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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.06.2009
Aktenzeichen: BVerwG 9 VR 1.09
Rechtsgebiete: FStrG, VwVfG, VwGO, VerkPBG


Vorschriften:

FStrG § 17a Abs. 7 Satz 1
FStrG § 17 Abs. 4 Satz 1 a.F.
VwVfG § 73 Abs. 3
VwVfG § 73 Abs. 5
VwVfG § 73 Abs. 8
VwVfG § 76
VwGO § 80 Abs. 5
VerkPBG § 5 Abs. 2 Satz 3
Nach Aufhebung der wegen fehlender Realisierbarkeit des Vorhabens ausgesprochenen Aussetzung der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung durch die Behörde ist dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten mit einem fristgebundenen Rechtsschutzantrag unabhängig davon, wann er mit eigenen Beeinträchtigungen zu rechnen hat, regelmäßig nicht zumutbar.
In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

am 23. Juni 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und

die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Prof. Dr. Korbmacher

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 8. April 2008 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7 500 EUR festgesetzt.

Gründe:

1.

Der Antrag, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (BVerwG 9 A 25.08) gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners für den Ausbau der B 180 in Burkhardtsdorf (2. Bauabschnitt) begehrt, ist nach § 5 Abs. 2 des gemäß § 11 Abs. 2 weiterhin anwendbaren Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (VerkPBG) i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache zuständig. Der Planfeststellungsbeschluss (PFB) betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG. Die von der Antragstellerin hiergegen erhobene Klage entfaltet nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG keine aufschiebende Wirkung mehr, nachdem der Antragsgegner die wegen des zunächst noch nicht absehbaren Baubeginns angeordnete Aussetzung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Beschlusses mit Entscheidung vom 25. März 2009 aufgehoben hat.

Der Zulässigkeit des Eilantrags steht nicht entgegen, dass mit der Errichtung der unmittelbar vor dem Grundstück der Antragstellerin geplanten Behelfsbrücke frühestens im Sommer 2010 begonnen werden soll. Dass bei isolierter Betrachtung der von der Behelfsbrücke ausgehenden Beeinträchtigungen noch kein aktueller Entscheidungsbedarf besteht, führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags. Die Aufhebung der Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses ist uneingeschränkt erfolgt und hat als neue Tatsache den Lauf der einmonatigen Antragsfrist in Gang gesetzt (§ 5 Abs. 2 Satz 3 VerkPBG). Damit war die Antragstellerin zur Vermeidung eines Rechtsverlustes gezwungen, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu stellen. Die Antragstellerin wendet sich auch nicht ausschließlich gegen die Behelfsbrücke, sondern sie greift die Planung insgesamt an, so dass der Einwand, die Antragstellerin hätte von dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zunächst Abstand nehmen und den weiteren Verlauf der Bauarbeiten abwarten müssen (vgl. hierzu Beschluss vom 17. September 2001 - BVerwG 4 VR 19.01 (4 A 40.01) - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66), von vornherein nicht greift. Im Übrigen zeigt der vorliegende Fall, dass dem Betroffenen ein Abwarten nach Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung durch die Behörde regelmäßig nicht zumutbar ist, selbst wenn - wie hier - ein erst in weiterer Zukunft liegender Baubeginn feststeht. Der Zeitpunkt, zu dem der Betroffene den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes frühestens stellen könnte, würde sich sonst genauso wenig hinreichend eindeutig bestimmen lassen wie derjenige, zu dem er ihn spätestens stellen müsste, um nicht die Monatsfrist des § 5 Abs. 2 Satz 3 VerPBG zu versäumen. Dies kann nicht zu Lasten des Betroffenen gehen.

