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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.1991
Aktenzeichen: C-131/88
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe, WHG


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 169
Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe Art. 2 Buchst. b
Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe Art. 4 Abs. 1
Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe Art. 5 Abs. 2
Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe Art. 8
WHG § 34 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht erfordert nicht notwendig eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche, besondere Gesetzesvorschrift; je nach dem Inhalt der Richtlinie kann hierzu ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie mit hinreichender Klarheit und Genauigkeit gewährleistet, um - soweit die Richtlinie Ansprüche des einzelnen begründen soll - die Begünstigten in die Lage zu versetzen, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen.

Eine blosse Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann, kann nicht als rechtswirksame Erfuellung der Verpflichtung betrachtet werden, die den Mitgliedstaaten als Adressaten einer Richtlinie nach Artikel 189 EWG-Vertrag obliegt.

2. Die Richtlinie 80/68 soll einen vollständigen und wirksamen Schutz des Grundwassers der Gemeinschaft sicherstellen, indem sie die Mitgliedstaaten durch genaue und detaillierte Vorschriften verpflichtet, eine zusammenhängende Regelung von Verboten, Genehmigungen und Überwachungsverfahren zu erlassen, die Rechte und Pflichten des einzelnen begründet, um Ableitungen bestimmter gefährlicher Stoffe zu verhindern oder zu begrenzen. Die Umsetzung der Richtlinie muß deshalb den besonderen Anforderungen an Genauigkeit und Klarheit genügen.

3. Es steht jedem Mitgliedstaat frei, die Kompetenzen innerstaatlich so zu verteilen, wie er es für zweckmässig hält, und eine Richtlinie mittels Maßnahmen durchzuführen, die von regionalen oder örtlichen Behörden getroffen werden. Diese Kompetenzverteilung entbindet ihn jedoch nicht von der Verpflichtung, sicherzustellen, daß die Richtlinienbestimmungen uneingeschränkt und genau in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 28. FEBRUAR 1991. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - NICHTUMSETZUNG EINER RICHTLINIE - GRUNDWASSER. - RECHTSSACHE C-131/88.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 6. Mai 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, indem sie nicht alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe (ABl. 1980 L 20, S. 43, im folgenden: Richtlinie) nachzukommen.

2 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, der einschlägigen gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Rechtsvorschriften, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

A - Zu den allgemeinen Ausführungen

3 Die Bundesrepublik Deutschland macht geltend, daß die Richtlinie durch das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts von 1976 (WHG) in der Fassung vom 23. September 1986 (BGBl. 1986 I, S. 1529 und 1654), durch das Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen vom 27. August 1986 (AbfG) (BGBl. I, S. 1410, ber. S. 1501), durch das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sowie durch mehrere andere Gesetze, Erlasse und Verwaltungsvorschriften, die auf Länderebene erlassen worden seien, ordnungsgemäß in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sei.

4 Nach dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland werden diese Vorschriften, obwohl sie nicht eigens zur Umsetzung der Richtlinie erlassen worden seien, so ausgelegt und angewendet, daß die Richtlinie damit durchgeführt sei. Eine Richtlinie müsse als umgesetzt angesehen werden, wenn das innerstaatliche Recht ihre Durchführung in bestimmter und klarer Weise tatsächlich gewährleiste. Die Einwände der Kommission seien eher theoretisch, da in der Praxis kein Verstoß gegen die Richtlinie vorgekommen sei.

5 Die Kommission macht geltend, daß die von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Vorschriften nicht deutlich erkennen ließen, daß die Richtlinie umgesetzt worden sei, da sie den strengen Maßstäben für die Umsetzung nicht genügten.

6 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe u. a. Urteil vom 9. April 1987 in der Rechtssache 363/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 1733) erfordert die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht nicht notwendig eine förmliche und wörtliche Übernahme ihrer Bestimmungen in eine ausdrückliche, besondere Gesetzesvorschrift; je nach dem Inhalt der Richtlinie kann hierzu ein allgemeiner rechtlicher Kontext genügen, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie mit hinreichender Klarheit und Genauigkeit gewährleistet, um - soweit die Richtlinie Ansprüche des einzelnen begründen soll - die Begünstigten in die Lage zu versetzen, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen.

