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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: C-348/06 P
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 29 Abs. 1
Beamtenstatut Art. 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

21. Februar 2008

"Rechtsmittel - Bedienstete auf Zeit - Schadensersatzklage - Verlust einer Einstellungschance - Tatsächlicher und sicherer Schaden - Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes"

Parteien:

In der Rechtssache C-348/06 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 17. August 2006,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und F. Clotuche-Duvieusart als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Marie-Claude Girardot, Prozessbevollmächtigte: C. Bernard-Glanz und S. Rodrigues, avocats,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Klucka, A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin P. Lindh und des Richters A. Arabadjiev,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. November 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission (T-10/02, Slg. 2006, II-0000, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die finanzielle Entschädigung, die die Kommission Frau Girardot aufgrund des Zwischenurteils des Gerichts vom 31. März 2004 (T-10/02, Slg. ÖD 2004, I-A-109 und II-483, im Folgenden: Zwischenurteil) zu zahlen hat, auf 92 785 Euro zuzüglich Zinsen seit dem 6. September 2004 zu dem von der Europäischen Zentralbank für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz zuzüglich zweier Prozentpunkte festgesetzt und der Kommission die Kosten auferlegt hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) bestimmt in seiner auf die vorliegende Rechtssache anwendbaren Fassung in Art. 29 Abs. 1:

"Bei der Besetzung von Planstellen eines Organs prüft die Anstellungsbehörde zunächst

a) die Möglichkeit einer Beförderung oder Versetzung innerhalb des Organs,

b) die Möglichkeiten der Durchführung eines Auswahlverfahrens innerhalb des Organs,

c) die Übernahmeanträge von Beamten anderer Organe der drei Europäischen Gemeinschaften

und eröffnet sodann das Auswahlverfahren auf Grund von Befähigungsnachweisen oder Prüfungen oder auf Grund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen. Das Auswahlverfahren ist in Anhang III geregelt.

Dieses Auswahlverfahren kann auch zur Bildung einer Reserve für spätere Einstellungen eröffnet werden."

3 Art. 91 Abs. 1 des Statuts lautet:

"Für alle Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und einer Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, über die Rechtmäßigkeit einer diese Person beschwerenden Maßnahme im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 ist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zuständig. In Streitsachen vermögensrechtlicher Art hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung, einschließlich der Befugnis zur Aufhebung oder Änderung der getroffenen Maßnahmen."

4 Die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Beschäftigungsbedingungen) bestimmen in ihrer auf die vorliegende Rechtssache anwendbaren Fassung in Art. 2 Buchst. d:

"Bediensteter auf Zeit im Sinne dieser Beschäftigungsbedingungen ist

...

d) der Bedienstete, der auf Zeit zur Besetzung einer aus Forschungs- und Investitionsmitteln finanzierten Dauerplanstelle eingestellt wird, die in dem Stellenplan aufgeführt ist, der dem Haushaltsplan für das betreffende Organ beigefügt ist."

5 Art. 8 Abs. 4 und 5 der Beschäftigungsbedingungen lautet:

"Das Beschäftigungsverhältnis eines der in Artikel 2 Buchstabe d) genannten Bediensteten unterliegt folgenden Regeln:

- Das Beschäftigungsverhältnis eines Bediensteten der Laufbahngruppe A oder B, der Aufgaben wahrzunehmen hat, für die wissenschaftliche oder technische Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, wird für die Dauer von höchstens fünf Jahren begründet; das Beschäftigungsverhältnis kann verlängert werden.

...

Das Beschäftigungsverhältnis eines der in Artikel 2 [Buchstabe] ... d) genannten Bediensteten, das auf bestimmte Dauer begründet wurde, darf nur einmal auf bestimmte Dauer verlängert werden. Es wird bei einer weiteren Verlängerung zu einem Beschäftigungsverhältnis auf unbestimmte Dauer."

6 Art. 47 der Beschäftigungsbedingungen bestimmt:

"Das Beschäftigungsverhältnis des Bediensteten auf Zeit endet, außer im Falle des Todes:

...

2. bei Verträgen auf unbestimmte Dauer:

a) nach Ablauf der im Vertrag vorgesehenen Kündigungsfrist ... Für die in Artikel 2 Buchstabe d) genannten Bediensteten darf die Kündigungsfrist nicht weniger als einen Monat je abgeleistetes Dienstjahr betragen; sie beträgt mindestens drei Monate und höchstens zehn Monate. ...

b) am Ende des Monats, in dem der Bedienstete das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat."

7 Die Fälle der fristlosen Kündigung sind in den Art. 48 bis 50 der Beschäftigungsbedingungen geregelt.

Sachverhalt

8 Frau Girardot nahm ihren Dienst bei der Kommission am 1. Februar 1996 als abgeordnete nationale Sachverständige auf. Sie behielt diese Stellung bis zum 31. Januar 1999.

9 Mit Vertrag vom 15. Januar 1999, der für eine Dauer von zwei Jahren geschlossen und später durch einen Nachtrag um ein weiteres Jahr verlängert wurde, wurde Frau Girardot als Bedienstete auf Zeit im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Beschäftigungsbedingungen eingestellt. Als solche wurde sie zunächst der Generaldirektion "Industrie" und dann der Generaldirektion "Informationsgesellschaft" der Kommission zugewiesen.

10 Am 26. Juli 2000 veröffentlichte die Generaldirektion "Personal und Verwaltung" der Kommission eine Stellenausschreibung. Sie teilte darin mit, dass die Kommission in ihrer Entscheidung über die neue Politik gegenüber dem Forschungspersonal "interne Auswahlverfahren zur Bildung einer Einstellungsreserve" durchführe. Zu diesen Verfahren gehörte das Auswahlverfahren COM/T/R/ST/A/2000 für die Laufbahnen A 8/A 5, A 4 und A 3 der Laufbahngruppe A. Die Stellen sollten durch Mittel für das wissenschaftliche und technische Personal aus dem Haushalt für Forschung und Investition finanziert werden. In dieser Ausschreibung war u. a. angegeben, dass die Bewerber, die nach einer einzigen Prüfung in Form eines Gesprächs mit dem Prüfungsausschuss die erforderliche Punktzahl erreicht hätten, in eine Liste aufgenommen würden, so dass sie dann für eine Einstellung auf eine Dauerplanstelle in Betracht kämen.

11 Am 9. und am 12. Februar 2001 veröffentlichte die Generaldirektion "Personal und Verwaltung" zwei Stellenausschreibungen für aus Forschungs- und Investitionsmitteln finanzierte Dauerplanstellen, durch die die Verbeamtung von Bediensteten auf Zeit ermöglicht werden sollte.

12 Mit Schreiben vom 20. Februar 2001 bewarb sich Frau Girardot um eine in der Stellenausschreibung vom 9. Februar 2001 veröffentlichte Stelle der Laufbahngruppe A sowie um sieben andere, in der Stellenausschreibung vom 12. Februar 2001 veröffentlichte Stellen der Laufbahngruppe A.