2.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur Entscheidung über ihre Klage. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage der zur Begründung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorgetragenen Gesichtspunkte verstößt der Planfeststellungsbeschluss voraussichtlich nicht gegen Rechtsvorschriften, deren Verletzung die Antragstellerin mit der Folge einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Notwendigkeit eines ergänzenden Verfahrens (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG) geltend machen kann. Unter diesen Umständen besteht kein hinreichender Anlass dafür, von der in § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit der Planfeststellung abzusehen.

a)

Die Antragstellerin ist - auch wenn für sie als Eigentümerin und Bewohnerin des an der Straße liegenden Hauses die Auswirkungen des Vorhabens deutlich spürbar sein werden - nicht im rechtlichen Sinne unmittelbar, sondern mittelbar Betroffene. Eine unmittelbare Betroffenheit im planungsrechtlichen Sinne läge nur vor, wenn durch das Vorhaben Grundstücksflächen, die im Eigentum der Antragstellerin stehen, in Anspruch genommen würden, der Planfeststellungsbeschluss daher die Voraussetzungen für eine Enteignung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 FStrG) schaffen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Als nur mittelbar von einem Planvorhaben Betroffene kann die Antragstellerin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der planerischen Entscheidung verlangen. Im Anfechtungsprozess sind in einem derartigen Fall nur rechtlich geschützte eigene Belange wehrfähig (Urteil vom 8. Juli 1998 - BVerwG 11 A 30.97 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 21 S. 47; Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 18).

b)

Die Antragstellerin kann mit den ihre Belange betreffenden Einwendungen gegen den Plan nicht mehr gehört werden, soweit diese bereits Gegenstand der ursprünglichen Planunterlagen waren. Dies folgt aus § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F., § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n.F. Danach sind Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Bekanntmachung der Auslegung hingewiesen wurde. Die Gemeinde Burkhardtsdorf hat die Pläne gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG, § 17 Abs. 3b Satz 2 FStrG a.F. ausgelegt, die Auslegung ortsüblich bekannt gemacht und auf die Möglichkeit, Einwendungen bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist geltend zu machen, sowie darauf hingewiesen, dass Einwendungen nach Ablauf der Frist ausgeschlossen sind (§ 1 Satz 1 SächsVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwVfG, § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG a.F.). Ob die Antragstellerin von der Auslegung tatsächlich Kenntnis erlangt hat, ist unerheblich. Eine Pflicht zu einer individuellen Benachrichtigung von der Auslegung bestand für die Planfeststellungsbehörde lediglich bei nicht ortsansässigen Betroffenen, deren Person und Aufenthalt bekannt waren (§ 3 Abs. 2 Satz 3 VerkPBG).

Die Antragstellerin hat sich innerhalb der Einwendungsfrist nicht mit Einwendungen gemeldet, sondern erstmals mit ihrem Schreiben vom 7. Dezember 2006 auf das Anschreiben des Antragsgegners vom 20. November 2006, mit dem dieser sie gemäß § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG als von einer Planänderung Betroffene angeschrieben hat, reagiert und dabei unter anderem auch Einwendungen gegen die von der Änderung nicht berührten Festsetzungen erhoben. Mit diesen Einwendungen ist sie materiell präkludiert. Es handelt sich bei der Tektur zwar nicht um ein Änderungsverfahren im Sinne des § 76 VwVfG, sondern es liegt ein einheitliches Planfeststellungsverfahren vor, das sowohl den Feststellungsentwurf 2004 als auch den Tekturentwurf und die jeweiligen Verfahrensabschnitte umschließt. Auch wenn die Änderung des Plans mithin einen unselbständigen Abschnitt eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens darstellt, so bleibt es jedoch hinsichtlich der von der Änderung nicht berührten Teile des Plans bei der einmal eingetretenen Präklusionswirkung. § 73 Abs. 8 VwVfG eröffnet nur für Einwendungen gegen die Planänderung das Anhörungsverfahren neu (vgl. Beschluss vom 27. Oktober 1997 - BVerwG 11 VR 4.97 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 17 S. 40). § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n.F. stellt dies nunmehr ausdrücklich klar.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Antragstellerin allerdings nicht auch mit ihren im Klageverfahren und im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachten Einwendungen gegen die Errichtung der Behelfsbrücke präkludiert. Ob die Antragstellerin mit ihrem Einwendungsschreiben vom 7. Dezember 2006 wenigstens in groben Zügen die Beeinträchtigungen durch die Behelfsbrücke, die sie im Klage- und Eilrechtsschutzverfahren vorbringt, vorgetragen hat (vgl. zu den Substantiierungsanforderungen Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195), bedarf keiner Entscheidung. Denn ein Einwendungsausschluss setzt - wie erwähnt - einen entsprechend eindeutigen Hinweis auf die Rechtsfolgen nicht fristgemäß vorgebrachter Stellungnahmen voraus. Daran fehlt es im Schreiben vom 20. November 2006. In diesem ist lediglich der Hinweis enthalten, dass Einwendungen gegen die Änderungen schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens, "spätestens jedoch bis zum 08.12.2006" zu erheben sind. Ein Hinweis auf die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung dieser Frist fehlt. Als solcher genügt insbesondere nicht der Passus in dem Schreiben, dass rechtzeitig erhobene Einwendungen in einem Termin erörtert werden können. Hieraus lässt sich für den Adressaten ebenfalls nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit die Rechtsfolge einer unterbliebenen oder nicht fristgerechten Beteiligung erkennen.

