswirtschaftsministerium, weil sie die für die Liquidation erforderlichen Garantiesummen nicht aufbringen konnte.

Im Juli 1935 firmierte die GEG erneut um in "Deutsche Großeinkaufs-Gesellschaft mbH (Deugro)" und änderte den Gesellschaftsvertrag. Gegenstand des Unternehmens waren nun der Großeinkauf sowie die Herstellung, die Bearbeitung und der Vertrieb von Waren aller Art im Großhandel. Gleichzeitig wurden neue Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer bestellt, wodurch sich der Anteil der Nationalsozialisten erhöhte. 1937 schieden mit einer Ausnahme alle noch verbliebenen vor 1933 berufenen Geschäftsführer aus. Der Verbliebene blieb - einflusslos - bis 1940.

Die DAF war bestrebt, die Verbrauchergenossenschaften und ihre Einrichtungen unter ihre Kontrolle zu bringen und versuchte in Zusammenarbeit mit dem Geheimen Staatspolizeiamt (Gestapa) die Gefährlichkeit der Genossenschaften für den nationalsozialistischen Staat nachzuweisen. Im Oktober 1936 erstellte das Amt Information der DAF einen Bericht, der über die "unzulängliche politische Gleichschaltung" der Genossenschaften berichtete. In den örtlichen Konsumvereinen hätten "die Marxisten in der GEG" mit ihren "altbewährten Mitarbeitern" das Heft von Anfang an in der Hand gehalten und es verstanden, die weitere Verfolgung ihrer marxistisch-genossenschaftlichen Ziele geschickt den neuen Verhältnissen anzupassen. Ein Bericht des Gestapa vom März 1937 stellte fest, die Verbrauchergenossenschaften müssten "auch heute noch als Hochburgen des Marxismus betrachtet werden". Reichswirtschaftsminister Funk erklärte am 24. Mai 1938, er werde die Frage der Konsumvereine wieder aufgreifen mit dem Ziel der Liquidierung der Deugro und der einzelnen Verbrauchergenossenschaften, weil diese als kollektivistische Großbetriebe von Verbrauchern nicht den Grundsätzen der nationalsozialistischen Wirtschaftsführung entsprächen.

Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in das Sudetenland am 1. Oktober 1938 wurden die dortigen Konsumgenossenschaften zerschlagen. Für das Gebiet des Deutschen Reiches verstärkte Ley seine Bemühungen um die Auflösung der Verbrauchergenossenschaften. Im Frühjahr 1940 unterrichtete Ley Hitler, Göring und Heß über die Gefahr, die "in dem organisatorischen Zusammenschluss von nahezu 8 Mio. Menschen (liege), die ohne Aufsicht und ohne Kontrolle sich in Mitgliederversammlungen, Kaffeekränzchen usw." zusammenfänden, und bei denen es sich "ausnahmslos um ehemalige Marxisten und Zentrumsleute, also um Gegner des Nationalsozialismus" handele. Auf einer Konferenz vom 29. April 1940 setzte sich Leys Plan durch, die Verbrauchergenossenschaften als Mitgliedervereinigungen aufzulösen und ihren Bestand in die Kompetenz der DAF zu überführen.

Mit Schreiben an den Reichswirtschaftsminister vom 4. November 1940 ordnete Hitler die umgehende Überführung des Vermögens u.a. der Verbrauchergenossenschaften und der Deugro in das Vermögen der DAF an. Daraufhin erging die Verordnung zur Anpassung der verbrauchergenossenschaftlichen Einrichtungen an die kriegswirtschaftlichen Verhältnisse vom 18. Februar 1941 (RGBl I S. 106 f.). Danach waren die noch nicht liquidierten Verbrauchergenossenschaften aufzulösen und ihre Verbände und sonstigen Einrichtungen umzugestalten oder aufzulösen. Die Verteilungsstellen sollten "im Endziel" privatisiert werden. § 1 Abs. 2 der Verordnung übertrug die Durchführung der Maßnahmen der DAF, der dazu das Vermögen der Verbrauchergenossenschaften und ihrer Einrichtungen zu übertragen war. § 3 der Verordnung ermächtigte den Reichswirtschaftsminister zum Erlass der Durchführungsbestimmungen auch unter Abweichung von bestehenden Vorschriften und zur Auflösung und Neubestellung des Aufsichtsrats der Deugro ohne Bindung an den Gesellschaftsvertrag.

