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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: C-346/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG, Großherzogliche Verordnung vom 20. Dezember 1994 zur Durchführung des Artikels 17 Absätze 2 und 3 des geänderten Gesetzes vom 7. April 1976 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und zur Festsetzung der Anforderungen, die Kraftfahrzeug


Vorschriften:

Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG Art. 6 Abs. 3
Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG Art. 29
Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG Art. 39
Großherzogliche Verordnung vom 20. Dezember 1994 zur Durchführung des Artikels 17 Absätze 2 und 3 des geänderten Gesetzes vom 7. April 1976 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und zur Festsetzung der Anforderungen, die Kraftfahrzeug Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Große) vom 7. September 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Großherzogtum Luxemburg. - Versicherungen - Dritte Richtlinie 'Schadenversicherung' - Bonus-Malus-System. - Rechtssache C-346/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-346/02

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG,

beim Gerichtshof eingereicht am

30. September 2002

,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Tufvesson und J.-F. Pasquier als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch P. Gramegna als Bevollmächtigten im Beistand von A. Schmitt, avocat,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), C. Gulmann und J. N. Cunha Rodrigues, des Richters R. Schintgen, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric, des Richters S. von Bahr, der Richterin R. Silva de Lapuerta und des Richters K. Lenaerts,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom

30. März 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt mit ihrer Klageschrift, festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG (Dritte Richtlinie Schadenversicherung) (ABl. L 228, S. 1) verstoßen hat, dass es entgegen dem in den Artikeln 6 Absatz 3, 29 und 39 dieser Richtlinie vorgesehenen Grundsatz der Tariffreiheit und der Abschaffung vorheriger oder systematischer Kontrollen von Tarifen und Verträgen ein Bonus-Malus-System eingeführt und beibehalten hat, das sich automatisch und zwingend ohne Unterscheidung zwischen Versicherungsgesellschaften mit Sitz im Großherzogtum Luxemburg und Versicherungsunternehmen, die ihre Tätigkeiten dort über Zweigniederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr ausüben, auf die Tarife, die für alle in Luxemburg von natürlichen Personen geschlossenen Kraftfahrzeug-Versicherungsverträge gelten, auswirkt.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2. In Titel II - Aufnahme der Versicherungstätigkeit - bestimmt Artikel 6 der Richtlinie 92/49:

Artikel 8 der Richtlinie 73/239/EWG erhält folgende Fassung:

Artikel 8

...

(3) Diese Richtlinie steht der Möglichkeit nicht entgegen, dass die Mitgliedstaaten Rechts- und Verwaltungsvorschriften einführen oder beibehalten, die die Genehmigung der Satzung und die Übermittlung aller für die ordnungsgemäße Aufsicht erforderlichen Dokumente vorschreiben.

Jedoch sehen die Mitgliedstaaten keine Vorschriften vor, in denen eine vorherige Genehmigung oder eine systematische Übermittlung der allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen, der Tarife sowie der Formblätter und sonstigen Druckstücke, die das Unternehmen im Verkehr mit den Versicherungsnehmern zu verwenden beabsichtigt, verlangt wird.

Die Mitgliedstaaten dürfen die vorherige Mitteilung oder die Genehmigung der vorgeschlagenen Tarifanhebungen nur als Element eines allgemeinen Preiskontrollsystems beibehalten oder einführen.

...

3. Artikel 29 der Richtlinie 92/49, der in deren Titel III - Harmonisierung der Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit - steht, lautet:

Die Mitgliedstaaten sehen keine Vorschriften vor, in denen eine vorherige Genehmigung oder eine systematische Übermittlung der allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen, der Tarife sowie der Formblätter und sonstigen Druckstücke, die das Unternehmen im Verkehr mit den Versicherungsnehmern zu verwenden beabsichtigt, verlangt wird. Um die Einhaltung der nationalen Rechtsvorschriften über die Versicherungsverträge zu überwachen, können sie nur die nicht-systematische Übermittlung dieser Bedingungen und sonstigen Dokumente verlangen, ohne dass dies für das Unternehmen eine Voraussetzung für die Ausübung seiner Tätigkeit darstellen darf.

Die Mitgliedstaaten dürfen die vorherige Mitteilung oder die Genehmigung der vorgeschlagenen Tariferhöhungen nur als Bestandteil eines allgemeinen Preiskontrollsystems beibehalten oder einführen.

