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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 19.10.2000
Aktenzeichen: C-15/99
Rechtsgebiete: Verordnung 1224/80/EWG, Verordnung 1697/79/EWG, Verordnung 1430/79/EWG


Vorschriften:

Verordnung 1224/80/EWG Art. 3 Abs. 1
Verordnung 1697/79/EWG Art. 5 Abs. 2
Verordnung 1430/79/EWG Art. 13
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Die Kosten der Analysen zum Nachweis der Konformität der eingeführten Waren mit den nationalen Rechtsvorschriften des Einfuhrmitgliedstaats, die der Importeur dem Käufer zusätzlich zum Preis der Waren in Rechnung stellt, sind als Bestandteil des "Transaktionswerts" im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 über den Zollwert der Waren anzusehen, da diese Analysen eine zur vertragsgemäßen Lieferung der Ware erforderliche Maßnahme darstellen. Die mit ihnen verbundenen Kosten sind nämlich als Teil der "Zahlungen..., die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer... zur Erfuellung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind", im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1224/80 anzusehen. (vgl. Randnrn. 23-24, 27, Tenor 1)

2 Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet, erlaubt den nationalen Behörden das Absehen von einer Nacherhebung nur, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfuellt sind: Die Nichterhebung der Abgaben muss auf einem Irrtum der zuständigen Behörden beruhen, der Irrtum durfte für einen gutgläubigen Abgabenschuldner nicht erkennbar sein, und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung müssen beachtet worden sein.

Die Zollbehörde eines Mitgliedstaats muss daher von einer Nacherhebung nach dieser Vorschrift absehen, wenn anlässlich einer Außenprüfung betreffend Einfuhren in einem früheren Zeitraum die Nichteinbeziehung der Spesenpauschale in den Zollwert bei gleichartigen Kaufgeschäften von derselben Behörde nach Überprüfung nicht beanstandet worden ist und nicht erkennbar ist, dass der Wirtschaftsteilnehmer, der alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat, Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Prüfung haben konnte. (vgl. Randnrn. 35-37, 39-40, Tenor 2)


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 19. Oktober 2000. - Hans Sommer GmbH & Co. KG gegen Hauptzollamt Bremen. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Bremen - Deutschland. - Gemeinsamer Zolltarif - Zollwert - Kosten für die Analyse von Waren - Nacherhebung von Eingangsabgaben - Erlass von Eingangsabgaben. - Rechtssache C-15/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-15/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Finanzgericht Bremen (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Hans Sommer GmbH & CO. KG

gegen

Hauptzollamt Bremen

" vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel

- 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren (ABl.L 134, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3193/80 des Rates vom 8. Dezember 1980 (ABl. L 333, S. 1) geänderten Fassung,

- 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet (ABl. L 197, S. 1), und

- 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlass von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (ABl. L 175, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 (ABl. L 286, S. 1) geänderten Fassung

sowie über die Gültigkeit der Entscheidung K (95) 2325 der Kommission vom 28. September 1995

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters D. A. O. Edward in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter P. Jann (Berichterstatter) und L. Sevón,

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: R. Grass

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Hans Sommer GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt J. Sparr, Hamburg, und

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. März 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Finanzgericht Bremen hat mit Beschluss vom 4. August 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Januar 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vier Fragen nach der Auslegung der Artikel

- 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren (ABl. L 134, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3193/80 des Rates vom 8. Dezember 1980 (ABl. L 333, S. 1) geänderten Fassung,

- 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet (ABl. L 197, S. 1), und

- 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlass von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (ABl. L 175, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3069/86 des Rates vom 7. Oktober 1986 (ABl. L 286, S. 1) geänderten Fassung

sowie nach der Gültigkeit der Entscheidung K (95) 2325 der Kommission vom 28. September 1995 vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Hans Sommer GmbH & Co. KG (nachfolgend: Klägerin) und dem Hauptzollamt Bremen (nachfolgend: Beklagter) im Anschluss an die Entscheidung des Beklagten, in den Zollwert von aus der ehemaligen UdSSR stammendem Honig die Kosten der vom Importeur in Deutschland durchgeführten Analysen des Honigs einzubeziehen.

Rechtlicher Rahmen

3 In Artikel 3 der Verordnung Nr. 1224/80 heißt es:

"(1) Der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert eingeführter Waren ist der "Transaktionswert", das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß Artikel 8...

