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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.12.1989
Aktenzeichen: 165/88
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Zwar begegnen die Beibehaltung oder Einführung nationaler Maßnahmen zur Verwirklichung der gemeinschaftlichen Ziele durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der ihnen gemäß Artikel 5 EWG-Vertrag obliegenden Pflicht zur Zusammenarbeit in bestimmten Fällen grundsätzlich keinen Bedenken, wenn der Rat Maßnahmen nicht erlässt, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaften fallen; daraus lässt sich jedoch kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts herleiten, daß die Mitgliedstaaten ersatzweise für den Rat handeln müssten, wenn dieser in seine Zuständigkeit fallende Maßnahmen nicht ergreift.

2. Das Gemeinschaftsrecht und die Gemeinschaftsvorschriften über die Mehrwertsteuer stehen bei ihrem gegenwärtigen Stand einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach bei der Berechnung der Mehrwertsteuer, die auf den durch den Verkauf von Gebrauchtgegenständen erzielten Umsatz geschuldet wird, die Steuer nicht berücksichtigt werden kann, die im Ankaufspreis der Gegenstände enthalten ist, die nicht steuerpflichtigen Privatpersonen zum Zweck des Wiederverkaufs abgekauft worden sind.

Solange der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht tätig geworden ist und da es unmöglich ist, in dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem bei seinem gegenwärtigen Stand die Grundlagen zu finden, die für die Definition und die Festlegung von Anwendungsmodalitäten eines gemeinsamen Steuersystems notwendig sind, mit dem auf dem Gebiet des Handels mit Gebrauchtgegenständen eine doppelte Besteuerung verhindert werden könnte, muß nämlich Artikel 32 der Sechsten Richtlinie angewandt werden, der den Mitgliedstaaten, die eine Sonderregelung für die Mehrwertsteuer auf Gebrauchtgegenstände anwenden, lediglich gestattet, diese beizubehalten, sie jedoch keineswegs verpflichtet, eine solche Regelung einzuführen, falls sie nicht besteht.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 5. DEZEMBER 1989. - ORO AMSTERDAM BEHEER BV UND CONCERTO BV GEGEN INSPECTEUR DER OMZETBELASTING. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: GERECHTSHOF AMSTERDAM - NIEDERLANDE. - MWST - REGELUNG DES WEITERVERKAUFS VON GEBRAUCHTGEGENSTAENDEN. - RECHTSSACHE 165/88.

Entscheidungsgründe:

1 Der Gerechtshof Amsterdam hat mit Beschluß vom 24. Mai 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Juni 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des EWG-Vertrags und der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 ( 77/388/EWG ) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ( ABl. L 145, S. 1, nachstehend : Sechste Richtlinie ) zur Vorabentscheidung vorgelegt, um beurteilen zu können, ob das niederländische Steuerrecht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, soweit es keine besonderen Bestimmungen für die Anwendung des Mehrwertsteuersystems auf den Handel mit Gebrauchtgegenständen umfasst, wenn diese zum Zweck des Wiederverkaufs Privatpersonen abgekauft worden sind.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der ORO Amsterdam Beheer BV und der Concerto BV einerseits und der niederländischen Finanzverwaltung andererseits wegen der Mehrwertsteuer, die für den im Dezember 1986 erzielten Umsatz geschuldet wird.

3 Nach den Akten verkauften die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die einen Handel mit neuen und gebrauchten Schallplatten, Musikkassetten und Compact Discs betreiben, im Dezember 1986 Gegenstände zu einem Gesamtbetrag von 256 698 HFL ohne Mehrwertsteuer, wovon ein Teilbetrag von 250 915 HFL mit einer 20%igen Mehrwertsteuer belastet ist. Unter Berücksichtigung des Vorsteuerabzugs zahlten die Klägerinnen Mehrwertsteuer in Höhe von 37 608 HFL an die Verwaltung.

4 Jedoch erhoben die Klägerinnen am 5. März 1987 eine Klage beim Gerechtshof Amsterdam, mit der sie beantragten, ihnen die gezahlte Steuer in Höhe von 6 251 HFL zu erstatten, da von der für die Verkäufe vom Dezember 1986 geschuldeten Steuer der Mehrwertsteuerbetrag abgezogen werden müsse, der noch im Preis der Gegenstände enthalten sei, die sie von Privatpersonen angekauft hätten. Die Klägerinnen bezifferten diesen Betrag pauschal auf 20/120 der Summe der im Dezember 1986 getätigten Ankäufe von Gebrauchtgegenständen, das heisst auf 37 509 HFL, und verlangten die Erstattung von 6 251 HFL.