13 Mit Schreiben vom 13. März 2001 teilte die Kommission Frau Girardot mit, dass ihre Bewerbungen um die sieben anderen, in der Stellenausschreibung vom 12. Februar 2001 veröffentlichten Stellen "nicht [hätten] berücksichtigt werden können", weil diese Stellen "nur erfolgreichen Teilnehmern eines Auswahlverfahrens offen[stünden], die bei der Kommission nach dem Statut beschäftigt [seien]". Für diese Stellen berücksichtigte die Kommission die Bewerbung von insgesamt sieben anderen Bewerbern, die alle Bedienstete auf Zeit waren und auf der Liste standen, die aus dem "internen Auswahlverfahren zur Bildung einer Einstellungsreserve" COM/T/R/ST/A/2000 hervorgegangen war. Die Kommission stellte sie auf den Planstellen ein, auf die sie sich beworben hatten.

14 Mit Schreiben vom 15. März 2001 teilte die Kommission Frau Girardot mit, sie habe ihre Bewerbung auf die in der Stellenausschreibung vom 9. Februar 2001 veröffentlichte Stelle nicht berücksichtigen können.

15 Am 8. Juni 2001 legte Frau Girardot Beschwerde gegen die in diesen beiden Schreiben enthaltenen Entscheidungen ein, mit denen ihre Bewerbungen abgelehnt worden waren. Diese Beschwerde wurde stillschweigend zurückgewiesen.

Das Verfahren vor dem Gericht

16 Mit Klageschrift, die am 18. Januar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Frau Girardot Klage auf Aufhebung der beiden Entscheidungen der Kommission vom 13. und 15. März 2001, mit denen diese ihre Bewerbungen um acht aus Forschungs- und Investitionsmitteln finanzierte Dauerplanstellen abgelehnt hatte (im Folgenden: angefochtene Entscheidungen), sowie, als Folge davon, auf Aufhebung der acht Entscheidungen der Kommission, mit denen Dritte auf diesen Stellen eingestellt worden waren.

17 Mit dem Zwischenurteil hob das Gericht die beiden streitigen Entscheidungen mit der Begründung auf, die Kommission habe nicht bewiesen, dass sie die Bewerbung von Frau Girardot auf die fraglichen Stellen im Hinblick auf ihre Verdienste ordnungsgemäß geprüft habe, bevor sie sie abgelehnt und gleichzeitig die Bewerbungen der anderen Bewerber berücksichtigt habe (Randnr. 83 des Zwischenurteils).

18 Das Gericht wies jedoch den Antrag von Frau Girardot auf Aufhebung der Entscheidungen, mit denen die Bewerber auf die fraglichen Stellen ernannt worden waren, zurück. Es kam nach einer Abwägung der Interessen von Frau Girardot, der dienstlichen Belange und der Interessen der ernannten Dritten zu dem Schluss, dass eine solche Aufhebung eine überzogene Sanktion für den von der Kommission begangenen Rechtsverstoß darstellen würde (Randnrn. 85 bis 88 des Zwischenurteils).

19 Das Gericht wies darauf hin, dass der Gemeinschaftsrichter, um im Interesse der Klägerin die praktische Wirksamkeit eines Aufhebungsurteils sicherzustellen, von seiner ihm bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten übertragenen Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung Gebrauch machen und das beklagte Organ sogar von Amts wegen zur Zahlung einer Entschädigung verurteilen oder es auffordern könne, nach einer gerechten Lösung des Falles zu suchen. Um die Rechte von Frau Girardot angemessen zu schützen, forderte es die Parteien auf, sich auf eine gerechte finanzielle Entschädigung für die rechtswidrige Ablehnung der Bewerbungen von Frau Girardot zu einigen. Bei der Bemessung dieser Entschädigung müsse berücksichtigt werden, dass Frau Girardot an einem nächsten Verfahren, bei dem die Kommission für einen ordnungsgemäßen Ablauf sorgen müsse, nicht mehr teilnehmen könne, da ihr Vertrag als Bedienstete auf Zeit, durch den sie mit der Kommission verbunden gewesen sei, abgelaufen und nicht verlängert worden sei, und sie sich daher auf offene Stellen, die im Wege einer Stellenausschreibung "Spécial Recherche" (Nur für Forschung) zu besetzen seien, nicht mehr bewerben könne und dies nicht einmal mehr dürfte. Das Gericht forderte die Parteien für den Fall, dass eine solche Einigung nicht zustande kommen sollte, auf, ihm binnen drei Monaten nach Verkündung des Zwischenurteils ihre bezifferten Anträge mitzuteilen (Randnrn. 89 bis 91 des Zwischenurteils).

Das angefochtene Urteil

20 Da die Parteien sich nicht auf eine gerechte finanzielle Entschädigung einigen konnten, teilten sie dem Gericht am 6. September 2004 ihre bezifferten Anträge mit.

21 Frau Girardot beantragte, die Entschädigung auf 2 687 994 Euro, hilfsweise auf 432 887 Euro, äußerst hilfsweise auf 250 248 Euro zuzüglich gerichtlich festgestellter Zinsen festzusetzen.

22 Die Kommission beantragte, diesen Betrag auf 23 917,43 Euro festzusetzen, da sie es laut Randnr. 45 des angefochtenen Urteils für angemessen hielt, Frau Girardot "zum einen als Entschädigung für den Verlust der Chance auf eine der acht fraglichen Stellen drei Nettomonatsgehälter, also 18 917,43 Euro, für die in [Art. 47 Abs. 2 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen] vorgesehene Zeit der Mindestkündigungsfrist und zum anderen als Entschädigung für den Verlust der Chance, an einem neuen Verfahren zur Besetzung offener Stellen teilzunehmen, 5 000 Euro zu zahlen". Zu diesem Betrag seien die Ausgleichszinsen, die zwischen der Verkündung des Zwischenurteils und der tatsächlichen Zahlung des geschuldeten Betrags angefallen seien, und ein symbolischer Betrag von einem Euro als Ersatz für den immateriellen Schaden hinzuzurechnen.

23 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht nach der Prüfung der verschiedenen von Frau Girardot geltend gemachten Schäden die von der Kommission an Frau Girardot zu zahlende finanzielle Entschädigung auf 92 785 Euro zuzüglich der Zinsen seit dem 6. September 2004 zu dem von der EZB für die wesentlichen Refinanzierungsgeschäfte festgesetzten Zinssatz zuzüglich zweier Prozentpunkte festgesetzt und der Kommission die Kosten auferlegt.