Zur Übernahme der zu übertragenden Vermögenswerte wurde mit Anordnung des DAF-Bevollmächtigten vom 21. März 1941 das Gemeinschaftswerk der Deutschen Arbeitsfront GmbH (Gemeinschaftswerk der DAF) errichtet. Es wurde aufgrund § 4 Abs. 2 der am 24. Juli 1941 erlassenen Zweiten Anordnung zur Durchführung der Verordnung vom 18. Februar 1941 (RGBl I S. 452) mit der am 22. Dezember 1941 erlassenen Elften Bekanntmachung (MinBlRWM 1942, 18) in einen Großteil des Vermögens der Deugro eingewiesen. Im August und September 1942 wurden verschiedene Grundstücke der GEG/Deugro per Grundbuchberichtigung auf das Gemeinschaftswerk der DAF umgeschrieben. Die Deugro wurde als Organgesellschaft des Gemeinschaftswerks für die Großhandelsstufe bis 1945 fortgeführt. Sie blieb über das Kriegsende hinaus bestehen.

Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes Nr. 2 des Alliierten Kontrollrats vom 10. Oktober 1945 erklärte die NSDAP und ihre Gliederungen sowie alle ihr angeschlossenen Verbindungen und von ihr abhängigen Organisationen für abgeschafft und ungesetzlich. Als namentlich aufgelöst bezeichnete Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes i.V.m. Anhang Nr. 42 die DAF. Gemäß Art. 2 Satz 1 wurde das gesamte Eigentum der aufgelösten Organisationen beschlagnahmt. Die Beschlagnahme des Vermögens der DAF erstreckte sich auf das der Deugro.

Durch Bekanntmachung der britischen Militärregierung vom 11. Januar 1946 wurde die Deugro wieder in "Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Konsumgenossenschaften mbH" (GEG) umbenannt und der räumliche Zuständigkeitsbereich der Geschäftsleitung erweitert. Mit Verordnung Nr. 39 der britischen Militärregierung vom 31. Juli 1946 wurden das Gesetz über die Verbrauchergenossenschaften, die Verordnung vom 18. Februar 1941 und andere während der NS-Zeit erlassenen, die Konsumvereine betreffenden Vorschriften aufgehoben.

Aufgrund der Direktive Nr. 50 des Alliierten Kontrollrats vom 29. April 1947, die die Rückerstattung des Eigentums an die unter nationalsozialistischem Zwang aufgelösten und enteigneten Organisationen anordnete, erhielt die GEG in den Westzonen sämtliche Vermögenswerte zurück.

In der sowjetischen Besatzungszone wurden die Vermögenswerte der DAF gemäß SMAD-Befehl Nr. 176 auf neu gegründete konsumgenossenschaftliche Organisationen übertragen. Die zum Landgut O. zählenden Grundstücke wurden teils im Zuge der Bodenreform aufgeteilt und aufgesiedelt, teils in das VEG "Busch" überführt. Einen Teil bewirtschaftete die LPG "Leuchtende Zukunft O.". In den 1990er Jahren waren rund 95 % der Flächen an Agrargemeinschaften verpachtet. Schloss und Parkgelände wurden mit Zustimmung der Klägerin an einen privaten Investor veräußert.

1972 wandelte sich die GEG in die Aktiengesellschaft "Co op Zentrale Aktiengesellschaft" um. 1983 wurde ihr Vermögen im Wege der Verschmelzung auf die Co op-Aktiengesellschaft Frankfurt am Main übertragen. Diese meldete am 24. und 25. September 1990 vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich des ehemaligen Landgutes O. an.

