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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: BVerwG 9 C 3.05
Rechtsgebiete: GG, EKrG, EKrG 1971, ENeuOG, FStrG


Vorschriften:

GG Art. 20 Abs. 3
EKrG § 3 Nr. 3
EKrG § 12 Nr. 1
EKrG § 14 Abs. 1 Satz 2
EKrG § 19 Abs. 3
EKrG 1971 § 19 Abs. 1 Satz 3
ENeuOG Art. 6 Abs. 106 Nr. 4
FStrG § 6 Abs. 1a
1. Die rückwirkende Inkraftsetzung der durch § 19 Abs. 3 Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) in der Fassung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2858) angeordneten Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers für den ordnungsgemäßen Erhaltungszustand einer zum 1. Januar 1994 in die Erhaltungslast des kommunalen Straßenbaulastträgers übergegangenen Straßenüberführung ist verfassungsgemäß.

2. § 19 Abs. 3 EKrG begründet einen öffentlich-rechtlichen Anspruch des kommunalen Straßenbaulastträgers auf Erstattung zweckgebundener Aufwendungen für bis zum 1. Januar 1994 unterbliebene Unterhaltungsmaßnahmen an einer Straßenüberführung.

3. Aus § 19 Abs. 3 EKrG folgt kein Anspruch auf Erstattung anteiliger "fiktiver" Sanierungskosten in Höhe der von dem Eisenbahnunternehmer ersparten Aufwendungen, wenn der kommunale Straßenbaulastträger anstelle einer Sanierung des noch nicht abgängigen Altobjekts dieses abreißt und einen den veränderten Verkehrsbedürfnissen angepassten Neubau errichtet.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 9 C 3.05

Verkündet am 4. Mai 2006

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte und Domgörgen

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. August 2004 wird aufgehoben.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Dezember 2002 wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in sämtlichen Rechtszügen trägt die Klägerin.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über Inhalt und Umfang der durch § 19 Abs. 3 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes - EKrG - in der Fassung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2858) rückwirkend eingeführten Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers für den ordnungsgemäßen Erhaltungszustand von Straßenüberführungen, die 1994 in die Erhaltungslast der kommunalen Straßenbaulastträger übergegangen sind.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die sog. Glattbacher Überfahrt, eine Straßenüberführung über die Bahnstrecke Würzburg-Aschaffenburg in der Nähe des Hauptbahnhofs Aschaffenburg. Sie wurde 1880 von dem königlich bayerischen Eisenbahnärar errichtet als Ersatz für eine bis dahin bestehende höhengleiche Kreuzung von Straße und Bahnstrecke. Zwischen der Klägerin und der Bahn wurde eine sog. Consignation getroffen, wonach die Brücke in die Baulast der Bahn fiel. Nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde 1946 eine Behelfsbrücke mit einer Fahrbahn für den Begegnungsverkehr mit Kraftfahrzeugen errichtet.

In den Jahren 1977 bis 1992 wies die Eisenbahnverwaltung in mehreren Schreiben an die Klägerin auf den zunehmend schlechten Zustand der Brücke hin und forderte deren Erneuerung bzw. einen Neubau. Nach einer Planungsvereinbarung mit der Klägerin von 1992 sollte die Rechtsvorgängerin der Beklagten sämtliche Planungskosten für den Neubau der Brücke übernehmen. Mit Inkrafttreten des Eisenbahnneuordnungsgesetzes am 1. Januar 1994 ging die Erhaltungslast an der Brücke auf die Klägerin über. Anlässlich einer Brückensonderprüfung am 28. Februar 1994 empfahl die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin den Neubau der Brücke für das Geschäftsjahr 1996 und schätzte die erforderlichen Kosten auf 3 Mio. DM. In einem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten vom 27. Juni 1995 kam die Landesgewerbeanstalt Bayern zu dem Ergebnis, dass sich die geschätzten Kosten für die Gesamtsanierung auf 800 000 bis 1 000 000 DM beliefen. In der Folgezeit bot die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin einen Beitrag zu den Kosten für die Herstellung eines ordnungsgemäßen Erhaltungszustandes als freiwillige Leistung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in Höhe von 900 000 DM an, zog dieses Angebot jedoch aufgrund der Neuregelung des § 19 Abs. 3 EKrG im Jahr 1998 wieder zurück.

Auf Antrag der Klägerin wurde in einem Beweissicherungsverfahren ein Sachverständigengutachten über den Zustand und den rückständigen Erhaltungsaufwand der Straßenüberführung eingeholt. Nach dem Gutachten des TÜV Süddeutschland vom 5. Juli 2000 befand sich die Straßenüberführung am 1. Januar 1994 nicht in einem ordnungsgemäßen Erhaltungszustand. Im Einzelnen wurde festgestellt, dass alle Schäden auf mangelnder Unterhaltung im Zeitraum vor 1994 beruhten und die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands nach § 19 Abs. 3 EKrG einen Sanierungsaufwand von insgesamt 1 511 480 DM erfordere (das entspricht 772 807,45 €). Die Verkehrs-, Betriebs- und Standsicherheit der Brücke seien für eine Nutzungsdauer von 70 Jahren (d.h. für weitere 16 Jahre) gewährleistet, wenn die empfohlenen Sanierungsmaßnahmen ausgeführt würden.

