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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: BVerwG 9 C 1.08
Rechtsgebiete: FlurbG, BetrPrämDurchfG


Vorschriften:

FlurbG § 44 Abs. 1 S. 4
FlurbG § 44 Abs. 2 Halbs. 2
FlurbG § 51 Abs. 1
BetrPrämDurchfG § 5 Abs. 3 Nr. 2
Für die Beurteilung der Frage, ob ein Umstand (hier: die Eigenschaft eines Grundstücks als ackerbare ausgleichszahlungsberechtigte Fläche gemäß der Kulturpflanzenregelung, sog. AB-Status) ein fortwährender wertbestimmender Faktor i.S.v. § 44 Abs. 2 Halbs. 2 FlurbG ist oder ob ein diesbezügliches Defizit lediglich einen vorübergehenden Nachteil i.S.v. § 51 Abs. 1 FlurbG darstellt, ist auf den für die Beurteilung der Wertgleichheit der Landabfindung maßgeblichen Zeitpunkt abzustellen, im Falle einer vorläufigen Besitzeinweisung mithin auf den darin bestimmten Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens (§ 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG).
In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - Flurbereinigungsgericht - vom 24. April 2007 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I

Der Kläger, ein Landwirt, ist Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens Kirchehrenbach. Am 23. April 1996 stellte der Vorstand der Beklagten die Ergebnisse der Wertermittlung fest. Gemäß der vorläufigen Besitzeinweisung der Direktion für Ländliche Entwicklung Bamberg ging der Besitz spätestens am 15. November 1997 über. Der Vorstand der Beklagten beschloss am 20. März 1997 den Flurbereinigungsplan. Der Kläger legte Widerspruch ein und machte u.a. geltend, dass er nicht wertgleich abgefunden sei, weil ihm weniger Hektar an ackerbarer ausgleichszahlungsberechtiger Fläche (sog. AB-Fläche) i.S.d. Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 - Kulturpflanzenregelung - zugeteilt werden sollten als er eingebracht habe. Der Widerspruch blieb erfolglos.

Der Kläger erhob Klage gegen den Flurbereinigungsplan. Zur Begründung seines Antrags auf Zuteilung von weiteren 0,34 ha Ackerfläche machte er geltend, dass eine Teilfläche des Abfindungsflurstücks 19.. (in seinem ehemaligen Einlageflurstück 35.) ihm zu Unrecht als AB-Fläche zugewiesen worden sei, obwohl sie aus natur- und geländebedingten Gründen nicht ackerfähig sei. Für dieses Flurstück sei auch im Rahmen der sog. GAP-Reform nur ein Wiesenzertifikat erteilt worden. Er verlange die Zuteilung der restlichen AB-Fläche als Acker an anderer Stelle. Der durch die Minderausweisung seit der Neuverteilung eingetretene wirtschaftliche Schaden in Form von verlorenen staatlichen Fördergeldern und Markterlösen müsse ausgeglichen werden.

Das Flurbereinigungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf zusätzliche Landabfindung in Höhe von 0,34 ha Ackerfläche, weil er bereits wertgleich abgefunden sei. Dies gelte zunächst nach den festgestellten Ergebnissen der Wertermittlung für die rechnerische Gegenüberstellung von Einlage und Abfindung im Rahmen von § 44 Abs. 1 FlurbG. Die Abfindung des Klägers entspreche auch in der Nutzungsart, Beschaffenheit, Bodengüte und den weiteren in § 44 Abs. 4 FlurbG genannten Kriterien seinen alten Grundstücken. Zwar ergebe sich beim Vergleich von Einlage und Abfindung eine Änderung im Acker-Wiesen-Verhältnis um 0,1386 ha (2,6%) zulasten der Nutzungsart Ackerbau. Dieses Defizit sei jedoch als geringfügig anzusehen, weil der Kläger keine Spezialkulturen anbaue und er durch den besonders hohen Zusammenlegungsgrad bei der Zuteilung der Abfindungsgrundstücke betriebswirtschaftliche Vorteile erlangt habe, die erheblich stärker zu Buche schlügen als die geringfügige Verschiebung des Acker-Wiesen-Verhältnisses.