24 Das Gericht hat zunächst in Randnr. 54 des angefochtenen Urteils in Bezug auf den geltend gemachten Verlust der Chance auf eine bei der Kommission zu besetzende Stelle festgestellt, dass die streitigen Entscheidungen Frau Girardot - da die Situation vor dem Erlass dieser Entscheidungen nicht wiederhergestellt werden könne - sicher und unumkehrbar nicht nur das Recht auf Prüfung ihrer Bewerbungen durch die Kommission, sondern auch die Möglichkeit genommen hätten, dass die Kommission eine solche Bewerbung berücksichtige. Danach hat das Gericht in den Randnrn. 55 und 56 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Verlust einer Chance, eine bei einem Gemeinschaftsorgan zu besetzende Planstelle zu bekleiden und in den Genuss der entsprechenden finanziellen Vorteile zu kommen, einen materiellen Schaden darstelle, was zwischen den Parteien unstreitig sei. Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 57 und 58 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass zur Feststellung der Höhe eines aus dem Verlust einer Chance resultierenden Schadens im vorliegenden Fall "die Differenz zwischen den Bezügen, die Frau Girardot erhalten hätte, wenn sich ihre Chance auf Berücksichtigung ihrer Bewerbung erfüllt hätte, und den Bezügen, die sie infolge der rechtswidrigen Ablehnung ihrer Bewerbung tatsächlich erhalten hat, zu bestimmen ist, und dass danach gegebenenfalls die prozentuale Chance zu beurteilen ist, dass dieser Fall auch eingetreten wäre".

25 Erstens hat das Gericht in Bezug auf die Differenz zwischen den Bezügen in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dieses Kriterium sei dadurch gerechtfertigt, dass Frau Girardot zwar die Chance, eine der fraglichen Stellen zu bekleiden, und damit die Möglichkeit verloren habe, die entsprechenden finanziellen Vorteile zu erlangen, dass sie aber nicht ohne Stelle geblieben sei.

26 Zur Bestimmung einer etwaigen Differenz zwischen den Bezügen hat das Gericht zunächst in den Randnrn. 61 bis 82 des angefochtenen Urteils den Zeitraum für den Vergleich zwischen den Bezügen, die Frau Girardot erhalten hätte, wenn sie von der Kommission eingestellt worden wäre, und den Bezügen, die sie tatsächlich erhalten hat, festgelegt. Es hat insoweit in den Randnrn. 73 bis 77 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, dass die Chance, die Frau Girardot verloren habe, nur durch eine gerechte finanzielle Entschädigung wiedergutzumachen sei, deren Höhe aufgrund der Mindestkündigungsfrist gemäß Art. 47 Abs. 2 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen auf die Nettobezüge für drei Monate festzusetzen sei. Dieses Vorbringen läuft nach Ansicht des Gerichts darauf hinaus, dass eine dauerhafte Beschäftigung von Frau Girardot bei der Kommission im Falle ihrer Einstellung als so unwahrscheinlich anzusehen sei, dass davon ausgegangen werden müsse, dass die Kommission das Beschäftigungsverhältnis unmittelbar nach seinem Beginn wieder beendet hätte, was kaum überzeugend sei. Das Gericht hat daher in Randnr. 78 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass unter Berücksichtigung aller in Art. 47 Abs. 2, Art. 48 bis Art. 50 der Beschäftigungsbedingungen vorgesehenen Möglichkeiten der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses, der zu berücksichtigende Zeitraum nach billigem Ermessen auf fünf Jahre einschließlich der Kündigungszeit ab dem Wirksamwerden der Ernennung der Bewerber, die die Kommission nach Abschluss des Verfahrens zur Besetzung offener Stellen - von dem Frau Girardot rechtswidrig ausgeschlossen worden sei - ausgewählt habe, festgesetzt werden könne. Im Übrigen hat das Gericht in Randnr. 80 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von Frau Girardot betreffend die Möglichkeit einer Ernennung zum Beamten mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich dabei um ein ungewisses Kriterium handele.

27 In den Randnrn. 83 bis 95 des angefochtenen Urteils hat das Gericht dann die Höhe des in diesem Zeitraum erlittenen Verlusts an Bezügen bestimmt. Hierzu hat es in Randnr. 86 des angefochtenen Urteils erklärt, dass Frau Girardot nichts zur Bestimmung der Bezüge, die sie erhalten hätte, wenn eine ihrer Bewerbungen berücksichtigt worden wäre, und zu deren Entwicklung vorgelegt habe und daher nach billigem Ermessen die monatlichen Nettobezüge zugrunde zu legen seien, die im Durchschnitt den letzten Bezügen, die sie von der Kommission erhalten habe, also den Bezügen für eine Stelle der Besoldungsgruppe A 5, Dienstaltersstufe 4, entsprächen. Insoweit hat das Gericht in Randnr. 85 des angefochtenen Urteils das Vorbringen von Frau Girardot zurückgewiesen, dass sie für eine Stelle der Besoldungsgruppe A 4 vorgesehen worden wäre.

28 Zweitens hat das Gericht in Bezug auf die Beurteilung des Verlusts einer Chance in den Randnrn. 96 und 97 des angefochtenen Urteils zunächst festgestellt, dass die Bewerbungen von Frau Girardot die für eine Berücksichtigung erforderlichen Voraussetzungen erfüllten, und in den Randnrn. 98 bis 122 des angefochtenen Urteils dann geprüft, ob die Chance, die Frau Girardot verloren hatte, in dem Sinne als sicher angesehen werden kann, dass sie andernfalls, wenn nicht alle Chancen, so doch zumindest eine ernsthafte Chance auf Zugang zu diesen Stellen gehabt hätte. In den Randnrn. 102 bis 107 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass Frau Girardot in diesem Stadium des Verfahrens die einzige Bewerberin für diese Stellen gewesen sei, dass sie sich auf eine beachtliche Berufserfahrung bei der Kommission habe berufen können, dass ihre Dienste geschätzt worden seien und dass ihre Qualifikationen den in der Stellenbeschreibung verlangten hinreichend entsprochen hätten. In den Randnrn. 115 bis 117 des angefochtenen Urteils hat das Gericht dann Folgendes ausgeführt:

"115 Angesichts dieses Sachverhalts kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission nach dem Ende des ersten Abschnitts des Verfahrens zur Besetzung freier Planstellen gemäß Art. 29 Abs. 1 des Statuts, als sie sich auch für eine Vergrößerung ihrer Auswahlmöglichkeiten entscheiden durfte, ... eine Bewerbung von Frau Girardot bestimmt berücksichtigt hätte, so dass diese alle Chancen gehabt hätte, einen Vertrag als Bedienstete auf Zeit im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Beschäftigungsbedingungen mit den damit verbundenen finanziellen Vorteilen zu erhalten. Jedoch ist festzustellen, dass Frau Girardot durchaus eine ernsthafte Chance gehabt hätte, die sie aber dadurch verlor, dass die Kommission ihre Bewerbung ohne weitere Prüfung ablehnte.