1992 wurde die Firma in "Deutsche SB-Kaufgesellschaft" geändert. Diese verschmolz 1996 mit der METRO AG. Deren Restitutionsansprüche erwarb die Klägerin mit notariellem Abtretungsvertrag vom 26. Oktober 2001.

Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Sachsen-Anhalt stellte mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 die vermögensrechtliche Berechtigung der Klägerin und, wegen Ausschlusses der Rückübertragung des Unternehmens, das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs dem Grunde nach fest. Hinsichtlich der Grundstücke verwies es auf künftig ergehende gesonderte Bescheide. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsvorgängerin der Klägerin sei mittels Verordnung vom 18. Februar 1941 im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG enteignet worden. Die politische und weltanschauliche Verfolgung der Konsumvereine habe sich auch auf deren Großeinkaufsgesellschaft erstreckt. Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG liege schon bei wesentlicher Mitursächlichkeit politischer oder weltanschaulicher Verfolgungsgründe vor. Die Rückübertragung des Unternehmens sei gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VermG ausgeschlossen.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22. August 2005 hob die Beklagte den Bescheid des Landesamtes vom 17. Dezember 2003, soweit er die Klägerin betraf, auf und lehnte deren vermögensrechtlichen Antrag ab. Der nationalsozialistische Zugriff auf die Vermögenswerte der GEG/Deugro stelle keine Maßnahme weltanschaulicher oder politischer Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG dar. Die GEG habe nicht zu den Gegnern des Nationalsozialismus gezählt. Die 1933 und 1935 getroffenen Maßnahmen hätten nicht die Ausschaltung des Verbandes, sondern nur dessen Eingliederung in das nationalsozialistische Herrschaftssystem zum Ziel gehabt.

Mit der dagegen gerichteten Klage hat die Klägerin begehrt, den Bescheid des Bundesamtes vom 22. August 2005 aufzuheben, soweit er den Bescheid des Landesamtes vom 17. Dezember 2003 aufhebt. Die Einweisung der DAF in das Vermögen der GEG/Deugro sei als Maßnahme politischer und weltanschaulicher Verfolgung zu sehen. Die nationalsozialistische Führung habe die Verbrauchergenossenschaften als Hochburgen des Marxismus betrachtet und deren Liquidierung nur aus kriegswirtschaftlichen Gründen aufgeschoben. Zudem müsse bei der Auslegung des § 1 Abs. 6 VermG berücksichtigt werden, dass den Konsumgenossenschaften in den westdeutschen Gebieten die ihnen früher zugeordneten Vermögenswerte nach alliiertem Rückerstattungsrecht vollständig zurückübertragen worden seien.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Die von 1933 bis 1945 vollzogenen Maßnahmen zur Umwandlung, Umorganisation, Umfirmierung und Unterstellung der Verbrauchergenossenschaften unter die DAF seien als verfolgungsneutrale Gleichschaltung zu sehen.

Mit Urteil vom 11. April 2006 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2005 aufgehoben, soweit dieser den Bescheid des Landesamtes vom 17. Dezember 2003 aufhebt. Der Ausgangsbescheid sei rechtmäßig, da die Klägerin Berechtigte im Sinne des § 6 Abs. 6a, § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 6 VermG sei. Die GEG, später Deugro, habe das Landgut O. im Zuge ihrer politischen und weltanschaulichen Verfolgung durch entschädigungslose Enteignung aufgrund der Verordnung vom 18. Februar 1941 verloren. Die in der bisherigen Rechtsprechung entwickelte Definition politischer Verfolgung in Abgrenzung zur bloßen, auch zwangsweisen, Gleichschaltung sei dahingehend zu ergänzen, dass eine politische Verfolgung auch vorliegen könne, wenn die Maßnahmen nicht ausschließlich, sondern lediglich auch von der Absicht politischer oder weltanschaulicher Verfolgung bestimmt seien. Nach der Quellenlage und den Ergebnissen der zeitgeschichtlichen Forschung seien die Maßnahmen im Jahr 1941 nicht nur motiviert durch wirtschaftliche Interessen oder Rivalitäten zwischen Reichsministerien und Parteistellen, sondern auch begründet in der von den Konsumgenossenschaften ausgehenden politischen Gefahr für die innere Stabilität des Nationalsozialismus.