5 Der Gerechtshof Amsterdam stellte fest, daß keine Bestimmung des niederländischen Steuerrechts die Möglichkeit eröffne, die Steuer als Vorsteuer abzuziehen, mit der Gebrauchtgegenstände noch belastet seien, die ein Steuerpflichtiger von einer nichtsteuerpflichtigen Privatperson gekauft habe. Nach den Mehrwertsteuerrichtlinien sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei jedoch eines der Hauptmerkmale des Mehrwertsteuersystems, daß auf jeder Handelsstufe die Vorsteuer auf die geschuldete Steuer angerechnet werde. Der Gerechtshof Amsterdam hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende beide Fragen vorgelegt :

"1 ) Steht es mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ( 77/388/EWG ), in Einklang, daß ein Mitgliedstaat im Dezember 1986 Umsatzsteuer in voller Höhe auf die Lieferung von Gebrauchtgegenständen erhebt, ohne dabei in irgendeiner Weise dem Umstand Rechnung zu tragen, daß diese Gegenstände Privatpersonen abgekauft worden sind, obwohl sich doch der Rat der Europäischen Gemeinschaften in dieser Sechsten Richtlinie verpflichtet hat und angekündigt hat, vor dem 31. Dezember 1977 die gemeinschaftliche Regelung für die Besteuerung von Gebrauchtgegenständen zu erlassen, dem bis heute jedoch noch nicht nachgekommen ist?

2 ) Falls die erste Frage verneint wird, auf welche Weise ist dann bei der Festsetzung der für die Lieferung von Gebrauchtgegenständen geschuldeten Umsatzsteuer dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Gegenstände von Privatpersonen gekauft wurden?"

6 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, der Gemeinschaftsregelung, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

7 Die erste Frage des Gerechtshofs Amsterdam geht im wesentlichen dahin, ob das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Sechste Richtlinie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach bei der Berechnung der Mehrwertsteuer, die auf den durch den Verkauf von Gebrauchtgegenständen erzielten Umsatz geschuldet wird, die Steuer nicht berücksichtigt werden kann, die im Ankaufspreis der Gegenstände noch enthalten ist, die nichtsteuerpflichtigen Privatpersonen zum Zweck des Wiederverkaufs abgekauft worden sind.

8 Gegenwärtig enthält keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts eine Sonderregelung für die Mehrwertsteuer auf Gebrauchtgegenstände. Die Kommission hatte in Artikel 26 ihres dem Rat am 29. Juni 1973 vorgelegten Vorschlags für die Sechste Richtlinie ( ABl. C 80, S. 1 ) "eine Sonderregelung für Gebrauchtgegenstände" vorgesehen, die Absatz 1 dieser Bestimmung wie folgt definierte : "Unter 'Gebrauchtgegenständen' sind gebrauchte bewegliche Gegenstände zu verstehen, die in unverändertem Zustand oder nach Instandsetzung wiederverwendet werden können, mit Ausnahme von Originalkunstwerken, die von der Hand des Künstlers geschaffen worden sind, von Antiquitäten, Sammlungsstücken, Sammlerbriefmarken und alten Münzen."

9 Nach dieser "Sonderregelung" sollte ein Steuerpflichtiger, der einen einem Nichtsteuerpflichtigen gehörenden Gebrauchtgegenstand erwirbt und diesen zum Wiederverkauf bestimmt, die Mehrwertsteuer berücksichtigen können, mit der der fragliche Gegenstand belastet war; sie legte die Berechnungsmodalitäten des Vorsteuerabzugs fest, zu dem der Erwerber so berechtigt sein sollte.

10 Da auf der Grundlage des Vorschlags der Kommission keine Entscheidung möglich war, erließ der Rat als Übergangsvorschrift Artikel 32 der Sechsten Richtlinie, der wie folgt lautet :

"Der Rat erlässt vor dem 31. Dezember 1977 auf Vorschlag der Kommission einstimmig die gemeinschaftliche Regelung für die Besteuerung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Antiquitäten und Sammlungsstücken. Bis zur Anwendung dieser Gemeinschaftsregelung können die Mitgliedstaaten, die auf diesem Gebiet bei Inkrafttreten dieser Richtlinie eine Sonderregelung anwenden, diese beibehalten."

11 Gemäß Absatz 1 dieser Bestimmung legte die Kommission dem Rat am 11. Januar 1978 einen Vorschlag für eine siebente Richtlinie betreffend eine "gemeinsame Regelung über die Anwendung der Mehrwertsteuer auf Umsätze von Kunstgegenständen, Sammlungsstücken, Antiquitäten und Gebrauchtgegenständen" ( ABl. C 26, S. 2 ) vor, der später geändert wurde. ( Die Änderungen wurden dem Rat am 16. Mai 1979 vorgelegt; ABl. C 136, S. 8.) Da der Rat zu keiner Entscheidung kommen konnte, wurde dieser Vorschlag von der Kommission im November 1987 zurückgezogen. Am 11. Januar 1989 wurde dem Rat ein neuer Vorschlag ( ABl. C 76, S. 10 ) vorgelegt, jedoch ist dieser noch nicht angenommen worden.