Auch bezüglich der ausgleichsberechtigten Flächen (AB-Flächen) i.S.d. Kulturpflanzenregelung habe der Kläger keinen Anspruch auf zusätzliche Landabfindung. Die Diskrepanz in der Frage des AB-Status der dem Kläger zugeteilten Abfindungsflächen ergebe sich aus der unterschiedlichen Beurteilung des in der Nähe des Ehrenbachs gelegenen, ca. 0,6 ha großen Teilbereichs des Abfindungsflurstücks 19.. (im Einlageflurstück 35.). Die zwischen den Parteien strittige Frage, ob die Bilanz der AB-Flächen ausgeglichen sei, könne allerdings dahingestellt bleiben, weil es sich bei dem AB-Status jetzt nicht mehr um einen Umstand handeln könne, der bei der Landabfindung als wesentlicher Wertfaktor i.S.v. § 44 Abs. 2 FlurbG zu berücksichtigen sei. Zwar habe unter der Geltung der früheren Kulturpflanzenregelung nach bayerischer Erlasslage jedem Eigentümer im Regelfall nach dem Besitzübergang derselbe Umfang an AB-Flächen zugestanden wie vorher. Jedenfalls seit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der EU (GAP 2003) könne der AB-Status aber kein fortwährender Wertfaktor mehr sein. Die seit dem Jahr 2005 zugeteilten Zahlungsansprüche basierten nicht mehr auf dem Einzelgrundstückstatus, sondern auf dem Gesamtumfang der bewirtschafteten Acker- und Grünlandflächen. Ein Defizit an AB-Flächen wäre danach ein lediglich vorübergehender Nachteil, für den allenfalls ein Ausgleichsanspruch nach § 51 Abs. 1 FlurbG bestehen könne, der bei der Teilnehmergemeinschaft eigens geltend gemacht werden müsse und nicht Gegenstand der anhängigen Abfindungsklage sein könne.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Revision vor: Das Urteil des Flurbereinigungsgerichts verstoße gegen § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG, weil es entgegen dieser Vorschrift nicht auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der vorläufigen Besitzeinweisung im November 1997 abstelle, sondern die neue Rechtslage nach der GAP-Reform 2003 einbeziehe. Gestaltungsgesichtspunkte, die erst nach dem gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG maßgeblichen Zeitpunkt aufgetreten seien, dürften für die Feststellung der Wertgleichheit von Einlage und Abfindung keine Berücksichtigung finden. Eventuelle Veränderungen der wertbildenden Faktoren i.S.v. § 44 Abs. 2 FlurbG durch die GAP-Reform 2003 hätten danach unberücksichtigt bleiben müssen. Das angefochtene Urteil verstoße außerdem gegen § 44 Abs. 2 FlurbG mit seiner Annahme, der AB-Status eines Grundstücks bzw. die Frage, ob es sich um Ackerland handele, sei seit der GAP-Reform 2003 kein wertbildender Faktor mehr. Vielmehr habe die Ackereigenschaft eines Grundstücks auch nach neuer Rechtslage nach wie vor Bedeutung für die einem Betriebsinhaber danach zustehenden Zahlungsansprüche.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. April 2007 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Änderung des Flurbereinigungsplans der Beklagten vom 20. März 1997 durch Zuteilung von zusätzlichen 0,34 ha Ackerflächen an den Kläger an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt zur Begründung vor: Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG sei nicht ersichtlich. Der Kläger sei auch wertgleich abgefunden i.S.v. § 44 Abs. 2 FlurbG. Die Ackerfähigkeit einer Fläche sei nicht im Rahmen dieser Vorschrift, sondern im Rahmen von Abs. 4 zu berücksichtigen. Wenn die Landabfindung in der Nutzungsart den alten Grundstücken entspreche, also das sog. Acker-Wiesen-Verhältnis nicht gestört sei, sei die Abfindung wertgleich und nicht zu beanstanden. Das angefochtene Urteil stelle fest und werde insoweit vom Kläger auch nicht angegriffen, dass das Acker-Wiesen-Verhältnis im Streitfall nicht beeinträchtigt sei. Der sog. AB-Status einer Fläche oder sonstige Förderregelungen seien keine Umstände, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss i.S.v. § 44 Abs. 2 Halbs. 2 FlurbG hätten. "Wesentlich" in diesem Sinne könne ein Einfluss nur sein, wenn er zeitlich von einiger Dauer sei. Dies sei beim AB-Status der Flächen nicht der Fall, wie die Entwicklung des Agrarsubventionsrechts zeige. Die frühere Kulturpflanzenregelung mit ihrem AB-Status sei bereits Geschichte; auch das Auslaufen der sie ersetzenden GAP-Reform 2003 sei schon jetzt absehbar. Die Neuordnung der Grundstücke in der Flurbereinigung schaffe aber Eigentums- und Besitzverhältnisse, die auf lange Dauer angelegt seien. § 44 Abs. 2 Halbs. 2 FlurbG erfasse allein tatsächliche Verhältnisse, die dem Grundstück in seiner örtlichen Lage anhafteten und vor Ort feststellbar seien. Mit dem das Flurbereinigungsrecht beherrschenden Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung sei es nicht vereinbar, müsste die Teilnehmergemeinschaft von Amts wegen komplizierte Förderbestimmungen ermitteln und beachten.

