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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.1989
Aktenzeichen: 182/87
Rechtsgebiete: EWGV, VO Nr. 1725/79/EWG, VO Nr. 986/68/EWG


Vorschriften:

EWGV Art. 177
VO Nr. 1725/79/EWG Art. 1
VO Nr. 1725/79/EWG Art. 4
VO Nr. 986/68/EWG Art. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Mit Artikel 1 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1725/79 über die Durchführungsbestimmungen zur Gewährung von Beihilfen für zu Mischfutter verarbeitete Magermilch, der mit der Verordnung Nr. 101/85 eingeführt wurde, um der Sonderbeihilfe für die Verarbeitung des Fettbestandteils des Milchpulvers Rechnung zu tragen, wurden die mengenmässigen Anforderungen bei der Zusammensetzung dieser Futtermittel nicht geändert, von denen nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a die Gewährung der Beihilfe abhängt. Der dort vorgesehene Koeffizient von 0,9 dient also nur zur Bestimmung der Mengen Milchpulver, nach deren Maßgabe die Beihilfe berechnet wird.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 28. FEBRUAR 1989. - TROUW & CO. BV GEGEN HOOFDPRODUKTSCHAP VOOR AKKERBOUWPRODUKTEN. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM COLLEGE VAN BEROEP VOOR HET BEDRIJFSLEVEN. - BEIHILFE FUER DIE VERARBEITUNG VON MAGERMILCHPULVER. RECHTSSACHE 182/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das College van Beroep voor het Bedrijfsleven hat mit Beschluß vom 5. Juni 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juni 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 1 Absatz 5 und des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1725/79 der Kommission vom 26. Juli 1979 über die Durchführungsbestimmungen zur Gewährung von Beihilfen für zu Mischfutter verarbeitete Magermilch und für zur Kälberfütterung bestimmtes Magermilchpulver ( ABl. L 199, S. 1 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Zum Zweck des Abbaues der Milchüberschüsse hat der Rat unter anderem am 15. Juli 1968 die Verordnung Nr. 986/68 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung von Beihilfen für Magermilch und Magermilchpulver für Futterzwecke ( ABl. L 169, S. 4 ) erlassen. Nach Artikel 1 dieser Verordnung in der mit der Verordnung Nr. 472/75 vom 27. Februar 1975 ( ABl. L 52, S. 22 ) geänderten Fassung ist Magermilchpulver Milch oder Buttermilch in Pulverform mit einem Fettgehalt von höchstens 11 %. Ursprünglich sah diese Verordnung eine einheitliche Beihilferegelung für die Verarbeitung von Magermilchpulver zu Mischfuttermitteln vor.

3 Mit der Verordnung Nr. 1725/79 erließ die Kommission die Durchführungsbestimmungen zur Gewährung von Beihilfen für bei der Herstellung von Mischfuttermitteln verwendete Magermilch. Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a dieser Verordnung hat der Verarbeiter einen Beihilfeanspruch, wenn das Mischfutter je 100 kg Enderzeugnis mindestens 60 kg und höchstens 70 kg Magermilchpulver enthält.

4 Durch die steigenden Butterfettüberschüsse sah sich der Rat in der Folge veranlasst, eine Beihilfesonderregelung einzuführen, um die Verarbeitung von Milchpulver mit erhöhtem Fettgehalt zu fördern. Zu diesem Zweck hat er seine Verordnung Nr. 986/68 mit der Verordnung Nr. 2184/84 vom 17. Juli 1984 ( ABl. L 196, S. 6 ) geändert. Die Kommission erließ im Anschluß daran die Verordnung Nr. 3714/84 vom 21. Dezember 1984, die die Gewährung dieser Beihilfe regelt ( ABl. L 341, S. 65 ).

5 Nach der neuen Regelung besteht für die Verarbeitung von Magermilchpulver mit einem Fettgehalt von 9 bis 11 % ( teilentrahmtes Milchpulver ) Anspruch auf zwei unterschiedliche Beihilfen. Für die Verarbeitung des Teiles dieser Art von Magermilch, der nicht Fett ist, besteht weiterhin Anspruch auf die Beihilfe nach der Verordnung Nr. 1725/79 der Kommission. Für die Verarbeitung des Fettanteils besteht hingegen Anspruch auf die höhere Beihilfe nach der Verordnung Nr. 3714/84.

6 Um eine Kumulierung der beiden Beihilferegelungen für die Verarbeitung des Fettanteils in der teilentrahmten Milch zu verhindern - dieser wurde in der Verordnung Nr. 3714/84 auf 10 % dieser Milch angesetzt -, hielt die Kommission es für erforderlich, die Menge teilentrahmter Magermilch, auf deren Grundlage die Beihilfe für den Teil der Milch berechnet wird, der nicht Fett ist, um 10 % zu kürzen.

