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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2001
Aktenzeichen: BVerwG 9 BN 5.01
Rechtsgebiete: VwGO, GG


Vorschriften:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1
GG Art. 14 Abs. 1
Die nachträgliche Einführung einer Friedhofsunterhaltungsgebühr für Grabstellen, deren vertraglich vereinbarte Ruhezeit noch nicht abgelaufen ist, beurteilt sich nicht nach Art. 14 Abs. 1 GG.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 9 BN 5.01

In der Normenkontrollsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 18. Dezember 2001 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und Prof. Dr. Rubel

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. August 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 350 DM festgesetzt.

Gründe:

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde der Darlegungslast des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt hat; denn sie begnügt sich damit, Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung des Normenkontrollgerichts zu erheben, ohne dabei eine klärungsbedürftige konkrete Rechtsfrage des revisiblen Rechts herauszuarbeiten. Selbst wenn man dem Beschwerdevorbringen aber sinngemäß die Frage entnehmen will, ob die Einführung einer Friedhofsunterhaltungsgebühr diejenigen Nutzungsberechtigten in ihrem Eigentumsrecht (Art. 14 GG) verletzt, die ihr Nutzungsrecht an einer Grabstelle aufgrund eines in der Vergangenheit geschlossenen "Grabstellenvertrages" erworben haben, ist die Zulassung der Revision nicht gerechtfertigt. Denn diese Frage ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Normenkontrollgerichts, die für das Revisionsgericht bindend sind (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO), und der zu diesem Fragenkreis ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres zu verneinen. Die Beschwerde setzt sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinander und zeigt deswegen nicht auf, in welcher Hinsicht aus Anlass des vorliegenden Falles noch Klärungsbedarf bestehen sollte.

Die vom Antragsteller beanstandete Regelung der Friedhofsgebührenordnung unterliegt dem Anwendungsbereich der Grundrechte; denn sie betrifft keine innerkirchliche Angelegenheit, sondern das öffentlich-rechtlich geregelte Nutzungsverhältnis an einer Grabstelle (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1966 - BVerwG 7 C 45.65 - BVerwGE 25, 364 <365>). Die Frage, ob ein gegen Entgelt erworbenes Grabstellennutzungsrecht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfällt, ist vom Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung verneint worden, es handele sich nicht um eine durch Arbeit oder Kapitaleinsatz geschaffene vermögenswerte Rechtsposition, sondern im Wesentlichen um eine von der öffentlichen Hand erbrachte Leistung (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1960 - BVerwG 2 C 309.57 - BVerwGE 11, 65 <74 f.>). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass selbst ein insoweit entrichteter "Kaufpreis" nicht ein Entgelt für die Überlassung der Grabstelle, sondern nur einen Unkostenbeitrag darstellt, der dazu dienen soll, die Unterhaltung der Friedhofsanlage zu gewährleisten (vgl. zum Fall des sog. Erbbegräbnisses BGHZ 25, 200 <210>). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach sich die Bewertung vermögenswerter subjektiver öffentlicher Rechte als Eigentum danach richtet, inwieweit sie sich als Äquivalent eigener Leistung erweisen oder auf staatlicher Leistung beruhen (vgl. z.B. BVerfGE 53, 257 <292>; 58, 81 <112>).

Die Verfassungsmäßigkeit der streitigen Friedhofsunterhaltungsgebühr beurteilt sich danach nicht nach Art. 14 Abs. 1 GG. Die Eigentumsgarantie schützt das Vermögen ohnehin nicht vor einer Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten, solange diese nicht eine "erdrosselnde" Wirkung zeitigen (vgl. z.B. BVerfGE 82, 159 <190>; 95, 267 <300>). Zu fragen ist vielmehr, ob die Anknüpfung der Gebühr an bestehende Grabstellenverträge mit den Einschränkungen vereinbar ist, die sich bei einer rückwirkenden Einführung von Geldleistungspflichten aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben. Dies ist die Frage, auf die die Beschwerde möglicherweise abzielt, wenn sie rügt, der Abschluss von Grabstellenverträgen werde "zum unkalkulierbaren Risiko" und führe zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Auch insoweit ist jedoch ein Verfassungsverstoß nicht erkennbar.

Das Normenkontrollgericht hat festgestellt, dass die in Rede stehenden Grabstellenverträge nur die Grabnutzung selbst regelten, nicht aber auch den für die Pflege des Friedhofs insgesamt anfallenden Aufwand (UA S. 8). Mangels einer durchgreifenden Verfahrensrüge steht damit für das Revisionsgericht bindend fest, dass gegen die Friedhofsunterhaltungsgebühr nicht mit Erfolg der Einwand erhoben werden kann, die für eine Grabstellennutzung geleisteten Gebühren hätten den zur Friedhofsunterhaltung erforderlichen Aufwand bereits umfassend und unabhängig von späteren Kostensteigerungen abgelten sollen. Wenn das Normenkontrollgericht aus dieser Tatsache gefolgert hat, im vorliegenden Fall stelle sich die Frage nach einer - im echten Sinne - rückwirkenden Vertragsänderung nicht (UA S. 8), ist dagegen aus revisionsgerichtlicher Sicht nichts zu erinnern.

Zur Frage, ob der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine sog. unechte Rückwirkung verbietet (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - BVerwG 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 <269 f.> m.w.N.), hat das Normenkontrollgericht - ebenfalls ohne erkennbaren Rechtsverstoß - festgestellt, es fehle "schon an einem in dieser Hinsicht vertrauensbildenden Tatbestand" (UA S. 9). Dafür spricht insbesondere, dass die Nutzungsberechtigten bei Abschluss der "Grabstellenverträge" sich einer Nutzungsordnung unterwarfen, die geändert werden konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1960, a.a.O., S. 72). Letzteres gilt zumindest dann, wenn - wie hier - die Änderung der Benutzungsbedingungen den Fortbestand des Nutzungsrechts für die Dauer der zugesicherten Ruhezeit nicht in Frage stellt. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die in Rede stehenden "Grabstellenverträge" vor der Wiedervereinigung Deutschlands abgeschlossen wurden und deswegen - wie das Normenkontrollgericht zutreffend hervorhebt - "die nachfolgenden durchgreifenden Veränderungen der Wirtschafts- und Finanzordnung keine Berücksichtigung finden konnten und gefunden haben"(UA S. 9). Es handelt sich dabei um eine unvorhersehbare Entwicklung, die Kostensteigerungen zur Folge hatte, die jenseits jeder Erwartung lagen (vgl. VGH München, Urteil vom 22. Mai 1985 - VGH 4 B 84 A.1267 - BayVBl 1985, 720 <721>).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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