116 In dem in Art. 29 Abs. 1 Buchst. b des Statuts vorgesehenen Abschnitt des Verfahrens zur Besetzung freier Planstellen hatte sich ein anderer Bewerber, der ebenfalls Bediensteter auf Zeit war, bei der Kommission um alle acht Stellen beworben, um die sich auch Frau Girardot beworben hatte. ... Die Kommission konnte sich für den einen oder den anderen Bewerber entscheiden. Sie konnte sich jedoch auch dafür entscheiden, nach der Prüfung der Bewerbungen keine der eingereichten Bewerbungen zu berücksichtigen und zu dem in Art. 29 Abs. 1 Buchst. c des Statuts vorgesehenen Verfahrensabschnitt überzugehen. ... Schließlich konnte sie unter Beachtung der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze von der Fortsetzung des Verfahrens absehen. ... Diese Möglichkeiten verringern die Chance, dass die Bewerbung von Frau Girardot auf eine der fraglichen Stellen berücksichtigt worden wäre.

117 Wäre Frau Girardot jedoch berechtigt gewesen, nach der Aufhebung der Entscheidungen über die Ablehnung ihrer Bewerbung an einem neuen Verfahren zur Besetzung freier Planstellen teilzunehmen ..., hätte sie sich erfolgreich um andere, gleichartige Stellen bewerben und - was von der Kommission nicht bestritten wird -, aufgrund u. a. der oben in den Randnrn. 103 bis 106 genannten Umstände möglicherweise für die Besetzung einer dieser Stellen berücksichtigt werden können. Dies erhöht die Chance, dass die Bewerbung von Frau Girardot als Bedienstete auf Zeit im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Beschäftigungsbedingungen auf eine unbefristete, aus Forschungs- und Investitionsmitteln finanzierte Dauerplanstelle der Laufbahngruppe A, für die wissenschaftliche Kenntnisse erforderlich sind und die im gemeinsamen Forschungszentrum der GD 'Forschung' oder der GD 'Informationsgesellschaft' der Kommission zu besetzen ist, berücksichtigt worden wäre."

29 Das Gericht ist daher in den Randnrn. 118 und 119 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass Frau Girardot eine ernsthafte Chance gehabt habe, dass eine ihrer Bewerbungen berücksichtigt werde, und hat auf ihren Verlust an Bezügen nach billigem Ermessen einen Koeffizienten von 0,5 angewendet. In Randnr. 120 des angefochtenen Urteils hat das Gericht es abgelehnt, diesen Koeffizienten gemäß der von Frau Girardot vorgeschlagenen Methode auf 0,996 heraufzusetzen, da nach seiner Meinung bei dieser Methode die Höhe der Chance allein nach der Zahl der von der Betroffenen eingereichten Bewerbungen bestimmt wird, ohne dass die anderen oben genannten Umstände berücksichtigt würden.

30 Die anderen von Frau Girardot geltend gemachten Schäden hat das Gericht in den Randnrn. 123 bis 125 des angefochtenen Urteils als unerheblich zurückgewiesen, weil das Ziel der gerechten finanziellen Entschädigung im Hinblick auf die Aufhebungsanträge von Frau Girardot darin bestehe, das Zwischenurteil umzusetzen und ihre Rechte angemessen zu schützen, indem nach billigem Ermessen ein Ausgleich dafür geschaffen werde, dass die vor dem Rechtsverstoß bestehende Situation nicht wiederhergestellt werden könne, nicht aber - mangels eines vorherigen Antrags auf Schadensersatz - darin, alle durch diesen Rechtsverstoß möglicherweise darüber hinaus verursachten Schäden zu ersetzen. Jedenfalls führte das Gericht in den Randnrn. 125 bis 138 des angefochtenen Urteils aus, dass keiner dieser sonstigen Schäden für die Festsetzung des Betrags der gerechten finanziellen Entschädigung berücksichtigt werden könne. Insbesondere zum immateriellen Schaden betreffend die Verschlechterung der psychischen Gesundheit und der Depression von Frau Girardot sowie zum geltend gemachten körperlichen Schaden infolge der rechtswidrigen Ablehnung ihrer Bewerbungen hat das Gericht in den Randnrn. 133 bis 137 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Frau Girardot keine Beweise, etwa ein gültiges ärztliches Attest oder Gutachten, für solche Schäden vorgelegt habe.

Anträge der Beteiligten

31 Mit ihrer Rechtsmittelschrift beantragt die Kommission,

- das angefochtene Urteil aufzuheben;

- sie zur Zahlung von 23 917,40 Euro an Frau Girardot zu verurteilen;

- festzustellen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten dieses Rechtszugs und des Rechtszugs vor dem Gericht trägt.

32 Frau Girardot beantragt,

- das Rechtsmittel der Kommission für unzulässig, jedenfalls für unbegründet zu erklären;

- ihr Anschlussrechtsmittel für zulässig zu erklären, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen auf Aufhebung und Entschädigung stattzugeben;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

33 Die Kommission macht als einzigen Rechtsmittelgrund geltend, dass die vom Gericht zur Berechnung des Chancenverlusts angewandte Methode gegen Art. 236 EG und die Voraussetzungen für eine Haftung der Kommission verstoße.

34 Dazu führt sie zunächst aus, dass ihr Rechtsmittel wegen der abweichenden Rechtsprechung des Gerichts in dieser Frage aus Gründen der Rechtssicherheit eine Entscheidung des Gerichtshofs herbeiführen solle, wie der Verlust der Chance einer Einstellung bei der Kommission zu berechnen sei, wenn das Organ eine rechtswidrige Entscheidung erlassen habe, der zufolge die Bewerbung des Betroffenen nicht geprüft werde. Ziel des Rechtsmittels sei somit, dass der Gerichtshof eine einheitliche rechtliche Begründung und Methode zur Berechnung dieses Verlusts einer Chance herausarbeite, die auf alle Sachverhalte anwendbar sein müssten.

35 Die Kommission stimme zu, dass der Verlust einer Einstellungschance einen materiellen Schaden darstelle. Dagegen sei sie nicht damit einverstanden, wie das Gericht die Höhe des von Frau Girardot erlittenen Schadens bestimmt habe.

36 Randnr. 58 des angefochtenen Urteils sei insoweit rechtsfehlerhaft. Der tatsächliche und sichere Schaden, den Frau Girardot erlitten habe, bestehe darin, dass ihre Bewerbungen nicht geprüft worden seien, und nicht in einem hypothetischen Verlust an Bezügen während eines ebenso hypothetisch bestimmten Zeitraums. Obwohl das Gericht in den Randnrn. 99 und 116 des angefochtenen Urteils anerkenne, dass zum einen die Kommission nicht verpflichtet sei, das Einstellungsverfahren bis zum Ende durchzuführen, und dass es zum anderen nicht Sache des Gerichts sei, anstelle der Kommission die Verdienste der Bewerber abzuwägen, habe es diese Prüfung in den Randnrn. 62 bis 95 des angefochtenen Urteils in Wirklichkeit doch durchgeführt. Das Gericht berechne also nicht den aus dem Verlust einer Chance resultierenden tatsächlichen und sicheren Schaden, sondern stelle einen aus dem Verlust an Bezügen resultierenden hypothetischen Schaden fest, der einen Anspruch auf Einstellung voraussetze. Das Gericht verfälsche damit den Begriff des Verlusts einer Chance zum Verlust der Sicherheit, eine Stelle zu erhalten, und spreche damit den Gemeinschaftsorganen den Handlungsspielraum und die Wahlmöglichkeiten ab, die sie bei der Einstellung haben müssten.