Noch bevor in dem Beweissicherungsverfahren das Gutachten erstattet worden war, ließ die Klägerin die Brücke abbrechen und durch einen Neubau in einer den heutigen Verkehrsbedürfnissen entsprechenden größeren Dimensionierung und mit geänderter Straßenführung ersetzen. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2000 lehnte die Beklagte einen von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruch gemäß § 19 Abs. 3 EKrG in Höhe der fiktiven Sanierungskosten ab, da die Vorschrift lediglich einen zweckgebundenen Anspruch auf Kostenersatz für eine Sanierung des übergegangenen Bauwerks gewähre, nicht aber auf eine Beteiligung an den Kosten eines Neubaus.

Die Klägerin hat am 11. Juli 2001 Klage erhoben auf Zahlung von 772 807,45 € zuzüglich Prozess- und Verzugszinsen und geltend gemacht: § 19 Abs. 3 EKrG begründe in Anlehnung an entsprechende straßenrechtliche Bestimmungen einen Ausgleichsanspruch in Geld. Dem stehe nicht entgegen, dass sie die Unterhaltungsmaßnahmen, für die der fiktive Kostenanteil geltend gemacht werde, nicht durchgeführt, sondern stattdessen einen Ersatzbau errichtet habe. Wie im Bereich des Straßenrechts habe auch hier der neue Baulastträger das Recht, anstelle der Nachbesserung den dafür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Dieser könne auch für die Errichtung eines Ersatzbaus verwandt werden, wenn die Brücke tatsächlich abgängig sei. Von der Abgängigkeit der Brücke seien beide Beteiligte ausgegangen. Hieran müsse sich die Beklagte festhalten lassen, auch wenn diese Annahme sich aufgrund der nachträglichen Erkenntnisse aus dem Beweissicherungsverfahren nicht bestätigt habe. Die Errichtung eines Ersatzbaus sei aber auch dann durch die Nachbesserungspflicht gedeckt, wenn die Brücke zwar nicht tatsächlich, jedoch wirtschaftlich abgängig sei. Die Straßenüberführung habe sich in einem Erhaltungszustand befunden, der laut Beweissicherungsgutachten zwingende Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 1,5 Mio. DM und zusätzliche Stahlsanierungsaufwendungen in Höhe von 1,1 Mio. DM, insgesamt also Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 2,6 Mio. DM erfordert hätte. Keine Gemeinde, die kraft Gesetzes zur wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet sei, investiere einen solchen Betrag in eine Straßenüberführung, die nur noch über eine Restnutzungsdauer von maximal 16 Jahren verfüge und den aktuellen Verkehrsbedürfnissen kaum noch entspreche, weil z.B. ein Begegnungsverkehr zweier Busse auf der alten Brücke nicht möglich sei. Dass die Brücke in anderer Trassenführung und in größerer Dimensionierung errichtet worden sei, könne am Zahlungsgrund nichts ändern. Denn als Trägerin der Straßenbaulast sei die Klägerin gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG verpflichtet, Straßenbrücken so zu errichten, dass sie den aktuellen Verkehrsbedürfnissen entsprächen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten: § 19 Abs. 3 EKrG sei verfassungswidrig. Die Vorschrift verstoße, indem ihr Inkrafttreten auf den 1. Januar 1994 bezogen werde, gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rückwirkungsverbot. Der Klageanspruch scheitere jedenfalls daran, dass die Klägerin eine neue Brücke errichtet habe. Ein Anspruch auf Kostenersatz beziehe sich, wie in der straßenrechtlichen Literatur unstreitig sei, nur auf die Aufwendungen, die dem neuen Träger der Erhaltungslast beim Nachholen der unterlassenen Verpflichtungen entstanden seien. Eine Erneuerung der Brücke könne nur bei tatsächlicher Abgängigkeit des Bauwerks in Betracht kommen, die hier aber nicht vorgelegen habe. Für die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Klägerin sei kein Raum. Die Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers gemäß § 19 Abs. 3 EKrG könne nicht weiter gehen als die nach altem Recht bestehende Erhaltungslast der Bahn, die aber bei einer wesentlichen Änderung der Kreuzung entfallen wäre. Der aufgrund veränderter Verkehrsbedürfnisse erfolgte Neubau der Brücke in größeren Dimensionen sei sowohl in der Zeit vor der Streichung des Gemeindeprivilegs als auch danach gemäß §§ 3, 12 EKrG zu beurteilen mit der Folge, dass die Kostenlast hierfür allein bei der Klägerin als Trägerin der Straßenbaulast liege. Bei der hier erfolgten Anpassung der Straßenüberführung an die neuen Verkehrsbedürfnisse fehle es an der Kausalität zwischen der unterlassenen Instandhaltung und den für die Erneuerung erforderlichen Aufwendungen.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 772 807,45 € zuzüglich Prozesszinsen verurteilt; hinsichtlich des weiter gehenden Zinsanspruchs aus Verzug hat es die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Gegenüber der sie rückwirkend belastenden Neufassung des § 19 Abs. 3 EKrG könne sich die Beklagte nicht auf Grundrechtsschutz, hier vor allem auf den - vorrangig vor dem Rechtsstaatsprinzip eingreifenden - Schutz ihres Eigentums berufen, weil sie nur eingeschränkt grundrechtsfähig sei. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsgebot liege im Übrigen nicht vor; das rückwirkende Inkraftsetzen von § 19 Abs. 3 EKrG sei zulässig gewesen. Dem Anspruch auf Ersatz der gutachterlich festgestellten Sanierungskosten stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Brücke inzwischen abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt habe. Auch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Gewährleistungsanspruchs aus § 19 Abs. 3 EKrG seien die Wertungen des normativen Schadensbegriffs entsprechend heranzuziehen. Dass die Klägerin angesichts der Weigerung der Beklagten, für die Sanierung der Brücke einzustehen, einen Neubau entsprechend den jetzigen Verkehrsbedürfnissen errichtet habe, dürfe der Beklagten nicht zugute kommen, zumal diese Maßnahme einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der Klägerin als Trägerin der Straßenbaulast gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG entsprochen habe. Dem Eisenbahnkreuzungsgesetz und den Gesetzesmaterialien seien keine Hinweise zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Gewährleistung des Eisenbahnunternehmers nur im konkret abgewickelten Sanierungsfall, nicht aber bei einem den Sanierungsfall überholenden Neubau einer Straßenüberführung habe eingreifen lassen wollen. Der geltend gemachte Kostenersatzanspruch überschreite nicht den Rahmen der Unterhaltungsverpflichtung der Beklagten, weil die Klägerin nur die konkreten, wenngleich wegen des Neubaus fiktiven Sanierungskosten fordere, die auch tatsächlich angefallen seien.

