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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.03.2004
Aktenzeichen: C-231/00
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 2 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 1
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 4
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 6
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 7
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 10
Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 3
Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 4
Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor Art. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 25. März 2004. - Cooperativa Lattepiù arl gegen Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (AIMA) (C-231/00), Azienda Agricola Marcello Balestreri e Maura Lena gegen Regione Lombardia und Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (AIMA) (C-303/00), und Azienda Agricola Giuseppe Cantarello gegen Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (AIMA) und Ministero delle Politiche Agricole e Forestali (C- 451/00). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale del Lazio - Italien. - Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Milch und Milcherzeugnisse - Zusätzliche Abgabe für Milch - Verordnungen (EWG) Nrn. 3950/92 und 536/93 - Referenzmengen - Nachträgliche Berichtigung - Mitteilung an die Erzeuger. - Verbundene Rechtssachen C-231/00, C-303/00 und C-451/00.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-231/00, C-303/00 und C-451/00

betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Tribunale amministrativo regionale del Lazio (Italien) in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten

Cooperativa Lattepiù arl

gegen

Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (AIMA) (C-231/00),

Azienda Agricola Marcello Balestreri e Maura Lena

gegen

Regione Lombardia ,

Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (AIMA) (C-303/00)

und

Azienda Agricola Giuseppe Cantarello

gegen

Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (AIMA),

Ministero delle Politiche Agricole e Forestali (C-451/00)

vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung und die Gültigkeit der Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 405, S. 1) und der Artikel 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 57, S. 12)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters V. Skouris (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, der Richter C. Gulmann und J.-P. Puissochet sowie der Richterinnen F. Macken und N. Colneric,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: L. Hewlett und H. A. Rühl, Hauptverwaltungsräte,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Azienda Agricola Marcello Balestreri e Maura Lena, vertreten durch W. Viscardini Donà und M. Paolin, avvocati,

- der Azienda Agricola Giuseppe Cantarello, vertreten durch A. Zanichelli, L. Manzi und A. Manzi, avvocati,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von O. Fiumara und G. Aiello (C-231/00), O. Fiumara (C-303/00) und G. Aiello (C-451/00), avvocati dello Stato,

- der griechischen Regierung, vertreten durch G. Kanellopoulos und C. Tsiavou als Bevollmächtigte,

- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch J. Carbery und F. P. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Niejahr und L. Visaggio als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Cooperativa Lattepiù arl, vertreten durch A. Tonachella, avvocato, der Azienda Agricola Marcello Balestreri e Maura Lena, vertreten durch W. Viscardini Donà, der Azienda Agricola Giuseppe Cantarello, vertreten durch A. Zanichelli, der italienischen Regierung, vertreten durch O. Fiumara, der griechischen Regierung, vertreten durch G. Kanellopoulos, des Rates, vertreten durch F. P. Ruggeri Laderchi, und der Kommission, vertreten durch C. Cattabriga als Bevollmächtigte in der Sitzung vom 12. Dezember 2002,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

8. Mai 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Das Tribunale amministrativo regionale del Lazio hat mit Urteilen vom 6. April, 6. Juli und 28. Juni 2000, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 9. Juni (Rechtssache C-231/00), 8. August (Rechtssache C-303/00) und 8. Dezember 2000 (Rechtssache C-451/00), gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit der Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 405, S. 1) und der Artikel 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 57, S. 12) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in Rechtsstreitigkeiten verschiedener italienischer Milcherzeuger gegen die Azienda di Stato per gli interventi nel mercato agricolo (Staatliche Einrichtung für Agrarmarktinterventionen, im Folgenden: AIMA) und - in zwei dieser drei Rechtssachen - das Ministero delle Politiche Agricole e Forestali oder die Regione Lombardia, in denen es um die Rechtmäßigkeit der von der AIMA im Jahr 1999 getroffenen Entscheidungen geht, die für die Milchwirtschaftsjahre 1995/96 und 1996/97 zugeteilten Referenzmengen zu berichtigen, ungenutzte Referenzmengen für diese Wirtschaftsjahre neu zuzuweisen und demzufolge die von den Erzeugern für diese Wirtschaftsjahre geschuldeten Abgaben neu zu berechnen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3. 1984 wurde wegen des fortbestehenden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Milchsektor eine Zusatzabgabenregelung eingeführt, und zwar mit der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) (im Folgenden: Verordnung Nr. 804/68) und mit der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 90, S. 13). Nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wird eine zusätzliche Abgabe auf die Milchmengen erhoben, die eine zu bestimmende Referenzmenge überschreiten.

4. Diese Zusatzabgabenregelung, die ursprünglich für die Zeit bis zum 31. März 1993 vorgesehen war, wurde durch die Verordnung Nr. 3950/92 bis zum 31. März 2000 verlängert.

5. Artikel 1 der Verordnung Nr. 3950/92 lautet:

Bei den Erzeugern von Kuhmilch wird für weitere sieben aufeinander folgende Zeiträume von zwölf Monaten ab 1. April 1993 eine zusätzliche Abgabe auf die Mengen Milch oder Milchäquivalent erhoben, die in dem jeweiligen Zwölfmonatszeitraum an einen Abnehmer geliefert oder direkt an den Verbraucher verkauft wurden und eine bestimmte Referenzmenge überschreiten.

Die Abgabe wird auf 115 v. H. des Milchrichtpreises festgesetzt.

6. Artikel 2 Absatz 1 dieser Verordnung lautet:

Die Abgabe wird auf alle Milch- oder Milchäquivalenzmengen erhoben, die in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum vermarktet werden und die eine der beiden in Artikel 3 genannten Mengen überschreiten. Sie wird auf die Erzeuger verteilt, die zur Mengenüberschreitung beigetragen haben.

Je nach Entscheidung des Mitgliedstaats wird der Beitrag der Erzeuger zur fälligen Abgabe nach eventueller Neuzuweisung der ungenutzten Referenzmengen entweder auf der Ebene des Abnehmers nach Maßgabe der Überschreitungsmengen, die nach Aufteilung der ungenutzten Referenzmengen entsprechend den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger noch verbleiben, oder auf einzelstaatlicher Ebene nach Maßgabe der Überschreitung der Referenzmenge des einzelnen Erzeugers festgelegt.

7. Artikel 4 der Verordnung Nr. 3950/92, der die Kriterien für die Berechnung der jedem Erzeuger zur Verfügung stehenden einzelbetrieblichen Quote festlegt, bestimmt:

(1) Die einzelbetriebliche Referenzmenge entspricht der am 31. März 1993 zur Verfügung stehenden Menge, die gegebenenfalls für jeden der betreffenden Zeiträume angepasst wird, damit die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen gleicher Art die entsprechenden in Artikel 3 genannten Gesamtmengen nicht überschreitet, wobei Kürzungen zur Aufstockung der einzelstaatlichen Reserve gemäß Artikel 5 zu berücksichtigen sind.

(2) Eine einzelbetriebliche Referenzmenge wird auf begründeten Antrag des Erzeugers erhöht oder zugeteilt, um Änderungen bei seinen Lieferungen bzw. Direktverkäufen Rechnung zu tragen. Voraussetzung für die Erhöhung oder Zuteilung einer Referenzmenge ist die entsprechende Senkung oder Aufhebung der jeweiligen anderen Referenzmenge des Erzeugers. Diese Anpassungen dürfen für den betreffenden Mitgliedstaat keine Erhöhung der in Artikel 3 genannten Gesamtmengen für Lieferungen und Direktverkäufe bewirken.

Bei endgültigen Änderungen der einzelbetrieblichen Referenzmengen werden die in Artikel 3 genannten Mengen nach den Verfahren des Artikels 11 entsprechend angepasst.