c)

Unabhängig von dem danach eingetretenen teilweisen Einwendungsausschluss greifen die Einwendungen der Antragstellerin aber auch insgesamt aus sachlichen Gründen nicht durch.

aa)

Die gegen die Aufhebung der Aussetzung der sofortigen Vollziehung gerichtete Rüge, die Dringlichkeit der Baumaßnahme sei nicht ersichtlich, da die finanziellen Mittel über einen Zeitraum von einem Jahr nicht zur Verfügung gestanden hätten, greift nicht durch. Der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass sich die Dringlichkeit eines Straßenbauvorhabens nicht nach den finanziellen Möglichkeiten für die Realisierung der Baumaßnahme, sondern nach der konkreten Verkehrssituation und der Notwendigkeit einer baldigen Verbesserung dieser Situation, z.B. aus Gründen der Verkehrssicherheit, richtet. Dass insoweit an dem Knoten B 180/B 95 ein dringender Bedarf besteht, die Verkehrsführung zu ändern, den Verkehrsfluss zu verbessern, die Unfallhäufigkeit zu senken und den Schadstoffausstoß zu verringern, wird im Planfeststellungsbeschluss ausführlich belegt (PFB S. 26). Das Vorhandensein der finanziellen Mittel für die Durchführung des planfestgestellten Vorhabens und damit der Wegfall des Hinderungsgrundes, der einer sofortigen Vollziehung entgegenstand, stellt eine veränderte Situation dar, die der Antragsgegner zum Anlass nehmen durfte, über die Aufhebung der Aussetzung erneut zu entscheiden (vgl. Beschluss vom 17. September 2001 - BVerwG 4 VR 19.01 (4 A 40.01) - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66 S. 4).

bb)

Soweit die Antragstellerin die Trassenwahl kritisiert und die geplante Errichtung der Behelfsbrücke unter Hinweis auf eine mögliche andere Planungsvariante in Frage stellt, kann sie ebenfalls keinen Erfolg haben. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Auswahl bei verschiedenen Trassenvarianten, die auch auf die Variantenauswahl bei mehreren in Betracht kommenden Behelfslösungen während der Bauzeit übertragen werden kann, ist die Trassenwahl als Abwägungsentscheidung gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich (§ 17 Satz 2, § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG). Ihre Rechtmäßigkeit hängt nicht davon ab, ob für eine andere planerische Lösung einleuchtende Gründe angeführt werden können. Es reicht aus, wenn die Behörde sich mit dem Für und Wider der gegenläufigen Belange auseinander gesetzt hat und tragfähige Gründe für die gewählte Lösung anführen kann. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Lösung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblicher Belange als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde (vgl. Urteile vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.> und vom 9. Februar 2005 - BVerwG 9 A 80.03 - NVwZ-RR 2005, 453; Beschluss vom 14. Mai 1996 - BVerwG 7 NB 3.95 - BVerwGE 101, 166 <173>). Gemessen hieran erweist sich weder die Trassenauswahl im Planfeststellungsbeschluss einschließlich der Variantenauswahl im Knotenbereich B 180/B 95 noch die Entscheidung für die baubedingte Übergangslösung als fehlerhaft. Im Rahmen der Variantenprüfung hat sich keine der untersuchten Varianten für die Trassenführung und Knotengestaltung als eindeutig vorzugswürdig erwiesen (PFB S. 27 ff.). Es ist auch nicht erkennbar, dass die Planfeststellungsbehörde nicht alle nach Lage der Dinge ernsthaft in Betracht kommenden Varianten geprüft hätte. Insbesondere hat sie in Erwägung gezogen, ob durch die geplante Ortsumgehung auf die Planung verzichtet werden könnte (Nullvariante), dies aber mit dem nachvollziehbaren Argument verworfen, dass der innerörtliche Quell- und Zielverkehr auch bei Realisierung der Ortsumgehung eine Verbesserung der unzureichenden Verkehrssituation im Knotenpunkt erfordere (PFB S. 31).

