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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.05.1998
Aktenzeichen: C-213/97
Rechtsgebiete: Richtlinie 86/280/EWG, Richtlinie 88/347/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 86/280/EWG
Richtlinie 88/347/EWG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 28. Mai 1998. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Portugiesische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinien 86/280/EWG und 88/347/EWG - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist. - Rechtssache C-213/97.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 4. Juni 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Portugiesische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 189 Absatz 3 EG-Vertrag sowie aus Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 86/280/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 betreffend Grenzwerte und Qualitätsziele für die Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe im Sinne der Liste I im Anhang der Richtlinie 76/464/EWG (ABl. L 181, S. 16) in der Fassung der Richtlinie 88/347/EWG des Rates vom 16. Juni 1988 (ABl. L 158, S. 35) und aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 88/347 verstossen hat, indem sie nicht alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um die Richtlinie 86/280 in der Fassung der Richtlinie 88/347 vollständig und richtig umzusetzen, oder, hilfsweise, indem sie die Kommission nicht unverzueglich von diesen Maßnahmen unterrichtet hat.

2 Die Richtlinie 86/280 in der Fassung der Richtlinie 88/347 ist eine spezielle Richtlinie zur Anwendung der Richtlinie 76/464/EWG des Rates vom 4. Mai 1976 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (ABl. L 129, S. 23). Anhang I der Richtlinie 86/280 enthält allgemeine Bestimmungen über die Festsetzung von Grenzwerten für die Emissionsnormen, Qualitätsziele und Referenzmeßverfahren, während Anhang II diese allgemeinen Bestimmungen durch eine Reihe spezifischer Bestimmungen für jeden einzelnen Stoff präzisiert und ergänzt.

3 So bestimmt die Richtlinie 86/280 die Grenzwerte und Qualitätsziele von drei Stoffen aus der Liste I der Richtlinie 76/464 - Tetrachlorkohlenstoff, DDT und Pentachlorphenol (Anhang II) -, denen die Richtlinie 88/347 noch Aldrin, Dieldrin, Endrin, Isodrin, Hexachlorbenzol, Hexachlorbutadien und Chloroform hinzugefügt hat.

4 Artikel 3 der Richtlinie 86/280 regelt u. a. die in Artikel 3 der Richtlinie 76/464 vorgesehenen Genehmigungen, die die Mitgliedstaaten für Ableitungen der oben aufgeführten Stoffe durch bereits bestehende oder neue Betriebe erteilen.

5 Insbesondere müssen nach Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 86/280 die in Artikel 3 der Richtlinie 76/464 vorgesehenen Genehmigungen Vorschriften enthalten, die mindestens ebenso streng sind wie die in Teil A der Anhänge festgelegten Vorschriften, ausgenommen in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat auf der Grundlage von Teil B der Anhänge den Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 76/464 erfuellt. Diese Genehmigungen werden mindestens alle vier Jahre überprüft.

6 Ferner ist nach Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie 86/280 die Referenzanalysemethode für die Bestimmung eines der in Artikel 2 Buchstabe a genannten Stoffe in Anhang II Teil C aufgeführt. Es können andere Methoden verwendet werden, vorausgesetzt, daß ihre jeweilige Erfassungsgrenze, Genauigkeit und Richtigkeit mindestens ebenso geeignet sind wie in diesem Teil C festgelegt.

7 Bei den in Anhang II genannten Stoffen müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 der Richtlinie 86/280 Sonderprogramme aufstellen, um die Verschmutzung zu vermeiden oder zu beseitigen, die aus solchen Quellen (einschließlich der vielfältigen und diffusen Quellen) stammt, die in nennenswertem Umfang Ableitungen dieser Stoffe produzieren und nicht der Regelung der gemeinschaftlichen Grenzwerte oder der einzelstaatlichen Emissionsnormen unterliegen. Diese Programme müssen nach Absatz 3 dieses Artikels spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der den jeweiligen Stoff betreffenden Richtlinie in Kraft treten.

8 Die Richtlinie 86/280 war gemäß ihrem Artikel 7 Absatz 1 vor dem 1. Januar 1988 in nationales Recht umzusetzen.

9 Die Richtlinie 88/347 war gemäß ihrem Artikel 2 Absatz 1 für Aldrin, Dieldrin, Endrin und Isodrin vor dem 1. Januar 1989 und für die übrigen dem Anhang II der Richtlinie 86/280 hinzugefügten Stoffe vor dem 1. Januar 1990 in nationales Recht umzusetzen.

10 Nachdem die portugiesische Regierung die Kommission davon unterrichtet hatte, daß die Richtlinie 86/280 in der Fassung der Richtlinie 88/347 durch das Decreto-Lei Nr. 74/90 vom 7. März 1990 in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sei, machte die Kommission sie mit Schreiben vom 4. Februar 1993 darauf aufmerksam, daß nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Richtlinien vollständig und richtig in portugiesisches Recht umgesetzt worden seien.