...

8. Artikel 6 dieser Verordnung bestimmt:

(1) Die Mitgliedstaaten gestatten vor einem von ihnen festzulegenden Zeitpunkt, spätestens aber am 31. Dezember für den jeweiligen Zwölfmonatszeitraum, die zeitweilige Übertragung der einzelbetrieblichen Referenzmenge, die der betreffende Erzeuger nicht ausnutzen will. Die Referenzmengen nach Artikel 4 Absatz 3 sind jedoch bis zum 31. März 1995 von diesen Übertragungen ausgenommen.

Die Mitgliedstaaten können die Übertragungsmöglichkeiten nach Erzeugergruppen oder Milchproduktionsstrukturen regeln, auf der Ebene der Abnehmer oder innerhalb der Regionen begrenzen und festlegen, inwieweit der Erzeuger die Übertragung erneuern kann.

(2) Die Mitgliedstaaten können aufgrund der nachstehenden Kriterien beschließen, Absatz 1 nicht anzuwenden:

- Erfordernis der Erleichterung struktureller Entwicklungen und Anpassungen,

- zwingende Verwaltungserfordernisse.

9. In Artikel 7 dieser Verordnung heißt es:

(1) Die Referenzmenge eines Betriebs wird bei Verkauf, Verpachtung oder Vererbung nach Bedingungen, die von den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der für die Milcherzeugung verwendeten Flächen oder nach anderen objektiven Kriterien und gegebenenfalls einer Vereinbarung zwischen den Parteien festgelegt werden, mit dem Betrieb auf die Erzeuger übertragen, die den Betrieb übernehmen. Der Teil der Referenzmenge, der gegebenenfalls nicht mit dem Betrieb übertragen wird, wird der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen.

Die gleichen Bestimmungen gelten für sonstige Fälle von Übertragungen mit vergleichbaren rechtlichen Folgen für die Erzeuger.

...

(2) Ist bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverträge eine Verlängerung zu gleichartigen Bedingungen nicht möglich oder liegt ein rechtlich gleich gelagerter Fall vor und wurde zwischen den Beteiligten keine Vereinbarung getroffen, so werden die verfügbaren Referenzmengen der betreffenden Betriebe nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten oder festzulegenden Bestimmungen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten ganz oder teilweise auf die Erzeuger übertragen, die sie übernehmen.

10. Artikel 10 der Verordnung Nr. 3950/92 lautet schließlich:

Die Abgabe gilt als Teil der Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte und wird zur Finanzierung der Ausgaben im Milchsektor eingesetzt.

11. In der fünften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 536/93 heißt es: Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Regelung infolge erheblicher Verzögerungen bei der Übermittlung der Zahlen über die Lieferungen oder Direktverkäufe sowie bei der Zahlung der Abgabe nicht voll wirksam sein konnte. Daraus sind die erforderlichen Folgerungen zu ziehen, indem strenge Anforderungen in Form von Übermittlungs- und Zahlungsfristen gestellt werden, die mit Strafmaßnahmen bewehrt sein müssen.

12. Artikel 3 der Verordnung Nr. 536/93 bestimmt:

(1) Nach Ablauf jedes der Zeiträume gemäß Artikel 1 der Verordnung... Nr. 3950/92 erstellt der Abnehmer für jeden Erzeuger eine Abrechnung, aus der im Hinblick auf die Referenzmenge und den repräsentativen Fettgehalt, die jeweils für den Erzeuger ermittelt wurden, Menge und Fettgehalt der von ihm gelieferten Milch und/oder des von ihm gelieferten Milchäquivalents hervorgehen.

...

(2) Vor dem 15. Mai jedes Jahres übermittelt der Abnehmer der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats eine Aufstellung der Abrechnungen für jeden Erzeuger bzw. unterrichtet sie aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Mitgliedstaats über die Gesamtmenge, die gemäß Artikel 2 Absatz 2 berichtigte Menge und den Durchschnittsfettgehalt der Milch und/oder des Milchäquivalents, die bzw. das ihm von Erzeugern geliefert worden ist, sowie über die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen und den jeweils für diese Erzeuger ermittelten repräsentativen Durchschnittsfettgehalt.

Bei Nichteinhaltung der Frist muss der Abnehmer einen Strafbetrag zahlen, der der Abgabe entspricht, die bei einer Überschreitung in Höhe von 0,1 % der ihm von den Erzeugern gelieferten Milch- oder Milchäquivalentmengen zu entrichten ist. Dieser Strafbetrag darf 20 000 ECU nicht überschreiten.

(3) Der Mitgliedstaat kann vorsehen, dass die zuständige Behörde dem Abnehmer die Höhe der von ihm zu entrichtenden Abgabe mitteilt, nachdem sie aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Mitgliedstaats die nicht genutzten Referenzmengen gar nicht, ganz oder teilweise entweder unmittelbar den betreffenden Erzeugern oder den Abnehmern neu zugewiesen hat, damit diese sie wiederum auf die betreffenden Erzeuger aufteilen.

(4) Vor dem 1. September jedes Jahres zahlt der abgabenpflichtige Abnehmer der zuständigen Stelle den geschuldeten Betrag nach den vom Mitgliedstaat festgelegten Modalitäten.

Bei Nichteinhaltung der Zahlungsfrist werden auf die geschuldeten Beträge Jahreszinsen erhoben, deren Satz vom Mitgliedstaat festgesetzt wird und der nicht unter dem Zinssatz liegen darf, den der Mitgliedstaat bei der Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge anwendet.

13. In Artikel 4 dieser Verordnung heißt es:

(1) Bei Direktverkäufen macht der Erzeuger am Ende jedes der Zeiträume gemäß Artikel 1 der Verordnung... Nr. 3950/92 eine Aufstellung über die Menge Milch und/oder Milcherzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Erzeugnissen, die er direkt zum menschlichen Verbrauch und/oder an Großhändler, Verarbeitungsbetriebe oder Einzelhändler verkauft hat.

...

(2) Vor dem 15. Mai jedes Jahres übersendet der Erzeuger seine Aufstellung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats.

Bei Nichteinhaltung der Frist hat der Erzeuger die Abgabe auf die Gesamtheit der Milch- und Milchäquivalentmengen zu entrichten, die er direkt verkauft hat und die die für ihn ermittelte Referenzmenge übersteigen, oder, falls die Referenzmenge nicht überschritten wurde, einen Strafbetrag zu zahlen, der der Abgabe entspricht, die bei einer Überschreitung in Höhe von 0,1 % der für ihn ermittelten Referenzmenge zu entrichten ist. Dieser Strafbetrag darf 1 000 ECU nicht überschreiten.

Wird die Aufstellung nicht vor dem 1. Juli übermittelt, so findet Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung... Nr. 3950/92 Anwendung, nachdem eine Frist von dreißig Tagen nach Aufforderung durch den Mitgliedstaat verstrichen ist.

(3) Der Mitgliedstaat kann vorsehen, dass die zuständige Behörde dem Erzeuger die Höhe der von ihm zu entrichtenden Abgabe mitteilt, nachdem sie aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Mitgliedstaats die nicht genutzten Referenzmengen den betreffenden Erzeugern gar nicht, ganz oder teilweise neu zugewiesen hat.

(4) Vor dem 1. September jedes Jahres zahlt der Erzeuger der zuständigen Stelle den geschuldeten Betrag nach den vom Mitgliedstaat festgelegten Modalitäten.

Bei Nichteinhaltung der Zahlungsfrist werden auf die geschuldeten Beträge Jahreszinsen erhoben, deren Satz vom Mitgliedstaat festgesetzt wird...

