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Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.11.1999
Aktenzeichen: BVerwG 9 C 4.99
Rechtsgebiete: AuslG
Vorschriften:
AuslG § 50 Abs. 2 | |
AuslG § 51 Abs. 1 | |
AuslG § 53 |
Einem Ausländer darf die Abschiebung auch dann in den Zielstaat insgesamt angedroht werden, wenn er dort nur in bestimmten Gebieten sicher ist.
Urteil des 9. Senats vom 16. November 1999 - BVerwG 9 C 4.99 -
I. VG München vom 02.04.1998 - Az.: VG M 27 K 98.50262 - II. VGH München vom 16.09.1998 - Az.: VGH 27 B 98.32526 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
BVerwG 9 C 4.99 VGH 27 B 98.32526
Verkündet am 16. November 1999
Battiege Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Seebass, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund und Richter, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eichberger
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. September 1998 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Gründe:
I.
Der 1972 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Nach seinen Angaben reiste er im November 1997 über den Iran und die Türkei nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Zur Begründung gab er an, er sei in seiner Heimatstadt Sulaimaniya von Islamisten bedroht worden, weil er in einer Band westliche Musik gespielt und sich auch westlich gekleidet habe. Im September 1997 sei ein Bandmitglied angeschossen und schwer verletzt worden.
Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte den Asylantrag ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und des § 53 AuslG nicht vorliegen (Nr. 2 und Nr. 3), forderte den Kläger zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung "in den Irak (Nordirak)" an (Nr. 4). Der Vortrag des Klägers lasse keine staatliche Bedrohung erkennen. Außerdem könne er in seiner Heimatregion von der Kurdenorganisation PUK Schutz gegen islamistische Bedrohungen erhalten. Schließlich sei ihm auch zuzumuten, der Bedrohung dadurch auszuweichen, daß er die Band verlasse. Die freiwillige Rückkehr in den Nordirak auf dem Landweg über die Türkei sei ihm möglich und zumutbar.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht das Asylbegehren abgewiesen, im übrigen aber den Ablehnungsbescheid des Bundesamts zu Nr. 2, 3 und 4 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet festzustellen, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Irak vorliegen. Der Kläger habe bei der Rückkehr in den Irak politische Verfolgung in Form einer unverhältnismäßigen Bestrafung wegen seines illegalen Auslandsaufenthalts und der Asylantragsstellung zu befürchten. Der Nordirak stelle für ihn keine inländische Fluchtalternative dar, da er dort nicht hinreichend sicher sei.
Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten (Bundesbeauftragter) hat das Berufungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG komme für den Kläger schon deshalb nicht in Frage, weil in den kurdisch beherrschten Provinzen des Nordirak, woher er stamme, weder eine Staatsgewalt noch eine staatsähnliche Gewalt durch die Kurdenorganisationen bestehe. Deshalb könnten auch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG vorliegen. Auch auf ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG könne sich der Kläger nicht berufen, da ihm weder aus individuellen Gründen noch aufgrund der allgemeinen Verhältnisse im Nordirak Gefahren im Sinne dieser Vorschrift drohten. Die Abschiebung "in den Nordirak" sei dem Kläger danach zu Recht angedroht worden.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, im Irak drohe ihm aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen politische Verfolgung. Die Abschiebung in diesen Staat dürfe ihm daher nicht angedroht werden. Die Androhung der Abschiebung in den "Nordirak" sei nicht zulässig, weil es sich insoweit nicht um einen Staat handele und das Ziel der Abschiebung zudem nicht hinreichend bestimmt sei.
II.