Dagegen richtet sich die Beklagte mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision. Sie rügt die fehlerhafte Anwendung des § 1 Abs. 6, § 2 Abs. 1 VermG und meint, zur Feststellung politischer Verfolgung reiche die vom Verwaltungsgericht angenommene "Mischmotivation" nicht aus. Politische Verfolgung müsse das prägende Motiv eines gezielten Zugriffs gewesen sein, um den politischen Gegner auszuschalten. Die GEG bzw. Deugro sei nicht ausgeschaltet worden, sondern habe als Organgesellschaft der DAF noch über das Kriegsende hinaus fortbestanden. Die ihr gegenüber seit 1933 getroffenen Maßnahmen seien als verfolgungsneutrale Gleichschaltung zu werten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 11. April 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Beigeladenen haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

II

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht, es stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Bescheid vom 22. August 2005 ist rechtswidrig, weil der von ihm aufgehobene Bescheid vom 17. Dezember 2003 zu Recht die Berechtigung der Klägerin hinsichtlich des Landgutes O. feststellt.

Das Verwaltungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass als schädigende Maßnahme im Sinne des Vermögensgesetzes die aufgrund der Anordnung Hitlers vom 4. November 1940 erlassene Verordnung vom 18. Februar 1941 und deren Umsetzung durch die beiden Durchführungsanordnungen und die Elfte Bekanntmachung vom 22. Dezember 1941, mit denen auf die wesentlichen Teile des Vermögens der Deugro einschließlich des hier streitgegenständlichen Landguts zugegriffen und dieses dem Gemeinschaftswerk der DAF zugewiesen wurde, anzusehen ist. Obwohl dieser Vermögensentzug in mehreren Schritten stattfand, stellt er eine einheitliche Maßnahme dar, die mit dem Erlass der Verordnung begann. Das ist deshalb der für die Beurteilung der Schädigung wesentliche Zeitpunkt.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei Rechtsnachfolgerin der GEG/Deugro. Soweit die Revision die Identität zwischen der GEG und der Deugro durch die Umfirmierung und die Änderungen des Gesellschaftsvertrages im Jahr 1935 in Frage gestellt sieht, verkennt sie, dass Unternehmensträger des Landgutes O. im Zeitpunkt seiner Entziehung 1941 die Deugro GmbH war, die nach dem Krieg wieder in GEG umbenannt wurde und deren Rechtsnachfolge die Klägerin beansprucht. Wenn - wie die Revision meint - 1935 ein Identitätsverlust zwischen GEG und Deugro stattgefunden hätte, hätte dies auf die Rechtsnachfolge der Klägerin nach der Deugro keinen Einfluss. Im Übrigen ist der Fortbestand einer Kapitalgesellschaft weder von der Zusammensetzung der Gesellschafter noch von der Kontinuität des Gesellschaftszwecks abhängig (vgl. Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2000, Einl. Rn. 4).

Die Deugro wurde auch nicht dadurch aufgelöst, dass der wesentliche Teil ihrer Geschäftsanteile durch das Gemeinschaftswerk der DAF übernommen wurde. Denn sie bestand als Organgesellschaft fort. Der Status der Organgesellschaft hebt die rechtliche Selbständigkeit und Identität der als Organ oder beherrschtes Unternehmen bezeichneten Tochtergesellschaft nicht auf.