14. Artikel 7 der Verordnung Nr. 536/93 bestimmt:

(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Kontrollmaßnahmen, um zu gewährleisten, dass die Abgabe auf die Milch- und Milchäquivalentmengen erhoben wird, die über eine der in Artikel 3 der Verordnung... Nr. 3950/92 genannten Mengen hinaus vermarktet werden....

...

(3) Der Mitgliedstaat prüft die Richtigkeit der Verbuchung der vermarkteten Milch- und Milchäquivalentmengen und nimmt zu diesem Zweck Kontrollen bei der Beförderung der Milch während der Abholung in den Betrieben und vor Ort insbesondere folgende Kontrollen vor:

a) bei den Abnehmern Kontrolle der Abrechnungen gemäß Artikel 3 Absatz 1, der Zuverlässigkeit der Bestandsbuchführung und der Lieferungen gemäß Absatz 1 Buchstaben c) und d) im Hinblick auf die Geschäfts- und sonstigen Unterlagen, aus denen die Verwendung der Anlieferungen von Milch und Milchäquivalent hervorgeht;

b) bei den Erzeugern mit einer Referenzmenge Direktverkäufe die Kontrolle der Zuverlässigkeit der Aufstellung gemäß Artikel 4 Absatz 1 und der Bestandsbuchhaltung gemäß Absatz 1 Buchstabe f).

...

Nationale Regelung

15. Die italienische Regelung der Zusatzabgabe für Milch wurde mit dem Gesetz Nr. 468 vom 26. November 1992 (GURI Nr. 286 vom 4. Dezember 1992, S. 3, im Folgenden: Gesetz Nr. 468/92) eingeführt. Dieses Gesetz bestimmte u. a. die Kriterien für die Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmengen und die Modalitäten des nationalen Ausgleichs (Neuzuweisung der ungenutzten Referenzmengen). Auf dieses Gesetz folgte eine umfangreiche Regelung, die mehrmals geändert wurde. Im Zuge dieser Änderung der Rechtsvorschriften ergingen u. a. das Decreto-legge Nr. 727 vom 23. Dezember 1994 (GURI Nr. 304 vom 30. Dezember 1994, S. 5, im Folgenden: Decreto-legge Nr. 727/94), nach Änderung umgewandelt in das Gesetz Nr. 46 vom 24. Februar 1995 (GURI Nr. 48 vom 27. Februar 1995, S. 3, im Folgenden: Gesetz Nr. 46/95), das die Systeme für die Senkung der zugeteilten Mengen regelte, und das Haushaltsgesetz Nr. 662 vom 23. Dezember 1996 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 303 vom 28. Dezember 1996, S. 233, im Folgenden: Gesetz Nr. 662/96), dessen Artikel 2 Absatz 168 Kriterien für den nationalen Ausgleich festlegte.

16. Die italienische Corte costituzionale erklärte mit Urteil Nr. 520 vom 28. Dezember 1995 Artikel 2 Absatz 1 des Decreto-legge Nr. 727/94, umgewandelt in das Gesetz Nr. 46/95, insoweit für ungültig, als darin bei der Festlegung der Senkung der den Milcherzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Mengen jede Beteiligung der betroffenen Regionen - auch nur in Form einer Aufforderung zur Stellungnahme - ausgeschlossen wurde. Mit Urteil Nr. 398 vom 11. Dezember 1998 erklärte die Corte costituzionale außerdem Artikel 2 Absatz 168 des Gesetzes Nr. 662/96 für nichtig, weil darin keine Stellungnahme der Regionen und der autonomen Provinzen vorgesehen war.

17. Inzwischen hatte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ein Verfahren nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) gegen die Italienische Republik eingeleitet, das die in Artikel 5 des Gesetzes Nr. 468/92 vorgesehene Methode für die Neuzuweisung der ungenutzten einzelbetrieblichen Mengen betraf. In der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 20. Mai 1996 beanstandete die Kommission in Bezug auf die Lieferungen die Möglichkeit, die ungenutzten Mengen auf der Ebene der Erzeugervereinigungen und nicht, wie in den Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 vorgesehen, auf der Ebene der Erzeuger oder der Abnehmer neu zuzuweisen. Dieses Verfahren wurde eingestellt, nachdem die italienischen Behörden den beanstandeten Vertragsverstoß mit Erlass des Gesetzes Nr. 662/96 abgestellt hatten, nach dessen Artikel 2 Absatz 166 die fragliche Methode vom Milchwirtschaftsjahr 1995/96 an nicht mehr anwendbar war.

18. Um die Unsicherheiten bei der Bestimmung der tatsächlichen Milcherzeugung auszuräumen, die auf ein System zurückgingen, das insbesondere für die Milchwirtschaftsjahre 1995/96 und 1996/97 keine Erhebung zuverlässiger Daten ermöglicht hatte, setzte der italienische Gesetzgeber mit dem Decreto-legge Nr. 11 vom 31. Januar 1997 (GURI Nr. 25 vom 31. Januar 1997, S. 3), nach Änderung umgewandelt in das Gesetz Nr. 81 vom 28. März 1997 (GURI Nr. 81 vom 1. April 1997, S. 4), eine staatliche Untersuchungskommission ein. Diese Kommission hatte die Aufgabe, das Vorliegen etwaiger Unregelmäßigkeiten bei der Quotenverwaltung durch Privatpersonen und öffentliche oder private Einrichtungen sowie bei der Vermarktung von Milch und Milchprodukten durch die Erzeuger oder bei ihrer Verwendung durch die Abnehmer festzustellen.

19. In diesem Kontext kam es im Licht der Schlussfolgerungen, zu denen die staatliche Untersuchungskommission gelangt war, zu einer erneuten Änderung der italienischen Regelung durch das Decreto-legge Nr. 411 vom 1. Dezember 1997 (GURI Nr. 208 vom 1. Dezember 1997, S. 3, im Folgenden: Decreto-legge Nr. 411/97), nach Änderung umgewandelt in das Gesetz Nr. 5 vom 27. Januar 1998 (GURI Nr. 22 vom 28. Januar 1998, S. 3, im Folgenden: Gesetz Nr. 5/98), und das Decreto-legge Nr. 43 vom 1. März 1999 (GURI Nr. 50 vom 2. März 1999, S. 8, im Folgenden: Decreto-legge Nr. 43/99), nach Änderung umgewandelt in das Gesetz Nr. 118 vom 27. April 1999 (GURI Nr. 100 vom 30. April 1999, S. 4, im Folgenden: Gesetz Nr. 118/99).

20. Nach Artikel 2 des Gesetzes Nr. 5/98 ist es Aufgabe der AIMA, insbesondere aufgrund des Berichts der staatlichen Untersuchungskommission sowie der von den Regionen durchgeführten und mitgeteilten Kontrollen die in den Milchwirtschaftsjahren 1995/96 und 1996/97 tatsächlich erzeugten und abgesetzten Mengen festzustellen. Nach Absatz 5 dieses Artikels teilt die AIMA den Erzeugern binnen 60 Tagen nach Inkrafttreten des Decreto-legge die ihnen zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen und die abgesetzten Milchmengen mit. Die Erzeuger können eine Überprüfung dieser von der AIMA festgesetzten Mengen bei den Regionen und den autonomen Provinzen beantragen, die binnen 80 Tagen nach Ablauf der für die Antragstellung geltenden Frist von 60 Tagen zu entscheiden haben. Nach Absatz 11 dieses Artikels berichtigt die AIMA, nachdem sie ihre Feststellungen getroffen und über die Anträge auf Überprüfung entschieden hat, die Angaben auf den verwendeten Formularen und die einzelbetrieblichen Referenzmengen, damit die nationalen Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt und die Zusatzabgaben erhoben werden können.