Die Revision ist begründet. Die Berufungsentscheidung verletzt Bundesrecht.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG ausschließlich mit der Erwägung verneint, daß ihm bei seiner Rückkehr in den Nordirak mangels dort vorhandener effektiver staatlicher oder staatsähnlicher Gewalt keine politische Verfolgung drohen könne. Es hat dabei weder geprüft, ob der Kläger vorverfolgt ausgereist ist, noch ob er im Falle seiner Rückkehr in andere Landesteile seines Heimatstaates Irak staatlicher Verfolgung ausgesetzt wäre. Das Berufungsgericht durfte dies zwar alles ungeprüft lassen, hätte den Kläger dann aber nur unter der Voraussetzung auf den Nordirak als sicheren Landesteil verweisen können, daß dort alle Bedingungen einer innerstaatlichen Fluchtalternative erfüllt sind. Die Prüfung nach Maßgabe der Grundsätze einer innerstaatlichen Fluchtalternative wäre deshalb geboten gewesen, weil das Berufungsgericht - wollte es seine Entscheidung allein auf Feststellungen zu den politischen Verhältnissen im Nordirak stützen - jedenfalls eine regionale Verfolgung des Klägers im Zentralirak hätte unterstellen müssen. Denn für die Prognose, ob dem Ausländer bei der Rückkehr in den Heimatstaat politische Verfolgung droht, muß das gesamte Staatsgebiet in den Blick genommen werden, auch wenn er aus dem als sicher angesehenen Landesteil - hier dem Nordirak - stammt. Da das Berufungsgericht weder die geltend gemachte Rückkehrverfolgung des Klägers mit Blick auf den Gesamtirak noch die Möglichkeit seiner Verweisung auf den Nordirak nach Maßgabe der Grundsätze einer inländischen Fluchtalternative geprüft hat, steht seine Entscheidung nicht im Einklang mit der angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile des Senats vom 5. Oktober 1999 - BVerwG 9 C 15.99 -, zum Abdruck in der Entscheidungssammlung vorgesehen, und vom 8. Dezember 1998 - BVerwG 9 C 17.98 - BVerwGE 108, 84).
Die Berufungsentscheidung zu § 51 Abs. 1 AuslG erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die tatsächlichen, den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des Berufungsgerichts, auf deren Grundlage es Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 AuslG im Hinblick auf den Nordirak abgelehnt hat, reichen nicht aus, um im Revisionsverfahren zu Lasten des Klägers annehmen zu können, er sei in diesem Gebiet hinreichend sicher vor politischer Verfolgung, wie es eine inländische Fluchtalternative voraussetzt. Das Berufungsgericht hat allerdings festgestellt, der Kläger müsse nicht befürchten, im Nordirak Opfer eines Anschlags irakischer Agenten zu werden, weil er keine irgendwie herausgehobene politische oppositionelle Funktion innegehabt habe und weil ihm wegen seines Asylantrags und der illegalen Ausreise dort auch sonst seitens des Irak keine Gefahren drohten (BA S. 11). Auch wenn dem entnommen werden könnte, der Kläger sei im Nordirak vor irakischen Agenten hinreichend sicher, fehlt es an tragfähigen tatrichterlichen Erwägungen zur Verfolgungssicherheit im Hinblick auf das Risiko eines Wiedereinmarsches der irakischen Armee in die Kurdengebiete. Das Berufungsgericht hat hierzu lediglich ausgeführt, insoweit bestehe keine akute Gefahr im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 53 Abs. 6 AuslG, auch sei mit einer solchen Entwicklung nicht zu rechnen (BA S. 12). Diese Feststellung hat das Berufungsgericht ausdrücklich anhand des strengen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs für die Annahme einer extremen Gefahr bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 AuslG getroffen (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 19. November 1996 - BVerwG 1 C 6.95 - BVerwGE 102, 249 <258 f.>; Beschluß vom 26. Januar 1999 - BVerwG 9 B 617.98 - NVwZ 1999, 668 = InfAuslG 1999, 265; Urteil vom 5. Oktober 1999 - BVerwG 9 C 17.99 -). Auf eine hinreichende Sicherheit vor politischer Verfolgung lassen diese Feststellungen nicht schließen.
Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts auch eine stattgebende Entscheidung nicht tragen, verweist der Senat das Verfahren an das Berufungsgericht zurück (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht eine Verpflichtung nach § 51 Abs. 1 AuslG nur aussprechen können, wenn es zu dem - bisher lediglich unterstellten - Ergebnis gelangt, daß die Ausreise und Asylantragsstellung des Klägers oder sein individueller Verfolgungsvortrag die Annahme politischer Verfolgung bei seiner Rückkehr in den Irak überhaupt rechtfertigen. Ist dies der Fall, kommt der Nordirak als inländische Fluchtalternative allerdings nur dann in Betracht, wenn der Kläger dort nach der tatrichterlichen Prognose auf absehbare Zeit vor einem Verfolgungszugriff durch den irakischen Staat - und auch vor Anschlägen seiner Agenten (zur Verfolgungstauglichkeit dieser Maßnahmen vgl. Urteil des Senats vom 8. Dezember 1998 - BVerwG 9 C 17.98 - a.a.O.) - hinreichend sicher ist. Dagegen könnte sich der Kläger grundsätzlich nicht auf sonstige im Nordirak drohende Nachteile berufen, da er von dort ausgereist ist, diese Nachteile also nicht verfolgungsbedingt sein dürften (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. September 1997 - BVerwG 9 C 43.96 - BVerwGE 105, 204 <211 ff.>).
Stünde die hinreichende Sicherheit des Klägers im Nordirak fest, dürfte er auf dieses Gebiet als inländische Fluchtalternative gleichwohl nur dann verwiesen werden, wenn er es - was er bestreitet - ohne unzumutbare Gefährdungen tatsächlich erreichen könnte (BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1993 - BVerwG 9 C 59.92 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 162, S. 389 und ebenso zu § 53 Abs. 6 AuslG Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <277 f.>; Urteil vom 2. September 1997 - BVerwG 9 C 40.96 - BVerwGE 105, 187 <194>). Der Nordirak wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als inländische Fluchtalternative hierbei allerdings nicht schon dann ausgeschlossen, wenn es keine Abschiebemöglichkeit in das sichere Gebiet gäbe, sofern es der Kläger in zumutbarer Weise freiwillig erreichen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 1992 - BVerwG 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 <154 f.> sowie wiederum zu § 53 Abs. 6 AuslG BVerwG, Urteil vom 15. April 1997, a.a.O., S. 278; Urteil vom 2. September 1997, a.a.O.). Denn auch in diesem Fall bedürfte er nicht des subsidiären Schutzes vor politischer Verfolgung in Deutschland. Dabei ist es, wie der Senat zur Vermeidung von Mißverständnissen anmerkt, in erster Linie Sache des Asylbewerbers, substantiiert Tatsachen vorzutragen, die ausnahmsweise eine Rückkehr in verfolgungssichere Orte des Heimatstaats als unzumutbar erscheinen lassen können. Der Hinweis auf fehlende Reisedokumente, die etwa zur Erlangung eines Transitvisums benötigt werden, reicht jedenfalls nicht aus, da diese, wenn der Ausländer seine Mitwirkung nicht verweigert, regelmäßig beschafft werden können.
Wegen der Zurückverweisung der Sache hinsichtlich des Hauptantrags erübrigt sich die revisionsgerichtliche Überprüfung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG, das nur hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag zu § 51 Abs. 1 AuslG zur Entscheidung gestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 <262 f.>). Sollte das Berufungsgericht wiederum Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG für den Kläger verneinen, wird es nach dem dann maßgeblichen Sach- und Streitstand erneut zu entscheiden haben, ob seiner Abschiebung in den Irak Hindernisse nach § 53 Abs. 1, 2, 4 AuslG oder nach § 53 Abs. 6 AuslG entgegenstehen.
Dem Senat ist es schließlich auch verwehrt, über die Anfechtung der Abschiebungsandrohung abschließend zu entscheiden, da noch offen ist, ob dem Kläger Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG im Hinblick auf den Irak zusteht oder Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 Abs. 1, 2, 4 AuslG vorliegen. Allerdings ist die Abschiebungsandrohung entgegen der Auffassung der Revision nicht schon deshalb rechtswidrig, weil darin als Abschiebungsziel "Irak (Nordirak)" angegeben ist; denn sie ist so auszulegen, daß damit - im Ergebnis zutreffend - der Irak als Zielstaat der Abschiebung bestimmt ist. Eine Beschränkung der Abschiebungsandrohung auf das sichere Teilgebiet des Abschiebezielstaats ist bundesrechtlich nicht vorgesehen.