7 Zu diesem Zweck erließ die Kommission die Verordnung Nr. 101/85 vom 15. Januar 1985 ( ABl. L 13, S. 12 ), mit der sie in Artikel 1 der Verordnung Nr. 1725/79 folgenden Absatz 5 anfügte :

"5. Zur Berechnung der zu zahlenden Beihilfe und zur Einhaltung der mengenmässigen Vorschriften dieser Verordnung wird auf die Mengen Magermilchpulver im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben e und f der Verordnung ( EWG ) Nr. 986/68 und die Mengen Magermilch im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 derselben Verordnung ein Koeffizient von O,9 angewandt."

8 Diese Bestimmung wurde wie folgt begründet :

"Bei der Berechnung der Beihilfe, die für Magermilchpulver gemäß der Verordnung ( EWG ) Nr. 1725/79 gewährt wird, ist die Beihilfe zu berücksichtigen, die gegebenenfalls in Anwendung der Verordnung ( EWG ) Nr. 3714/84 für das Milchfett gewährt wird. Es ist also ein Koeffizient für die im Erzeugnis enthaltene Milchpulvermenge festzusetzen."

9 In der Anwendungszeit dieser zwei Beihilferegelungen verarbeitete die Trouw & Co. BV ( Klägerin ) Magermilchpulver mit einem Fettgehalt von 9 bis 11 % zu Mischfutter. Das von der Klägerin hergestellte Mischfutter enthielt je 100 kg Enderzeugnis zwischen 60 und 70 kg Magermilchpulver. Für die Herstellung des Mischfutters erhielt die Klägerin von der Hoofdproduktschap voor Akkerbouwprodukten ( Beklagte ) die in den angeführten Verordnungen vorgesehenen beiden Beihilfen.

10 Später gelangte die Beklagte jedoch zu der Ansicht, diese Beihilfen für die Verarbeitung der fraglichen Erzeugnisse zu Unrecht gewährt zu haben. Der mit der Verordnung Nr. 101/85 eingeführte Köefizient sei nämlich nicht nur bei der Bestimmung der Mengen, für die Beihilfe gewährt werde, anzuwenden, sondern auch bei der Berechnung der Mengen teilentrahmten Milchpulvers, die bei der Bereitung des Enderzeugnisses verwendet werden müssten, damit ein Beihilfeanspruch entstehe. Die im Enderzeugnis enthaltenen tatsächlichen Mengen teilentrahmten Milchpulvers müssten also auch nach der Anwendung des Koeffizienten von 0,9 noch 60 bis 70 kg je 100 kg Enderzeugnis betragen. Die von der Klägerin hergestellten Mischfuttermittel erfuellten diese Bedingungen nicht; die Beihilfen seien daher zu Unrecht gewährt worden. Deshalb forderte die Beklagte sie zurück.

11 Die Klägerin hat diese Entscheidung vor dem College van Beroep voor het Bedrijfsleven angefochten. Sie machte geltend, Artikel 1 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1725/79, der die Anwendung des Kürzungsköffizienten vorsehe, betreffe nur die Bestimmung der Mengen, nach deren Maßgabe die Beihilfe den Verarbeitern gewährt werde. Die mengenmässigen Anforderungen in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1725/79 blieben hingegen unberührt. Es genüge somit, daß die Mischfuttermittel mindestens 60 und höchstens 70 kg Magermilchpulver je 100 kg Enderzeugnis enthielten, bevor der Koeffizient angewandt werde. Diese Voraussetzung sei erfuellt.

12 Zur Entscheidung dieses Rechtsstreit hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"Sind nach Artikel 1 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 4 Buchstabe a der Verordnung ( EWG ) Nr. 1725/79 die tatsächlichen Mengen Magermilchpulver je 100 kg Enderzeugnis mit einem Koeffizienten von 0,9 zu multiplizieren und muß das Ergebnis dieser Multiplikation zwischen 60 und 70 kg betragen?"

13 Weitere Einzelheiten des rechtliches Rahmens, des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens und der vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen finden sich im Sitzungsbericht, auf den verwiesen wird. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

14 Die Vorlagefrage geht im wesentlichen dahin, ob der in Artikel 1 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1725/79 vorgesehene Koeffizient von 0,9 nur zur Bestimmung der Mengen Magermilchpulver dient, nach deren Maßgabe die Beihilfe berechnet wird, oder ob er auf die in 100 kg Enderzeugnis tatsächlich vorhandenen Mengen teilentrahmten Milchpulvers anzuwenden ist, so daß diese auch nach der Anwendung des Koeffizienten noch mindestens 60 kg und höchstens 70 kg betragen müssten, um einen Beihilfeanspruch zu eröffnen.

15 In ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof hat die Klägerin an ihrem Vorbringen vor dem vorlegenden Gericht festgehalten. Die Beklagte hingegen hat die Position, die ihrer Entscheidung zugrunde lag und die sie noch vor dem vorlegenden Gericht vertreten hatte, aufgegeben. Sie trägt nunmehr vor, daß die Verarbeiter, müsste die im Enderzeugnis nach Anwendung des Koeffizienten enthaltene Menge Milchpulver zwischen 60 und 70 kg liegen, mehr teilentrahmtes Milchpulver verwenden müssten, um in den Genuß der Beihilfe zu gelangen; das würde die Verarbeitung teurer machen und dem Beihilfesystem seinen wirtschaftlichen Nutzen nehmen. Damit schließt sich die Beklagte der Auslegung der Klägerin an.