21. Artikel 1 Absatz 1 des Decreto-legge Nr. 43/99 bestimmt, dass die AIMA den nationalen Ausgleich für die Milchwirtschaftsjahre 1995/96 und 1996/97 aufgrund der Angaben über die von ihr festgestellte Milchproduktion durchführt und die auf den einzelnen Erzeuger entfallende Zusatzabgabe berechnet. Außerdem ist die AIMA nach dieser Vorschrift verpflichtet, den Erzeugern, den Abnehmern sowie den Regionen und den autonomen Provinzen das Ergebnis ihrer Berechnungen binnen 60 Tagen nach Inkrafttreten dieses Decreto-legge mitzuteilen.

22. Nach Absatz 12 dieses Artikels sind die Ergebnisse des nach den neuen Rechtsvorschriften durchgeführten innerstaatlichen Ausgleichs in Bezug auf die Zahlung der Zusatzabgabe, die entsprechenden Ausgleichsrechnungen und die Freigabe der Sicherheiten endgültig. Nach Absatz 15 dieses Artikels müssen die Abnehmer nach Erhalt der Mitteilung der AIMA über die für die Milchwirtschaftsjahre 1995/96 und 1996/97 zu erhebenden Abgaben binnen 30 Tagen die fraglichen Beträge abführen sowie etwaige Überschüsse zurückführen und die Regionen und die autonomen Provinzen davon unterrichten.

23. Bezüglich der Modalitäten des Verkaufs von Referenzmengen ohne Übertragung von Land bestimmt Artikel 18 Absätze 9 und 10 des Dekrets Nr. 569 des Präsidenten der Republik vom 23. Dezember 1993 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 306 vom 31. Dezember 1993, im Folgenden: Dekret Nr. 569/93): Die Regionen leiten, nachdem sie die Geeignetheit der genannten Unterlagen und die Einhaltung der Regelung geprüft haben, der AIMA bis zum 15. Januar jedes Jahres das Verzeichnis der bis zum 30. November erfolgten Verkäufe zu... Die AIMA nimmt innerhalb der in vorstehendem Absatz genannten Frist die erforderlichen Kontrollen vor, um festzustellen, ob die verkaufte Referenzmenge tatsächlich der Menge entspricht, die dem Veräußerer nach dem Gesetz [Nr. 468/92] zusteht... Schließlich heißt es in Artikel 18 Absatz 12 dieses Dekrets, dass [d]ie Gültigkeit der Veräußerung der Milchquoten... vom Ergebnis der in den vorstehenden Absätzen genannten Kontrollen [abhängt]. Artikel 20 dieses Dekrets enthält inhaltsgleiche Vorschriften für die Verpachtung von Milchquoten.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Rechtssache C-231/00

24. Die Cooperativa Lattepiù arl, Klägerin des Ausgangsverfahrens, bestritt mit ihrer beim Tribunale amministrativo regionale del Lazio erhobenen Klage die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, mit denen die AIMA Artikel 1 des Decreto-legge Nr. 43/99, nach Änderung umgewandelt in das Gesetz Nr. 118/99, durchführte und den Ausgleich für die Milchwirtschaftsjahre 1995/96 und 1996/97 vornahm. Sie stützte ihre Klage insbesondere darauf, dass diese Maßnahmen rechtswidrig seien, weil sie auf der Grundlage einer rückwirkenden Festlegung der einzelbetrieblichen Referenzmengen ergangen seien.

25. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass im Ausgangsverfahren allgemein festzustellen sei, ob nationale Rechtsvorschriften, die eine rückwirkende Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmenge oder jedenfalls eine rückwirkende Zuteilung durch die Verwaltung vorsähen, mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbar seien. Diese Feststellung sei notwendig, bevor über das Ausgangsverfahren entschieden werden könne, da von ihr die Entscheidung über die in erster Linie geltend gemachte Rüge abhänge.

26. In diesem Zusammenhang vertritt das vorlegende Gericht die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sein müssten, die in Artikel 33 EG genannten Ziele - wenn auch mit Verspätung - zu verfolgen, was durch eine rigide Auslegung der Gemeinschaftsregelung, die es nicht erlaube, den Grundsatz des Vertrauensschutzes mit diesen Zielen in Einklang zu bringen, eindeutig gefährdet wäre. Die Tatsache, dass das Gemeinschaftsrecht selbst den Mitgliedstaaten im Wesentlichen verbiete, die Last der Abgaben zu übernehmen, spreche für eine Auslegung, die es in Streitfällen ermögliche, die für die Abgaben erforderlichen Maßnahmen noch nach Ablauf der Fristen vorzunehmen, die in den Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 festgelegt seien.

27. Vor diesem rechtlichen und tatsächlichen Hintergrund hat das Tribunale amministrativo regionale del Lazio das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die Artikel 1 und 4 der Verordnung Nr. 3950/92 und die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 dahin auszulegen, dass von den Fristen für die Zuteilung der Quoten und von denen für die Durchführung der Ausgleichszahlungen und die Erhebung der Abgaben im Fall des Widerspruchs oder der Klage gegen die entsprechenden Maßnahmen abgewichen werden kann?

Bei Verneinung dieser Frage:

2. Sind die Artikel 1 und 4 der Verordnung Nr. 3950/92 und die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 im Hinblick auf Artikel 33 EG (früher Artikel 39 EG-Vertrag) gültig, soweit sie nicht vorsehen, dass im Fall des Widerspruchs oder der Klage gegen die Maßnahmen zur Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmengen, zur Durchführung des Ausgleichs oder zur Erhebung der Abgaben von den in ihnen enthaltenen Fristen abgewichen werden kann?

Rechtssache C-303/00

28. Die Azienda Agricola Marcello Balestreri e Maura Lena, Klägerin des Ausgangsverfahrens, erzeugt Milch in der Gemeinde Stagno Lombardo (Italien). Sie war Inhaberin einer einzelbetrieblichen Referenzmenge, die sie von einem anderen Erzeuger, dem Unternehmen Maini Lino, zunächst gepachtet und dann gekauft hatte. Nach Durchführung von Kontrollen bei dem veräußernden Erzeuger setzten die italienischen Behörden die diesem zugeteilte Menge herab. Da diese Menge veräußert worden war, berichtigten die zuständigen Behörden die Referenzmenge des Unternehmens, das sie gekauft hatte.

29. Gegen diese Berichtigung wandte sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens zunächst im Verwaltungs- und sodann im gerichtlichen Verfahren.

30. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass diese Möglichkeit der Berichtigung in den Artikeln 18 und 20 des Dekrets Nr. 569/93 für den Verkauf und die Verpachtung von Milchquoten ausdrücklich vorgesehen sei. Außerdem ergebe sich aus den Akten, dass in den fraglichen Pacht- und Kaufverträgen ausdrücklich bestimmt sei, dass ihre Gültigkeit an die Bedingung des positiven Ausgangs der Prüfungen geknüpft sei.

31. Unter Bezugnahme auf die Umstände der Rechtssache C-231/00 stellt das vorlegende Gericht fest, dass die vorliegende Rechtssache zwar die grundsätzliche Frage nach der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Feststellungen betreffe; ihr liege jedoch eine andere Fallgestaltung zugrunde, da die AIMA bei nachträglichen Kontrollen, die zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Verträge über die Veräußerung der Milchquoten erforderlich gewesen seien, festgestellt habe, dass die ursprünglich in den Mitteilungsblättern ausgewiesenen Quoten nicht denen entsprochen hätten, auf die der Inhaber tatsächlich Anspruch gehabt habe.