Die Beklagte hat zur Begründung ihrer Revision im Wesentlichen vorgetragen: Sinn und Zweck der nachträglichen Einführung von § 19 Abs. 3 EKrG sei es gewesen, die Bahn für die finanziellen Nachteile einstehen zu lassen, die dem Träger der kommunalen Straßenbaulast dadurch entstünden, dass er die von der Bahn nicht durchgeführten Erhaltungsarbeiten nachholen müsse, um das Kreuzungsbauwerk in einen ordnungsgemäßen Bauzustand zu versetzen. In der Gesetzesbegründung werde ausdrücklich betont, dass die Kosten einer Verbesserung des Kreuzungsbauwerks aufgrund von gestiegenen Verkehrsbedürfnissen, also auch eine deswegen erforderliche Neuerrichtung, nicht vom früheren Träger der Erhaltungslast verlangt werden könnten. Die Zahlung der rückständigen Unterhaltungsaufwendungen käme der Klägerin in diesem Fall zu Unrecht zugute, zumal sie auch unter der Geltung des früheren Gemeindeprivilegs die Kosten einer vollständigen Änderung der Straßenüberführung hätte tragen müssen. § 19 Abs. 3 EKrG sei erkennbar dem § 6 Abs. 1a FStrG nachgebildet. In Bezug auf die letztgenannte Regelung gehe die Kommentarliteratur einhellig davon aus, dass diese keine Rechtsgrundlage für den Ersatz fiktiver Sanierungskosten darstelle.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. August 2004 aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Dezember 2002 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin wiederholt ihre Rechtsauffassung und verteidigt das Berufungsurteil. Sie beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht und die Landesanwaltschaft Bayern halten den Klageanspruch für begründet.

II

Die Revision ist begründet.

Dem Verwaltungsgerichtshof ist zwar darin beizupflichten, dass die rückwirkende Inkraftsetzung von § 19 Abs. 3 EKrG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (1.). Das Berufungsgericht hat auch zutreffend die Rechtsnatur eines Anspruchs aus § 19 Abs. 3 EKrG erfasst und dessen Tatbestandsvoraussetzungen bejaht (2.). Das Berufungsurteil verstößt jedoch gegen Bundesrecht mit der Annahme, die Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers gemäß § 19 Abs. 3 EKrG umfasse von ihrem Inhalt her auch den anteiligen Ersatz "fiktiver" Sanierungskosten in Höhe der von ihm ersparten Aufwendungen, wenn der Straßenbaulastträger anstelle einer Sanierung des noch nicht abgängigen Altobjekts dieses abreißt und einen den veränderten Verkehrsbedürfnissen angepassten Neubau errichtet (3.).

1. Die rückwirkende, auf den 1. Januar 1994 bezogene Inkraftsetzung der durch § 19 Abs. 3 EKrG in der Fassung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2858) angeordneten Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers für den ordnungsgemäßen Erhaltungszustand einer zum 1. Januar 1994 in die Erhaltungslast eines kommunalen Straßenbaulastträgers übergegangenen Straßenüberführung ist verfassungsgemäß. Die diesbezüglichen Einwände der Beklagten vermögen nicht zu überzeugen.