37 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission außerdem darauf hingewiesen, dass kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem von der Kommission begangenen Rechtsverstoß, nämlich der Nichtberücksichtigung der Bewerbungen von Frau Girardot, und dem letztlich vom Gericht im angefochtenen Urteil festgestellten Schaden bestehe. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müsse sich der Schaden unmittelbar aus dem gerügten Verhalten ergeben (vgl. u. a. Urteil vom 4. Oktober 1979, Dumortier u. a./Rat, 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Slg. 1979, 3091, Randnr. 21).

38 Dieser Rechtsfehler werde dadurch noch deutlicher, dass das Gericht für die Berechnung des Verlusts an Bezügen die Bezüge berücksichtige, die die Betroffene in der Zwischenzeit erhalten habe. Hätte die Betroffene aber in der fraglichen Zeit eine Stelle innegehabt, die besser bezahlt sei als die, die sie in derselben Zeit bei der Kommission hätte haben können, wäre ihr kein Verlust an Bezügen entstanden, obwohl sie eine Chance verloren habe. Da diese Methode von Zufälligkeiten abhänge, könne sie zu einer Ungleichbehandlung der Bewerber bei ein und derselben Einstellung führen.

39 Nach Ansicht der Kommission werden die Fehler dieser Argumentation des Gerichts durch die zweite Erwägung in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils noch verschlimmert, nämlich dadurch, dass die Differenz der Bezüge "gegebenenfalls" als Prozentsatz bestimmt werden könne, der die Einstellungschance der Betroffenen zum Ausdruck bringe. Auch diese Erwägung zeige, dass das Gericht die Höhe des aus einem hypothetischen Verlust an Bezügen und nicht aus dem Verlust einer Einstellungschance resultierenden Schadens bestimmen wolle, da dieser Verlust an Bezügen nur gegebenenfalls unter Berücksichtigung der hypothetischen Einstellungschance bestimmt werde. Außerdem stelle das Gericht willkürliche Vermutungen an, um den Grad der Wahrscheinlichkeit der Einstellung von Frau Girardot zu bestimmen, obwohl diese keinen Anspruch auf Einstellung gehabt habe.

40 Daher ist die Kommission der Auffassung, dass das angefochtene Urteil die Berechnung des Verlusts einer Einstellungschance entgegen der rechtlich zutreffenden Vorgehensweise vornehme, weil es zunächst den hypothetischen Verlust von Frau Girardot bei den Bezügen berechne, bevor es auf diesen Betrag einen Berichtigungskoeffizienten für die Wahrscheinlichkeit der Einstellung von Frau Girardot anwende. Die Quantifizierung dieses Verlusts einer Chance müsse somit auf einer anderen Grundlage als dem Verlust an Bezügen beruhen, der die Sicherheit, eingestellt zu werden, voraussetze.

41 Aufgrund dessen fordert die Kommission den Gerichtshof gemäß Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs auf, festzustellen, dass der Verlust einer Chance, der Frau Girardot getroffen habe, billigerweise durch einen Pauschalbetrag in Höhe von drei Nettomonatsgehältern ausgeglichen werden könne, was dem Betrag entspreche, der ihr während der Kündigungsfrist eines unbefristeten Vertrags hätte gezahlt werden müssen - im vorliegenden Fall also 18 917,43 Euro -, zuzüglich eines weiteren Pauschalbetrags von 5 000 Euro als Ausgleich dafür, dass die Betroffene nicht mehr an einem weiteren Einstellungsverfahren teilnehmen könne.

42 Frau Girardot macht geltend, dass das Rechtsmittel in zweierlei Hinsicht unzulässig sei. Erstens sei allein das Gericht für die Bestimmung der Höhe des Schadens zuständig, der durch den Verlust einer Chance entstanden sei. Daher habe die Kommission nicht das Recht - außer wenn sie dem Gericht vorwürfe, dass es die Kriterien für die Bestimmung der Schadenshöhe nicht angegeben habe -, die hierzu im angefochtenen Urteil vorgenommene Würdigung zu kritisieren, und dürfe erst recht nicht vom Gerichtshof eine Grundsatzentscheidung über die Methode erwarten, die zur Berechnung des Schadensersatzes für den Verlust einer Chance anzuwenden sei. Im Übrigen gebe es in dieser Hinsicht eine Vielzahl unterschiedlicher Fälle, über die immer nur konkret entschieden werden könne. Zweitens sei der Rechtsmittelgrund, dass das Gericht eine Entschädigung für den Verlust der Sicherheit, eine Stelle zu erhalten, und nicht für den Verlust einer Chance festsetze, nicht im ersten Rechtszug geltend gemacht worden und stelle damit ein neues Vorbringen dar, das gemäß Art. 42 Abs. 2 und Art. 118 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs unzulässig sei.

43 In Bezug auf die Begründetheit weist Frau Girardot darauf hin, dass ihr Schaden jedenfalls tatsächlich und sicher sei, da sie durch die rechtswidrige Weigerung der Kommission, ihre Bewerbungen zu prüfen, zum einen die Chance, dass eine oder mehrere von diesen berücksichtigt würden, und sie zum anderen die Möglichkeit verloren habe, sich später um eine andere Stelle zu bewerben, wenn sie dazu noch berechtigt gewesen wäre. Zudem sei die im angefochtenen Urteil angewandte Methode, die darin bestehe, die Vorteile, die Frau Girardot hätte erlangen können, wenn sie eingestellt worden wäre, und danach die prozentuale Chance, eingestellt zu werden, zu ermitteln, eine Vorgehensweise, die das Gericht bereits angewandt habe (vgl. u. a. Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2004, Eagle u. a./Kommission, T-144/02, Slg. 2004, II-3381, sowie Slg. ÖD, I-A-275 und II-1231, Randnrn. 149 und 163) und die auch von der belgischen Lehre gutgeheißen werde. Diese Methode sei auf den Ersatz des Schadens abgestimmt, der sich aus dem Verlust einer Chance ergebe, bei der es begriffsnotwendig nicht sicher sei, ob sie sich erfülle.