11 Mit Antwort vom 24. Juni 1993 teilte die portugiesische Regierung Einzelheiten zum Decreto-Lei Nr. 74/90 mit.

12 Da die Kommission der Auffassung war, daß trotz dieser Erläuterungen nicht davon auszugehen sei, daß die Portugiesische Republik den Richtlinien nachgekommen war, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 169 des Vertrages ein, indem sie am 16. Mai 1994 ein Mahnschreiben an die Portugiesische Republik richtete.

13 Nachdem die Kommission ausser einem Schreiben vom 12. Juli 1995, mit dem die portugiesischen Behörden eine Verlängerung der Frist für die Beantwortung des Mahnschreibens um neunzig Tage beantragten, keine schriftliche Mitteilung erhalten hatte, richtete sie mit Schreiben vom 2. Juli 1996 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Portugiesische Republik, in der sie sie aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Verpflichtungen aus den Richtlinien 86/280 und 88/347 innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe der Stellungnahme nachzukommen.

14 Da die mit Gründen versehene Stellungnahme wirkungslos blieb, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

15 In ihrer Klageschrift hat die Kommission ihre Rügen gegenüber der Portugiesischen Republik genauer dargelegt und angegeben, daß

- Artikel 44 Absatz 3 des Decreto-Lei Nr. 74/90 vorsehe, daß die für die Genehmigungen zuständige Behörde weniger strenge Ableitungsnormen als die in den Teilen A der Anhänge der Richtlinie 86/280 in der geänderten Fassung enthaltenen festlegen könne, jedoch keine Verpflichtung zur Überprüfung dieser Genehmigungen vorsehe und somit gegen Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 86/280 in der geänderten Fassung verstosse;

- das Decreto-Lei Nr. 74/90 keine Emissionsgrenzwerte für die Ableitungen bestimmter Stoffe aus solchen Industriebetrieben vorsehe, die nicht in Anhang II Teil A der Richtlinie 86/280 in der geänderten Fassung genannt seien;

- das Decreto-Lei Nr. 74/90 nicht Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie 86/280 über die Referenzanalysemethode für die Bestimmung eines der in Artikel 2 Buchstabe a dieser Richtlinie genannten Stoffe umsetze;

- das Decreto-Lei Nr. 74/90 nicht Anhang I Teil A Nr. 5 der Richtlinie 86/280 über das Kontrollverfahren umsetze, das einzuführen sei, um zu überprüfen, ob die Ableitungen der in Artikel 2 Buchstabe a genannten Stoffe dieser Richtlinie den Emissionsnormen genügten;

- das Decreto-Lei Nr. 74/90 kein Sonderprogramm gemäß Artikel 5 der Richtlinie 86/280 in der geänderten Fassung aufstelle, um die Verschmutzung zu vermeiden oder zu beseitigen, die aus solchen Quellen stamme, die in nennenswertem Umfang Ableitungen derjenigen Stoffe produzierten, für die ein spezieller Hinweis in Anhang II enthalten sei.

16 In ihrer Klagebeantwortung nimmt die Portugiesische Republik zu diesen Rügen der Kommission nicht konkret Stellung und bestreitet die zur Last gelegte Vertragsverletzung nicht. Sie führt jedoch aus, daß die vollständige Umsetzung der Richtlinien 86/280 und 88/347 durch eine Änderung des Decreto-Lei Nr. 74/90 sichergestellt werden würde. Durch diese Änderung, die derzeit erfolge, werde die Umsetzung der beiden Richtlinien korrigiert und vervollständigt.

17 Hinsichtlich der Sonderprogramme zur Vermeidung oder Beseitigung der Verschmutzung aus Quellen, die in nennenswertem Umfang Ableitungen der in Anhang II der Richtlinie 86/280 in der geänderten Fassung speziell genannten Stoffe produzieren, macht die portugiesische Regierung geltend, sie habe sich bemüht, die Bestimmungen des Artikels 5 dieser Richtlinie umzusetzen. Wegen der Kompliziertheit dieser Materie und der praktischen und technischen Schwierigkeiten, mit denen die zuständigen Behörden konfrontiert worden seien, seien die Arbeiten jedoch noch nicht abgeschlossen.

18 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Umsetzung der Richtlinien 86/280 und 88/347 nicht innerhalb der in ihnen festgesetzten Frist erfolgt ist.

19 Die Klage der Kommission ist daher als begründet anzusehen.

20 Folglich ist festzustellen, daß die Portugiesische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 86/280 und Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 88/347 verstossen hat, indem sie nicht alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um die Richtlinie 86/280 in der Fassung der Richtlinie 88/347 vollständig und richtig umzusetzen.

Kostenentscheidung:

Kosten

21 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Portugiesische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Portugiesische Republik hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 86/280/EWG des Rates vom 12. Juni 1986 betreffend Grenzwerte und Qualitätsziele für die Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe im Sinne der Liste I im Anhang der Richtlinie 76/464/EWG in der Fassung der Richtlinie 88/347/EWG des Rates vom 16. Juni 1988 und aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 88/347 verstossen, indem sie nicht alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um die Richtlinie 86/280 in der Fassung der Richtlinie 88/347 vollständig und richtig umzusetzen.

2. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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