Es kann dahinstehen, ob - wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat - die Beklagte sich auf diesen Einwand deshalb nicht berufen kann, weil sie - jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Privatisierung des ehemaligen Staatsunternehmens und Sondervermögens Deutsche Bundesbahn - nicht grundrechtsfähig ist. Dieser Argumentation mag entgegenstehen, dass das Rückwirkungsverbot als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) eine hiergegen verstoßende Vorschrift aus objektivrechtlichen Gründen auch dann verfassungswidrig macht, wenn der Normadressat keine Grundrechtsfähigkeit besitzt. § 19 Abs. 3 EKrG begegnet aber jedenfalls deshalb keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht ergänzend angenommen hat - ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nicht vorliegt. Zwar ist ein Fall echter Rückwirkung bzw. einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen gegeben. Denn mit der erst durch das Änderungsgesetz vom 9. September 1998 in das Eisenbahnkreuzungsgesetz eingefügten Regelung des § 19 Abs. 3 EKrG wird nachträglich in einen abgewickelten, der Vergangenheit angehörenden Tatbestand, nämlich in die Verantwortlichkeit für den Erhaltungszustand von Straßenüberführungen am 1. Januar 1994, eingegriffen und ihm - gleichgültig ob konstitutiv oder nur deklaratorisch - eine neue Rechtsfolge, nämlich eine Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers, für einen vor der Verkündung der Norm liegenden Zeitpunkt zugewiesen. Doch gilt das Verbot rückwirkender Gesetze nicht ausnahmslos. Zu den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu anerkannten Fallgruppen, in denen dieser Grundsatz mit Blick auf die für eine rückwirkende Rechtsänderung streitenden Sachgründe ausnahmsweise zurückstehen muss, gehört der Fall, dass eine echte Rückwirkung zur Klärung einer unsicheren, zuvor unklaren und verworrenen Rechtslage angeordnet wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Mai 1993 - 1 BvR 1509, 1648/91 - BVerfGE 88, 384 <404>). So liegen die Dinge hier.

Ausgangspunkt der Rechtsentwicklung war, dass die kommunalen Baulastträger bis zum Jahr 1994 durch das sog. Gemeindeprivileg des Eisenbahnkreuzungsgesetzes begünstigt waren. Danach galt der das Eisenbahnkreuzungsrecht an sich beherrschende Grundsatz, wonach jeder Kreuzungsbeteiligte die Erhaltungslast für die ihn betreffende Anlage zu tragen hat (§ 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG, sog. Funktionsprinzip), für die kommunalen Straßenbaulastträger erst nach einer wesentlichen Änderung oder Ergänzung der Kreuzung (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 EKrG in der Fassung vom 14. August 1963, BGBl I S. 681, bzw. § 19 Abs. 1 Satz 3 EKrG in der Fassung vom 21. März 1971, BGBl I S. 337). Dies bedeutete, dass die Erhaltungslast aufgrund der bisherigen, weiter geltenden Kostenregelungen regelmäßig der Bahn zugewiesen war. Dieses Gemeindeprivileg wurde im Zuge der sog. Bahnreform durch Art. 6 Abs. 106 Nr. 4 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes (ENeuOG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl I S. 2378) beseitigt. Der somit kraft Gesetzes bewirkte Übergang der Erhaltungslast zum 1. Januar 1994 auf die kommunalen Baulastträger wurde jedoch von Anfang an mit dem Hinweis kritisiert, dass es den Gemeinden unzumutbar sei, für inzwischen festgestellte "erhebliche Erhaltungsrückstände" aufzukommen, die von der Bahn als dem bisherigen Baulastträger zu verantworten seien (BTDrucks 13/1446 S. 1, 5). Schon am 31. März 1995 beschloss der Bundesrat aus diesem Grunde, beim Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes einzubringen, der eine auf den 1. Januar 1994 zurückbezogene Änderung der gerade erst verabschiedeten Gesetzeslage vorsah; danach war die Einfügung eines § 19 Abs. 2a EKrG vorgesehen, wonach die Bahn für den ordnungsgemäßen Erhaltungszustand der Straßenüberführungen einzustehen habe (wie dies dann Gesetz wurde) und eine Restnutzungsdauer von mindestens zehn Jahren gewährleisten sollte (diese Forderung konnte sich nicht durchsetzen). In der Zwischenzeit konnte sich kein schutzwürdiges Vertrauen in die gerade erst geschaffene Rechtslage entwickeln. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Gesetzesinitiative (BTDrucks 13/1446 S. 5) darauf abhob, dass eine derartige Einstehenspflicht in den Straßengesetzen des Bundes und der Länder geltendes Recht sei und dass der Bund schon im Einführungsschreiben zum Eisenbahnkreuzungsgesetz (Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 11. November 1963, Ziff. 10 VkBl 1963, 612 <613>) von einer solchen Einstehenspflicht ausgegangen sei, so dass es lediglich um eine Klarstellung gehe. Bezeichnenderweise lehnte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf des Bundesrates diese Klarstellung ab, weil eine solche Einstehenspflicht selbstverständlich sei (BTDrucks 13/1446 S. 7 r.Sp.). Ob die im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufrechterhaltene These von der angeblichen Klarstellung wirklich zutraf, mag dahinstehen. Immerhin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 26. September 1996 - 8 B 95.1780 - (UPR 1997, 40 <nur Leitsatz>) einen Gewährleistungsanspruch des neuen gegen den bisherigen Erhaltungslastträger wegen unterlassener ordnungsgemäßer Erhaltungsmaßnahmen analog den straßenrechtlichen Bestimmungen für das Eisenbahnkreuzungsrecht verneint. Selbst wenn man aus diesem Grunde erst den Gesetzesbeschluss des Bundestags als Willensäußerung des Gesetzgebers wertet, die ein etwaiges Vertrauen zunichte machen konnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44, 48/92 - BVerfGE 95, 64 <88>), folgt aus dem Vorstehenden doch, dass sich die Rechtslage als unsicher darstellte. Angesichts der alsbald nach der Streichung des Gemeindeprivilegs einsetzenden Gesetzesinitiative des Bundesrates mit dem Ziel, die Kostenbelastung der kommunalen Baulastträger auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, musste die Beklagte mit einer Regelung wie der später verabschiedeten Einstehenspflicht rechnen, zu der sie sich ausweislich ihrer eigenen Einlassung im Gesetzgebungsverfahren im Übrigen selbst bekannt hat (vgl. BTDrucks 13/8537 S. 4). Auch deshalb war und ist die Beklagte nicht schutzwürdig.

2. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsnatur eines Anspruchs aus § 19 Abs. 3 EKrG bestimmt und das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Norm bejaht.

a) Nach § 19 Abs. 3 EKrG hat der Eisenbahnunternehmer für den ordnungsgemäßen Erhaltungszustand der zum 1. Januar 1994 in die Erhaltungslast der kommunalen Baulastträger übergegangenen Straßenüberführungen "einzustehen". Diese Einstandspflicht begründet einen öffentlich-rechtlichen Anspruch des kommunalen Straßenbaulastträgers auf Erstattung zweckgebundener Aufwendungen für bis zum 1. Januar 1994 unterbliebene Unterhaltungsmaßnahmen an einer zu diesem Zeitpunkt auf ihn übergegangenen Straßenüberführung. Die Norm ist ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs (BTDrucks 13/1446 S. 1 und 5) dem als solchen bezeichneten Gewährleistungsanspruch nach § 6 Abs. 1a des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) und entsprechenden Parallelnormen der Landesstraßengesetze nachgebildet, die bestimmen, dass bei einem Wechsel der Straßenbaulast der bisherige Baulastträger dafür einzustehen hat, dass er die Straße in einem durch ihre Verkehrsbedeutung gebotenen Umfang ordnungsgemäß unterhalten hat. Während bei dem - regelmäßig in der Gegenwart oder nahen Zukunft liegenden - Übergang der Straßenbaulast nach § 6 Abs. 1a FStrG angenommen wird, dass der daraus folgende Anspruch entweder auf Vornahme (Naturalrestitution) der unterbliebenen Erhaltungsmaßnahmen oder auf Geldersatz in Höhe der erforderlichen Kosten gerichtet ist, eröffnet § 19 Abs. 3 EKrG diese Wahlmöglichkeit nicht (a.A. Marschall/Schweinsberg, EKrG, 5. Aufl. 2000, § 19 Rn. 6.2; Zeitler, BayStrWG, Stand Februar 2006, Art. 9 Rn. 47). Denn aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers im Jahr 1998 rückwirkend zu einem mehr als vier Jahre zurückliegenden Zeitpunkt begründet hat, folgt notwendig, dass der Anspruch aus § 19 Abs. 3 EKrG nur auf Geldersatz gerichtet sein kann. Einen in der Vergangenheit liegenden Erhaltungszustand rückwirkend wieder herzustellen, ist in der Regel tatsächlich unmöglich, nach dem Übergang der Erhaltungslast aber jedenfalls rechtlich ausgeschlossen. Dementsprechend wird in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich erwähnt, dass das Eisenbahnunternehmen für Unterhaltungsrückstände "finanziell" einzustehen habe (vgl. BTDrucks 13/8537 S. 4) und somit "zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet" sei (vgl. BTDrucks 13/1446 S. 5).

b) Zuzustimmen ist dem Verwaltungsgerichtshof weiter darin, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 19 Abs. 3 EKrG im Streitfall erfüllt sind. Die Erhaltungslast an der "Glattbacher Überfahrt", die im Zuge einer Ortsstraße liegt, für die die Klägerin die zuständige Trägerin der Straßenbaulast ist (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG), ist aufgrund von Art. 6 Abs. 106 Nr. 4 ENeuOG am 1. Januar 1994 auf die Klägerin übergegangen. Die Straßenüberführung befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht in einem ordnungsgemäßen Erhaltungszustand. Davon ist aufgrund des in dem Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens auszugehen. Darüber besteht, ebenso wie über die gutachterlich festgestellte Höhe der Kosten, die für die Herstellung eines auf den 1. Januar 1994 bezogenen ordnungsgemäßen Erhaltungszustandes erforderlich sind, kein Streit.

3. Das Berufungsurteil verkennt jedoch Inhalt und Umfang der Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers mit der Annahme, der Anspruch aus § 19 Abs. 3 EKrG umfasse auch den anteiligen Ersatz "fiktiver" Sanierungskosten in Höhe der von ihm ersparten Aufwendungen, wenn der Straßenbaulastträger anstelle einer Sanierung des noch nicht abgängigen Altobjekts dieses abreißt und einen anders dimensionierten und in der Lage veränderten Neubau errichtet, um den veränderten Verkehrsbedürfnissen Rechnung zu tragen.

a) Zu Unrecht beruft sich der Verwaltungsgerichtshof für seine gegenteilige Ansicht auf die Grundsätze des sog. normativen Schadensbegriffs, die im Rahmen der Einstehenspflicht nach § 19 Abs. 3 EKrG entsprechend heranzuziehen seien. Im zivilrechtlichen Schadensersatzrecht (§§ 249 ff. BGB) ermöglicht der Rückgriff auf diese Rechtsfigur eine wertende Korrektur, wenn nach der grundsätzlich anzuwendenden Differenztheorie beim Gläubiger keine Vermögensminderung eingetreten ist, diese Art der Schadensermittlung aber anderen Wertentscheidungen der Rechtsordnung oder Billigkeitserfordernissen widerspricht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, VBem vor § 249 Rn. 13 m.w.N.). Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor. Bei Zugrundelegung einer rein zivilrechtlichen Betrachtung war bei der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wechsels der Erhaltungslast zum 1. Januar 1994 ein Schaden eingetreten, weil ihre Vermögenslage belastet wurde mit einer in ihrem Erhaltungszustand rückständigen, weil von der Beklagten nicht ordnungsgemäß unterhaltenen Straßenbrücke. Da ein Schaden also ohne Weiteres zu bejahen ist, bedarf es keines Rückgriffs auf die Grundsätze des normativen Schadensbegriffs.