Auch mit der Rüge, es sei verwunderlich, dass dem Einwand von nur acht Betroffenen, die im Anhörungsverfahren Bedenken gegen die ursprünglich geplante Umleitungsstrecke geäußert haben, entsprochen worden sei, zeigt die Antragstellerin nicht auf, dass die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde den dargelegten Anforderungen nicht entspricht. Im Planfeststellungsbeschluss wird darauf hingewiesen, dass die ursprünglich vorgesehene weiträumige Umleitungslösung für die südlich des Flusses Zwönitz wohnenden Anwohner erhebliche Beeinträchtigungen zur Folge gehabt hätte. Diese hätten in der Anhörung geltend gemacht, dass ohne ein Behelfsbrückenbauwerk unzumutbare Umwege bis zu 15 km entständen und Betriebe dadurch in ihrer Existenz gefährdet würden (PFB S. 107). Ergänzend hat der Antragsgegner im Klageverfahren vom ausgeführt, dass von der Umleitungsstrecke 13 km durch Ortsdurchfahrten geführt hätten, so dass eine ähnlich große Personenzahl wie bei der Vorzugslösung ähnlich hohen Lärmbelastungen ausgesetzt gewesen wäre. Dass der Verzicht auf die Behelfsbrücke die schonendere Lösung gewesen wäre, drängt sich danach nicht auf.

Ohne Erfolg bleibt die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Rüge, die Behelfsbrücke erfülle nicht die Kriterien, die das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit in einem Schreiben vom 10. März 2006 (Anlage 1 der Klageerwiderung vom 20. August 2008) aufgestellt habe. Unabhängig davon, dass insoweit ein eigener Belang der Antragstellerin, der betroffen sein könnte, nicht zu erkennen ist, ist der Antragsgegner diesem Einwand überzeugend entgegengetreten mit dem Hinweis darauf, dass durch eine Optimierung der Brückenkonstruktion nach der einschlägigen Belastungsklasse nunmehr eine uneingeschränkte Nutzung möglich sei und auch Schwerverkehr von mehr als 10 m Länge die Behelfsbrücke befahren könne.

cc)

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nicht erkennbar, dass die Verkehrsprognose für die Bauphase oder für die Zeit nach der Fertigstellung des planfestgestellten Vorhabens seitens des Vorhabenträgers nicht in methodisch fachgerechter Weise erarbeitet und damit von zu geringen Lärm- und Luftschadstoffbelastungen für die Anlieger ausgegangen worden ist. Daher kann dahinstehen, ob diesbezügliche Fehler überhaupt einen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit begründen würden und nicht nur Einfluss auf Art und Umfang zugunsten der Antragstellerin gebotener Maßnahmen zum Schutz vor Verkehrslärm hätten, die nachgeholt werden können, ohne dass sich daraus Konsequenzen für die Planung als solche ergäben (vgl. Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <133 f.>).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt eine ordnungsgemäße Untersuchung der von einem Straßenbauvorhaben voraussichtlich ausgehenden Geräuschimmissionen voraus, dass die Lärmprognose bzw. die ihr zugrunde liegende Verkehrsprognose mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände methodisch fachgerecht erstellt worden ist. Die Überprüfungsbefugnis des Gerichts erstreckt sich allein auf die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalts und darauf, ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 CB 1.90 - NVwZ-RR 1991, 129 <131>; Urteile vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 1.97 - BVerwGE 107, 313 <326> m.w.N. und vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - NVwZ 2009, 302 <319>). Hieran gemessen greifen die Rügen der Antragstellerin nicht durch.