32. Unter diesen Umständen hat das Tribunale amministrativo regionale del Lazio das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es nach den Artikeln 1, 4, 6 und 7 der Verordnung Nr. 3950/92 und den Artikeln 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 zulässig, von den Fristen für die Zuteilung der Quoten und dementsprechend für die Ausgleichszahlungen und die Abgaben abzuweichen, wenn bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verträge über die Pacht und den Kauf dieser Quoten festgestellt wird, dass die ursprünglich dem Rechtsvorgänger zugeteilten Quoten aus Gründen, die der Verwaltung nicht zuzurechnen sind, fehlerhaft festgesetzt wurden?

2. Sind diese Gemeinschaftsbestimmungen im Hinblick auf Artikel 33 EG (früher Artikel 39 EG-Vertrag) gültig, soweit sie nicht die Möglichkeit vorsehen, im Fall der nachträglichen Überprüfung der verpachteten oder verkauften einzelbetrieblichen Referenzmengen die Quote rückwirkend zuzuteilen und die Mengen, die in den Mitteilungsblättern aufgrund der Verwaltung nicht zuzurechnender Tatsachen falsch ausgewiesen sind, zu korrigieren?

Rechtssache C-451/00

33. Die Azienda Agricola Giuseppe Cantarello, Klägerin des Ausgangsverfahrens, bestritt mit ihrer beim Tribunale amministrativo regionale del Lazio erhobenen Klage die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen, mit denen die AIMA Artikel 1 des Decreto-legge Nr. 43/99, nach Änderung umgewandelt in das Gesetz Nr. 118/99, durchgeführt und den Ausgleich für die Milchwirtschaftsjahre 1995/96 und 1996/97 vorgenommen hatte.

34. Dieses Gericht bezieht sich auf sein Vorlageurteil in der Rechtssache C-231/00 und führt aus, dass die dem Gerichtshof bereits vorgelegten Fragen unter Berücksichtigung der Tatsache spezifiziert werden müssten, dass die Änderung des Gesetzes Nr. 468/92 auch aufgrund einer von der Kommission an die Italienische Republik gerichteten mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 20. Mai 1996 geändert worden sei, in der die Kommission festgestellt habe, dass das System eines Ausgleichs auf der Ebene der Erzeugerverbände mit der Verordnung Nr. 3950/92 unvereinbar sei.

35. Unter diesen Umständen hat das Tribunale amministrativo regionale del Lazio das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die Artikel 1 und 4 der Verordnung Nr. 3950/92 und die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 dahin auszulegen, dass von den Fristen für die Zuteilung der Mengen und von denen für die Durchführung der Ausgleichszahlungen und die Erhebung der Abgaben im Fall eines Verfahrens vor dem Gemeinschaftsrichter und späterer Befolgung des Urteils durch den Mitgliedstaat abgewichen werden kann?

Bei Verneinung dieser Frage:

2. Sind diese Gemeinschaftsbestimmungen in Hinblick auf Artikel 33 EG (früher Artikel 39 EG-Vertrag) gültig, soweit sie in dem genannten Fall eines Verfahrens vor dem Gemeinschaftsrichter keine Abweichung von den Fristen für die Zuteilung und den Ausgleich vorsehen?

Zur ersten Frage

36. Mit der ersten Frage in diesen verbundenen Rechtssachen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung Nr. 3950/92 sowie die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 dahin auszulegen sind, dass es danach einem Mitgliedstaat verwehrt ist, im Anschluss an Kontrollen die den einzelnen Erzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen zu berichtigen und dementsprechend die geschuldeten Zusatzabgaben nach Neuzuweisung der nicht genutzten Referenzmengen und nach Ablauf der Frist für die Zahlung der für die betreffende Produktionsperiode geschuldeten Abgaben neu zu berechnen.

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

37. Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren machen geltend, die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 hätten sehr genaue Fristen für die Handlungen bestimmt, die von den Abnehmern, den Erzeugern und den Mitgliedstaaten in Bezug auf den innerstaatlichen Ausgleich und die Erhebung der Zusatzabgabe vorzunehmen seien. Es liege daher auf der Hand, dass diese in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Fristen nur dann eingehalten werden könnten, wenn die Zuteilung sowie etwaige Änderungen der einzelbetrieblichen Referenzmengen vor Beginn des Wirtschaftsjahres erfolgten, um den Erzeugern eine Planung der Tätigkeiten ihres Betriebes zu ermöglichen.

38. Der zwingende Charakter dieser Fristen sei auch in der Rechtsprechung des Gerichtshofes bekräftigt worden, und zwar sowohl hinsichtlich der Zusatzabgabe für Milch (Urteile vom 13. April 2000 in der Rechtssache C292/97, Karlsson u. a., Slg. 2000, I-2737, Randnr. 32, und vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache C356/97, Molkereigenossenschaft Wiedergeltingen, Slg. 2000, I-5461, Randnrn. 38, 40 und 41) als auch des Zuckersektors (Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-1/94, Cavarzere Produzioni Industriali u. a., Slg. 1995, I-2363).

39. Wenn außerdem die Einhaltung der in den Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 vorgesehenen Fristen nicht streng und absolut vorgeschrieben wäre, könnte die Gemeinschaftsregelung in diesem Bereich weder ihre spezifischen Ziele noch die allgemeinen Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik erreichen.

40. Eine Auslegung, die Abweichungen von diesen Fristen zulasse und nach der die Referenzmengen noch nach dem Ende des betreffenden Milchwirtschaftsjahres rückwirkend zugeteilt und demgemäß die geschuldeten Abgaben rückwirkend erhoben werden könnten, wäre sowohl mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes unvereinbar.

41. Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit führen die Klägerinnen der Ausgangsverfahren aus, dass die Zusatzabgabe eine Sanktion darstelle, die nur zulässig sei, wenn sie nicht über das hinausgehe, was geeignet und erforderlich sei, um das mit der fraglichen Regelung angestrebte Ziel zu erreichen. Die Aufforderung zur Zahlung einer Zusatzabgabe nach Ablauf der Frist, die für die Entrichtung dieses Betrages für das betreffende Milchwirtschaftsjahr vorgesehen sei, sei aber nicht sachgerecht, wenn die Referenzmenge, anhand deren diese Abgabe berechnet worden sei, nicht auf der Produktion beruhe, die in diesem Wirtschaftsjahr tatsächlich erzielt worden sei.

42. Was den Grundsatz des Vertrauensschutzes angehe, so sei er verletzt worden, weil die Erzeuger hätten erwarten dürfen, dass ihnen Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Investitionen im Bereich der Milcherzeugung und -vermarktung hätten, rechtzeitig mitgeteilt würden. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger betont, dass sie nicht in Erfahrung hätten bringen können, welche einzelbetrieblichen Referenzmengen ihnen für die betreffenden Milchwirtschaftsjahre zugeteilt worden seien, so dass die Berichtigungen, die die italienischen Behörden 1999 vorgenommen hätten, in Wirklichkeit eine rückwirkende Zuteilung der Quoten gewesen sei.

43. Die italienische Regierung macht geltend, dass, falls es bei der Festlegung der Referenzerzeugung zu Fehlern und Streitigkeiten komme, davon der ganze Mechanismus mit mehr oder weniger bedeutenden Änderungen der zulässigen Referenzmengen, die nur nachträglich bestimmt werden könnten, betroffen sei.

44. Bei sachgerechter Auslegung der Gemeinschaftsverordnungen sei die rückwirkende Bestimmung der Quoten mit der erlassenen Regelung vereinbar, wenn die ursprünglich festgelegten Quoten aufgrund einer Änderung der Durchführungsbestimmungen zu diesen Verordnungen berichtigt worden seien.