b) Dem vorstehend wiedergegebenen Ansatz des Berufungsgerichts liegt allerdings die insoweit zutreffende Erwägung zugrunde, dass Inhalt und Umfang der Einstehenspflicht gemäß § 19 Abs. 3 EKrG näherer Bestimmung bedürfen. Maßgeblich hierfür kann nur sein, ob ein Verständnis der Norm im Sinne des Klagebegehrens mit den normativen Wertungen des maßgeblichen Fachrechts, also des Eisenbahnkreuzungsrechts, übereinstimmt oder in Widerspruch zu diesen steht. Der Verwaltungsgerichtshof meint, weder dem Eisenbahnkreuzungsgesetz noch den Gesetzesmaterialien seien Hinweise zu entnehmen, dass die Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers nur in dem konkret abzuwickelnden Sanierungsfall, nicht aber bei einem den Sanierungsfall "überholenden" Neubau einer Straßenüberführung habe eingreifen sollen. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Inhalt und Umfang der Einstehenspflicht des Eisenbahnunternehmers nach § 19 Abs. 3 EKrG sind vor dem Hintergrund der besonderen Situation zu sehen, die seinerzeit Anlass für ihre rückwirkende Einführung war. Sie war die Reaktion des Gesetzgebers auf die Erkenntnis, dass er vier Jahre zuvor die finanziellen Folgen der Streichung des sog. Gemeindeprivilegs durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz und der sich daraus ergebenden Belastungen der kommunalen Baulastträger falsch eingeschätzt hatte. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs wies die Mehrzahl der rund 2 200 am 1. Januar 1994 in die Erhaltungslast der kommunalen Baulastträger übergegangenen Straßenüberführungen über ihr Alter hinaus erhebliche Erhaltungsrückstände auf (vgl. BTDrucks 13/1446 S. 5 l.Sp.). Es sei den betroffenen kommunalen Straßenbaulastträgern nicht zumutbar, die finanziellen Lasten der aufgestauten Erhaltungsrückstände zu übernehmen, die allein daraus resultierten, dass der Eisenbahnunternehmer das fragliche Bauwerk über lange Zeit nicht ordnungsgemäß unterhalten habe. Nach der Rechtslage bis zum 1. Januar 1994 hätten die kommunalen Straßenbaulastträger in jedem Fall davon ausgehen können, nur ein ordnungsgemäß unterhaltenes Bauwerk übernehmen zu müssen, da nur eine wesentliche Änderung den Wechsel der Erhaltungslast habe auslösen können. Der Eisenbahnunternehmer werde durch die Einstehenspflicht für die langjährige unzureichende Erfüllung seiner Erhaltungslast auch nicht unbillig belastet, da er die entsprechenden Aufwendungen früher erspart habe. Er sei daher zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, die erforderlich seien, um die Straßenüberführung in einen ordnungsgemäßen Erhaltungszustand entsprechend ihrer ursprünglichen baulichen Ausführung zu versetzen (vgl. BTDrucks 13/1446 S. 5 r.Sp.). Dem ist zu entnehmen, dass der Aufwendungsersatzanspruch aus § 19 Abs. 3 EKrG - erstens - zweckgebunden und - zweitens - der Höhe nach begrenzt ist auf die zur Herstellung eines (auf den 1. Januar 1994 rückbezogenen) ordnungsgemäßen Erhaltungszustandes an dem konkret zu sanierenden Brückenbauwerk. Weitergehende Hinweise zu Inhalt und Umfang des Anspruchs geben die in den Gesetzesmaterialien aufgeführten Beispiele: Danach kann die Erstattung von Aufwendungen insbesondere für eine Wiederherstellung der ursprünglichen Tragfähigkeit, für eine grundhafte Sanierung, bei völlig abgängigen Bauwerken im Einzelfall sogar für deren Erneuerung geschuldet sein. Nicht verlangt werden könne dagegen eine Verbesserung der Straßenüberführung entsprechend den gestiegenen Verkehrsbedürfnissen, weil dies eine Änderung der Kreuzungsanlage mit der Kostenfolge nach § 12 EKrG wäre (vgl. BTDrucks 13/1446 S. 5 r.Sp.). Gerade die letztgenannte Abgrenzung zu einer Änderungsmaßnahme gemäß § 12 EKrG zeigt, dass der Gesetzgeber die rückwirkende Einstehenspflicht nach § 19 Abs. 3 EKrG - drittens - in das Gesamtsystem des Eisenbahnkreuzungsrechts einstellen und mit dessen Grundprinzipien im Einklang stehend wissen wollte.