12 Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens sowie die Kommission machen erstens geltend, aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( Urteile vom 5. Mai 1982 in der Rechtssache 15/81, Schul, Slg. 1982, 1409, und vom 21. Mai 1985 in der Rechtssache 47/84, Schul, Slg. 1985, 1491 ) ergebe sich ein allgemeines Verbot der doppelten Besteuerung, so daß nationale Maßnahmen zu ihrer Vermeidung, insbesondere im Bereich der Gebrauchtgegenstände, gültig seien ( Urteile vom 10. Juli 1985 in der Rechtssache 16/84, Kommission/Niederlande, Slg. 1985, 2355, und in der Rechtssache 17/84, Kommission/Irland, Slg. 1985, 2375 ).

13 Zweitens wird geltend gemacht, daß die Mitgliedstaaten nach den Urteilen vom 5. Mai 1981 in der Rechtssache 804/79 ( Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1981, 1045 ) und vom 28. März 1984 in den verbundenen Rechtssachen 47 und 48/83 ( Pluimveeslachterij, Slg. 1984, 1721 ) bei Untätigkeit des Rates Maßnahmen zur Verwirklichung der gemeinschaftlichen Ziele beibehalten oder einführen könnten. Obwohl die Maßnahmen zur Steuerharmonisierung in die ausschließliche Zuständigkeit des Rates fielen, seien die Mitgliedstaaten in Anbetracht der Untätigkeit des Rates sogar verpflichtet, hinsichtlich der Regelung für die Besteuerung von Gebrauchtgegenständen tätig zu werden, um so das fundamentale Verbot doppelter Besteuerungen zu beachten. Diese Verpflichtung zu handeln habe ihren Grund in der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer.

14 Die niederländische Regierung trägt dagegen vor, Artikel 32 der Sechsten Richtlinie enthalte eine "Standstill"-Klausel, die es den Mitgliedstaaten untersage, die bestehenden Sonderbestimmungen für Gebrauchtgegenstände zu ändern oder zu erweitern; er wolle dadurch zusätzliche Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verhindern. Artikel 32 impliziere in keiner Weise, daß die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, eine Sonderregelung für Gebrauchtgegenstände zu erlassen.

15 Um die Frage zu beantworten, ob die Mitgliedstaaten handeln können oder müssen, wenn der Rat es unterlässt, die gemeinschaftliche Regelung für die Besteuerung von Gebrauchtgegenständen - wie in Artikel 32 Absatz 1 vorgesehen - festzulegen, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof in der Tat entschieden hat, daß die Beibehaltung oder Einführung nationaler Maßnahmen zur Verwirklichung der gemeinschaftlichen Ziele durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der ihnen gemäß Artikel 5 EWG-Vertrag obliegenden Pflicht zur Zusammenarbeit in bestimmten Fällen grundsätzlich keinen Bedenken begegnen, wenn der Rat Maßnahmen nicht erlässt, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaften fallen. Aus dieser Rechtsprechung lässt sich jedoch kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts herleiten, daß die Mitgliedstaaten ersatzweise für den Rat handeln müssten, wenn dieser in seine Zuständigkeit fallende Maßnahmen nicht ergreift.

16 Der Kernpunkt ist jedoch, daß nach der Regelung, auf die sich das vorlegende Gericht bezieht, beim Verkauf eines Gegenstands an einen steuerpflichtigen Händler durch eine Privatperson die betreffende Lieferung nicht der Mehrwertsteuer unterliegt, beim Wiederverkauf durch den Steuerpflichtigen aber eine dem Wiederverkaufspreis proportionale Mehrwertsteuer geschuldet wird, ohne daß der Steuerpflichtige zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt ist, mit der der Gegenstand bereits zuvor belastet war.

17 Demnach stellt sich die Frage, ob es gegen den EWG-Vertrag und die Sechste Richtlinie verstösst, wenn ein nationales Recht keine Sonderregelung für die Mehrwertsteuer auf Gebrauchtgegenstände umfasst, die diese doppelte Besteuerung verhindern kann. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn ein nationales Recht Bestimmungen enthält, die nur die besonderen Besteuerungsmodalitäten für bestimmte Geschäfte mit Gebrauchtgegenständen betreffen und somit nur für einen Teilbereich gelten, so daß sie nicht als eine umfassende Regelung für die Mehrwertsteuer auf Gebrauchtgegenstände angesehen werden können. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes allein ermöglicht keine allgemeine Bejahung dieser Frage.