...

(3) a) Der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis ist die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfuellung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind...

..." 4 Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 bestimmt:

"Der Zollwert eingeführter Waren enthält nicht die Beförderungskosten nach der Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft, vorausgesetzt, dass diese Kosten getrennt von dem tatsächlich für die eingeführten Waren gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen werden."

5 Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1697/79 lautet:

"Die zuständigen Behörden können von einer Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und Letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat."

6 Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 sieht vor:

"(1) Die Eingangsabgaben können außer in den in den Abschnitten A bis D genannten Fällen bei Vorliegen besonderer Umstände erstattet oder erlassen werden, sofern der Beteiligte nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hat.

Die Voraussetzungen und die Modalitäten für die Anwendung von Unterabsatz 1 werden nach dem Verfahren des Artikels 25 festgelegt...."

7 Die Modalitäten für die Anwendung sind seit dem 1. Januar 1994 durch die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 1) geregelt. Ist die Entscheidungszollbehörde, bei der ein Antrag auf Erstattung oder Erlass gestellt worden ist, nicht zur Entscheidung in der Lage, so legt gemäß Artikel 905 dieser Verordnung der Mitgliedstaat, zu dem die Behörde gehört, den Fall der Kommission vor.

8 Nach Artikel 907 dieser Verordnung "entscheidet die Kommission, ob die besonderen Umstände die Erstattung oder den Erlass rechtfertigen oder nicht".

9 Gemäß Artikel 908 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2454/93 wird die Entscheidung dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt gegeben; die Entscheidungszollbehörde befindet anhand dieser Entscheidung.

Ausgangsrechtsstreit und Vorabentscheidungsfragen

10 Die Klägerin kaufte von der Kessler & Co. Agrarprodukten-Handelsgesellschaft (nachfolgend: Kessler) aus der ehemaligen UdSSR stammenden unverzollten Honig.

11 Diese Lieferungen, die auf der Grundlage von Kaufverträgen cif Hamburg abgewickelt wurden, waren auch Gegenstand von Verkaufsbestätigungen/Addenda, die Spesen oder "Abwicklungskosten" in Höhe eines Pauschalbetrags per 1 000 kg Honig vorsahen. Bei diesen von Kessler getrennt ausgewiesenen Kosten handelte es sich um Löschkosten, Übernahmekosten bis Einlagerung, Absetzen vom Lager aus Lkw, fot-Kosten, Bemusterungs- und Untersuchungskosten sowie Lagermiete.

12 In ihren Zollwertanmeldungen meldete die Klägerin nur die mit Kessler in den Kaufverträgen cif Hamburg vereinbarten Preise an.

13 Bei einer ersten Kontrolle beanstandeten die Zollbehörden dies nicht. Nach einer weiteren Kontrolle gelangte der Beklagte zu der Auffassung, die auf der Grundlage der Addenda berechnete Spesenpauschale sei als in den Zollwert einzubeziehender Bestandteil des Kaufpreises anzusehen. Folglich erhob er mit Änderungsbescheid vom 29. Juli 1992 von der Klägerin 96 352,77 DM Zoll für die Einfuhren von 1989 bis 1991 nach.

14 Auf Klage der Klägerin hob das Finanzgericht Bremen mit Urteil vom 12. April 1994 diesen Änderungsbescheid mit der Begründung auf, zwar gehörten die Abwicklungskosten zum Zollwert der angemeldeten Ware, eine Nacherhebung des Zolles scheide aber nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 aus.

15 Nach Verkündung dieses Urteils sah sich der Beklagte nicht in der Lage, die vier weiteren Nacherhebungsbescheide vom 29. April, 26. August und 9. September 1992 über insgesamt 33 948,72 DM, gegen die die Klägerin Einspruch eingelegt hatte, aufzuheben. Auf Ersuchen der Beklagten legte das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 27. März 1995 den Fall der Kommission zur Entscheidung über die Anwendung von Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 vor.

16 In ihrer an die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Entscheidung K (95) 2325 stellte die Kommission fest, dass die Erstattung der Eingangsabgaben nicht gerechtfertigt sei.

17 Mit Entscheidungen vom 20. Februar 1996 wies die Beklagte die von der Klägerin gegen die vier Nacherhebungsbescheide vom 29. April, 26. August und 9. September 1992 sowie gegen einen fünften Bescheid gleicher Art vom 2. Dezember 1994 eingelegten Einsprüche zurück.