aa) Zu diesen Grundsätzen gehört die prinzipielle Unterscheidung zwischen bloßen Erhaltungsmaßnahmen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 EKrG), deren Kosten dem jeweiligen Träger der Erhaltungslast zufallen, und Änderungsmaßnahmen, für deren Kosten nach dem insoweit geltenden Veranlassungsprinzip derjenige Kreuzungsbeteiligte haftet, der die Änderung verlangt oder sie im Falle einer Anordnung hätte verlangen müssen (§ 3 Nr. 3, § 12 Nr. 1 EKrG). Darüber hinaus führten wesentliche Änderungen gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 EKrG 1971 zu einem Übergang der Erhaltungslast auf den kommunalen Baulastträger, ohne dass dieser wegen eines Unterhaltungsrückstandes von der Bahn Aufwendungsersatz beanspruchen konnte. Unter der Geltung dieser Vorschrift wäre die im Streitfall von der Klägerin durchgeführte Baumaßnahme eine solche wesentliche Änderung gewesen; denn sie erfüllte durch die Veränderung von Dimensionierung und Lage der Straßenüberführung in wesentlichen Punkten die Voraussetzungen des § 12 Nr. 1 EKrG. Zwar umfasst die Erhaltung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 EKrG sowohl die Unterhaltung als auch die Erneuerung eines Kreuzungsbauwerks. Unter Erneuerung i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 EKrG sind jedoch nur Maßnahmen zu verstehen, die sich auf eine Sicherung des vorhandenen Bestandes (status quo) beschränken, während Baumaßnahmen, die darüber hinausgehen, sei es auch nur in der Weise, dass die Tauglichkeit der Kreuzungsanlage für den Verkehr erhöht wird, sich nach § 3 und § 12 EKrG beurteilen (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Mai 1992 - BVerwG 4 C 28.90 - Buchholz 407.2 EKrG Nr. 17 S. 7 und vom 24. September 1997 - BVerwG 11 C 10.96 - Buchholz 407.2 § 19 EKrG Nr. 1 S. 3). Danach waren der hier von der Klägerin veranlasste und durchgeführte Abriss des Altobjekts und die Errichtung einer entsprechend den gestiegenen Verkehrsbedürfnissen größer dimensionierten (nunmehr auch einen Begegnungsverkehr von Bussen zulassenden) Brücke mit veränderter Straßenführung eine Änderungsmaßnahme i.S.v. § 3 Nr. 3, § 12 Nr. 1 EKrG.

bb) Das Eisenbahnkreuzungsgesetz kennt keinen allgemein geltenden Grundsatz des Vorteilsausgleichs. Vorteile sind nur dann auszugleichen, wenn das Gesetz dies ausdrücklich anordnet (vgl. Marschall/Schweinsberg, a.a.O. § 12 Rn. 2.2, S. 150). Nach § 12 Nr. 1 Halbs. 2 EKrG sind Vorteile, die dem anderen Kreuzungsbeteiligten durch eine Änderungsmaßnahme erwachsen, auszugleichen. Weitere Regelungen zu einem Vorteilsausgleich finden sich in § 12 Nr. 2 Satz 2 (Bezugnahme auf § 12 Nr. 1 Halbs. 2), § 13 Abs. 2 Satz 1 (Kosten einer ersparten Aufwendung), § 15 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 EKrG ("ohne Ausgleich"). Auch § 19 Abs. 3 EKrG kann als eine Vorschrift des Vorteilsausgleichs verstanden werden, durch die dem Eisenbahnunternehmer nachträglich eine Kostenersatzpflicht auferlegt wird zum Ausgleich der ersparten Aufwendungen für verabsäumte Unterhaltungsmaßnahmen an einer Straßenüberführung aus der Zeit vor Übergang der Erhaltungslast auf den kommunalen Straßenbaulastträger. Die von ihm insoweit ersparten Aufwendungen sind ein Vorteil, der nach dem Willen des Gesetzgebers billigerweise zwischen den Kreuzungsbeteiligten ausgeglichen werden soll. Ein Vorteilsausgleich darf allerdings nicht über den vom Gesetzgeber mit der Norm verfolgten Zweck hinaus eine überschießende Wirkung entfalten. Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht zu § 12 Nr. 1 Halbs. 2 EKrG entschieden, dass die Norm stillschweigend voraussetzt, dass dem vorteilsausgleichspflichtigen Kreuzungsbeteiligten durch die Maßnahme ein künftiger Vorteil erwächst. Das bloße Freiwerden von der Erhaltungslast stellt selbst dann keinen künftigen Vorteil dar, wenn die Änderungsmaßnahme dem bislang erhaltungspflichtigen Kreuzungsbeteiligten die Kosten einer an sich "anstehenden" Erhaltungsmaßnahme erspart (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 - BVerwG 4 C 12.90 - Buchholz 407.2 EKrG Nr. 18 S. 15). Auf derselben Linie liegt, dass eine Vorteilsausgleichspflicht jedenfalls dann nicht besteht, wenn die Erhaltungslast desjenigen Kreuzungsbeteiligten, der bei unveränderten Verhältnissen eine "anstehende" Erhaltungsmaßnahme hätte durchführen müssen, von Gesetzes wegen auf den anderen Kreuzungsbeteiligten übergeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1985 - BVerwG 4 C 52.92 - Buchholz 407.2 EKrG Nr. 13 S. 25 ff.). Nur wer erhaltungspflichtig bleibt, kann für eine Änderungsmaßnahme, die seiner fortdauernden Erhaltungslast zugute kommt, zu einem Vorteilsausgleich herangezogen werden. Eine andere Auffassung liefe auf die Abgeltung des von Gesetzes wegen eingetretenen Übergangs der Erhaltungslast hinaus (so BVerwG, Urteil vom 14. September 1992 a.a.O. S. 17) und hätte damit eine überschießende, vom Gesetz nicht gewollte Tendenz.