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er stellt das System der Betriebsprämienregelung nach der GAP-Reform dar und berichtet über die Erlasslage in den Bundesländern zur Problematik des Streitfalls.

II

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es im Rahmen seiner tragenden Begründung, dass das vom Flurbereinigungsgericht unterstellte Defizit an sog. AB-Flächen lediglich ein vorübergehender Faktor i.S.v. § 51 Abs. 1 FlurbG sei, auf Umstände abstellt, nämlich auf neue Agrarförderbestimmungen, die erst nach dem für die Beurteilung der Wertgleichheit der Landabfindung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der vorläufigen Besitzeinweisung eingetreten sind (1.). Mangels erforderlicher Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht feststellen, dass das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO); dies führt zu seiner Aufhebung und Zurückverweisung (2.). Die Ausführungen des Flurbereinigungsgerichts zur neuen Agrarförderrechtslage geben Anlass für einen ergänzenden Hinweis (3.).

1.

Das angefochtene Urteil beruht auf der Annahme, dass die vom Flurbereinigungsgericht in tatsächlicher Hinsicht nicht aufgeklärten Fragen, ob es sich bei der zwischen den Beteiligten umstrittenen Teilfläche des Abfindungsflurstücks 19.. (Einlageflurstück 35.) um Ackerland handelt, das als ausgleichszahlungsberechtigte Fläche (sog. AB-Fläche, Fläche mit AB-Status) i.S.d. Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 - Kulturpflanzenregelung - (ABl Nr. 1 181 S. 12) Anknüpfungspunkt für Fördergelder nach dieser (inzwischen ausgelaufenen) Agrarbeihilferegelung war und ob die Bilanz der AB-Flächen vor und nach der Landabfindung ausgeglichen sei, dahinstehen könne, weil der sog. AB-Status seit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Union (sog. GAP-Reform) durch die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 vom 29. September 2003 (ABl Nr. 1 270 S. 1, nachfolgend: GAP-VO-EG) kein fortwährender Wertfaktor mehr sein könne. Das Flurbereinigungsgericht hat damit der Sache nach das vom Kläger geltend gemachte Defizit an AB-Flächen als gegeben unterstellt, die Klage auf weitergehende Abfindung durch Zuteilung von zusätzlichen 0,34 ha Ackerflächen aber dennoch abgewiesen, weil ein Defizit an AB-Flächen seit der GAP-Reform 2003 lediglich einen vorübergehenden Nachteil i.S.v. § 51 Abs. 1 FlurbG darstelle, der allenfalls einen Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift begründen könne.