Die Revision interpretiert Nr. 4 des Bescheids des Bundesamts - wie auch das Berufungsgericht - als Androhung der Abschiebung in den Nordirak und meint, sie sei deshalb zu unbestimmt und verstoße gegen § 50 Abs. 2 AuslG. Diese Sichtweise geht von einem unzutreffenden Verständnis des Bundesamtsbescheids aus (zur Befugnis des Bundesverwaltungsgerichts, den angefochtenen Verwaltungsakt auszulegen, vgl. Urteil des Senats vom 3. November 1998 - BVerwG 9 C 51.97 - NVwZ-RR 1999, 277 = DVBl 1999, 983 m.w.N.). Darin wird dem Kläger die Abschiebung "in den Irak (Nordirak)" angedroht. Diese Formulierung ist bereits ihrem Wortlaut nach so zu verstehen, daß sie den Staat "Irak" insgesamt als Zielstaat der Abschiebung verbindlich bestimmt. Der Klammerzusatz "(Nordirak)" hat danach lediglich die Bedeutung, erläuternd darauf hinzuweisen, daß der Kläger jedenfalls dort sicher ist. Auch der Begründung des Bescheids kann nicht entnommen werden, daß das Bundesamt entgegen dem Wortlaut des § 50 Abs. 2 AuslG nur ein Teilgebiet des Irak als Abschiebeziel bestimmen wollte.
Die Benennung des Irak als Zielstaat der Abschiebung ohne Einschränkung auf einen sicheren Gebietsteil ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn der Kläger, wie oben zu § 51 Abs. 1 AuslG unterstellt, im Zentralirak politische Verfolgung zu befürchten hätte und nur im Nordirak sicher sein sollte. § 50 Abs. 2 AuslG gebietet weder in Fällen regionaler (oder örtlich begrenzter) politischer Verfolgung noch bei nicht landesweit bestehenden Abschiebungshindernissen im Sinne des § 53 Abs. 1, 2 oder 4 AuslG, die Abschiebungsandrohung auf das sichere Teilgebiet des Abschiebezielstaats zu beschränken.
Nach § 50 Abs. 2 AuslG soll in der Abschiebungsandrohung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, daß er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er ausreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Hat der Ausländer in seinem Heimatstaat politische Verfolgung zu befürchten oder bestehen dort Abschiebungshindernisse, scheidet dieser als Zielstaat einer Abschiebung nur dann aus, wenn ihm die Gefahren landesweit drohen oder er das sichere Gebiet im Heimatstaat nicht erreichen kann (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluß vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502 u.a./86 - BVerfGE 80, 315 <342 ff.>; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324 <330>; Urteil vom 8. Dezember 1998, a.a.O., S. 87). Ist dies nicht der Fall, kann ihm grundsätzlich trotz regionaler Verfolgung oder in Gebietsteilen drohender Gefahren die Abschiebung in diesen Staat angedroht werden. Hiervon geht auch § 50 Abs. 2 AuslG aus, ohne eine Differenzierung zwischen sicheren und gefährlichen Landesteilen vorzusehen. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des § 50 Abs. 2 AuslG (vgl. dazu BTDrucks 12/2062 S. 43 und BTDrucks 11/6321 S. 74 zu der bis zum 30. Juni 1992 geltenden Fassung) geben einen Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber im Falle regionaler Verfolgung oder Gefährdung des Ausländers das Bundesamt verpflichten wollte, bereits die von ihm zu erlassende (§§ 34, 35, 39, 71 Abs. 4 AsylVfG) Abschiebungsandrohung auf die sicheren Gebiete im Abschiebungszielstaat zu beschränken. Dies erfordern auch Sinn und Zweck der Abschiebungsandrohung nicht. Sie ist Teil des Vollstreckungsverfahrens zur zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht des Ausländers. Wie in anderen Verwaltungsvollstreckungsverfahren auch soll sie dem Betroffenen ankündigen, welche staatliche Zwangsmaßnahme er zu erwarten hat, wenn er nicht, wie von Rechts wegen und in erster Linie geboten, freiwillig der ihm obliegenden Pflicht - hier seiner Ausreisepflicht innerhalb der gesetzten Frist - nachkommt. Zugleich gibt die Abschiebungsandrohung dem Ausländer Gelegenheit, etwaige Abschiebungshindernisse hinsichtlich des benannten Zielstaats im Rechtsschutzverfahren geltend zu machen. Dieser Mahn- und Warnfunktion genügt die Bezeichnung des Abschiebungszielstaats insgesamt. Dem entspricht es, daß ein Abschiebungsschutzbegehren des Ausländers grundsätzlich nur bei landesweiter Verfolgung oder bei landesweiten Abschiebungshindernissen Erfolg haben kann.