cc) Diese Grundsätze beanspruchen auch in dem hier gegebenen - einerseits speziellen, andererseits doch vergleichbaren - Fall der Einstehenspflicht nach § 19 Abs. 3 EKrG Gültigkeit. Dieser unterscheidet sich von den vorstehend angeführten Entscheidungen lediglich dadurch, dass dort erst die jeweils durchgeführte Änderungsmaßnahme zu dem Wechsel der Erhaltungslast geführt hat, während im Fall des § 19 Abs. 3 EKrG dieser Wechsel bereits vorher kraft Gesetzes eingetreten war. Doch stellt sich die Frage des Vorteilsausgleichs hier wie dort. Sie ist, da der Gesetzgeber - wie anhand der oben angeführten Passage aus den Gesetzesmaterialien belegt wird - die Einstehenspflicht nach § 19 Abs. 3 EKrG mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Wechsels der Erhaltungslast in das Gesamtsystem des Eisenbahnkreuzungsrechts eingestellt hat, nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die das Gesetz auch im Übrigen bestimmen. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber eine nachträgliche Richtigstellung bezüglich der von ihm zum 1. Januar 1994 geschaffenen Rechtslage erreichen. Sie beschränkte sich aber darauf, die Gemeinden vor der "Altlast" der Unterhaltungsrückstände zu schützen, die der frühere Baulastträger zu verantworten hatte. Es war dagegen nicht Ziel des Gesetzgebers, die Gemeinden gegenüber dem Rechtszustand besser zu stellen, der vor dem 1. Januar 1994 galt und der dadurch gekennzeichnet war, dass die Gemeinden im Falle eines wesentlich geänderten Neubaus einer Straßenüberführung - ungeachtet etwaiger Unterhaltungsrückstände - keinerlei Ausgleichsansprüche erwarben.

Auf den Streitfall bezogen folgt daraus: Der von der Klägerin veranlasste und durchgeführte Abriss der alten "Glattbacher Überfahrt" und der Bau einer neuen Straßenüberführung war eine Änderungsmaßnahme, für die die Klägerin gemäß § 3 Nr. 3, § 12 Nr. 1 EKrG sowohl vor als auch nach der Streichung des Gemeindeprivilegs in vollem Umfang die Kosten zu tragen hatte. Sie kann dafür von der Beklagten auch keinen Vorteilsausgleich nach § 12 Nr. 1 Halbs. 2 EKrG in Höhe der Aufwendungen verlangen, die diese durch die zuvor verabsäumten Unterhaltungsmaßnahmen erspart hat. Hierzu stünde es in einem Wertungswiderspruch, wollte man die Beklagte im Falle des hier durchgeführten Brückenneubaus für zur anteiligen Kostentragung verpflichtet halten. Mit einem so verstandenen Inhalt und Umfang würde der Anspruch aus § 19 Abs. 3 EKrG überschießende Wirkung entfalten. Tatsächlich handelt es sich hier - wie auch an der Geltendmachung "fiktiver" Sanierungskosten deutlich wird - um einen Fall überholender Kausalität. Denn die Klägerin hat sich - anstelle einer Sanierung - für einen Abriss und veränderten Neubau der Straßenüberführung entschieden, ohne das Ergebnis des bereits eingeleiteten Beweissicherungsverfahrens abzuwarten, wonach das Bauwerk - entgegen der bisherigen Annahme beider Beteiligter - nicht abgängig war und eine Restnutzungsdauer von (immerhin) noch 16 Jahren hatte. Diese Fehleinschätzung und der (in diesem Sinne) "vorzeitige" Abriss des Altobjekts fallen in die Risikosphäre der Klägerin. Mit diesem Entschluss hat die Klägerin den "normalen" Geschehensablauf, der durch § 19 Abs. 3 EKrG erfasst werden soll, unterbrochen und eine andere, neue Kausalkette begründet. Dadurch hat sie im Ergebnis den Neubau unabhängig vom Erhaltungszustand des alten Bauwerks durchgeführt. Für eine solche Änderungsmaßnahme wäre die Beklagte nach dem System des Eisenbahnkreuzungsrechts weder vor noch nach der Streichung des Gemeindeprivilegs kosten- oder vorteilsausgleichspflichtig gewesen. Dann kann sie es auch nicht nach § 19 Abs. 3 EKrG sein, der allein zum Ausgleich der Härten der Streichung eben dieses Privilegs dient.

dd) Der Senat sieht weder Raum noch Anlass, dieses Ergebnis unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als unbillig zu betrachten. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber sich im Eisenbahnkreuzungsgesetz bewusst für die dargestellte, auf einfachen Grundsätzen beruhende Regelung der Erhaltungslast entschieden hat. Diese gesetzgeberische Entscheidung für eine bewusste Vernachlässigung differenzierender Zurechnungsprinzipien ist bei der Auslegung des Gesetzes zu beachten. Es liegt deshalb nicht in der Befugnis des Gerichts, je nach Sachlage im Einzelfall eine unter Billigkeitsgesichtspunkten möglicherweise "gerechtere" Kostenverteilung vorzunehmen (so BVerwG, Urteil vom 10. Mai 1985 a.a.O. S. 28).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 772 807 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG).



Ende der Entscheidung

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