Diese Erwägung ist mit § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG nicht vereinbar.

a)

Nach dieser Vorschrift ist im (hier gegebenen) Fall einer vorläufigen Besitzeinweisung für die Beurteilung der Wertgleichheit der Landabfindung der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die vorläufige Besitzeinweisung wirksam wird. Der so bestimmte Zeitpunkt ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur für die Bemessung der Landabfindung (§ 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. §§ 27 ff. FlurbG) maßgeblich, sondern auch für alle den Grundstückswert bestimmenden Merkmale einschließlich der konkreten Nutzungsmöglichkeiten durch den betroffenen Teilnehmer und damit auch für die Gestaltungsmerkmale des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG. Gestaltungsgesichtspunkte, die erst nach diesem Zeitpunkt aufgetreten sind, können für die Feststellung der Wertgleichheit und Abfindung grundsätzlich keine Berücksichtigung mehr finden (Urteil vom 16. August 1995 - BVerwG 11 C 21.94 - Buchholz 424.01 § 15 FlurbG Nr. 4 S. 5 f.; Beschluss vom 12. Juli 2007 - BVerwG 9 B 18.07 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 87 S. 34 ff.).

b)

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Umstand ein fortwährender wertbestimmender Faktor i.S.v. § 44 Abs. 2 Halbs. 2 FlurbG ist, weil er auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung eines Grundstücks wesentlichen Einfluss hat, oder ob er lediglich einen vorübergehenden Nachteil i.S.v. § 51 Abs. 1 FlurbG darstellt, ist ebenfalls auf den für die Beurteilung der Wertgleichheit der Landabfindung maßgeblichen Zeitpunkt abzustellen, im Falle einer vorläufigen Besitzeinweisung mithin auf den darin bestimmten Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens (§ 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG). Mit dem Ausgleichsanspruch gemäß § 51 Abs. 1 FlurbG hat der Gesetzgeber eine Ausgleichsmöglichkeit für vorübergehende Wertunterschiede eröffnet, die weder bei der Schätzung noch bei der Landabfindung berücksichtigt werden können. Denn eine dauernde Minderung des Nutzungswerts eines Grundstücks wird in der Regel schon bei der Schätzung nach § 28 Abs. 1 FlurbG berücksichtigt. Soweit dabei Umstände, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung wesentlichen Einfluss haben, nicht entsprechend berücksichtigt werden können, sind feststellbare dauernde oder langjährige Beeinträchtigungen im Rahmen der Landabfindung nach § 44 Abs. 2 FlurbG zu beachten, um die geforderte Wertgleichheit der Landabfindung herbeizuführen (Urteil vom 24. Juni 1982 - BVerwG 5 C 20.80 - BVerwGE 66, 47 <49>). Wertbestimmende Umstände, die im vorstehenden Sinne nicht fortwährender Natur sind, sondern nur einen vorübergehenden Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung begründen (§ 51 Abs. 1 Alt. 1 FlurbG) sowie andere vorübergehende Nachteile einzelner Teilnehmer, die das Maß der den übrigen Teilnehmern entstehenden gleichartigen Nachteile erheblich übersteigen (§ 51 Abs. 1 Alt. 2 FlurbG), sind dagegen nach § 51 Abs. 1 FlurbG durch Geld oder in anderer Art auszugleichen. Ob ein Umstand fortwährender oder nur vorübergehender Natur ist, kann folglich nur aufgrund einer einheitlichen Beurteilungsgrundlage, mithin nur bei Zugrundelegung desselben maßgeblichen Zeitpunkts bestimmt werden. Demgemäß kommt es auch für einen sich aus einem vorübergehenden Wertunterschied zwischen Einlage und Abfindung ergebenden Ausgleichsanspruch nach § 51 Abs. 1 FlurbG im Fall einer vorläufigen Besitzeinweisung auf den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens an (vgl. Urteil vom 24. Juni 1982 a.a.O. S. 50 f.).

c)