7 Die in Rede stehende Richtlinie soll einen wirksamen Schutz des Grundwassers der Gemeinschaft sicherstellen, indem sie die Mitgliedstaaten durch genaue und detaillierte Vorschriften verpflichtet, eine zusammenhängende Regelung von Verboten, Genehmigungen und Überwachungsverfahren zu erlassen, um Ableitungen bestimmter Stoffe zu verhindern oder zu begrenzen. Die Vorschriften der Richtlinie sollen also Rechte und Pflichten des einzelnen begründen.

8 Die Übereinstimmung einer Praxis mit den zwingenden Schutzerfordernissen einer Richtlinie kann kein Grund sein, diese Richtlinie nicht durch Vorschriften in innerstaatliches Recht umzusetzen, durch die eine so bestimmte, klare und durchschaubare Lage geschaffen wird, daß die einzelnen von ihren Rechten Kenntnis erlangen und diese geltend machen können. So hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. März 1990 in der Rechtssache C-339/87 (Kommission/Niederlande, Slg. 1990, I-851, Randnr. 25) festgestellt, daß die Mitgliedstaaten, um die volle Anwendung der Richtlinien in rechtlicher und nicht nur in tatsächlicher Hinsicht zu gewährleisten, einen eindeutigen gesetzlichen Rahmen auf dem betreffenden Gebiet schaffen müssen.

9 Infolgedessen ist das Argument der Bundesrepublik Deutschland, daß in der Praxis kein Verstoß gegen die Richtlinie vorgekommen sei, zurückzuweisen.

10 Somit ist zu prüfen, ob die von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Vorschriften eine ordnungsgemässe Durchführung der Richtlinie gewährleisten.

B - Zu den Ableitungen von Stoffen der Liste I

1. Zum Verbot direkter Ableitungen

11 Die Kommission wirft der Bundesrepublik Deutschland zunächst vor, Artikel 4 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie, der in Verbindung mit Artikel 3 Buchstabe a jegliche direkte Ableitung von Stoffen der Liste I verbiete, nicht umgesetzt zu haben.

12 Dagegen wendet die Bundesrepublik Deutschland ein, daß es sich nicht um ein absolutes, sondern um ein beschränktes Verbot handele, das unter Berücksichtigung von Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie anzuwenden sei; diese Bestimmung sehe Ausnahmen von dem Verbot vor, wenn die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats feststelle, daß die Ableitungen Stoffe der Liste I in so geringer Menge und Konzentration enthielten, daß jede gegenwärtige oder künftige Gefahr einer Beeinträchtigung der Qualität des aufnehmenden Grundwassers ausgeschlossen sei. Diese Bestimmung räume also den Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Richtlinie einen Beurteilungsspielraum ein.

13 Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland haben § 1a Absatz 1, § 2 Absatz 1, § 3 Absatz 1 Nr. 5 und insbesondere § 34 Absatz 1 WHG das betreffende Verbot in vollem Umfang in innerstaatliches Recht umgesetzt. Nach § 34 Absatz 1 darf eine Erlaubnis für das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser nur erteilt werden, wenn eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist. Diese Vorschriften bedeuten nach Meinung der Bundesrepublik Deutschland, daß jegliches Einleiten von Stoffen verboten sei, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen des § 34 Absatz 1 WHG vor.

14 Dazu ist festzustellen, daß das Verbot des Artikels 4 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie allgemein und uneingeschränkt gilt; es betrifft die Ableitungen von Stoffen der Liste I, ohne danach zu unterscheiden, ob die Stoffe gelöst oder ungelöst sind. Diese Bestimmung räumt den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht die Befugnis ein, von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten festzustellen, ob die Ableitungen schädlich sind. Diese Auslegung ergibt sich im übrigen aus einem Vergleich des Wortlauts dieser Bestimmung mit dem des Artikels 5 der Richtlinie, der in der Tat eine Genehmigungsregelung für die Ableitungen von Stoffen der Liste II einführt. Für diese Auslegung spricht auch die neunte Begründungserwägung der Richtlinie, wonach mit Ausnahme der von vornherein untersagten direkten Ableitungen von Stoffen der Liste I jede Ableitung genehmigungspflichtig ist.