Die Deugro wurde schließlich auch nicht durch Art. 1 Abs. 1 und 2 des Gesetzes Nr. 2 des Alliierten Kontrollrats vom 10. Oktober 1945 aufgelöst. Gemäß Nr. 42 der dort in Bezug genommenen Anlage betraf die Auflösung die DAF als der NSDAP angeschlossene Vereinigung, nicht aber die Deugro. Die Auflösung sollte sich zwar auch auf alle von der NSDAP abhängigen Organisationen, einschließlich der halbmilitärischen Organisationen und aller anderen Nazieinrichtungen, die von der Partei als Werkzeuge ihrer Herrschaft geschaffen wurden, erstrecken, nicht aber solche Vereinigungen betreffen, die bereits vor der NS-Zeit existierten und nach ihrem satzungsgemäßen Zweck keine Nähe zu den von der NSDAP als Werkzeuge ihrer Herrschaft geschaffenen "Nazieinrichtungen" hatten. Das galt auch für Vereinigungen, die in nationalsozialistische Dachverbände eingegliedert, aber nicht zu rechtlich und organisatorisch unselbständigen Untergliederungen geworden waren (Urteil vom 27. Juni 1996 - BVerwG 7 C 53.95 - BVerwGE 101, 273 <278 ff.>).

Die Deugro existierte unter ihrer früheren Firma GEG bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Ihr Gesellschaftszweck beschränkte sich auf eine wirtschaftliche Tätigkeit, die keine inhaltliche Nähe zum Nationalsozialismus aufwies. Mit ihrer Eingliederung in das Gemeinschaftswerk der DAF, die ihre rechtliche Selbständigkeit als GmbH nicht aufhob, wurde zwar (auch) ihre Wirtschaftskraft für die nationalsozialistische Dachorganisation ausgenutzt und das bereits vor der NS-Zeit auf- und ausgebaute System von Einkaufs- und Vertriebswegen in den Dienst der Kriegswirtschaft gestellt. Zum Werkzeug der NS-Herrschaft wurde die Deugro dadurch aber nicht.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt aber Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) mit seiner Ansicht, dass zur Annahme politischer Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG die politische Gegnerschaft des Betroffenen in Form eines "erheblichen Motivationsbeitrages" genüge.

Aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG ergibt sich, dass der Vermögensverlust seine Ursache ("deshalb ihr Vermögen ... verloren haben") in der Verfolgung aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen gehabt haben muss. Eine bloße Mitursächlichkeit reicht insoweit nicht aus (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2006 - BVerwG 8 C 20.05 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen). Die vermögensrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen sind damit enger als die nach dem Alliierten Rückerstattungsrecht. Dieses begnügte sich damit, dass die Vermögenswerte "aus (den genannten) Gründen" entzogen worden waren (Art. 1 BrREG/USREG/ REAO). Um dies festzustellen, reichte ein Kausalzusammenhang zwischen der Entziehung und den Gründen aus, der erst entfiel, wenn diese "für den Eintritt des Entziehungsfalles ganz gleichgültig gewesen sind" (Kubuschock/ Weißstein, Rückerstattungsrecht, Art. 1 Anm. 12). Eine derartige (irgendwie geartete) ursächliche Verknüpfung reicht für die Bejahung von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG nicht aus. Ein Vermögensverlust, der "deshalb" erfolgt war, setzt voraus, dass die genannten Gründe das bestimmende Motiv für die schädigende Maßnahme waren. Da der Wortlaut der Norm nicht lautet "allein deshalb" ist allerdings nicht Voraussetzung, dass das bestimmende Motiv das einzige gewesen sein muss. Im Fall einer Mischmotivation muss aber das Motiv aus den in § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG genannten Gründen das vorherrschende gewesen sein.

Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil, das die politische Verfolgung als Verursachungsbeitrag an dem Vermögensverlust für ausreichend hält, nicht. Da das Verwaltungsgericht insoweit die Anspruchsvoraussetzungen inhaltlich falsch gewertet hat, kann das Revisionsgericht die Beweiswürdigung selbst vornehmen. Aufgrund der mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts sowie der geschichtlichen Tatsachen, die in der Öffentlichkeit als feststehend erachtet werden oder sich aus allgemein zugänglichen Quellen und der ausgewerteten Sekundärliteratur ergeben, kann der Senat in der Sache entscheiden. Dies führt zu dem Ergebnis, dass sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig darstellt, denn für den Vermögensverlust der Deugro, der auch das streitgegenständliche Gut umfasste, war die politische Verfolgung der Rechtsvorgängerin der Klägerin durch das NS-Regime das bestimmende Motiv.

Verfolgung erfordert Maßnahmen, die von staatlichen Stellen oder der NSDAP durchgesetzt oder erzwungen wurden. Verfolgung aus politischen Gründen setzt einen gezielten Zugriff auf den Betroffenen voraus, um ihn als politischen Gegner auszuschalten. Es muss sich um eine Maßnahme handeln, die ihren Grund darin hatte, dass der Verfolgte auf politischem Gebiet als ein Gegner der nationalsozialistischen Herrschaft, nationalsozialistischer Bestrebungen oder nationalsozialistischen Gedankenguts angesehen wurde (vgl. OLG Köln, RzW 1953, S. 44 und S. 141 <142>; ORG Nürnberg, RzW 1956, S. 195 <196>; ORG Rastatt, RzW 1959, S. 112 <113>; BGH, RzW 1956, S. 360; Beschluss vom 5. September 1997 - BVerwG 7 B 146.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 122). Der im angefochtenen Bescheid verwandte Begriff der Gleichschaltung erfasst Maßnahmen mit und ohne Verfolgungscharakter. So stellte die "Selbst-Gleichschaltung" von "innen" mangels eines dem nationalsozialistischen Staat oder der NSDAP zuzurechnenden Zugriffs keine Verfolgung dar (Urteil vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 93.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 9). Eine Gleichschaltung mittels organisatorischer Umwandlung oder Überführung in eine NS-Organisation ist nicht als Verfolgung anzusehen, wenn sie nicht auf der Annahme politischer Gegnerschaft beruht. Dann fehlt ihr, unabhängig vom Zwangscharakter, jedenfalls der politische Grund (Urteil vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 12.00 - BVerwGE 114, 68 <70>). Gleichschaltung kann aber auch durch Zugriff von außen erzwungen werden, um einen als politischen Gegner wahrgenommenen Verband als solchen zu treffen und "auszuschalten" (Urteil vom 2. August 2001 - BVerwG 7 C 28.00 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 60; vgl. auch CoRA Nürnberg, RzW 1952, 325 f.). Dann liegt in der Gleichschaltung zugleich eine politische Verfolgung. Eine solche Verfolgungsmaßnahme ist auch ein Zugriff in Form gezielter, von außen gelenkter Unterwanderung eines Verbandes, wenn sie im Zusammenhang mit der "Machtergreifung" oder danach mit dem Ziel erfolgte, den Verband als politischen Gegner auszuschalten und diesem keine realistischerweise in Betracht zu ziehende Gegenwehr gegenüber einer solchen Übernahme verblieb (Urteil vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 93.99 - a.a.O.).

Die Beurteilung der politischen Gegnerschaft ist aus der Sicht der nationalsozialistischen Machthaber vorzunehmen (Urteil vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 12.00 - a.a.O.). Dafür genügt es, dass die nationalsozialistischen Machthaber eine politische Gegnerschaft unterstellten oder sogar irrtümlich annahmen, oder dass sie den Betroffenen einer solchen Gegnerschaft verdächtigten (vgl. ORG Nürnberg, a.a.O.; BGH, RzW 1959, S. 500; BGH, RzW 1960, S. 371). Entscheidend ist die Einschätzung zum Zeitpunkt des Vermögensverlustes, da dieser auf der Einschätzung als politischer Gegner beruhen musste (vgl. Urteil vom 25. August 2005 - BVerwG 7 C 19.04 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 34).