Das Flurbereinigungsgericht ist davon ausgegangen, dass der sog. AB-Status einer Fläche, also der Umstand, ob der Teilnehmer für eine Fläche Agrarbeihilfen nach der oben näher bezeichneten Kulturpflanzenregelung erhalten konnte, unter der Geltung dieser früheren Rechtslage ein wertbestimmender Faktor i.S.v. § 44 Abs. 2 Halbs. 2 FlurbG gewesen ist. Dass Ansprüche auf finanzielle Zuwendungen im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen und innerstaatlichen Agrarrechtsordnung, die beträchtliche Summen ausmachen konnten und für eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Betrieben von wesentlicher, sogar existenznotwendiger Bedeutung waren, jedenfalls für die in § 44 Abs. 2 FlurbG angesprochene "Verwertung" eines Grundstücks, etwa im Falle eines Verkaufs, "wesentlichen Einfluss" hatten, liegt auf der Hand. Dem entsprechend hat das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit dem im Urteil des Flurbereinigungsgerichts zitierten Rundschreiben vom 30. Juni 1997 (Nr. B4/E1 - 7298.2-1119) im Erlasswege mit für die Flurbereinigungsverwaltung des Freistaats Bayern einschließlich der Teilnehmergemeinschaften ermessensbindender und mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Teilnehmer anspruchsbegründender Wirkung bestimmt, dass unter der Geltung der erwähnten Kulturpflanzenregelung grundsätzlich jedem Grundeigentümer der vor dem Besitzübergang gegebene Umfang an AB-Fläche auch nach dem Besitzübergang wieder zur Verfügung zu stellen war. Hiergegen ist von Bundesrechts wegen nichts zu erinnern.

War danach der sog. AB-Status einer Fläche gemäß der Kulturpflanzenregelung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der vorläufigen Besitzeinweisung am 15. November 1997 grundsätzlich ein wertbestimmender Faktor, der für die Wertgleichheit der Abfindung von Bedeutung war, so war es rechtlich ausgeschlossen, diesen Faktor aufgrund einer von der damaligen Sach- und Rechtslage abweichenden "ex-post"-Betrachtung gleichwohl als für die Wertgleichheit der Abfindung unerheblich zu behandeln, weil er aufgrund Jahre später erlassener neuer Förderbestimmungen "jetzt nicht mehr" bei der Landabfindung zu berücksichtigen wäre. So aber ist das Flurbereinigungsgericht hier verfahren.

2.

Der Senat vermag mangels dafür erforderlicher Tatsachenfeststellungen nicht zu entscheiden, ob sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).

Zu der nach dem Vorstehenden sich zunächst stellenden Frage, ob es sich bei der streitigen Teilfläche des Einlageflurstücks 35. zum Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung um eine Fläche mit AB-Status handelte, hat das Flurbereinigungsgericht keine Tatsachenfeststellungen getroffen, sondern diese Frage ausdrücklich offen gelassen (UA S. 8). In diesem Zusammenhang wird das Flurbereinigungsgericht im Rahmen seiner erneuten Entscheidung ggf. zu beachten haben, dass ihm insoweit möglicherweise eine Verwechslung unterlaufen ist, da nach den Angaben des Klägers im Revisionsverfahren nicht das Flurstück 35. gemäß den Bedingungen des Kulturlandschaftsprogramms (KulaP Teil C Nr. 2.4) bis Ende 2004 einer zehnjährigen Bindung als Grünland unterlegen war (so aber u.a. S. 8), sondern das benachbarte Einlageflurstück 35.. Sollte sich herausstellen, dass die umstrittene Teilfläche des Einlageflurstücks 35. seinerzeit AB-Status hatte und keine anderen Gründe dem entgegenstehen, wäre als Zwischenergebnis festzuhalten, dass nach damaliger Rechtslage (insbesondere Erlasslage) ein Defizit an Flächen mit AB-Status vorläge. Das Klagebegehren könnte gleichwohl abzuweisen sein, wenn dieses Defizit etwa durch andere betriebswirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wäre, wie das Flurbereinigungsgericht dies für die geringfügige Verschiebung im Acker-Wiesen-Verhältnis angenommen hat (UA S. 7). Um dies beurteilen zu können, bedürfte es Feststellungen zu den aus damaliger Sicht bereits feststehenden oder hinreichend bestimmbaren, ggf. prognostisch überschlägig abzuschätzenden Nachteilen des Klägers aus dem (hier unterstellten) Defizit an Ackerflächen mit AB-Status, etwa durch entgangene Fördergelder, Ertragseinbußen und ähnliche Verluste. Denn nur wenn der Umfang dieser Nachteile bekannt war, ließe sich sagen, ob das Defizit durch andere im Rahmen der Gestaltung der Abfindung zu berücksichtigende Gesichtspunkte ausgeglichen worden ist.