45. Außerdem müssten die Berichtigungen, die sich aus der Anwendung nationaler Vorschriften ergäben, die nur erlassen worden seien, um die Fälligkeit der Zusatzabgabe herbeizuführen, notwendigerweise Rückwirkung haben, da mit ihnen die jedem einzelnen Erzeuger zuzuteilenden Mengen und demzufolge die tatsächlich erzeugte und vermarktete Milchmenge habe festgelegt werden sollen. Auch müsse die Maßnahme der italienischen Regierung, mit der die Last der Zusatzabgabe, wie die Kommission dies 1997 bei der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens verlangt habe, auf diejenigen Erzeuger abgewälzt werden solle, die für die Überschüsse verantwortlich seien, zwangsläufig auf die rückwirkende Festsetzung der Referenzmengen gestützt sein.

46. Die Artikel 1 und 4 der Verordnung Nr. 3950/92 und die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 seien somit dahin auszulegen, dass die Fristen für die Zuteilung der Quoten sowie die Fristen für die Vornahme der Ausgleichszahlungen und die Erhebung der Abgaben ganz gewöhnliche Fristen seien und von ihnen daher im Streitfall in Verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahren abgewichen werden könne.

47. Zum angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes trägt die italienische Regierung vor, dass die einzelnen Wirtschaftsteilnehmer die geltenden Gemeinschaftsvorschriften und die Produktionshöchstgrenzen, die darin für die nationale und folglich auch für die einzelbetriebliche Ebene festgelegt seien und wonach jedenfalls eine Überschreitung der Produktion des Referenzjahres untersagt gewesen sei, gekannt hätten oder hätten kennen müssen. Die nachträgliche Bestimmung der einzelbetrieblichen Mengen sei mit den Erzeugern im Rahmen des Möglichen kontradiktorisch erörtert worden und daher mit deren Beteiligung erfolgt.

48. Speziell in Bezug auf die Veräußerung und Verpachtung der einzelbetrieblichen Referenzmengen stellt die italienische Regierung klar, dass die Kontrolltätigkeit gewährleisten solle, dass die zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen mit der Italien zugeteilten Gesamtmenge übereinstimmten und dass die veräußerten oder verpachteten Gesamtmengen diejenigen seien, auf die die Veräußerer oder Verpächter Anspruch gehabt hätten. Falls die übertragene Menge nicht korrekt festgelegt worden sei, bestehe Anlass, sie neu festzulegen.

49. Sodann macht die italienische Regierung unter Bezugnahme auf die Artikel 18 Absatz 12 und 20 Absatz 13 des Dekrets Nr. 569/93 geltend, dass sich die Vertragspartner nicht auf einen Vertrauensschutz berufen könnten, da die Gültigkeit des Vertrages nach diesen Artikeln von den Ergebnissen der Kontrollen abhänge.

50. Schließlich weist die italienische Regierung auf die Bedeutung hin, die den Kontrollen nach der in diesem Bereich geltenden Gemeinschaftsregelung im Hinblick darauf zukomme, dass die korrekte Entrichtung der Zusatzabgabe durch die Wirtschaftsteilnehmer, die zu den Produktionsüberschüssen beigetragen hätten, gewährleistet sei. Die Zusatzabgabe könne für die verschiedenen betroffenen Erzeuger nur dann festgesetzt werden, wenn die Mengen korrekt zugeteilt worden seien.

51. Die griechische Regierung, die nur in der Rechtssache C-303/00 Erklärungen eingereicht hat, schließt sich im Wesentlichen dem Vorbringen der italienischen Regierung an.

52. Die Kommission führt aus, dass mit den Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 keine neue Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmengen gegenüber der vorherigen Regelung eingeführt worden sei und auch keine Fristen für eine solche Zuteilung vorgesehen worden seien. Ebenso wenig stelle die Neuzuweisung ungenutzter einzelbetrieblicher Mengen nach den Artikeln 3 Absatz 3 und 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 536/93 eine neue Zuteilung einzelbetrieblicher Referenzmengen an die Erzeuger dar.

53. Nach diesen Vorbemerkungen verweist die Kommission auf den Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten. Dass weder in der Verordnung Nr. 3950/92 noch in der Verordnung Nr. 536/93 ausdrücklich der Fall geregelt werde, dass es nach den Kontrollen zu Berichtigungen komme, weise darauf hin, dass der Mitgliedstaat nach den in seinem nationalen Recht aufgestellten Kriterien die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen habe.

54. Daraus folge, dass, um eine ordnungsgemäße und wirksame Durchführung der Gemeinschaftsregelung zu gewährleisten, das Ergebnis der von den Mitgliedstaaten vorgenommenen Kontrollen auch noch nach dem Ende der Produktionsperiode, auf die sie sich beziehen, zu einer Berichtigung der fraglichen Referenzmenge und folglich des Betrages der geschuldeten Abgaben führen könne, aber auch müsse. Dass Berichtigungen der einzelbetrieblichen Referenzmengen und Neuberechnungen der Abgaben nach dem Ende der betreffenden Produktionsperioden erfolgt seien, entbinde weder den Mitgliedstaat noch die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer - auch nicht mittelfristig - von der Beachtung der einschlägigen Verordnungen.

Antwort des Gerichtshofes

55. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass keine Vorschrift der Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 die nachträgliche Berichtigung der den Milcherzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen und eine sich daraus ergebende Berichtigung der von den Erzeugern geschuldeten Zusatzabgaben vorsieht.

56. Gemäß den allgemeinen Grundsätzen, auf denen die Gemeinschaft beruht und die die Beziehungen zwischen ihr und den Mitgliedstaaten beherrschen, ist es nach Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) Sache der Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet für die Durchführung der Gemeinschaftsregelungen zu sorgen. Soweit das Gemeinschaftsrecht einschließlich seiner allgemeinen Grundsätze hierfür keine gemeinsamen Vorschriften enthält, gehen die nationalen Behörden bei der Durchführung dieser Regelungen nach den formellen und materiellen Bestimmungen ihres nationalen Rechts vor (vgl. u. a. Urteile vom 23. November 1995 in der Rechtssache C-285/93, Dominikanerinnen-Kloster Altenhohenau, Slg. 1995, I-4069, Randnr. 26, und Karlsson u. a., Randnr. 27).

57. Beim Erlass von Maßnahmen zur Durchführung einer Gemeinschaftsregelung haben die nationalen Behörden jedoch ihr Ermessen unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts auszuüben, zu denen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gehören (in diesem Sinne u. a. Urteil vom 20. Juni 2002 in der Rechtssache C313/99, Mulligan u. a., Slg. 2002, I-5719, Randnrn. 35 und 36).

58. Daraus folgt, dass für eine sachdienliche Beantwortung der ersten Frage, konkreter, um festzustellen, ob die einschlägigen Vorschriften der Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 nachträglichen Berichtigungen der den Erzeugern zugeteilten Referenzmengen und einer sich daraus ergebenden Berichtigung der Beträge der von ihnen geschuldeten Zusatzabgaben entgegenstehen, zu prüfen ist, ob diese Maßnahmen mit Wortlaut und Zweck dieser Vorschriften, mit den Zielen und der allgemeinen Systematik der Regelung über das Zusatzabgabensystem für Milch und mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sind.

59. Zum Wortlaut der einschlägigen Vorschriften ist festzustellen, dass die Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung Nr. 3950/92 sowie 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 keine Bestimmung enthalten, die es den nationalen Behörden ausdrücklich untersagen würde, Maßnahmen zu treffen, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede stehen. Das gilt für sämtliche Bestimmungen dieser Verordnungen.

60. Was den Zweck dieser Vorschriften angeht, so kann nicht angenommen werden, dass die Artikel 1 und 4 der Verordnung Nr. 3950/92 eine neue Zuteilung der einzelbetrieblichen Referenzmengen vorsehen, und damit auch nicht, dass sie eine spezielle Frist für eine solche Zuteilung festlegen.