Der Zugriff auf das Vermögen der Konsumgenossenschaften und der Deugro im Jahr 1940/41 hatte seinen Grund darin, diese aus der Sicht der Nationalsozialisten "marxistischen" Vereine und Einrichtungen als politische Gegner auszuschalten. Ziel war es, die "Marxisten und Zentrumsleute" zu treffen, die als Gegner des Nationalsozialismus nach den Darstellungen von Ley weiterhin in den Konsumgenossenschaften wesentlichen Einfluss ausübten. Dass die politische Gegnerschaft den Ausschlag gab, lässt sich auch daraus schließen, dass weder aus militärischer Sicht noch zumindest bis 1938 auch aus der Sicht des Reichswirtschaftsministeriums eine Auflösung und Unterstellung unter die DAF als notwendig angesehen wurde. Vielmehr war gerade aus militärischer Sicht Ende 1939 die Forderung erhoben worden, dass aus Gründen der Reichsverteidigung zurzeit eine Auflösung der Verbrauchergenossenschaften nicht in Betracht gezogen werden könne (Kurzer, Konsumgenossenschaften im nationalsozialistischen Deutschland, IWK 1991, 429 ff., 449 f.). Diese Einwände wurden offensichtlich zurückgestellt, nachdem Ley sich mit seiner Darstellung bei Hitler, Göring und Heß durchgesetzt hatte, dass Führung und Mitgliedschaft dieser Genossenschaften sich nach wie vor in hohem Maß aus ehemaligen "Marxisten" zusammensetzten. In einem Schreiben vom 13. April 1940 an den Reichswirtschaftsminister Funk sah Ley die von den Verbrauchergenossenschaften ausgehende Gefahr "in dem organisatorischen Zusammenschluss von nahezu 8 Mio. Menschen, die ohne Aufsicht und ohne Kontrolle sich in Mitgliederversammlungen, Kaffeekränzchen usw." zusammenfänden und bei denen es sich "ausnahmslos um ehemalige Marxisten und Zentrumsleute, also um Gegner des Nationalsozialismus" handele. Hiervon unterrichtete Ley auch Hitler, Göring und Heß und verlangte, die Konsumvereine unbedingt unter die politische Aufsicht der Partei zu stellen (vgl. Kurzer, IWK 1991, 429 <450 f.>). In einem Schreiben an Göring vom 6. Mai 1940 erklärte Ley, es gelte den Konsumgenossenschaften "die kollektivistischen Giftzähne auszubrechen".

Das Agieren Leys mit der Darstellung der Genossenschaftsbewegung als marxistisch dominierter Gegner des Nationalsozialismus führte im Ergebnis zu dem Schreiben Hitlers an den Reichswirtschaftsminister vom 4. November 1940, mit dem er die umgehende Überführung des Vermögens unter anderem der Verbrauchergenossenschaften und der Deugro in das Vermögen der DAF anordnete, und der daraufhin ergangenen Verordnung zur Anpassung der verbrauchergenossenschaftlichen Einrichtungen an die kriegswirtschaftlichen Verhältnisse vom 18. Februar 1941, in der die schädigende Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG zu sehen ist.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob Ley selbst von der politischen Gegnerschaft überzeugt war oder diese nur gegenüber der Führung der NSDAP betonte, um das Vermögen der Deugro der von ihm geführten DAF zukommen zu lassen. Wie sich schon aus dem zeitlichen Zusammenhang ergibt, wies Hitler wegen dieser Darstellung Leys den Reichswirtschaftsminister zum Erlass der entsprechenden Verordnung an. Damit erfolgte die Überführung der wesentlichen Vermögenswerte der Deugro in das Gemeinschaftswerk der DAF aufgrund der politischen Gegnerschaft der zur Genossenschaftsbewegung gehörenden Deugro gegenüber dem nationalsozialistischen Regime.