15 Bei der Auslegung von Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie ist zunächst zu berücksichtigen, daß dieser Artikel die Fälle festlegt, für die die Richtlinie nicht gilt.

16 Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie bezieht sich auch nicht auf Ableitungen von gelösten oder ungelösten Stoffen der Liste I oder II, sondern auf Ableitungen anderer Stoffe, die in diesen beiden Listen genannte Stoffe enthalten.

17 Schließlich müssen die Stoffe der Liste I oder II in diesen Ableitungen in so geringer Menge enthalten sein, daß jede Gefahr einer Verschmutzung des Grundwassers von vornherein ausgeschlossen ist, ohne daß insoweit noch eine Beurteilung erforderlich wäre. Aus diesem Grund sieht Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie keine Beurteilung, sondern eine schlichte Feststellung seitens der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats vor.

18 Sinn dieser Bestimmung ist also, daß dann, wenn Stoffe der Liste I (oder II) in den Ableitungen anderer Stoffe in solchen Mengen enthalten sind, daß die Gefahr der Verschmutzung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, die Richtlinie Anwendung findet; deshalb lässt sich Artikel 2 Buchstabe b entgegen der Auffassung der Bundesrepublik Deutschland nicht zur Auslegung anderer Bestimmungen der Richtlinie mit diesen verknüpfen. Demnach kann die vorstehende Auslegung, daß Artikel 4 Absatz 1 erster Gedankenstrich ein absolutes Verbot anspricht, nicht mit dem Hinweis auf Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie in Frage gestellt werden.

19 Zur Sicherstellung eines vollständigen und wirksamen Schutzes des Grundwassers ist es unerläßlich, daß die in der Richtlinie aufgestellten Verbote ausdrücklich in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen sind (siehe Urteil vom 27. April 1988 in der Rechtssache 252/85, Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 2243, Randnr. 19). Der von der Bundesrepublik Deutschland angeführte § 34 Absatz 1 WHG enthält kein allgemeines Verbot, sondern gestattet es der zuständigen Behörde, unter bestimmten Umständen eine Erlaubnis für das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser zu erteilen, und zwar aufgrund recht unbestimmter Kriterien wie der "schädlichen Verunreinigung" des Grundwassers und der "nachteiligen Veränderung seiner Eigenschaften".

20 Deshalb ist die Rüge der Kommission, daß die Bundesrepublik Deutschland Artikel 4 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie nicht umgesetzt habe, begründet.

2. Zu den indirekten Ableitungen von Stoffen der Liste I (Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich)

21 Nach Ansicht der Kommission hat die Bundesrepublik Deutschland Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie nicht umgesetzt, wonach vor den Maßnahmen zur Beseitigung oder zur Lagerung zwecks Beseitigung von Stoffen der Liste I, die zu einer indirekten Ableitung dieser Stoffe führen können, im Hinblick auf ihr Verbot oder ihre Genehmigung eine Prüfung durchzuführen ist.

22 Die Bundesrepublik Deutschland verweist auf verschiedene nationale Vorschriften, durch die diese Bestimmung umgesetzt worden sei.

23 Vor der Prüfung dieser Vorschriften ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie, der in Verbindung mit Artikel 3 Buchstabe a zu lesen ist, sich inhaltlich wie folgt gliedert:

a) Er soll jede indirekte Ableitung von Stoffen der Liste I verhindern;

b) er betrifft jede Maßnahme zur Beseitigung oder zur Lagerung zwecks Beseitigung dieser Stoffe;

c) er betrifft alle Stoffe der Liste I;

d) er gebietet, daß die Mitgliedstaaten vor diesen Maßnahmen eine Prüfung durchführen;

e) er sieht schließlich vor, daß die Prüfung zu einem Verbot oder einer Genehmigung führen muß; eine Genehmigung darf nur erteilt werden, sofern alle technischen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden, die nötig sind, um diese Ableitung zu verhindern.