44 Der auf die Gefahr einer Ungleichbehandlung der Bewerber bei ein und derselben Einstellung gestützte Einwand lasse den zweiten Teil der Begründung des Gerichts unberücksichtigt, in dem der Faktor bestimmt werde, der auf den festgestellten Verlust an Bezügen im Fall der Erfüllung der Einstellungschance anzuwenden sei. Außerdem sei es gerecht, dass im Fall einer sicheren Einstellungschance der Bewerber, der einen größeren Verlust an Bezügen erlitten habe, eine höhere Entschädigung erhalte als der Bewerber mit geringerem Verlust. Da diese Bewerber sich nicht in der gleichen Lage befänden, liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Zulässigkeit

45 Zur Einrede der Unzulässigkeit, die darauf gestützt ist, dass der Gerichtshof nicht für die Bestimmung des Umfangs des Frau Girardot entstandenen Schadens zuständig sei, ist erstens zu bemerken, dass nach ständiger Rechtsprechung allein das Gericht, wenn es einen Schaden festgestellt hat, dazu befugt ist, im Rahmen des Klageantrags über Art und Höhe dieses Schadensersatzes zu befinden, wobei das Urteil des Gerichts, damit der Gerichtshof es nachprüfen kann, ausreichend begründet sein und in Bezug auf die Ermittlung des Schadens die Kriterien angeben muss, die es zur Bestimmung des Schadensbetrags herangezogen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C-136/92 P, Slg. 1994, I-1981, Randnr. 66, vom 14. Mai 1998, Rat/de Nil und Impens, C-259/96 P, Slg. 1998, I-2915, Randnrn. 32 und 33, sowie vom 9. September 1999, Lucaccioni/Kommission, C-257/98 P, Slg. 1999, I-5251, Randnrn. 34 und 35, sowie Beschluss vom 14. Dezember 2006, Meister/HABM, C-12/05 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 82).

46 Auch wenn die Kommission im vorliegenden Fall mit ihrem Rechtsmittel die Methode beanstandet, die das Gericht zur Bestimmung der Höhe des Schadens anwendet, der Frau Girardot entstanden ist, macht sie in diesem Zusammenhang doch auch geltend, dass das angefochtene Urteil mehrere Rechtsfehler enthalte, da die in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils beschriebene und dann in den Randnrn. 59 bis 122 angewandte Methode in Wirklichkeit die Natur des Schadens, wie er in diesem Urteil qualifiziert worden sei, nämlich als Verlust einer Einstellungschance, verändere und damit dessen Wesen so verfälsche, dass der im Urteil tatsächlich bestimmte Schaden - d. h. nach Ansicht der Kommission der Verlust der Sicherheit, eingestellt zu werden, und der Verlust der entsprechenden Bezüge - entweder nicht tatsächlich und sicher sei oder in keinem unmittelbaren Kausalzusammenhang zum vorgeworfenen Rechtsverstoß stehe.

47 Ein solches Rechtsmittel, das die Schlüssigkeit der Erwägungen betrifft, die das Gericht angestellt hat, um die Methode zur Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes festzulegen, stellt eine Rechtsfrage dar, die dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels vorgelegt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Lucaccioni/Kommission, Randnrn. 27 bis 29).

48 Dagegen kann die Kommission, wie Frau Girardot zutreffend ausgeführt hat, mit dem vorliegenden Rechtsmittel nicht beantragen, die Art und Weise festzulegen, nach der der Verlust der Chance, von einem Gemeinschaftsorgan eingestellt zu werden, in all den Fällen berechnet werden muss, in denen einem Betroffenen rechtswidrig das Recht auf Prüfung seiner Bewerbung genommen wird.

49 Im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens sind die Befugnisse des Gerichtshofs nämlich auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. Urteil Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., Randnr. 59). Somit ist der Gerichtshof im Rahmen eines solchen Verfahrens allein für die Prüfung zuständig, ob das Vorbringen im Rechtsmittelverfahren einen Rechtsfehler bezeichnet, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 35, sowie vom 30. September 2003, Eurocoton u. a./Rat, C-76/01 P, Slg. 2003, I-10091, Randnr. 47).

50 Zweitens kann die Einrede der Unzulässigkeit gegen das neue Vorbringen der Kommission, das zur Begründung ihres Rechtsmittels die Rechtsfehler in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils aufzeigen soll, nicht Platz greifen, weil die von der Kommission mit ihrem Rechtsmittel beanstandeten Feststellungen zum ersten Mal im angefochtenen Urteil getroffen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Oktober 2001, EIB/Hautem, C-449/99 P, Slg. 2001, I-6733, Randnrn. 88 und 89, sowie vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C-229/05 P, Slg. 2007, I-439, Randnr. 33).

51 Folglich ist der Gerichtshof im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nur für die Prüfung der Frage zuständig, ob die Methode, die das Gericht im angefochtenen Urteil zur Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes für den von Frau Girardot erlittenen Verlust einer Chance anwendet, rechtsfehlerhaft ist. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unzulässig.

Begründetheit

52 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einer Schadensersatzklage eines Beamten die Haftung der Gemeinschaft an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Die den Organen vorgeworfene Handlung muss rechtswidrig sein, es muss ein tatsächlicher Schaden eingetreten sein, und zwischen der Handlung und dem behaupteten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. Urteile vom 16. Dezember 1987, Delauche/Kommission, 111/86, Slg. 1987, 5345, Randnr. 30, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., Randnr. 42, sowie Rat/de Nil und Impens, Randnr. 23).

53 In Bezug auf die Voraussetzung, dass die den Organen vorgeworfene Handlung rechtswidrig sein muss, ergibt sich aus Randnr. 83 des Zwischenurteils, das nicht mit einem Rechtsmittel angefochten worden und damit rechtskräftig ist, dass im vorliegenden Fall das rechtswidrige Verhalten darin bestand, dass die Kommission mit den streitigen Entscheidungen nicht nachgewiesen hat, dass sie die Bewerbung von Frau Girardot auf die einzelnen Stellen im Hinblick auf die Verdienste der Betroffenen ordnungsgemäß gewürdigt hat, bevor sie die Bewerbung ablehnte.

54 Zur Voraussetzung eines Schadens ist festzustellen, dass der zu ersetzende Schaden tatsächlich und sicher sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. Januar 1982, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und 5/81, Slg. 1982, 85, Randnr. 9, und vom 9. November 2006, Agraz u. a./Kommission, C-243/05 P, Slg. 2006, I-10833, Randnr. 27).

55 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass Frau Girardot durch den Rechtsverstoß der Kommission sicher und unwiederbringlich die Chance verloren hat, nach Abschluss des im vorliegenden Rechtsstreit fraglichen Auswahlverfahrens auf eine Stelle bei diesem Organ eingestellt zu werden, und damit der Verlust dieser Chance für sie einen tatsächlichen und sicheren Schaden darstellt.

56 Überdies geht aus den Feststellungen des Gerichts, insbesondere in den Randnrn. 84 bis 91 des Zwischenurteils - die aus den in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils genannten Gründen im Rahmen dieses Rechtsmittels nicht mehr in Frage gestellt werden können -, hervor, dass dieser tatsächliche und sichere Schaden, der Frau Girardot entstanden ist, auch die Unmöglichkeit umfasst, an einem neuen regulären Einstellungsverfahren teilzunehmen, da sie sich auf die offenen Stellen, auf die sie sich beworben hatte, nicht mehr durch Teilnahme an einer Stellenausschreibung "Spécial Recherche" bewerben kann und darf.