18 Die Klägerin erhob erneut Klage vor dem Finanzgericht Bremen. Da dieses der Auffassung ist, der Rechtsstreit werfe Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts auf, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Gehören zum Transaktionswert nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates über den Zollwert der Waren vom 28. Mai 1980 (ABl. L 134, S. 1), geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 3193/80 des Rates vom 8. Dezember 1980 (ABl. L 333, S. 1) von in den Jahren 1989 bis 1991 aus der UdSSR eingeführtem Honig auch "Spesen" bzw. "Abwicklungskosten", die die deutsche Importfirma der Käuferin aufgrund gesonderter vertraglicher Vereinbarungen in Rechnung stellt, wenn die Importfirma nach der Einfuhr zum Qualitätsnachweis entsprechend der deutschen Honigverordnung Proben ziehen und die chemischen Analysenergebnisse vorlegen muss?

2. Bei Bejahung der Frage 1:

Ist die Entscheidung K (95) 2325 der Kommission vom 28. September 1995 nichtig?

3. Bei Bejahung der Frage 2:

Muss die Behörde von einer Nacherhebung nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 absehen, wenn anlässlich einer Außenprüfung betreffend Einfuhren in einem früheren Zeitraum die Nichteinbeziehung der Spesenpauschale in den Zollwert bei gleichartigen Kaufgeschäften von derselben Behörde nach Überprüfung nicht beanstandet worden ist und nicht erkennbar ist, dass der Wirtschaftsteilnehmer Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Prüfung haben konnte?

4. Bei Verneinung der Frage 3:

Rechtfertigen besondere Umstände im Sinne des Artikels 13 der Verordnung Nr. 1430/79 den Erlass der Einfuhrabgaben aufgrund der in Frage 3 dargestellten Umstände?

Zur ersten Frage

19 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Kosten der Analysen zum Nachweis der Konformität der eingeführten Waren mit den nationalen Rechtsvorschriften des Einfuhrmitgliedstaats, die der Importeur dem Käufer zusätzlich zum Preis der Waren in Rechnung stellt, als Bestandteil des "Transaktionswerts" im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 anzusehen sind.

20 Nach Ansicht der Klägerin ist diese Frage zu verneinen. Sie macht geltend, die erwähnten Kosten bezögen sich auf Dienstleistungen, die in der Gemeinschaft von dort niedergelassenen Unternehmen erbracht worden seien und Waren beträfen, die bereits zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft worden seien. Daher sei die Rechtsprechung des Gerichtshofes heranzuziehen, der zufolge das Entgelt für Leistungen, die dem Käufer beim Kauf eingeführter Waren erbracht würden, vorbehaltlich der nach Artikel 8 der Verordnung Nr. 1224/80 vorzunehmenden Berichtigungen nicht Teil des Zollwerts der Waren sei (Urteil vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-21/91, Wünsche, Slg. 1992, I-3647, Randnr. 16).

21 Das vorlegende Gericht und die Kommission führen aus, der Verkäufer habe sich verpflichtet, Honig zu liefern, dessen Qualität im Kaufvertrag unter Bezugnahme auf eine "ausweisende Analyse des Verkäufers entsprechend der deutschen Honigverordnung" bestimmt gewesen sei. Die Analysekosten seien daher als Aufwendungen für eine "Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren" anzusehen und gehörten demnach gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1224/80 zum Zollwert dieser Waren.

22 Zur Beantwortung der ersten Frage ist darauf hinzuweisen, dass in dem durch die Verordnung Nr. 1224/80 errichteten System der Begriff des "Transaktionswerts", d. h. grundsätzlich der für die Waren tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, die Grundlage der Zollwertermittlung bildet. Diese Wertermittlung geht also von den Bedingungen aus, zu denen das einzelne Kaufgeschäft durchgeführt worden ist (Urteil vom 4. Februar 1986 in der Rechtssache 65/85, Van Houten, Slg. 1986, 447, Randnr. 13).

23 Den Feststellungen des vorlegenden Gerichts ist zu entnehmen, dass Kessler sich in den Verträgen verpflichtet hatte, der Klägerin Honig zu liefern, der den Qualitätsanforderungen nach den deutschen Vorschriften genügte. Demzufolge stellten die nach der Einfuhr zum Qualitätsnachweis durchgeführten Analysen eine zur vertragsgemäßen Lieferung der Ware erforderliche Maßnahme dar.