Zu Punkt a)

24 Die Bundesrepublik Deutschland macht zunächst geltend, daß unter Berücksichtigung des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie das Ziel des Artikels 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich nicht darin bestehe, jede indirekte Ableitung von Stoffen der Liste I zu verhindern, sondern nur Ableitungen in Mengen, die so groß seien, daß nicht jede gegenwärtige oder künftige Gefahr einer Beeinträchtigung der Qualität des aufnehmenden Grundwassers ausgeschlossen werden könne.

25 Gestützt auf diese Auslegung führt die Bundesrepublik Deutschland verschiedene Vorschriften an, die nach ihrer Meinung den Erfordernissen des Artikels 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie genügen.

26 Insoweit genügt schon der Hinweis, daß die von der Bundesrepublik Deutschland vertretene Auslegung des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie, wie bereits festgestellt, unzutreffend ist; deshalb ist das gesamte darauf gestützte Vorbringen zurückzuweisen.

27 Diese Feststellung genügt, um die Rüge der Kommission, daß Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie nicht umgesetzt worden sei, für begründet zu erklären. Jedoch ist zu den nationalen Vorschriften, die nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland die Umsetzung der Richtlinie sicherstellen, noch folgendes zu bemerken.

Zu Punkt b)

28 Bezueglich der Maßnahmen zur Beseitigung oder zur Lagerung zwecks Beseitigung führt die Bundesrepublik Deutschland eine Reihe von Vorschriften des WHG und des AbfG an. Es handelt sich um § 3 Absatz 1 Nr. 5 und Absatz 2 Nr. 2, § 19a Absatz 1, § 19b Absatz 2, §§ 19g Absätze 1 ff. und § 34 Absätze 1 und 2 WHG sowie um § 4 Absätze 1 und 5 und § 7 AbfG. Diese Vorschriften regeln jeweils die Beseitigung gefährlicher Stoffe oder ihre Lagerung zwecks Beseitigung mittels Beförderung durch Rohrleitungen, durch Verwendung anderer Anlagen, ohne Verwendung von Anlagen und durch endgültige Ablagerung.

29 Es ist darauf hinzuweisen, daß diese Vorschriften nur bestimmte Arten von Maßnahmen zur Beseitigung oder zur Lagerung zwecks Beseitigung betreffen, so daß keineswegs gewährleistet ist, daß jede Maßnahme zur Beseitigung oder zur Lagerung zwecks Beseitigung, die zu einer indirekten Ableitung von Stoffen der Liste I führen kann, von den deutschen Rechtsvorschriften erfasst wird.

30 Die Bundesrepublik Deutschland verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß nach § 34 WHG das Einleiten von Stoffen in das Grundwasser, ihre Lagerung oder Ablagerung sowie die Beförderung von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen nur erlaubt würden, wenn eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen sei; nach § 3 Absatz 2 Nr. 2 WHG seien dem Einleiten von Stoffen in das Grundwasser Maßnahmen gleichgestellt, die geeignet seien, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen. Somit erfassten die deutschen Rechtsvorschriften alle denkbaren Arten von Ableitungen in das Grundwasser.

31 Im übrigen sähen diese Rechtsvorschriften keine Genehmigung für Maßnahmen vor, bei denen eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu besorgen sei. Infolgedessen seien sie strenger als die Richtlinie, die in Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich eine Genehmigung vorsehe, wenn nur die technischen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten würden.

32 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen, da es auf der bereits verworfenen Auslegung des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie beruht.

Zu Punkt c)

33 Die Bundesrepublik Deutschland macht geltend, alle Stoffe der Liste I würden von der angeführten Regelung erfasst, da sie in § 19a Absatz 2 WHG angeführt seien, der in Verbindung mit der Verordnung über wassergefährdende Stoffe bei der Beförderung in Rohrleitungsanlagen vom 19. Dezember 1973 (BGBl. I, S. 1946) zu lesen sei. Die Stoffe der Liste I würden jedenfalls von § 34 in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nr. 5 und Absatz 2 erfasst, da diese nicht nur die Stoffe der Liste I beträfen, sondern grundsätzlich alle Stoffe. Was den Sonderfall des § 19g Absatz 5 WHG angehe, in dem nur einige gefährdende Stoffe aufgeführt seien, so handele es sich um eine beispielhafte Aufzählung, wie die Einleitung durch das Wort "insbesondere" zeige.