18 Zwar hat es der Gerichtshof in den von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens und der Kommission angeführten Urteilen vom 5. Mai 1982 ( Schul, a. a. O.) und vom 21. Mai 1985 ( Schul, a. a. O.) für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar erklärt, Mehrwertsteuer bei der Einfuhr eines von einer Privatperson aus einem anderen Mitgliedstaat gelieferten Gegenstands zu erheben, wenn ein Geschäft derselben Art innerhalb des Einfuhrstaats nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Diese Feststellung beruht jedoch nicht auf einem allgemeinen Verbot der mehrfachen Besteuerung, sondern auf Artikel 95 EWG-Vertrag, der die Erhebung diskriminierender inländischer Abgaben auf eingeführte Waren verbietet.

19 Für die Anwendung von Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, wonach die private Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands durch den Steuerpflichtigen oder sein Personal als Dienstleistung besteuert wird, wenn dieser Gegenstand zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat, hat der Gerichtshof entschieden, daß diese Besteuerung ausgeschlossen ist, wenn der Gegenstand gebraucht gekauft wurde und daher nicht zum Abzug berechtigt hatte ( Urteil vom 27. Juni 1989 in der Rechtssache 50/88, Kühne, Slg. 1989, 1925 ).

20 Dieses Ergebnis beruht jedoch unmittelbar auf dem Wortlaut von Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a, der verhindern soll, daß durch die private Verwendung von Betriebsgegenständen ein von der Mehrwertsteuer befreiter Endverbrauch stattfindet, und der demgemäß die Besteuerung der Verwendung dieses Gegenstands nur dann verlangt, wenn dieser zum Abzug der Steuer berechtigt hat, mit der er beim Erwerb belastet war.

21 Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem insgesamt ist das Ergebnis einer schrittweisen Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften im Rahmen der Artikel 99 und 100 EWG-Vertrag. Wie der Gerichtshof schon wiederholt festgestellt hat, ist diese Harmonisierung so, wie sie durch aufeinanderfolgende Richtlinien und insbesondere durch die Sechste Richtlinie verwirklicht worden ist, erst eine teilweise Harmonisierung.

22 Diese Harmonisierung bezweckt zwar unter anderem, eine doppelte Besteuerung auszuschließen, denn es ist dem Mehrwertsteuersystem inhärent, daß auf jeder Besteuerungsstufe die Steuer abgezogen wird, die einen Umsatz als Vorsteuer belastet.

23 Dieses Ziel ist jedoch, wie der Wortlaut von Artikel 32 der Sechsten Richtlinie zeigt, noch nicht erreicht, und es ist unmöglich, in dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem bei seinem gegenwärtigen Stand die Grundlagen zu finden, die für die Definition und die Festlegung von Anwendungsmodalitäten eines gemeinsamen Steuersystems notwendig sind, mit dem auf dem Gebiet des Handels mit Gebrauchtgegenständen eine doppelte Besteuerung verhindert werden könnte.

24 Unter diesen Umständen muß, solange der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht tätig geworden ist, Artikel 32 der Sechsten Richtlinie angewandt werden, der den Mitgliedstaaten, die eine Sonderregelung für die Mehrwertsteuer auf Gebrauchtgegenstände anwenden, lediglich gestattet, diese beizubehalten, sie jedoch keineswegs verpflichtet, eine solche Regelung einzuführen, falls sie nicht besteht.

25 Auf die erste Vorabentscheidungsfrage ist daher zu antworten, daß das Gemeinschaftsrecht und die Gemeinschaftsvorschriften über die Mehrwertsteuer bei ihrem gegenwärtigen Stand einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, wonach bei der Berechnung der Mehrwertsteuer, die auf den durch den Verkauf von Gebrauchtgegenständen erzielten Umsatz geschuldet wird, die Steuer nicht berücksichtigt werden kann, die im Ankaufspreis der Gegenstände enthalten ist, die nicht steuerpflichtigen Privatpersonen zum Zweck des Wiederverkaufs abgekauft worden sind.

26 In Anbetracht der Antwort auf die erste Vorabentscheidungsfrage muß die zweite Vorabentscheidungsfrage des Gerechtshof Amsterdam nicht beantwortet werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

27 Die Auslagen der niederländischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren vor dem Gerichtshof ein Zwischenstreit in dem bei dem innerstaatlichen Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Gerechtshof Amsterdam mit Beschluß vom 24. Mai 1988 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

Bei ihrem gegenwärtigen Stand stehen das Gemeinschaftsrecht und die Gemeinschaftsvorschriften über die Mehrwertsteuer einer nationalen Regelung nicht entgegen, wonach bei der Berechnung der Mehrwertsteuer, die auf den durch den Verkauf von Gebrauchtgegenständen erzielten Umsatz geschuldet wird, die Steuer nicht berücksichtigt werden kann, die im Ankaufspreis der Gegenstände enthalten ist, die nichtsteuerpflichtigen Privatpersonen zum Zweck des Wiederverkaufs abgekauft worden sind.

Ende der Entscheidung

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