24 Daher sind die mit diesen Analysen verbundenen Kosten als Teil der "Zahlungen..., die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer... zur Erfuellung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind", im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1224/80 und somit als Bestandteil des Zollwerts anzusehen.

25 Diese Auslegung entspricht dem Ziel der gemeinschaftlichen Zollwertregelung, mit der, wie sich aus der sechsten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1224/80 ergibt, ein gerechtes, einheitliches und neutrales System errichtet werden soll, das die Anwendung von willkürlichen oder fiktiven Zollwerten ausschließt (Urteil vom 6. Juni 1990 in der Rechtssache C-11/89, Unifert, Slg. 1990, I-2275, Randnr. 35).

26 Wie nämlich der Generalanwalt in Nummer 42 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat ein Gut, dessen Qualität vom Verkäufer bescheinigt wird, einen höheren wirtschaftlichen Wert als eine Ware, die nicht mit einer solchen Bescheinigung versehen ist. Es ist deswegen gerechtfertigt, die zur Erlangung der genannten Bescheinigung aufzuwendenden Kosten bei der Ermittlung des Zollwerts zu berücksichtigen.

27 Folglich ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Kosten der Analysen zum Nachweis der Konformität der eingeführten Waren mit den nationalen Rechtsvorschriften des Einfuhrmitgliedstaats, die der Importeur dem Käufer zusätzlich zum Preis der Waren in Rechnung stellt, als Bestandteil des "Transaktionswerts" im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 anzusehen sind.

Zur zweiten und dritten Frage

28 Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts betrifft die Gültigkeit der Entscheidung K (95) 2325, mit der die Kommission festgestellt hat, dass die Erstattung der Einfuhrabgaben gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nicht gerechtfertigt ist. Für den Fall, dass diese Entscheidung ungültig sein sollte, möchte das Gericht mit seiner dritten Frage wissen, ob die nationalen Behörden dann von der Nacherhebung nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 absehen müssen.

29 Dementsprechend ist die zweite Frage dahin zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Entscheidung K (95) 2325, in der die Kommission zu der Auffassung gelangte, dass Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1430/79 nicht anzuwenden sei, in einem solchen Fall auch der Anwendung des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 entgegensteht.

30 Die Entscheidung K (95) 2325 wurde auf Antrag der Bundesrepublik Deutschland erlassen, der sie im Verfahren nach den Artikeln 905 bis 908 der Verordnung Nr. 2454/93 bekannt gegeben wurde. In dieser Entscheidung äußerte sich die Kommission gemäß Artikel 907 Absatz 1 dieser Verordnung ausschließlich zu der Frage, ob in dem ihr vorgetragenen konkreten Sachverhalt die Erstattung oder der Erlass der im Ausgangsverfahren streitigen Abgaben gerechtfertigt war oder nicht.

31 Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass, wenn die Kommission nach Befassung des Ausschusses für den Zollkodex in einer an einen Mitgliedstaat gerichteten Entscheidung festgestellt hat, dass der Erlass von Eingangsabgaben nach der Verordnung Nr. 1430/79 in einem bestimmten Fall nicht gerechtfertigt war, ohne rechtliche oder tatsächliche Ausführungen zu der Frage zu machen, ob für die Nacherhebung der betreffenden Eingangsabgaben eine Rechtsgrundlage in der streitigen Verordnung besteht, ein nationales Gericht, gegebenenfalls unter Einhaltung des Verfahrens des Artikels 177 des Vertrages, über diese Frage entscheiden kann (Urteil vom 24. September 1998 in der Rechtssache C-413/96, Sportgoods, Slg. 1998, I-5285, Randnr. 43).

32 Ohne dass die Frage der Gültigkeit der Entscheidung K (95) 2325 untersucht zu werden braucht, ist daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen, von denen Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 das Absehen der nationalen Behörden von der Nacherhebung von Eingangsabgaben abhängig macht, in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens erfuellt sind.

33 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist die Klägerin im Anschluss an eine frühere Kontrolle zu Recht davon ausgegangen, dass die Kosten der vom Importeur durchgeführten Analysen nicht zum Zollwert der eingeführten Waren gehörten. Außerdem habe sie den Irrtum der Verwaltung nicht erkennen können.