16 Nach Auffassung der Kommission folgt bereits aus dem Wortlaut des Artikels 1 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1725/79, daß der Koeffizient auf die in den Enderzeugnissen enthaltenen Mengen teilentrahmter Milch Anwendung finden müsse, die für die Berechnung der Beihilfe maßgeblich seien; jedoch müssten die Mengen Milchpulver auch nach der Kürzung noch zwischen 60 und 70 kg je 100 kg Enderzeugnis betragen. Die Beihilfe für die Verarbeitung des Milchfetts habe nämlich das Ziel, die Futterhersteller zu veranlassen, Milchpulver mit besonders hohem Fettgehalt zu verwenden. Um jedoch zu erreichen, daß auch von den übrigen Bestandteilen ebensoviel verarbeitet werde wie unter der vorherigen Beihilferegelung, müssten die Mengen Milchpulver nach Kürzung durch Anwendung des Koeffizienten noch den mengenmässigen Anforderungen des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1725/79 entsprechen. Diese Auslegung gewährleiste, daß im Enderzeugnis noch mindestens 60 kg Nichtfettbestandteile enthalten seien, wie dies auch kraft der früheren Regelung der Fall gewesen sei.

17 Der fragliche Koeffizient wurde derart festgesetzt, daß die nach der Verordnung Nr. 1725/79 für die Verarbeitung des Milchpulvers gewährte Beihilfe um 10 % gekürzt wurde, weil mit der Verordnung Nr. 2128/84 des Rates eine Sonderbeihilfe für die Verarbeitung des Fettbestandteils des Milchpulvers eingeführt wurde, der in der Verordnung Nr. 3714/84 auf 10 % des Milchpulvers gesetzt wurde. Mit der Einführung des Koeffizienten wurde also das Ziel verfolgt, eine Kumulierung der beiden Beihilfen für die Verarbeitung des Fettbestandteils des Milchpulvers zu vermeiden.

18 In der Begründung der Verordnung Nr. 101/85, mit der Absatz 5 des Artikels 1 der Verordnung Nr. 1725/79 eingefügt wurde, wird hingegen nicht die Notwendigkeit erwähnt, die tatsächlich verwendeten Mengen Milchpulver je Einheit des Enderzeugnisses zu erhöhen, um sicherzustellen, daß die verarbeiteten Mengen sonstiger Bestandteile stabil bleiben.

19 Im übrigen kann diese Bestimmung auch nicht dahin ausgelegt werden, daß sie die mengenmässigen Anforderungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1725/79 geändert habe.

20 Auch unter der früheren Beihilferegelung enthielt das im Enderzeugnis enthaltene Milchpulver bereits einen gewissen Fettanteil. Dieser durfte sogar dem unter der neuen Beihilferegelung zulässigen Hoechstsatz von 11 % entsprechen. Selbst wenn also die Anwendung der neuen Regelung eine vermehrte Verarbeitung der Fettbestandteile der Milch und einen entsprechenden Rückgang der Verarbeitung der übrigen Bestandteile zur Folge gehabt hätte, wäre es nicht gerechtfertigt, diesen Rückgang auf 10 % festzusetzen.

21 Im übrigen wurde unter der früheren Beihilferegelung niemals verlangt, daß je 100 kg Enderzeugnis mindestens 60 kg Nichtfettbestandteile verwendet werden müssten. In Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1725/79 hieß es nämlich bereits vor der Einführung der Sonderbeihilfe für die Verarbeitung des Fettanteils, daß die Mischfuttermittel mindestens 60 kg Milchpulver je 100 kg Enderzeugnis enthalten müssten. Auch diese Mindestmenge von 60 kg Milchpulver enthielt bereits einen gewissen Fettanteil, der sich auf bis zu 11 % belaufen konnte. In der früheren Regelung wurde deshalb die Gewährung der Beihilfe für die Verarbeitung von Milchpulver zu Mischfuttermitteln niemals davon abhängig gemacht, daß je 100 kg Enderzeugnis 60 kg Nichtfettbestandteile enthalten seien.

22 Dem vorlegenden Gericht ist daher zu antworten, daß der in Artikel 1 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1725/79 vorgesehene Koeffizient von 0,9 ausschließlich zur Bestimmung der Mengen Milchpulver dient, nach deren Maßgabe die Beihilfe berechnet wird.

Kostenentscheidung:

Kosten

23 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem vor dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

auf die ihm vom College van Beroep voor het Bedrijfsleven mit Beschluß vom 5. Juni 1987 vorgelegte Frage für Recht erkannt :

Der in Artikel 1 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1725/79 vorgesehene Koeffizient von 0,9 dient ausschließlich zur Bestimmung der Mengen Milchpulver, nach deren Maßgabe die Beihilfe berechnet wird.

Ende der Entscheidung

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