3.

Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass die weitere Annahme des Flurbereinigungsgerichts, der sog. AB-Status könne seit der GAP-Reform 2003 kein wertbestimmender Faktor i.S.v. § 44 Abs. 2 FlurbG mehr sein, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend, weil zu weitgehend sein dürfte.

Zwar ist richtig, dass es seit der GAP-Reform und ihrer innerstaatlichen Umsetzung u.a. durch das Betriebsprämiendurchführungsgesetz vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom 28. März 2008 (BGBl. I S. 495), keinen AB-Status mehr gibt. Ebenfalls zutreffend ist, dass die neue Rechtslage insoweit zu einer "Entkoppelung" der Direktzahlungen von der landwirtschaftlichen Produktion und von konkreten landwirtschaftlichen Nutzflächen geführt hat, als die (nunmehr) Zahlungsansprüche genannten Förderleistungen nicht mehr flächenbezogen sind, sondern auf dem Gesamtumfang der bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen basieren. Sie sind von der Nutzung konkreter Flächen entkoppelte Beihilfen zur Verbesserung der Einkommensverhältnisse des Betriebsinhabers (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2006 - LwZR 1/06 - NJW-RR 2007, 1279 <1291>; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz <BMELV>, Die EU-Agrarreform - Umsetzung in Deutschland, Ausgabe 2006, S. 11; Schwantag, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, 8. Aufl. 2008, § 28 Rn. 50 f.; Schmitte, AUR 2005, S. 80 <82>).

Zu weitgehend ist jedoch die vom Flurbereinigungsgericht daraus gezogene Schlussfolgerung, dass auch die hinter dem sog. AB-Status stehende Frage der Ackerlandeigenschaft einer Grundstücksfläche unter der Geltung der neuen Rechtslage keine Bedeutung mehr habe. Denn im Rahmen der im Jahr 2005 durchgeführten erstmaligen Zuteilung der Zahlungsansprüche richtete sich die H ö h e des regional unterschiedlichen Referenzbetrages des flächenbezogenen Teils der Zahlungsansprüche gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrPrämDurchfG danach, ob die landwirtschaftliche Nutzfläche am maßgeblichen Stichtag (Status 15. Mai 2003) als Dauergrünland oder als sonstige beihilfefähige Fläche, wozu vor allem Ackerland gehört (vgl. Art. 44 Abs. 2 GAP-VO-EG), genutzt wurde (vgl. BMELV, a.a.O. S. 16; Schmitte, a.a.O. S. 81). Aus den in der Anlage 2 des Gesetzes (Tabelle zu § 5 Abs. 3 Nr. 2) enthaltenen Wertverhältniszahlen ergab sich für Bayern eine Differenz zwischen Dauergrünland (89 EUR/ha) und Ackerland (299 EUR/ha) von 210 EUR/ha (vgl. die in Euro-Beträge umgerechnete Tabelle bei Schmitte, a.a.O. S. 81). Jedenfalls insoweit hat die Differenzierung zwischen Acker- und Dauergrünland noch Bedeutung, ungeachtet des Umstandes, dass ein ("normaler") Zahlungsanspruch mit jedweder Art von Fläche, gleichviel ob Dauergrünland oder Ackerland, aktiviert werden kann (BMELV, a.a.O. S. 27; Schmitte, a.a.O. S. 82).

Ende der Entscheidung

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