34 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen, denn die von der Bundesrepublik Deutschland genannten Vorschriften führen nicht die Stoffe auf, die in der Liste I der Richtlinie enthalten sind, sondern bedienen sich allgemeiner und ungenauer Definitionen.

Zu Punkt d)

35 Zu dem Erfordernis einer vorherigen Prüfung führt die Bundesrepublik Deutschland aus, daß nach den §§ 24 und 26 VwVfG und den entsprechenden Rechtsvorschriften der Länder die Behörde, die einen Verwaltungsakt erlassen wolle, den Sachverhalt im allgemeinen von Amts wegen ermitteln und sich dabei aller erforderlichen Beweismittel bedienen müsse. Diese Sachverhaltsermittlung entspreche dem Erfordernis des Artikels 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie.

36 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen, da die von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Vorschriften das allgemeine Verwaltungsverfahren betreffen und den Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie nicht so konkret, genau und eindeutig umsetzen, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit in vollem Umfang zu genügen. Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie verlangt nämlich wegen der besonderen Natur des Prüfungsgegenstands - des die Ableitungen aufnehmenden Milieus -, daß sich die Prüfung auf die Untersuchung der hydrogeologischen Bedingungen der betreffenden Zone, der etwaigen Reinigungskraft des Bodens und des Untergrunds sowie anderer Fragen erstreckt. Aus diesem Grund schreibt Artikel 7 der Richtlinie im übrigen genau vor, welche Untersuchungen die vorherigen Prüfungen umfassen müssen.

Zu Punkt e)

37 Was den Abschluß der Prüfung angeht, trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, daß Ableitungen immer dann, wenn keine Genehmigung erteilt werde, verboten seien.

38 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen, da die Richtlinie wegen der Bedeutung des Prüfungsgegenstands für den Grundwasserschutz vorschreibt, daß nach jeder Prüfung aufgrund der Ergebnisse stets ein ausdrücklicher Rechtsakt - ein Verbot oder eine Genehmigung - ergehen muß.

39 Zum Fall der Erteilung einer Genehmigung trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, daß die Verwaltungsbehörden eine Genehmigung selbstverständlich unter Auflagen erteilten, wenn dies notwendig sei.

40 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen, da die Richtlinie vorschreibt, daß die Erteilung der Genehmigung stets mit Bedingungen verknüpft ist, die die Einhaltung der technischen Vorsichtsmaßnahmen betreffen, die notwendig sind, um das Ziel der Verhinderung jeglicher indirekten Ableitung zu gewährleisten.

41 Somit ist die Rüge, daß Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie nicht umgesetzt worden sei, begründet.

3. Zu den anderen indirekten Ableitungen von Stoffen der Liste I (Artikel 4 Absatz 1 dritter Gedankenstrich)

42 Nach Ansicht der Kommission ist die Umsetzung des Artikels 4 Absatz 1 dritter Gedankenstrich der Richtlinie ebenfalls unzureichend.

43 Diese Bestimmung, die die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Buchstabe a, indirekte Ableitungen von Stoffen der Liste I zu verhindern, konkretisiert, soll auf diese Weise indirekte Ableitungen, die aus anderen als den unter dem zweiten Gedankenstrich genannten Tätigkeiten herrühren, verhindern und verpflichtet die Mitgliedstaaten zum Erlaß der dazu geeigneten Maßnahmen.

44 Gegen die Rüge der Kommission führt die Bundesrepublik Deutschland in erster Linie § 3 Absatz 2, § 19a, § 19b, §§ 19g ff. und § 34 WHG an, also dieselben Vorschriften, auf die sie bereits ihr Vorbringen gestützt hat, daß sie Artikel 4 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie umgesetzt habe.

45 Die Erwägungen, die der Gerichtshof vorstehend zur Nichtumsetzung dieser letztgenannten Bestimmung im Hinblick auf ihr Ziel und die von ihr erfassten Tätigkeiten und Stoffe angestellt hat, gelten auch für die Frage der Umsetzung des Artikels 4 Absatz 1 dritter Gedankenstrich. Somit stellen § 3 Absatz 2, § 19a, § 19b, §§ 19g ff. und § 34 WHG keine angemessene Umsetzung der betreffenden Bestimmung, so wie diese auszulegen ist, dar.

