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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.03.2002
Aktenzeichen: BVerwG 9 B 16.02
Rechtsgebiete: VwGO, GG
Vorschriften:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 | |
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 2 | |
GG Art. 3 Abs. 1 |
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
BVerwG 9 B 16.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 15. März 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Kipp und Vallendar
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 106,67 € festgesetzt.
Gründe:
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde hat in der von der Beschwerde bezeichneten Richtung keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die auf der Grundlage des angefochtenen Urteils aufgeworfene Frage,
ob das von der Beklagten im Rahmen der Bemessung der Straßenreinigungsgebühr zur Ermittlung der Frontmeterlänge gewählte Projektionsverfahren (fiktiver Frontmetermaßstab) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Zu der Frage, welche Anforderungen der Gleichheitssatz an die Auswahl des Gebührenmaßstabs stellt, liegt bereits eine umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die Beschwerde zeigt keinen weiteren Klärungsbedarf auf.
Dem kommunalen Satzungsgeber wird durch Art. 3 Abs. 1 GG ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet, der erst dann überschritten ist, wenn die Gebührenregelung nicht mehr durch sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigt ist. Von daher gesehen kann er je nach den Umständen des Einzelfalles eine Auswahl unter den verschiedensten Gebührenmodellen treffen, ohne dass sich aus dem Gleichheitssatz eine Präferenz für einen bestimmten Gebührenmaßstab ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 7.00 - BVerwGE 112, 297 <300>).
Für die Veranlagung zu Straßenreinigungsgebühren hat sich insbesondere der sog. Frontmetermaßstab als taugliches Bemessungskriterium bewährt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993 - BVerwG 8 NB 5.93 - KStZ 1994, 152 <153>). Denn die ausreichende sachliche Beziehung des Grundstücks zur Straße, die gereinigt wird, stellt grundsätzlich das "Angrenzen" an die Straße her, das in der Regel die Möglichkeit zur verkehrlichen und sonstigen Nutzung der Straße mit sich bringt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1974 - BVerwG 7 C 46.72 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 23 = KStZ 1974, 216). Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend betont hat (UA S. 6), ist dabei die als Bemessungsgrundlage gewählte Frontlänge der Anliegergrundstücke kein Kriterium, das die gebührenpflichtige "Kehrfläche" beschreibt (so ursprünglich BVerwG, Beschluss vom 18. April 1974 - BVerwG 7 B 82.73 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 22 = KStZ 1974, 172 <173>), sondern ein grundstücksbezogenes Kriterium. Der Frontmetermaßstab soll nämlich Aufschluss darüber geben, welcher anteilige Vorteil dem jeweiligen Grundstück aus der Sauberhaltung der Erschließungsstraße erwächst (vgl. HessVGH, Beschluss vom 16. Juni 1998 - 5 N 2795/94 - ZKF 1999, 183).
Die Leistungsfähigkeit des Frontmetermaßstabs stößt dementsprechend an seine Grenzen, wenn bei der Gebührenbemessung sog. Hinterliegergrundstücke zu berücksichtigen sind. Dabei kann es sich um Fälle handeln, in denen die reale Straßenfrontlänge der Grundstücke nur aus einer Zuwegung besteht (Vollhinterlieger), oder aber um sonstige Fälle einer Grundstücksgeometrie, die dazu führt, dass die reale Straßenfrontlänge kein optimales Bemessungskriterium für die Straßenreinigungsgebühr abgibt (Teilhinterlieger). In diesen Fällen ist die Zulässigkeit fiktiver Frontmetermaßstäbe anerkannt, die darauf abzielen, bei der Gebührenbemessung eine ungefähre Vergleichbarkeit der Hinterliegergrundstücke mit den Vorderliegergrundstücken herzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 1981 - BVerwG 8 B 10.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 42; Beschluss vom 8. Dezember 1986 - BVerwG 8 B 74.86 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 60). Hierzu zählt auch das vorliegend gewählte Projektionsverfahren. Dieses weist zweifellos den - von den Klägern hervorgehobenen - Nachteil auf, dass für gleich große Grundstücke eine unterschiedlich hohe Straßenreinigungsgebühr allein deswegen anfällt, weil die Grundstücksgrenzen in unterschiedlichen Winkeln auf die Straßenmittelachse treffen. Entgegen der Auffassung der Kläger liegt darin aber kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Denn der kommunale Satzungsgeber konnte diese Ungleichbehandlung in Kauf nehmen, um mit dem Projektionsverfahren das Problem der Hinterliegergrundstücke einer praktikablen Lösung zuzuführen. Das Prinzip der Abgabengerechtigkeit darf nicht dahin gehend überspannt werden, dass bei Beträgen, die sich im Bagatellbereich bewegen, dem Gericht die Befugnis zufällt, seine etwa abweichenden Vorstellungen von einer vernünftigen und gerechten Lösung an die Stelle der vom kommunalen Satzungsgeber gewählten Lösung zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2000 - BVerwG 11 CN 1.00 - Buchholz 401.63 Kur- und Fremdenverkehrsabgabe Nr. 8 m.w.N.).
2. Die Beschwerde kann auch mit ihrer Divergenzrüge nicht durchdringen. Das angefochtene Urteil weicht entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab, die in der Beschwerdebegründung zitiert werden. Denn dies würde eine unterschiedliche Beantwortung einer die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtsfrage voraussetzen. Es reicht dagegen nicht aus, wenn lediglich eine fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen aufgezeigt wird, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). So verhält es sich hier, weil das Oberverwaltungsgericht die Frage, ob der Grundsatz der Typengerechtigkeit die Zahl der dem jeweiligen Typ zulässigerweise widersprechenden Ausnahmen auf 10 % begrenzt, nicht behandelt hat. Im Übrigen muss die Beschwerde sich entgegenhalten lassen, dass die von ihr zitierten Aussagen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Besonderheiten der Typengerechtigkeit abstellen, die für das Wasser- und Abwasserabgabenrecht kennzeichnend sind. Sie sind auf das Recht der Straßenreinigungsgebühren nicht uneingeschränkt übertragbar.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 2, § 14 GKG.
Ende der Entscheidung
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