(1)

Der Annahme der Antragstellerin, nach der vorliegenden Verkehrsmengenabschätzung des Vorhabenträgers vom 2. Juli 2008 (Anlage 2 zur Klageerwiderung) sei zum Prognosehorizont 2010 in ihrem "Betroffenheitsbereich" mit einem Verkehrsaufkommen von rund 32 000 Fahrzeugen pro Tag zu rechnen, ist der Antragsgegner überzeugend mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, dass das Verkehrsaufkommen abschnittsweise für beide Fahrtrichtungen ermittelt worden sei und die Angaben über das Verkehrsaufkommen daher jeweils die Summe des Verkehrs auf beiden Richtungsfahrbahnen enthalte. Das Verkehrsaufkommen der Abschnitte dürfe daher nicht - wie durch die Antragstellerin geschehen - noch einmal verdoppelt werden. Der Antragsgegner hat damit ferner den Einwand der Antragstellerin entkräftet, es sei für die Behelfsbrücke nicht, wie in der schalltechnischen Untersuchung vom 9. Juli 2008 (Anlage 3 zur Klageerwiderung) über den während der Umleitung des Verkehrs über die Behelfsbrücke zu erwartenden Lärm angenommen, mit einem Verkehrsaufkommen von ca. 10 400 Fahrzeugen, sondern mit einem solchen von rund 20 800 Fahrzeugen zu rechnen. Aus der Verkehrsmengenabschätzung für die Behelfsbrücke vom 2. Juli 2008 (S. 11) ergibt sich, dass auch insoweit das Verkehrsaufkommen abschnittsweise für beide Fahrtrichtungen ermittelt wurde.

(2)

Die schalltechnische Untersuchung zu den durch die Behelfsbrücke entstehenden Lärmbelastungen weist nicht die von der Antragstellerin gerügten methodischen Mängel auf. Es ist nicht zu beanstanden, dass in ihr die Rückstaus auf der Behelfsbrücke keine gesonderte Berücksichtigung gefunden haben. Abgesehen davon, dass die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und die Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) nicht auf umleitungsbedingte und damit vorübergehende Lärmimmissionen Anwendung finden, sondern insoweit die Zumutbarkeitsgrenze für die Betroffenen situationsbedingt nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist (Beschluss vom 26. Januar 2000 - BVerwG 4 VR 19.99 (4 A 53.99) - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 156 S. 38 m.w.N.), weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass ein genereller Zuschlag, wie er für lichtzeichengeregelte Kreuzungen in Punkt 4.2 der RLS-90 vorgesehen ist, für beschrankte Bahnübergänge nicht existiert, da diese im Vergleich zu den Zyklen von Lichtzeichenanlagen in der Regel in sehr viel größeren Abständen geschlossen werden. Auch vorliegend ist die konkrete Situation der Antragstellerin angesichts der Zahl von 37 Schrankenschließungen pro Tag nicht mit derjenigen vergleichbar, die bei lichtzeichengeregelten Kreuzungen und Einmündungen auftritt. Es bestand daher kein Anlass, von der typisierenden Betrachtung, wie sie der RLS-90 zugrunde liegt, abzuweichen. Die besonderen Belastungen, die durch das Gefälle der Brücke auftreten, sind, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, in dem Gutachten berücksichtigt worden. Unzumutbare Lärmbelastungen werden schließlich auch dadurch vermieden, dass die mit dem Planfeststellungsbeschluss festgelegten passiven Schallschutzmaßnahmen vor Beginn der Baumaßnahme realisiert und damit bereits im Zeitpunkt der Errichtung und des Betriebs der Behelfsbrücke wirksam werden. Dies hat der Vorhabenträger mit Schreiben vom 15. Juli 2008 (Anlage 4 zur Klageerwiderung vom 20. August 2008) ausdrücklich zugesichert.

dd)

Die Rüge der Antragstellerin, ihr Grundstück werde unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe ausgesetzt sein, wird voraussichtlich ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Es trifft nicht zu, dass im Bericht über die verkehrsbedingten Luftschadstoffimmissionen vom 7. Juli 2008 (Anlage 5 zur Klageerwiderung vom 20. August 2008) deutliche Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden.