34 Die Kommission trägt dagegen vor, die Klägerin sei nicht in gutem Glauben gewesen und hätte den Irrtum erkennen müssen.

35 Hierzu ist festzustellen, dass Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 den nationalen Behörden das Absehen von einer Nacherhebung nur erlaubt, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfuellt sind (vgl. insbesondere Urteil vom 26. November 1998 in der Rechtssache C-370/96, Covita, Slg. 1998, I-7711, Randnr. 24). Sofern die von dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzungen vorliegen, hat der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf, dass von einer Nacherhebung abgesehen wird (vgl. insbesondere Urteil vom 1. April 1993 in der Rechtssache C-250/91, Hewlett Packard France, Slg. 1993, I-1819, Randnr. 12).

36 Voraussetzung ist zunächst, dass die Abgaben wegen eines Irrtums der zuständigen Behörden nicht erhoben wurden (vgl. insbesondere Urteil Covita, Randnr. 25). Insoweit verweist das vorlegende Gericht in seiner dritten Frage ausdrücklich darauf, dass die Behörden anlässlich einer Außenprüfung betreffend Einfuhren in einem früheren Zeitraum die Nichteinbeziehung der Spesenpauschale in den Zollwert bei gleichartigen Kaufgeschäften nicht beanstandet haben.

37 Voraussetzung ist weiter, dass der Irrtum der zuständigen Behörden von einem gutgläubigen Abgabenschuldner trotz seiner Berufserfahrung und der erforderlichen Sorgfalt nicht erkannt werden konnte (vgl. insbesondere Urteil Covita, Randnr. 26). Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand dieser Kriterien zu beurteilen, ob der Irrtum erkennbar war oder nicht (vgl. insbesondere Urteil Hewlett Packard France, Randnr. 22).

38 Insoweit ist dem Vorlagebeschluss zu entnehmen, dass das nationale Gericht nach einer Prüfung des Sachverhalts und einer rechtlichen Würdigung, in deren Rahmen es die drei vom Gerichtshof entwickelten Kriterien berücksichtigt hat, zu dem in den Wortlaut der dritten Frage übernommenen Ergebnis gelangt ist, dass "nicht erkennbar ist, dass der Wirtschaftsteilnehmer Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Prüfung haben konnte".

39 Voraussetzung ist schließlich, dass alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet wurden (vgl. insbesondere Urteil Covita, Randnr. 28). Dieses Erfordernis hat der Abgabenschuldner im Ausgangsverfahren unstreitig erfuellt.

40 Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass die Zollbehörde eines Mitgliedstaats von einer Nacherhebung nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 absehen muss, wenn anlässlich einer Außenprüfung betreffend Einfuhren in einem früheren Zeitraum die Nichteinbeziehung der Spesenpauschale in den Zollwert bei gleichartigen Kaufgeschäften von derselben Behörde nach Überprüfung nicht beanstandet worden ist und nicht erkennbar ist, dass der Wirtschaftsteilnehmer, der alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat, Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Prüfung haben konnte.

Zur vierten Frage

41 In Anbetracht der Antwort auf die dritte Frage erübrigt sich eine Beantwortung der vierten Frage.

Kostenentscheidung:

Kosten

42 Die Auslagen der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Finanzgericht Bremen mit Beschluss vom 4. August 1998 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Die Kosten der Analysen zum Nachweis der Konformität der eingeführten Waren mit den nationalen Rechtsvorschriften des Einfuhrmitgliedstaats, die der Importeur dem Käufer zusätzlich zum Preis der Waren in Rechnung stellt, sind als Bestandteil des "Transaktionswerts" im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3193/80 des Rates vom 8. Dezember 1980 geänderten Fassung anzusehen.

2. Die Zollbehörde eines Mitgliedstaats muss von einer Nacherhebung nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet, absehen, wenn anlässlich einer Außenprüfung betreffend Einfuhren in einem früheren Zeitraum die Nichteinbeziehung der Spesenpauschale in den Zollwert bei gleichartigen Kaufgeschäften von derselben Behörde nach Überprüfung nicht beanstandet worden ist und nicht erkennbar ist, dass der Wirtschaftsteilnehmer, der alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat, Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der Prüfung haben konnte.

Ende der Entscheidung

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