4. In Titel IV der Richtlinie 92/49 - Bestimmungen über die freie Niederlassung und den freien Dienstleistungsverkehr - bestimmt Artikel 39 Absätze 2 und 3:

(2) Der Mitgliedstaat der Zweigniederlassung oder der Dienstleistung sieht keine Vorschriften vor, in denen eine vorherige Genehmigung oder eine systematische Übermittlung der allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen, der Tarife sowie der Formblätter und sonstigen Druckstücke, die das Unternehmen im Verkehr mit den Versicherungsnehmern zu verwenden beabsichtigt, verlangt wird. Um die Einhaltung der nationalen Rechtsvorschriften über die Versicherungsverträge zu überwachen, kann er von jedem Unternehmen, das in seinem Staatsgebiet im Rahmen der Niederlassungs- oder der Dienstleistungsfreiheit tätig werden will, nur die nicht-systematische Übermittlung dieser Bedingungen und sonstigen Dokumente verlangen, ohne dass dies für das Unternehmen eine Voraussetzung für die Ausübung seiner Tätigkeit darstellen darf.

(3) Der Mitgliedstaat der Zweigniederlassung oder der Dienstleistung darf die vorherige Mitteilung oder die Genehmigung der vorgeschlagenen Tariferhöhungen nur als Bestandteil eines allgemeinen Preiskontrollsystems beibehalten oder einführen.

Nationales Recht

5. Mit der Großherzoglichen Verordnung vom 20. Dezember 1994 zur Durchführung des Artikels 17 Absätze 2 und 3 des geänderten Gesetzes vom 7. April 1976 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und zur Festsetzung der Anforderungen, die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsverträge erfuellen müssen (Mémorial A 1994, S. 2776, im Folgenden: Verordnung), wurde u. a. ein System der Festsetzung der Höhe der Versicherungsprämien in das nationale Recht eingeführt, nach dem die Prämien nach mehreren schadensfreien Jahren sinken und nach einem Schadensfall steigen.

6. Artikel 3 der Verordnung bestimmt:

Klauseln in einem Versicherungsvertrag, die bezwecken oder bewirken,

...

5. dass die Bonus-Malus-Skala, wie sie in den nachfolgenden Artikeln 7 und 8 aufgeführt ist, auf den Vertrag keine Anwendung findet,

sind verboten.

7. Artikel 7 der Verordnung sieht zwingende Kriterien vor, die für jeden Haftpflichtversicherungsvertrag gelten, den eine natürliche Person für ein Kraftfahrzeug mit gewöhnlichem Standort in Luxemburg abschließt.

8. Nach diesem System wird jeder neue Versicherungsnehmer in Stufe 11 der Bonus-Malus-Skala eingestuft (Bonus von 0 %). Schadensfreiheit während eines Beobachtungszeitraums führt zu einer Herabstufung um eine Stufe auf der Skala. Die Bonus-Malus-Skala endet mit der Stufe 3, auf der der Versicherungsnehmer nur 45 % der Basisprämie zahlt.

9. Dagegen führt jeder Schadensfall im Referenzzeitraum zu einer Heraufstufung um drei Stufen. Die höchste Stufe auf der BonusMalusSkala ist die Stufe 22, auf der der Versicherungsnehmer einen Betrag in Höhe von 250 % der Basisprämie zahlt.

10. Die obligatorische Bonus-Malus-Skala gilt nur für Verträge, die natürliche Personen abschließen. Außerdem betrifft das Bonus-Malus-System nur die Haftpflichtversicherungsprämie. Die übrigen Bestandteile der Gesamtprämie für eine Kraftfahrzeugversicherung, wie die Risiken Glasbruch, Diebstahl und Brand sowie Rechtsschutz, unterliegen diesem System nicht.

Vorverfahren

11. Am 25. Juli 2001 sandte die Kommission dem Großherzogtum Luxemburg ein Mahnschreiben, in dem sie die Auffassung vertrat, dass das System der Festsetzung der Versicherungsprämien bestimmte Vorschriften der Richtlinie 92/49, insbesondere deren Artikel 6 Absatz 3, 29 und 39, verletze.