61. Die Verordnung Nr. 3950/92 bezweckt nämlich eine Verlängerung des mit der vorherigen Regelung im Milchsektor eingeführten Zusatzabgabensystems und beruht auf der Prämisse, dass die Milchquoten für alle Mitgliedstaaten bereits zugeteilt wurden (in diesem Sinne Urteil Karlsson u. a., Randnr. 32).

62. So heißt es in der ersten Begründungserwägung dieser Verordnung, dass die mit der Verordnung Nr. 856/84 eingeführte Regelung [weiter] anzuwenden ist, und nach ihrem Artikel 1 wird die Zusatzabgabe für Milch für weitere sieben aufeinander folgende Zeiträume von zwölf Monaten erhoben. Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3950/92 sieht folgerichtig vor, dass sich die einzelbetrieblichen Referenzmengen für die zukünftigen Produktionsperioden nach den Referenzmengen bestimmen, über die die Erzeuger am letzten Tag der Geltung der zuvor anwendbaren Rechtsvorschriften, am 31. März 1993, verfügen.

63. Da der Gemeinschaftsgesetzgeber jedoch nicht beabsichtigte, diese Referenzmengen für die gesamte Dauer der verlängerten Regelung der Zusatzabgabe für Milch endgültig festzulegen, bestimmt Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 3950/92 im Wesentlichen, dass diese Mengen für jedes der betreffenden Milchwirtschaftsjahre angepasst werden können, sofern die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen für die Verkäufe an die Molkereien und für die Direktverkäufe die dem Mitgliedstaat zugeteilte Gesamtgarantiemenge nicht überschreitet, wobei Kürzungen, die der Mitgliedstaat gegebenenfalls zur Aufstockung seiner einzelstaatlichen Reserve vorgenommen hat, berücksichtigt werden.

64. Außerdem kann Artikel 6 der Verordnung Nr. 3950/92, wonach die Mitgliedstaaten vor einem von ihnen festgelegten Zeitpunkt, spätestens aber am 31. Dezember, für einen Zwölfmonatszeitraum die zeitweilige Übertragung von Milchquoten gestatten, nicht so ausgelegt werden, dass die für ein Milchwirtschaftsjahr übertragene Menge nach diesem Zeitpunkt nicht mehr kontrolliert und berichtigt werden könnte. Dieses Datum stellt nämlich nur die zeitliche Grenze dar, jenseits deren die Erzeuger keine Veräußerung von Milchquoten für das laufende Wirtschaftsjahr mehr vereinbaren dürfen.

65. Zu Artikel 7 der Verordnung Nr. 3950/92 ist festzustellen, dass er ausdrücklich vorsieht, dass die Bedingungen, nach denen bei Verkauf, Verpachtung oder Vererbung eines Milchbetriebs dessen Referenzmenge mit dem Betrieb auf die Erzeuger, die den Betrieb übernehmen, übertragen wird, von den Mitgliedstaaten festzulegen sind. Daher ist nicht davon auszugehen, dass dieser Artikel es den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verbietet, nachträglich Kontrollen vorzunehmen, um die Richtigkeit der übertragenen Referenzmenge zu prüfen.

66. Unter diesen Umständen können die Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung Nr. 3950/92 nicht so ausgelegt werden, dass es den nationalen Behörden untersagt wäre, fehlerhafte einzelbetriebliche Referenzmengen nach Ablauf des betreffenden Milchwirtschaftsjahres zu berichtigen, da solche Berichtigungen insbesondere bewirken sollen, dass die von der Zusatzabgabe befreite Produktion eines Mitgliedstaats die ihm zugeteilte Gesamtgarantiemenge nicht überschreitet.

67. Das Gleiche gilt für die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus Artikel 3 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 2 ergibt, dass der Abnehmer sowie der Erzeuger, der seine Produktion direkt verkauft, der zuständigen nationalen Behörde vor dem 15. Mai die Abrechnung über die Milchanlieferungen und die Abrechnung über die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr verkaufte Erzeugung zu übermitteln haben. Außerdem können die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 3 vorsehen, dass die zuständige Behörde dem Abnehmer sowie dem Erzeuger die Höhe der von ihnen zu entrichtenden Abgabe mitteilt, nachdem sie die nicht genutzten Referenzmengen gar nicht, ganz oder teilweise neu zugewiesen hat. Nach Absatz 4 dieser Artikel schließlich haben der Abnehmer sowie der Erzeuger die geschuldeten Beträge vor dem 1. September desselben Jahres zu entrichten.

68. Zwar sind die in diesen Artikeln vorgesehenen Fristen zwingend (in diesem Sinne Urteil Molkereigenossenschaft Wiedergeltingen, Randnrn. 38 bis 40), doch verwehren sie es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats nicht, Kontrollen und nachträgliche Berichtigungen vorzunehmen, mit denen gesichert werden soll, dass die Produktion dieses Mitgliedstaats die ihm zugeteilte Gesamtgarantiemenge nicht überschreitet.

69. Im Gegenteil, sowohl die in den Artikeln 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 vorgesehenen Fristen als auch die Kontrollen und die nachträglichen Berichtigungen, wie sie die AIMA in den Ausgangsverfahren vorgenommen hat, bezwecken, das wirksame Funktionieren der Zusatzabgabenregelung im Milchsektor und die ordnungsgemäße Anwendung der einschlägigen Regelung zu gewährleisten.

70. Insoweit ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach der achten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 536/93 über angemessene Kontrollmittel verfügen [müssen], um prüfen zu können, ob und in welchem Maße die Abgabe vorschriftsgemäß erhoben worden ist. Solche Kontrollen sind in Artikel 7 dieser Verordnung vorgesehen, um die Richtigkeit der von den Abnehmern und Erzeugern erstellten Abrechnungen über Milchanlieferungen und Direktverkäufe zu gewährleisten. Es ist offensichtlich, dass solche Kontrollen erst nach Ablauf des betreffenden Milchwirtschaftsjahres stattfinden können und dass sie möglicherweise zu einer Berichtigung der zugeteilten Referenzmengen und demgemäß zu einer Neuberechnung der geschuldeten Abgaben führen.

71. Für diese Auslegung der Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung Nr. 3950/92 sowie 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 spricht auch der Zweck der Regelung über die Einführung der Zusatzabgabe für Milch. Wie der Generalanwalt in Nummer 66 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wären die Ziele dieser Regelung gefährdet, wenn infolge einer ungenügenden Feststellung der einzelbetrieblichen Referenzmengen die Milchproduktion in einem Mitgliedstaat die diesem zugeteilte Gesamtgarantiemenge überschreiten würde, ohne dass diese Überschreitung die Zahlung der geschuldeten Zusatzabgabe nach sich ziehen würde. In einem solchen Fall wäre nämlich die Solidarität, auf der die Zusatzabgabenregelung im Milchsektor beruht, insofern gestört, als Erzeuger von den durch die Festlegung eines Richtpreises für Milch verschafften Vorteilen profitieren würden, ohne die Einschränkungen hinnehmen zu müssen, durch die ein solcher Richtpreis beibehalten werden kann. Die Erzeuger, deren Überproduktion so zu Unrecht von der Zusatzabgabe befreit wäre, würden einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber den Erzeugern derjenigen Mitgliedstaaten erlangen, die die Gemeinschaftsregelung ordnungsgemäß anwenden.

72. Was schließlich die Vereinbarkeit von Kontroll- und Berichtigungsmaßnahmen, wie sie die AIMA in den Ausgangsverfahren getroffen hat, mit den allgemeinen Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes angeht, so kann dem Vorbringen der Klägerinnen der Ausgangsverfahren nicht gefolgt werden.

73. Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Zusatzabgabenregelung darauf abzielt, auf dem durch strukturelle Überschüsse gekennzeichneten Milchmarkt durch eine Beschränkung der Milcherzeugung das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wieder herzustellen. Diese Maßnahme hält sich daher im Rahmen der Ziele, die Milcherzeugung zu rationalisieren und für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung durch einen Beitrag zur Stabilisierung ihres Einkommens eine angemessene Lebenshaltung aufrechtzuerhalten (Urteil vom 17. Mai 1988 in der Rechtssache 84/87, Erpelding, Slg. 1988, 2647, Randnr. 26).

74. Daraus folgt, dass die Zusatzabgabe entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen der Ausgangsverfahren nicht als eine Sanktion angesehen werden kann, die den in den Artikeln 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 vorgesehenen Strafbeträgen entspricht. Denn die Zusatzabgabe für Milch stellt eine Beschränkung dar, die sich aus markt- oder strukturpolitischen Bestimmungen ergibt (in diesem Sinne Urteil vom 10. Januar 1992 in der Rechtssache C177/90, Kühn, Slg. 1992, I-35, Randnr. 13).

75. Sodann ist die Zusatzabgabe, wie sich eindeutig aus Artikel 10 der Verordnung Nr. 3950/92 ergibt, Teil der Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte und wird zur Finanzierung der Ausgaben im Milchsektor verwendet. Folglich hat die Zusatzabgabe, außer dass sie offenkundig bezweckt, die Milcherzeuger zur Einhaltung der ihnen zugeteilten Referenzmengen zu zwingen, auch einen wirtschaftlichen Zweck, da sie der Gemeinschaft die Mittel verschaffen soll, die für den Absatz der von den Erzeugern durch Überschreitung ihrer Quoten erreichten Produktion benötigt werden.

76. Insoweit ist hinzuzufügen, dass, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, diese Überschussproduktion noch lange nach Abschluss des fraglichen Milchwirtschaftsjahres insbesondere in Form von Lagerbeständen an Milcherzeugnissen andauert.

77. Daher ist festzustellen, dass bei Maßnahmen, wie sie die AIMA in den Ausgangsverfahren getroffen hat, die Problematik der Vereinbarkeit der rückwirkenden Anwendung der Sanktionen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Rolle spielt.

78. Darüber hinaus steht fest, dass Maßnahmen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden geeignet sind, das angestrebte Ziel zu erreichen.

79. Was die Frage betrifft, ob diese Maßnahmen über das hinausgehen, was zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist, so ist zu berücksichtigen, dass, wie sich aus den Vorlageurteilen ergibt, die ursprünglich von den italienischen Behörden zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen sehr viele Fehler enthielten, die vor allem darauf zurückzuführen waren, dass die tatsächliche Produktion, auf deren Grundlage die Referenzmengen zugeteilt wurden, von den Erzeugern selbst bescheinigt worden war. Zu diesen Fehlern gehörte nach den Feststellungen der staatlichen Untersuchungskommission insbesondere auch, dass mehr als 2 000 Agrarbetriebe, die als Milch produzierende Betriebe gemeldet waren, über keine Kühe verfügten.

80. Demnach können Maßnahmen, wie sie die AIMA unter den Umständen der Ausgangsverfahren getroffen hat, nicht als unverhältnismäßig gegenüber dem verfolgten Zweck angesehen werden.

81. Was schließlich den Grundsatz des Vertrauensschutzes angeht, so vertreten die Klägerinnen der Ausgangsverfahren die Ansicht, die italienischen Behörden hätten beim Erlass der in Rede stehenden Maßnahmen nicht ihr berechtigtes Vertrauen beachtet, weil die Berichtigungen der einzelbetrieblichen Referenzmengen und die Neuberechnung der geschuldeten Zusatzabgaben zwei und drei Jahre nach den betreffenden Wirtschaftsjahren erfolgt seien und weil die Klägerinnen erst 1999 Kenntnis von den zugeteilten Referenzmengen hätten erlangen können.

82. Zum ersten Argument ist festzustellen, dass, da die einzelbetriebliche Referenzmenge eines Erzeugers tatsächlich der von ihm im Referenzjahr vermarkteten Milchmenge entspricht, der Erzeuger, der grundsätzlich weiß, welche Menge er produziert hat, kein berechtigtes Vertrauen in die Beibehaltung einer falschen Referenzmenge haben kann.

83. Zum zweiten Argument ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus den Akten ergibt, in Italien die ersten Vorschriften zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung im Milchsektor erst 1992 erlassen wurden. Außerdem wurde die Zahlung der Zusatzabgabe von den italienischen Milcherzeugern erst vom Milchwirtschaftsjahr 1995/96 an verlangt. Es kann aber kein berechtigtes Vertrauen in den Fortbestand einer offenkundig gemeinschaftsrechtswidrigen Lage, nämlich in die Nichtanwendung der Zusatzabgabenregelung im Milchsektor, geben. Unabhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalls können die Milcherzeuger der Mitgliedstaaten elf Jahre nach der Einführung dieser Regelung nicht erwarten, dass sie weiter unbeschränkt Milch produzieren können.

84. Im Übrigen sind die Hypothesen, die nach der Schilderung des vorlegenden Gerichts zu den Kontrollen und Berichtigungen durch die italienischen Behörden geführt haben, nicht geeignet, sich auf die Auslegung der einschlägigen Vorschriften der Verordnungen Nrn. 3950/92 und 536/93 auszuwirken. Es spielt nämlich keine Rolle, ob die bei der Festlegung der Referenzmengen begangenen Fehler festgestellt wurden, nachdem die nationalen Maßnahmen zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung im Verwaltungs- oder Klageweg angefochten worden waren, oder ob dies im Zusammenhang mit der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit einer Übertragung der Milchquote oder aber nachdem die nationalen Rechtsvorschriften geändert worden waren, um sie mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen, geschah. Mit anderen Worten, keiner dieser Fälle kann die Verpflichtung der italienischen Behörden berühren, die fehlerhaften einzelbetrieblichen Referenzmengen zu berichtigen, um die ordnungsgemäße Durchführung der Gemeinschaftsregelung über die Zusatzabgabe für Milch zu gewährleisten.

85. Nach alledem ist daher auf die erste Frage zu antworten, dass die Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung Nr. 3950/92 sowie die Artikel 3 und 4 der Verordnung Nr. 536/93 dahin auszulegen sind, dass es danach einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, im Anschluss an Kontrollen die den einzelnen Erzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen zu berichtigen und dementsprechend die geschuldeten Zusatzabgaben nach Neuzuweisung der nicht genutzten Referenzmengen und nach Ablauf der Frist für die Zahlung der für das betreffende Milchwirtschaftsjahr geschuldeten Abgaben neu zu berechnen.

Zur zweiten Frage

86. In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage erübrigt sich die Beantwortung der zweiten Frage.

Kostenentscheidung:

Kosten

87. Die Auslagen der italienischen und der griechischen Regierung sowie des Rates und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Tribunale amministrativo regionale del Lazio mit Urteilen vom 6. April, 6. Juli und 28. Juni 2000 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die Artikel 1, 4, 6 und 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor und die Artikel 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor sind dahin auszulegen, dass es danach einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, im Anschluss an Kontrollen die den einzelnen Erzeugern zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmengen zu berichtigen und dementsprechend die geschuldeten Zusatzabgaben nach Neuzuweisung der nicht genutzten Referenzmengen und nach Ablauf der Frist für die Zahlung der für das betreffende Milchwirtschaftsjahr geschuldeten Abgaben neu zu berechnen.

Ende der Entscheidung

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