46 Die Bundesrepublik Deutschland beruft sich auch auf § 2 WHG, der die Benutzung der Gewässer von einer behördlichen Erlaubnis oder einer Bewilligung abhängig macht, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus den im Rahmen dieses Gesetzes erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen etwas anderes ergibt.

47 Dazu ist festzustellen, daß die angeführte Vorschrift zwar jede Benutzung der Gewässer von einer Erlaubnis oder einer Bewilligung der nationalen Behörden abhängig macht, jedoch nicht vorschreibt, daß diese Erlaubnis oder Bewilligung nur unter der Voraussetzung erteilt werden darf, daß jegliche indirekte Ableitung von Stoffen der Liste I ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift erlaubt vielmehr sogar den Bundesländern, Ausnahmen vorzusehen, ohne daß die Grenzen für die Bewilligung solcher Ausnahmen festgelegt wären.

48 Zu § 3 Absatz 2 Nr. 2 WHG, der Maßnahmen betrifft, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen, ist festzustellen, daß diese Vorschrift die Einleitung von Stoffen in das Wasser und die Tätigkeiten im Boden, nicht aber die Tätigkeiten auf dem Boden betrifft.

49 Aus der Beschreibung der landesrechtlichen Vorschriften in der Klageschrift, der die Bundesrepublik Deutschland nicht widersprochen hat, ergibt sich, daß diese Vorschriften zur Verhinderung indirekter Ableitungen keine Maßnahmen vorsehen, die andere als die unter dem zweiten Gedankenstrich genannten Tätigkeiten betreffen, und daß in ihnen auch nicht alle in der Liste I aufgeführten Stoffe genannt werden.

50 Somit ergibt sich aus der Prüfung der von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Vorschriften, daß Artikel 4 Absatz 1 dritter Gedankenstrich der Richtlinie nicht so genau und eindeutig in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen.

51 Infolgedessen ist diese Rüge der Kommission ebenfalls begründet.

C - Zur Verhütung der Ableitung von Stoffen der Liste II

52 Die Kommission wirft der Bundesrepublik Deutschland vor, Artikel 5 der Richtlinie nicht umgesetzt zu haben, der die Mitgliedstaaten verpflichte, vor direkten oder indirekten Ableitungen von Stoffen der Liste II eine Prüfung durchzuführen, eine Genehmigung unter Bedingungen zu erteilen und bei indirekten Ableitungen dieser Stoffe Maßnahmen zu ergreifen, die andere als die in Absatz 1 genannten Tätigkeiten auf dem oder im Boden betreffen.

53 Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie in Verbindung mit Artikel 3 Buchstabe b soll die Ableitung von Stoffen der Liste II in das Grundwasser einschränken. Deshalb verpflichtet er die Mitgliedstaaten zum einen, vor jeder direkten Ableitung und jeder Maßnahme, die zu einer indirekten Ableitung von Stoffen der Liste II führen kann, eine Prüfung durchzuführen, und zum anderen, solche Ableitungen nur zu genehmigen, sofern alle technischen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden, mit denen die Verschmutzung des Grundwassers verhindert werden kann.

54 Ausserdem verpflichtet Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie die Mitgliedstaaten, die von ihnen für notwendig erachteten geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um jede indirekte Ableitung von Stoffen der Liste II, die aus anderen als den in Absatz 1 genannten Tätigkeiten auf dem oder im Boden herrührt, einzuschränken.

55 Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland sind die Verpflichtungen nach Artikel 5 unter Berücksichtigung des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie auszulegen; § 2, § 3 Absatz 1 Nr. 5 und § 34 WHG verböten ohne Unterschied alle direkten und indirekten Ableitungen der Liste I wie der Liste II; die deutschen Rechtsvorschriften seien somit bei den Stoffen der Liste II strenger als die Richtlinie.