12. Da dieses Mahnschreiben nicht beantwortet wurde, richtete die Kommission am 20. Dezember 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an das Großherzogtum Luxemburg, in der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, der Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Monaten nach ihrer Zustellung durch den Erlass der geforderten Maßnahmen nachzukommen.

13. Die luxemburgische Regierung antwortete auf die mit Gründen versehene Stellungnahme mit Schreiben vom 6. März 2002. Sie räumte ein, dass die Tariffreiheit ein von der Richtlinie 92/49 festgelegter Grundsatz sei, und machte geltend, dass die Festsetzung des Basistarifs dem freien Ermessen der Versicherungsunternehmen überlassen sei. Außerdem trage das BonusMalusSystem zum Schutz der Verbraucher und zur Verhütung von Unfällen bei.

14. Da die Kommission der Auffassung war, dass die luxemburgischen Behörden nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen hatten, um den Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/49 nachzukommen, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Begründetheit

Vorbringen der Parteien

15. Die Kommission meint, dass das luxemburgische Bonus-Malus-System zum einen gegen den sich aus den Bestimmungen der Richtlinie 92/49 ergebenden Grundsatz der Tariffreiheit verstoße, wonach es den Mitgliedstaaten verboten sei, die Tarife oder Tariferhöhungen, die ein Versicherungsunternehmen im Gebiet der Mitgliedstaaten zu verwenden oder vorzunehmen beabsichtige, der Pflicht zur Mitteilung, vorherigen Genehmigung oder systematischen Übermittlung zu unterwerfen; zum anderen verstoße es gegen das Ziel dieser Richtlinie, die den freien Vertrieb der Versicherungsprodukte in der Gemeinschaft erreichen wolle. Ihre Auslegung werde durch die Urteile des Gerichtshofes vom 11. Mai 2000 in der Rechtssache C-296/98 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I-3025) und vom 25. Februar 2003 in der Rechtssache C-59/01 (Kommission/Italien, Slg. 2003, I-1759) bestätigt.

16. Die Kommission spricht den Mitgliedstaaten nicht die Befugnis ab, eine Abstufung, die die Schadenshäufigkeit der Versicherungsnehmer berücksichtige, oder gar ein einheitliches Bonus-Malus-System einzuführen. Solche Regelungen verstießen jedoch gegen die Richtlinie 92/49, wenn sie sich automatisch auf die Tarife auswirkten, was bei dem luxemburgischen Bonus-Malus-System der Fall sei.

17. Sie räumt ein, dass die Versicherer in Luxemburg die Basisprämie grundsätzlich frei festsetzten. Um den Grundsatz der Tariffreiheit zu wahren, müssten jedoch nicht nur die Basisprämie, sondern alle konstitutiven Faktoren der Versicherungsprämie von den Versicherungsgesellschaften frei festgesetzt werden.

18. Die Tariffreiheit könne nämlich weitgehend fiktiv bleiben, wenn die Versicherungsgesellschaften die Prämie im Hinblick auf ein so grundlegendes Kriterium wie die Schadenshäufigkeit des Versicherungsnehmers nur unter Einhaltung fester Vorgaben anpassen dürften. Zudem habe die vorgeschriebene Anpassung nicht nur eine marginale Wirkung auf die Höhe der Prämie, sondern könne diese bis auf das Doppelte erhöhen.

19. Unter Bezugnahme auf Randnummer 29 des Urteils Kommission/Italien trägt die luxemburgische Regierung vor, dass die Regelung dem Grundsatz der Tariffreiheit entspreche, da sie weder vorschreibe, dass die von den Versicherungsgesellschaften verwendeten Tarife vor ihrer Anwendung einer Aufsichts- oder Kontrollbehörde mitgeteilt werden müssten, noch, dass diese Behörde verpflichtet sei, diese Tarife vor ihrer Verwendung zu genehmigen.