Insbesondere verlangt auch das Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht, in solchen Fällen die Abschiebungsandrohung auf das sichere Teilgebiet des Abschiebungszielstaats zu begrenzen. Freilich wäre es unzulässig, den Ausländer in eine Region des Zielstaats abzuschicken, in der ihm politische Verfolgung oder Gefahren drohen, die ein Abschiebungshindernis begründen. Es ist Sache der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde sicherzustellen, daß der Ausländer nicht in die Arme des Verfolgers oder in gefährliche Gebiete abgeschoben wird. Um dies zu vermeiden, hat die Ausländerbehörde vor der Abschiebung eines erfolglosen Asylbewerbers die Ergebnisse des abgeschlossenen Anerkennungsverfahrens sorgfältig daraufhin zur Kenntnis zu nehmen, ob dem ausreisepflichtigen Ausländer regionale Verfolgung oder sonst erhebliche Gefahren in Teilen des Abschiebungszielstaats drohen und er deshalb möglicherweise nur in bestimmten Gebieten sicher ist. Vor diesem Hintergrund mag es mit Blick auf den gebotenen Schutz des Ausländers durchaus zweckmäßig sein, das nach der Feststellung des Bundesamts sichere Gebiet durch einen Hinweis im Entscheidungsausspruch, wie im Falle des Klägers geschehen, klarstellend hervorzuheben, um so die Vollstreckungsbehörde auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Rechtlich geboten ist ein solcher Hinweis indessen nicht. Denn der Ausländer hat es zunächst selbst in der Hand, freiwillig in das sichere Gebiet des Abschiebezielstaats auszureisen. Selbst wenn er dies pflichtwidrig unterläßt und deshalb zwangsweise abgeschoben werden muß, steht ihm ausreichender verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegenüber der Ausländerbehörde im Vollstreckungsverfahren zur Verfügung. Besteht für den Ausländer nach rechtskräftigem Abschluß seines Asylverfahrens berechtigter Anlaß für die Annahme, daß die Abschiebung alsbald zu erwarten ist und hierbei seine Rückführung in nicht verfolgungsfreie oder auch sonst nicht sichere Gebiete des Zielstaats droht, kann er von der Ausländerbehörde die Bekanntgabe des beabsichtigten Abschiebewegs verlangen. Gegebenenfalls kann er einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, auch wenn die Ausländerbehörde sich weigern sollte, für eine bevorstehende Abschiebung den Weg bekanntzugeben. Die Ausländerbehörde ist in diesem Fall verpflichtet, die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes vor der Durchführung der Abschiebung zu ermöglichen (allgemein zu den Anforderungen eines ausreichenden effektiven Rechtsschutzes in asylverfahrensrechtlichen Eilfällen vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 168 <216> sowie S. 207 ff. zum sog. Flughafenverfahren).
Ende der Entscheidung
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