56 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Es stützt sich auf eine Auslegung des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie, die bereits verworfen worden ist. Im übrigen sehen die von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Vorschriften eine vorherige spezifische Prüfung nicht zwingend vor und machen die Erteilung der Genehmigung nicht von der Voraussetzung abhängig, daß alle technischen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Schließlich kommt in diesen Vorschriften nicht eindeutig zum Ausdruck, daß sie jede Maßnahme zur Beseitigung oder Lagerung zwecks Beseitigung sowie die anderen Tätigkeiten auf dem oder im Boden, die zu einer indirekten Ableitung der Stoffe der Liste II führen können, erfassen.

57 Somit finden sich die Vorschriften des Artikels 5 der Richtlinie in den deutschen Bestimmungen nicht so genau und eindeutig wieder, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit in vollem Umfang zu genügen.

58 Die Rüge der Kommission, daß Artikel 5 der Richtlinie nicht umgesetzt worden sei, ist daher begründet.

D - Zu den Verfahrensvorschriften der Richtlinie

Allgemeines

59 Die Kommission macht geltend, daß die Artikel 7 bis 11 und 13 der Richtlinie, die das Verfahren für die Erteilung der Genehmigungen betreffen, mit den deutschen Rechtsvorschriften nicht oder unzureichend durchgeführt würden.

60 Die Bundesrepublik führt einleitend aus, daß diese Bestimmungen der Richtlinie durch bereits geltende bundes- und landesrechtliche Vorschriften durchgeführt seien, so daß sich der Erlaß einer Sonderregelung erübrige. Jedenfalls gälten auch die Rahmenvorschriften des VwVfG. Zur Durchführung der genannten Vorschriften bestuenden Verwaltungsvorschriften, die ausreichten und nicht veröffentlicht zu werden brauchten, da sie keinen materiellen Charakter hätten. Das Bestehen einer Verwaltungspraxis oder einer richtlinienkonformen Auslegung genüge deshalb den Anforderungen der Richtlinie.

61 Die Verfahrensbestimmungen der Richtlinie enthalten, um den wirksamen Schutz des Grundwassers zu gewährleisten, genaue und detaillierte Vorschriften, die Rechte und Pflichten des einzelnen begründen sollen. Deshalb müssen sich diese Bestimmungen in den deutschen Rechtsvorschriften so genau und eindeutig wiederfinden, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit in vollem Umfang zu genügen. Im übrigen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes eine blosse Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann, nicht als rechtswirksame Erfuellung der Verpflichtung betrachtet werden, die den Mitgliedstaaten als Adressaten einer Richtlinie nach Artikel 189 EWG-Vertrag obliegt.

Zu Artikel 7

62 Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland wird Artikel 7 durch die §§ 24 und 26 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften durchgeführt, wonach die zuständigen Behörden verpflichtet seien, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.

63 Dazu ist festzustellen, daß Artikel 7 der Richtlinie im einzelnen festlegt, worauf sich die vorherigen Prüfungen im Sinne der Artikel 4 und 5 konkret erstrecken. Deshalb kann diese Bestimmung nicht durch deutsche Rechtsvorschriften durchgeführt werden, die das allgemeine Verwaltungsverfahren betreffen, da diese Rechtsvorschriften wie vorstehend ausgeführt nicht so konkret, genau und eindeutig sind, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit in vollem Umfang zu genügen.

Zu Artikel 8

64 Zur Umsetzung des Artikels 8 der Richtlinie, wonach Ableitungsgenehmigungen nur erteilt werden können, nachdem die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten festgestellt haben, daß die Überwachung des Grundwassers und insbesondere seiner Qualität gewährleistet ist, trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, daß die materiellen Bestimmungen über die Genehmigungsvoraussetzungen in den §§ 19a ff., 19g und 34 WHG den Erfordernissen des Artikels 8 der Richtlinie genügten.

65 Dazu ist festzustellen, daß nach Artikel 8 der Richtlinie, bei dem es sich um eine Verfahrensvorschrift handelt, vor Erteilung einer Genehmigung eigens festgestellt werden muß, daß die Überwachung des Grundwassers und insbesondere seiner Qualität gewährleistet ist. Eine solche Vorschrift kann nicht durch materielle Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts durchgeführt werden, die allgemeiner Natur und nicht so genau und eindeutig sind, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen.