20. Sie macht geltend, dass das Bonus-Malus-System es möglich mache, die Versicherungsprämie entsprechend der Vorgeschichte des Versicherungsnehmers und der Anzahl der Schadensfälle, für die der Versicherte haftbar sei, anzupassen. Es handele sich um ein System der nachträglichen Personalisierung der Prämie, das allein die Veränderung der Versicherungsprämie betreffe. Dagegen lasse dieses System den Versicherern völlige Freiheit, alle Faktoren, die in die Prämienberechnung der Kraftfahrzeugversicherung eingingen, festzulegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

21. Wie der Gerichtshof in Randnummer 29 des Urteils Kommission/Italien festgestellt hat, hatte der Gemeinschaftsgesetzgeber die Absicht, den Grundsatz der Tariffreiheit im Versicherungssektor (mit Ausnahme der Lebensversicherung) einschließlich der Pflichtversicherung wie der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zu gewährleisten. Dieser Grundsatz umfasst, wie der Gerichtshof ebenfalls in Randnummer 29 des genannten Urteils ausgeführt hat, das Verbot jeder Regelung einer vorherigen oder systematischen Mitteilung und der Genehmigung der Tarife, die ein Versicherungsunternehmen in seinen Beziehungen zu den Versicherungsnehmern zu verwenden beabsichtigt. Die einzige in der Richtlinie 92/49 zugelassene Ausnahme von diesem Grundsatz betrifft die vorherige Mitteilung und die Genehmigung von Tariferhöhungen im Rahmen eines allgemeinen Preiskontrollsystems.

22. Im Urteil Kommission/Italien sah der Gerichtshof eine Regelung, mit der die Preise im Hinblick auf die Festlegung wie auf die Entwicklung der Tarife im Rahmen von Schadensfälle auf italienischem Gebiet betreffenden Verträgen über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung eingefroren wurden, als Verstoß gegen den Grundsatz der Tariffreiheit an (Urteil Kommission/Italien, Randnrn. 32 und 48).

23. Das luxemburgische Bonus-Malus-System, das Gegenstand dieser Klage ist, unterscheidet sich in seinen Auswirkungen auf die Tarife der Versicherungsunternehmen von den italienischen Rechtsvorschriften, um die es im Urteil Kommission/Italien ging. Dieses System hat zwar Auswirkungen auf die Entwicklung der Prämien. Es führt jedoch nicht zu einer unmittelbaren Festlegung der Tarife durch den Staat, denn den Versicherungsunternehmen steht es frei, die Höhe der Basisprämien festzusetzen. Unter diesen Umständen kann das luxemburgische BonusMalusSystem nicht einer gegen den Grundsatz der Tariffreiheit verstoßenden Tarifgenehmigungsregelung gleichgestellt werden, wie der Gerichtshof sie in Randnummer 29 des Urteils Kommission/Italien definiert hat.

24. Eine vollständige Harmonisierung auf dem Gebiet der Tarife im Bereich der Versicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung, mit der jede nationale Maßnahme ausgeschlossen wird, die Auswirkungen auf die Tarife haben kann, kann mangels eines entsprechenden vom Gemeinschaftsgesetzgeber klar geäußerten Willens nicht vermutet werden.

25. Demnach kann dem der Klage der Kommission zugrunde liegendem Vorbringen nicht gefolgt werden, dass das luxemburgische BonusMalusSystem trotz der Tatsache, dass die Basisprämie völlig frei festgesetzt werden kann, allein deshalb gegen den Grundsatz der Tariffreiheit verstoße, weil es Auswirkungen auf die Entwicklung dieser Prämie habe.

26. Im Übrigen behauptet die Kommission nicht, dass dieses System darauf hinauslaufe, eine Pflicht zur vorherigen oder systematischen Mitteilung oder zur Einholung einer Genehmigung der Tarife einzuführen, die ein Versicherungsunternehmen in seinen Beziehungen zu den Versicherungsnehmern zu verwenden beabsichtigt.

27. Folglich hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass das Großherzogtum Luxemburg gegen den in den Artikeln 6 Absatz 3, 29 und 39 der Richtlinie 92/49 vorgesehenen Grundsatz der Tariffreiheit und der Abschaffung vorheriger oder systematischer Kontrollen von Versicherungstarifen und -verträgen verstoßen hat, indem es sein Bonus-Malus-System eingeführt und beibehalten hat.

28. Da die Kommission den Gegenstand ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme und der vorliegenden Klage auf die Feststellung einer Verletzung des Grundsatzes der Tariffreiheit und der Abschaffung vorheriger Kontrollen von Versicherungstarifen und verträgen, wie er sich aus den in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen ergibt, beschränkt hat, ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

29. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr dem Antrag des Großherzogtums Luxemburg gemäß die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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