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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 31.03.2004
Aktenzeichen: BVerwG 9 A 33.03
Rechtsgebiete: VerkPBG, GVG, VwGO, VwVfGBbg


Vorschriften:

VerkPBG § 1
GVG § 17 Abs. 2
VwGO § 45
VwGO § 52 Nr. 1
VwVfGBbg § 74 Abs. 2
VwVfGBbg § 75 Abs. 2
VwVfGBbg § 75 Abs. 3
Macht ein Kläger zugleich Ansprüche auf Planergänzung nach § 74 Abs. 2 VwVfGBbg und auf nachträgliche Schutzauflagen nach § 75 Abs. 2 und 3 VwVfGBbG geltend, handelt es sich um zwei in verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichen Voraussetzungen zu behandelnde Streitgegenstände, die der in § 17 Abs. 2 GVG vorgesehenen Konzentration der Prüfungsbefugnis bei dem zuerst angerufenen Gericht nicht zugänglich sind.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 9 A 33.03

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 31. März 2004 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und Prof. Dr. Eichberger

beschlossen:

Tenor:

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt sich für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder).

Gründe:

I.

Durch Planfeststellungsbeschluss vom 18. Mai 2000 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der Bundesstraße B 112 n, Ortsumgehung Frankfurt (Oder), im zweiten Verkehrsabschnitt (von Bau-km 2 + 110.000 bis Bau-km 8 + 860.000) sowie für die landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen fest. Gegenstand des Plans war u.a. die Errichtung eines 5 m breiten Brückenbauwerks für den Hauptweg, eine als forstwirtschaftlicher Verbindungs- und Erschließungsweg klassifizierte öffentliche Straße, die die Neubautrasse am Bau-km 8 + 293.316 kreuzte. Sowohl nach dem im Anhörungsverfahren ausgelegten als auch nach dem festgestellten Plan sollte der Hauptweg, der bisher eine Breite von im Mittel 5 m aufwies, im Brückenbereich eine Fahrbahnbreite von 3,50 m und zwei durch Hochborde abgegrenzte Randkappen von je 75 cm Breite aufweisen, wobei die Breite des Verkehrsraums zwischen den Geländern 4,50 m betragen sollte.

Die Klägerin bewirtschaftet im Planfeststellungsgebiet landwirtschaftliche Flächen von mehr als 900 ha. Sie hatte sich am Planfeststellungsverfahren mit Einwendungen beteiligt; der Planfeststellungsbeschluss war ihr jedoch nicht zugestellt worden. Anfang 2002 stellte sie unmittelbar vor der Fertigstellung des Brückenbauwerks vor Ort fest, dass die 3,50 m breite Fahrbahn des Hauptwegs im Bereich der Brücke beidseitig durch Bordsteine mit einer Kantenhöhe von 20 cm und einer Breite von 50 cm begrenzt war. Sie beanstandete dies mit Schreiben vom 7. August 2002 gegenüber dem Beklagten und machte geltend, dass einer ihrer beiden Mähdrescher, der eine Reifenbreite von 3,60 m habe, zum Überfahren der Brücke den Bordstein mitbenutzen müsse, was wegen des damit verbundenen Reifenverschleißes und statischer Probleme am Brückenbaukörper nicht möglich sei. Außerdem habe ihre Kreiselegge eine Arbeitsbreite von 4,80 m, und ihre beiden Drillmaschinen hätten eine Breite von 5 m. Wegen der geringen Dimensionierung der Brücke könne sie deshalb ca. 300 ha ihrer landwirtschaftlichen Fläche mit der vorhandenen Technik nicht mehr erreichen.

Der Beklagte teilte ihr daraufhin mit Schreiben vom 21. November 2002 mit, dass der Planfeststellungsbeschluss mit Ablauf des 14. August 2000 Bestandskraft erlangt habe und damit Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens oder auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen ausgeschlossen seien.