Aus dem Bericht ergibt sich, dass die Grenzwerte für verkehrsbedingte Luftschadstoffe sämtlich eingehalten und die Werte teilweise deutlich unterschritten werden. Wie die Antragstellerin zu der gegenteiligen Erkenntnis kommt, lässt sich ihrem pauschalen Vorbringen nicht entnehmen. Auch ihre Kritik daran, dass dem Bericht die Grenzwerte von 2010 zugrunde lägen, überzeugt nicht, da es in dem angesprochenen Gutachten um die Belastungen geht, die die Antragstellerin während der Bauphase durch die Errichtung der Behelfsbrücke befürchtet. Diese Baumaßnahme wird aber nicht vor dem Sommer 2010 durchgeführt werden. Unzutreffend ist ferner der Vorwurf der Antragstellerin, bei der Begutachtung seien der nahegelegene Bahnübergang und die Schrankensituation nicht berücksichtigt worden. Das Gegenteil ist richtig. Ausweislich der Ausführungen auf Seite 9 des Berichts sind sowohl der Bahnübergang als auch die insgesamt 37 Schließungen und die dadurch hervorgerufenen Staubildungen gesehen und als örtliche Besonderheit bei der Ermittlung der Luftschadstoffe in die Berechnung eingestellt worden. Fehl geht schließlich auch das Argument der Antragstellerin, die gutachterliche Stellungnahme sei wegen der darin vorgenommenen rechtlichen Wertungen und der am Schluss des Berichts abgegebenen Empfehlung unsachlich und könne daher nicht berücksichtigt werden. Welche angeblichen rechtlichen Wertungen die Antragstellerin meint, legt sie ebenso wenig dar wie sonstige Umstände, die gegen die fachliche Richtigkeit des Berichts oder die Qualifikation des Gutachters sprechen. Die Schlussfolgerung in dem Bericht, dass Maßnahmen zur Schadstoffminderung nicht zu ergreifen seien, ist vom Gutachterauftrag gedeckt. Dass die gutachterliche Stellungnahme erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in Auftrag gegeben und angefertigt wurde, steht ihrer Berücksichtigung ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass es sich nicht um ein gerichtlich in Auftrag gegebenes Gutachten handelt. Die Planfeststellungsbehörde und der Vorhabenträger sind nicht gehindert, nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Rahmen von Verwaltungsrechtsstreitigkeiten weitere oder ergänzende Gutachten in Auftrag zu geben und diese in den Prozess als ihren Vortrag stützende und substantiierende sachverständige Äußerungen einzuführen. Der Vorhabenträger hat im Übrigen eine umfassende Untersuchung zu den verkehrsbedingten Schadstoffimmissionen in der Umgebung des geplanten Ausbaus der B 180 bereits während des Planaufstellungsverfahrens erstellen lassen. Dieses Gutachten vom 6. August 2007 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass in der Umgebung des geplanten zweiten Bauabschnittes der B 180 keiner der ab dem Jahr 2010 geltenden Grenzwerte erreicht wird.

ee)

Die Antragstellerin muss auch nicht mit unzumutbaren Verschattungen durch die Behelfsbrücke rechnen. Der Antragsgegner hat hierzu im Klageverfahren Untersuchungen zu den durch die Behelfsbrücke entstehenden Verschattungen veranlasst (Anlage 7 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 8. Januar 2009). Danach wird es auch bei Berücksichtigung von auf der Behelfsbrücke verkehrenden Lkw lediglich im Dezember zu Verschattungen des Untergeschosses durch vorbeifahrende Lkw kommen. Dies ist angesichts der Standzeit der Brücke von voraussichtlich neun Monaten nicht unzumutbar.

ff)

Die Befürchtung der Antragstellerin, durch die Bauausführung oder den vorbeifließenden Verkehr könnten Schäden an ihrem Gebäude entstehen, hat der Antragsgegner im Schriftsatz vom 8. Januar 2009 durch die Darstellung der beabsichtigten Konstruktionsweise, durch die verhindert werde, dass ein Lasteintrag auf dem Grundstück der Antragstellerin erfolgt, ausgeräumt. Durch das vor Beginn der Baumaßnahmen durchzuführende Beweissicherungsverfahren werde im Übrigen sichergestellt, dass bei dennoch eintretenden Schäden für die Antragstellerin kein Rechtsnachteil entsteht.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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