Dem kann nicht mit der Revision entgegengehalten werden, eine politische Gefahr habe von der Deugro nicht mehr ausgehen können, weil die wesentlichen Vorstandsmitglieder durch Nationalsozialisten ausgetauscht worden seien und Ley die vermeintlich von der Genossenschaftsbewegung ausgehende Gefahr nur vorgeschoben habe, um sich ihre wirtschaftlichen Werte anzueignen. Wenn es nur um den Erhalt der wirtschaftlichen Werte gegangen wäre, wäre eine Übertragung auf das Gemeinschaftswerk nicht erforderlich gewesen, weil 1940 tatsächlich alle Vorstandspositionen der Deugro mit Nationalsozialisten besetzt waren. Dies allein konnte aber die befürchtete politische Gefährdung offenbar nicht bannen, weil aus der Sicht der Nationalsozialisten weiterhin Marxisten wesentlichen Einfluss ausübten.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es nach den deutlich nach außen tretenden teilweise handgreiflichen Maßnahmen gegenüber den Konsumgenossenschaften Anfang der 30er Jahre ab Mitte der 30er Jahre eine verfolgungsfreie Zeit gegeben hätte. Hierbei würde übersehen werden, dass das Vorgehen gegen die Konsumvereine und die Deugro im Jahr 1940/41 letztlich nur die politische Gegnerschaft zu Ende führte, die sich insbesondere seit 1930 bis 1933 gezeigt hatte. Bereits vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde die Genossenschaftsbewegung, zu der die Rechtsvorgängerin der Klägerin als Großeinkaufsgesellschaft gehörte, von den Nationalsozialisten propagandistisch und tätlich angegriffen. Nach der Machtergreifung nahmen die Maßnahmen nationalsozialistischer Kampftruppen gegen Genossenschaftsläden, deren Kunden und das Personal noch zu (vgl. Novy/Prinz, Illustrierte Geschichte der Gemeinwirtschaft, 1985, S. 204). Zwar wurden ab Ende April 1933 Einzelaktionen gegen die Konsumgenossenschaften offiziell nicht mehr gebilligt. Sie fanden teils aber auch weiterhin statt.

Die politische Gegnerschaft war von den Nationalsozialisten nicht nach 1933 aufgegeben, sondern lediglich in reduzierter Form fortgeführt worden, weil man aus wirtschaftlichen Gründen die Konsumvereine brauchte. Mit dem Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 25. November 1933 (RGBl I S. 1011) wurde die Geschäftstätigkeit der Konsumgenossenschaften eingeschränkt. Das Gesetz über die Verbrauchergenossenschaften vom 21. Mai 1935 (RGBl I S. 681) stellte die Gründung neuer Verbrauchergenossenschaften unter Genehmigungsvorbehalt - was dazu führte, dass Neugründungen nicht mehr stattfanden (vgl. OLG Celle, RzW 1952, S. 263 <264>) - und verpflichtete die bestehenden, verbliebene Spareinlagen bis zum 31. Dezember 1940 aufzulösen. In der Folge wurden 72 Konsumgenossenschaften liquidiert. Dies betraf insbesondere große, mitglieder- und umsatzstarke Einrichtungen. Die Konsumentenbewegung büßte mit ihnen annähernd ein Drittel ihrer gesamten Mitgliedschaft ein (vgl. Novy/Prinz, a.a.O. S. 213).

Für das Fortbestehen der politischen Gegnerschaft spricht auch, dass nach dem Einmarsch deutscher Truppen in das Sudetenland am 1. Oktober 1938 die dortigen Konsumgenossenschaften zerschlagen wurden. Nationalsozialisten sprengten Mitgliederversammlungen, zertrümmerten Schaufenster und Verkaufseinrichtungen und griffen Genossenschaftsleiter und Verkaufsstellenleiter tätlich an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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