In den anschließenden Verhandlungen wurde keine Einigung über Alternativlösungen erzielt. Daraufhin beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 75 Abs. 2 und 3 VwVfG und darauf, dass der Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig geworden sei, mit Schreiben vom 21. Februar 2003 beim Beklagten, Vorkehrungsmaßnahmen zu treffen oder die Errichtung und Erhaltung von Anlagen anzuordnen, welche die nachteiligen Wirkungen des festgestellten Plans für sie, insbesondere im Hinblick auf das Brückenbauwerk zur Überführung des Hauptweges, ausschließen, hilfsweise eine angemessene Entschädigung für die erforderliche Neuanschaffung von Agrartechnik mit einer verminderten Transportbreite im Wert von 282 342 € an sie zu zahlen. Der Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 28. April 2003 - zugestellt am 3. Mai 2003 - ab, weil die beanstandeten Wirkungen des Vorhabens nicht unvorhersehbar gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin entsprechend seiner Rechtsmittelbelehrung am 3. Juni 2003 beim Bundesverwaltungsgericht die vorliegende Klage erhoben, mit der sie unter Berufung auf § 75 Abs. 2 Satz 2 und 4 VwVfG beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 28. April 2003 zu verpflichten, Vorkehrungsmaßnahmen zu treffen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen anzuordnen, die die nachteiligen Wirkungen des festgestellten Plans für die Klägerin, insbesondere im Hinblick auf das Brückenbauwerk zur Überführung des Hauptweges, ausschließen,

hilfsweise

eine angemessene Entschädigung für die erforderliche Neuanschaffung von Agrartechnik im Wert von 282 342 € an die Klägerin zu zahlen.

In der am 15. Juli 2003 eingegangenen Klagebegründung hat die Klägerin zusätzlich auf § 74 Abs. 2 VwVfGBbg Bezug genommen und Zweifel daran geäußert, dass der Planfeststellungsbeschluss ihr gegenüber unanfechtbar geworden sei. Daraufhin hat das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 10. September 2003 das Verfahren abgetrennt, soweit mit der Klage eine Ergänzung des nach dem Vorbringen der Klägerin nicht bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschlusses begehrt wird. Hinsichtlich des im vorliegenden Verfahren weiter verfolgten ursprünglichen Klagebegehrens hat es die Beteiligten auf Bedenken gegen seine sachliche Zuständigkeit hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.

II.

Der Rechtsstreit ist an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) zu verweisen, da das Bundesverwaltungsgericht für ihn nicht zuständig ist (§ 83 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. April 2003 hat der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 21. Februar 2003, mit dem Ansprüche auf Ergänzung des als bestandskräftig angenommenen Planfeststellungsbeschlusses vom 18. Mai 2000 durch Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach § 75 Abs. 2 und 3 VwVfGBbg geltend gemacht wurden, abgelehnt. Mit der am 3. Juni 2003 erhobenen Klage, die entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides beim Bundesverwaltungsgericht erhoben wurde, begehrt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zum Erlass des abgelehnten Verwaltungsakts. Das Bundesverwaltungsgericht als erstinstanzliches Gericht nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 VerkPBG ist jedoch nicht zuständig, über eine derartige Verpflichtungsklage zu entscheiden (vgl. Beschluss vom 18. Mai 2000 - BVerwG 11 A 6.99 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 11 und Urteil vom 10. August 2000 - BVerwG 4 A 11.99 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 158 S. 60).

Dass die Klägerin in ihrer Klagebegründung auch einen Anspruch auf Ergänzung des nach ihrem dortigen Vorbringen nicht bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschlusses nach § 74 Abs. 2 VwVfGBbg geltend gemacht hat, ändert daran nichts. Vielmehr handelt es sich nach der Konzeption des Gesetzes um zwei in verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichen Voraussetzungen zu behandelnde Streitgegen-stände. Dies wird hier gerade dadurch deutlich, dass der Planergänzungsanspruch nach § 74 Abs. 2 VwVfGBbg als Versagungsgegenklage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 18. Mai 2000, der Anspruch auf nachträgliche Schutzauflagen gemäß § 75 Abs. 2 VwVfGBbg jedoch gegen den Ablehnungsbescheid vom 28. April 2003 gerichtet ist. Zwei Streitgegenstände sind der in § 17 Abs. 2 GVG vorgesehenen Konzentration der Prüfungsbefugnis bei dem zuerst angerufenen Gericht nicht zugänglich.

Zuständig für die vorliegende Streitigkeit ist das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder). Dies folgt aus den §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO, wonach in Streitigkeiten, die sich auf ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis beziehen, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Ort liegt. Der Anspruch auf nachträgliche Auflagen zum Schutz eines Betriebs gegen nachteilige Wirkungen, die von dem planfestgestellten Abschnitt eines Verkehrsweges ausgehen, ist an den Ort gebunden, in dem dieser Abschnitt liegt. Das ist hier der Bezirk des genannten Verwaltungsgerichts.

Ende der Entscheidung

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