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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.07.1988
Aktenzeichen: 322/86
Rechtsgebiete: EWGVtr, RL 78/659


Vorschriften:

EWGVtr Art. 169
RL 78/659
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 12. JULI 1988. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN ITALIENISCHE REPUBLIK. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES STAATES - UNTERBLIEBENE UMSETZUNG DER RICHTLINIE 78/659/EWG DES RATES IN INNERSTAATLICHES RECHT - SCHUTZ DER QUALITAET VON FUER DAS LEBEN VON FISCHEN GEEIGNETEM SUESSWASSER. - RECHTSSACHE 322/86.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 19. Dezember 1986 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist die erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie 78/659/EWG des Rates vom 18. Juli 1978 über die Qualität von Süßwasser, das schutz - oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten ( ABl. L 222, S. 1 ), nachzukommen.

2 Mit dieser Richtlinie wird bezweckt, die Qualität von solchem fließendem oder stehendem Süßwasser zu schützen oder zu verbessern, in dem das Leben von Fischen bestimmter Arten erhalten wird oder, falls die Verschmutzung verringert oder beseitigt wird, erhalten werden könnte. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 findet die Richtlinie auf solche Gewässer Anwendung, die von den Mitgliedstaaten als schutz - oder verbesserungsbedürftig bezeichnet werden. Artikel 4 bestimmt, daß die Mitgliedstaaten Salmoniden - und Cyprinidengewässer erstmals binnen zwei Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie bezeichnen. Nach Artikel 5 müssen ferner die bezeichneten Gewässer binnen fünf Jahren nach dieser Bezeichnung den von den Mitgliedstaaten für die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten physikalisch-chemischen Parameter festgelegten Werten aufgrund von Programmen entsprechen, die die Mitgliedstaaten zur Verringerung der Verschmutzung aufstellen. Nach Artikel 17 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts - und Verwaltungsvorschriften, um der Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Da die Richtlinie am 20. Juli 1978 bekanntgegeben wurde, ist diese Frist am 20. Juli 1980 abgelaufen.

3 Da die Kommission von der italienischen Regierung keine Mitteilung über Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie erhalten hatte, forderte sie sie mit Schreiben vom 11. März 1985 auf, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 5. November 1985 antwortete die Ständige Vertretung Italiens bei den Europäischen Gemeinschaften, daß eine Sachverständigengruppe des interministeriellen Ausschusses für den Schutz der Gewässer gegen Verschmutzung mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Vorschriften der Richtlinie in die italienische Rechtsordnung beauftragt sei. Da keine weitere Mitteilung über die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs erfolgte, gab die Kommission am 28. Februar 1986 gemäß Artikel 169 Absatz 1 EWG-Vertrag eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab. Als Antwort auf diese Stellungnahme teilte die italienische Regierung mit Schreiben der Ständigen Vertretung Italiens vom 15. Juli 1986 mit, das Verfahren zur Verabschiedung des genannten Gesetzentwurfs sei blockiert worden, da der Ministerrat am 23. Mai 1986 den Entwurf eines Gesetzes gebilligt und an das italienische Parlament weitergeleitet habe, dessen Artikel 24 eine Ermächtigung an die Regierung enthalte, ein Dekret mit Gesetzeskraft zu erlassen, das einen Testo Unico zur Umstrukturierung der gesamten geltenden italienischen Rechtsvorschriften über den Gewässerschutz und die Abfallbeseitigung unter Berücksichtigung der einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien enthalte. Da dieser Testo Unico von der italienischen Regierung nicht erlassen wurde, hat die Kommission die vorliegende Vertragsverletzungsklage erhoben.

4 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

5 Die italienische Regierung räumt ein, daß sie ihre Verpflichtungen nicht erfuellt habe, sie führt jedoch aus, daß die italienischen öffentlichen Stellen, die mit der Bewirtschaftung und dem Schutz der öffentlichen Gewässer betraut seien, nämlich die Regionen, aufgrund der geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften über alle erforderlichen Befugnisse verfügten, um die Bestimmungen der Richtlinie, insbesondere Artikel 4 über die Bezeichnung von Salmoniden - und Cyprinidengewässer, durchzuführen. Zu diesem Zweck habe der Minister für Landwirtschaft und Forsten mit Dekret vom 16. Januar 1981 eine Anzahl von Gewässern im Gebiet der Provinz Bozen, die als geeignet für das Leben von Fischen angesehen worden sei, bezeichnet. Was die Schritte angehe, die in bezug auf die so bezeichneten Gewässer zu unternehmen seien, damit diese den Verpflichtungen aus Artikel 5 der Richtlinie genügten, verweist die italienische Regierung darauf, daß Artikel 1 Buchstabe d des Gesetzes Nr. 319 vom 10. Mai 1976 ( GURI Nr. 141 vom 29. 5. 1976 ) die Ausarbeitung regionaler Pläne und eines nationalen Plans zur Sanierung der Gewässer vorsehe, in deren Rahmen alle zum Schutz der Gewässer gegen Verschmutzung erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden müssten. Deshalb bestehe die Vertragsverletzung nur in der unvollständigen Umsetzung der Richtlinie aufgrund einer unzureichenden Bezeichnung der zu schützenden Gewässer.

6 Wie der Gerichtshof zuletzt in seinem Urteil vom 2. März 1988 in der Rechtssache 309/86 ( Kommission/Italienische Republik, Slg. 1988, 0000 ) entschieden hat, muß die Umsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien in das innerstaatliche Recht die vollständige Anwendung dieser Richtlinien tatsächlich gewährleisten. Es ist aber festzustellen, daß die Maßnahmen, die die italienische Regierung zur Umsetzung der betreffenden Richtlinie in die innerstaatliche Rechtsordnung ergriffen hat, unzureichend sind. Sie hat nämlich die Salmoniden - und Cyprinidengewässer in der Italienischen Republik ausserhalb der autonomen Provinz Bozen nicht bezeichnet. Sie hat es auch unterlassen, für diese Gewässer konkrete Werte für die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Parameter festzulegen und Programme aufzustellen, um zu gewährleisten, daß diese Parameter den festgesetzten Werten entsprechen.

7 Somit ist festzustellen, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist die erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie 78/659/EWG des Rates vom 18. Juli 1978 nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

8 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Beklagte mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen, daß sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist die erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie 78/659/EWG des Rates vom 18. Juli 1978 über die Qualität von Süßwasser, das schutz - oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten, nachzukommen.

2 ) Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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