57 Die Kommission beanstandet mit ihrem Rechtsmittel jedoch die Methode, die das Gericht zur Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes angewandt hat. Sie macht geltend, das Gericht habe mit dieser Methode nicht die Höhe des tatsächlichen und sicheren Schadens bestimmt, der sich für Frau Girardot aus dem Verlust einer Chance ergebe, sondern in Wirklichkeit einen anderen, rein hypothetischen Schaden berechnet, der sich aus dem Verlust bei den Bezügen ergebe, den sie hätte erleiden können, wenn sie einen Anspruch auf Einstellung gehabt hätte. Damit sei der Verlust der Chance auf eine Einstellung in den Verlust der Sicherheit einer Einstellung umgewandelt worden.

58 Dazu ist zu bemerken, dass das Gericht gemäß Art. 91 Abs. 1 Satz 2 des Statuts bei Streitsachen vermögensrechtlicher Art zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung befugt ist, in deren Rahmen es gegebenenfalls auch die beklagte Partei von Amts wegen zur Zahlung einer Entschädigung für den durch ihren Amtsfehler entstandenen Schaden verurteilen und unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtssache den Schaden nach billigem Ermessen schätzen kann (vgl. u. a. Urteile vom 5. Juni 1980, Oberthür/Kommission, 24/79, Slg. 1980, 1743, Randnr. 14, vom 27. Oktober 1987, Houyoux und Guery/Kommission, 176/86 und 177/86, Slg. 1987, 4333, Randnr. 16, vom 17. April 1997, de Compte/Parlament, C-90/95 P, Slg. 1997, I-1999, Randnr. 45, sowie EIB/Hautem, Randnr. 95).

59 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass gemäß der in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung allein das Gericht, wenn es das Vorliegen eines Schadens festgestellt hat, innerhalb der Grenzen des Antrags und unter dem Vorbehalt, dass es die Begründungspflicht beachtet, für die Bestimmung der Art und des Umfangs des Schadensersatzes zuständig ist.

60 Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer Frage des Gerichtshofs hierzu selbst eingeräumt hat, ist es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, eine Methode festzulegen, die es erlauben würde, die Chance, auf eine Stelle bei diesem Organ eingestellt zu werden, genau zu quantifizieren und damit den sich aus dem Verlust dieser Chance ergebenden Schaden zu bemessen.

61 Folglich ist bei der Prüfung, ob die Höhe des Schadensersatzes für den von Frau Girardot erlittenen Verlust einer Chance im angefochtenen Urteil rechtsfehlerhaft bestimmt worden ist, dem Ermessen Rechnung zu tragen, über das das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung in Bezug auf die Methode für eine solche Bestimmung verfügte.

62 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass das Gericht bei der Bestimmung der Höhe des Frau Girardot im vorliegenden Fall zu ersetzenden Schadens der Meinung war, dass erstens der von ihr erlittene Verlust von Bezügen in der Weise zu bestimmen sei, dass die Differenz zwischen den Bezügen, die sie erhalten hätte, wenn sie eingestellt worden wäre, und den Bezügen, die sie nach dem Rechtsverstoß tatsächlich erhalten hat, festzustellen seien und zweitens die prozentuale Chance einer Einstellung von Frau Girardot zu beurteilen sei, um den so berechneten Verlust an Bezügen gewichten zu können.

63 Zwar hat diese Methode, da sie auf dem Kriterium des durch den Betroffenen erlittenen Verlusts an Bezügen beruht, notwendigerweise zur Folge, dass trotz des Verlusts einer Chance, wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, keine Entschädigung gewährt werden müsste, wenn die nach dem rechtswidrigen Verhalten tatsächlich erhaltenen Bezüge über denen liegen, die dem Betroffenen aufgrund dieses Verhaltens entgangen sind.

64 Zudem führt eine solche Methode, wie die Kommission ebenfalls bemerkt hat, zwangsläufig dazu, dass der Gemeinschaftsrichter, wie es das Gericht in den Randnrn. 59 bis 95 des angefochtenen Urteils getan hat, eine prognostische Prüfung durchführen und so versuchen muss, fiktiv die mögliche Laufbahn des Betroffenen bei diesem Organ zu rekonstruieren, indem er sich auf eine Reihe von Hypothesen stützt, die, auch wenn sie Bestandteil der freien Sachverhaltswürdigung durch das Gericht sind, in Bezug auf die Dauer der Einstellung und die Entwicklung der Bezüge von Natur aus unsicher bleiben.

65 Des Weiteren kann in der Tat nicht allein anhand des Kriteriums des Verlusts an Bezügen die Höhe des Schadens bestimmt werden, der durch den Verlust der Einstellungschance entstanden ist. In einem solchen Fall kann der entstandene Schaden nicht den Bezügen gleichgesetzt werden, die der Betroffene erhalten hätte, wenn diese Chance sich erfüllt hätte, da er - wie das Gericht in Randnr. 116 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat -, wegen des Ermessens der Kommission in dieser Frage kein Recht auf Einstellung geltend machen kann. Somit kann der Schaden, für den der Betroffene Ersatz verlangen kann, nicht einem Verdienstausfall entsprechen, der sich aus einem Rechtsverlust ergibt (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Januar 2000, Mulder u. a./Rat und Kommission, C-104/89 und C-37/90, Slg. 2000, I-203, Randnrn. 59 und 60).

66 Jedoch kann daraus nicht geschlossen werden, dass das Kriterium des Verlusts an Bezügen, das das Gericht im angefochtenen Urteil angewandt hat - berücksichtigt man das Ermessen, über das das Gericht in Bezug auf die insoweit anzuwendende Methode verfügt -, für die Bestimmung der Höhe des Schadens der sich aus dem von Frau Girardot erlittenen Verlust einer Chance ergibt, im vorliegenden Fall gänzlich ungeeignet wäre.

67 Da, wie der Generalanwalt in Nr. 77 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der Wert der Chance, die Frau Girardot verloren hat, von der Höhe des Gewinns abhängt, den sie erzielt hätte, wenn sich diese Chance erfüllt hätte, stellt der durch den geltend gemachten Rechtsverstoß erlittene Verlust an Bezügen, auch wenn die Höhe der Entschädigung für den Verlust der Chance nicht allein aufgrund dieses Verlusts bestimmt werden kann, dennoch ein hierfür beachtliches Kriterium dar. Selbst wenn Frau Girardot kein Recht auf Einstellung hatte, hängt der dieser Chance entsprechende Wert also zumindest teilweise von der Höhe der Bezüge ab, die sie erwarten durfte.

68 Im Übrigen ist festzustellen, dass die von der Kommission im Rahmen dieses Rechtsmittels vorgeschlagene alternative Methode für die Ermittlung des Schadensersatzes für Frau Girardot, nach der ihr pauschal eine Entschädigung in Höhe von drei Nettomonatsgehältern aufgrund der Mindestkündigungsfrist des Art. 47 Abs. 2 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen gewährt wird, ebenfalls auf den ihr infolge des Rechtsverstoßes entgangenen Bezügen beruht. Somit kann die Kommission kaum die Erheblichkeit dieses Kriteriums in Zweifel ziehen.