Zu den Artikeln 9 und 10

66 Zu den Artikeln 9 und 10 der Richtlinie, in denen eine Reihe von Punkten aufgeführt sind, die in den Ableitungsgenehmigungen festgelegt werden müssen, trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, daß die zuständigen Behörden nach dem WHG diese Festlegungen in den von ihnen zu erteilenden Genehmigungen treffen könnten; darüber hinaus bestimmten § 37 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften allgemein, daß Verwaltungsakte inhaltlich bestimmt sein müssten.

67 Die den zuständigen nationalen Behörden obliegende allgemeine Verpflichtung und der Umstand, daß diese Behörden die in den Artikeln 9 und 10 der Richtlinie genannten Festlegungen treffen "können", können jedoch dem in den Artikeln 9 und 10 aufgestellten zwingenden Erfordernis nicht genügen.

Zu Artikel 11

68 Zu Artikel 11 der Richtlinie, wonach die Genehmigungen nur für einen begrenzten Zeitraum erteilt werden dürfen und mindestens alle vier Jahre überprüft werden müssen, vertritt die Bundesrepublik Deutschland die Meinung, daß es im Ermessen der Behörde stehe, einen Verwaltungsakt zu befristen und seine Einhaltung zu überwachen.

69 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen, da Artikel 11 der Richtlinie ausdrücklich vorschreibt, daß Genehmigungen für einen begrenzten Zeitraum zu erteilen und mindestens alle vier Jahre zu überprüfen sind. Deshalb kann es nicht den Anforderungen des Artikels 11 der Richtlinie genügen, wenn die Entscheidung über eine Befristung im Ermessen der Behörde steht.

Zu Artikel 13

70 Zu Artikel 13 der Richtlinie, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Einhaltung der in den Genehmigungen festgelegten Bedingungen sowie die Auswirkungen der Ableitungen auf das Grundwasser zu überwachen, führt die Bundesrepublik Deutschland aus, daß mit § 21 WHG eine Duldungspflicht der Benutzer und Grundstückseigentümer im Hinblick auf behördliche Überwachungen gesetzlich festgelegt sei. Die Einzelheiten der Überwachung müssten nicht gesetzlich geregelt werden, sondern könnten im Rahmen eines internen Erlasses oder einer Verwaltungsvorschrift festgelegt werden; die für diese Überwachung zuständigen Länder hätten solche Regelungen erlassen.

71 Wie der Gerichtshof unter anderem im Urteil vom 14. Januar 1988 in den verbundenen Rechtssachen 227/85 bis 230/85 (Kommission/Belgien, Slg. 1988, 1) festgestellt hat, steht es jedem Mitgliedstaat frei, die Kompetenzen innerstaatlich so zu verteilen, wie er es für zweckmässig hält, und eine Richtlinie mittels Maßnahmen durchzuführen, die von regionalen oder örtlichen Behörden getroffen werden. Diese Kompetenzverteilung entbindet ihn jedoch nicht von der Verpflichtung, sicherzustellen, daß die Richtlinienbestimmungen uneingeschränkt und genau in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.

72 Insoweit ist hervorzuheben, daß zum einen § 21 WHG, nach dem der einzelne Überwachungsmaßnahmen dulden muß, selbst keine Verpflichtung aufstellt, die Einhaltung der in den Genehmigungen festgelegten Bedingungen zu überwachen, und daß zum anderen interne Erlasse oder Verwaltungsvorschriften, die naturgemäß abänderbar sind und nicht in angemessener Weise öffentlich bekanntgemacht werden, dem in Artikel 13 der Richtlinie aufgestellten Erfordernis nicht genügen können.

73 Folglich ist festzustellen, daß die deutschen Rechtsvorschriften die Bestimmungen der Artikel 7 bis 11 und 13 der Richtlinie nicht so genau und eindeutig umgesetzt haben, wie es notwendig ist, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit in vollem Umfang zu genügen.

74 Nach alledem ist festzustellen, daß die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

75 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen, daß sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie 80/68/EWG des Rates vom 17. Dezember 1979 über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe nachzukommen.

2) Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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