69 Ferner ist einzuräumen, dass die nach dem Rechtsverstoß tatsächlich erhaltenen Bezüge ebenfalls teilweise die Höhe des Schadensersatzes bestimmen, da jeder Geschädigte zur Schadensminderung verpflichtet ist. Insoweit kann nicht von der Gefahr einer Ungleichbehandlung, wie sie die Kommission geltend macht, ausgegangen werden. Zwei rechtswidrig abgelehnte Bewerber, denen in unterschiedlicher Höhe Bezüge entgangen sind, könnten selbst dann nicht in Bezug auf die Schadenshöhe als in der gleichen oder einer ähnlichen Situation befindlich angesehen werden, wenn ihre Einstellungschancen gleich gewesen wären.

70 Außerdem hat sich das Gericht, auch wenn es für die Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes für den von Frau Girardot erlittenen Verlust einer Chance tatsächlich zunächst die Höhe der ihr entgangenen Bezüge ermittelt hat, nicht allein auf dieses Kriterium gestützt, um die Höhe dieses Ersatzes zu bestimmen.

71 Zwar hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es in Randnr. 58 des angefochtenen Urteils feststellte, dass für die Bestimmung der Höhe des Ersatzes für den von Frau Girardot erlittenen Verlust einer Chance "gegebenenfalls" deren Einstellungschance zu beurteilen sei, und damit nahelegte, dass diese Beurteilung rein fakultativ sei. Unterbliebe nämlich diese Beurteilung, die der Begriff des Verlusts einer Chance impliziert, käme dies der Berechnung allein des von Frau Girardot erlittenen Verlusts an Bezügen gleich, obwohl sie kein Recht auf Einstellung hatte.

72 Dieser Fehler hat aber keine Auswirkungen, da das Gericht, nachdem es in den Randnrn. 59 bis 95 des angefochtenen Urteils den von Frau Girardot erlittenen Verlust an Bezügen berechnet hat, in den Randnrn. 96 bis 122 seines Urteils auf diesen Verlust tatsächlich einen Prozentsatz angewandt hat, der dazu diente, auf der Grundlage einer ganzen Reihe von Umständen, die für den vorliegenden Fall kennzeichnend sind und der freien Sachverhaltswürdigung durch das Gericht unterliegen, die Einstellungschance von Frau Girardot größenmäßig zu bestimmen.

73 Dieses Kriterium, das auf diese Weise angewandt wird, um gemäß einer - wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat - auch in mehreren nationalen Rechtsordnungen anerkannten Methode das Kriterium des Verlusts an Bezügen zu gewichten, kann ein maßgeblicher Faktor bei der Bestimmung der Höhe des Ersatzes für den von Frau Girardot erlittenen Verlust einer Chance sein, da mit seiner Hilfe bei der Bestimmung dieser Höhe der Wahrscheinlichkeit Rechnung getragen werden kann, mit der die Betroffene die unwiederbringlich verlorenen Bezüge hätte erhalten können.

74 Zwar ist, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, der vom Gericht so ermittelte Wahrscheinlichkeitsgrad hypothetisch und kann selbst nicht als tatsächlich und sicher angesehen werden. Dies ist aber unerheblich, da feststeht, dass der Frau Girardot durch den Verlust der Einstellungschance entstandene Schaden tatsächlich und sicher ist und die Auswahl der Methode für die Bestimmung seiner Höhe dem Ermessen des Gerichts überlassen ist.

75 Jedenfalls ist die von der Kommission vorgeschlagene und in Randnr. 68 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Methode offensichtlich weniger geeignet, die Höhe des sich aus dem Verlust einer Chance ergebenden Schadens zu bestimmen als die im angefochtenen Urteil angewandte Methode.

76 Eine solche Methode, die die besonderen Umstände der Situation von Frau Girardot völlig außer Betracht lässt, um eine Regel anbieten zu können, die jeden Betroffenen für den Verlust seiner Einstellungschance einheitlich entschädigen soll, erlaubt es entgegen den von der Rechtsprechung des Gerichtshofs herausgearbeiteten Voraussetzungen (vgl. u. a. Urteile vom 8. Oktober 1986, Leussink u. a./Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, Randnr. 13, sowie Lucaccioni/Kommission, Randnrn. 22 und 28) nicht, den vollständigen Ersatz des individuellen Schadens sicherzustellen, den Frau Girardot aufgrund des besonderen, ihr gegenüber begangenen Rechtsverstoßes tatsächlich erlitten hat, und spräche dem Gemeinschaftsrichter außerdem das Ermessen ab, über das er bei der Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes verfügt.

77 Außerdem würde diese alternative Methode zum Ersatz eines fiktiven Schadens führen, der weder tatsächlich noch sicher ist, da sie, wie das Gericht in Randnr. 74 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, auf die Annahme hinausliefe, dass eine dauerhafte Beschäftigung von Frau Girardot bei der Kommission im Fall ihrer Einstellung als so unwahrscheinlich anzusehen sei, dass sie unberücksichtigt bleiben und folglich davon ausgegangen werden müsste, dass ihr Beschäftigungsverhältnis unmittelbar nach seinem Beginn wieder beendet worden wäre.

78 Folglich hat die Kommission, die im Übrigen nicht bestreitet, dass das angefochtene Urteil insoweit rechtlich hinreichend begründet ist, nicht bewiesen, dass das Gericht mit der in seinem Urteil angewandten Methode im Rahmen des ihm hierbei zustehenden Ermessens den im vorliegenden Fall von Frau Girardot erlittenen Schaden verfälscht habe, indem es nicht den tatsächlichen und sicheren Schaden bestimmt habe, der sich für die Betroffene aus dem Verlust einer Einstellungschance ergeben hat.

79 Es ist offenkundig, dass dieser letztgenannte Schaden in einem unmittelbaren Kausalzusammenhang mit dem hier gerügten Rechtsverstoß steht.

80 Somit ist das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen.

Zum Anschlussrechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

81 Mit ihrem Anschlussrechtsmittel macht Frau Girardot geltend, dass das Gericht durch mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen habe.

82 Erstens habe das Gericht mit der Zugrundelegung von nur fünf Jahren als des für die Berechnung der Differenz zwischen den Bezügen zu berücksichtigenden Zeitraums insoweit einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als es in Randnr. 80 des angefochtenen Urteils den Verlust der Chance auf eine Laufbahn bei der Kommission von den Beurteilungskriterien ausgenommen habe, obwohl die Aussicht auf eine Übernahme ins Beamtenverhältnis nicht ungewiss gewesen sei, denn die Kommission habe damals nach einer klar festgelegten Politik zahlreiche Bedienstete auf Zeit zu Beamten ernannt und die acht Bewerber, die schließlich eingestellt worden seien, seien alle ins Beamtenverhältnis übernommen worden.

83 Zweitens trägt Frau Girardot vor, das Gericht habe mit der Bezugnahme auf die monatlichen Nettobezüge, die im Durchschnitt den letzten Bezügen, die sie von der Kommission für eine Stelle der Besoldungsgruppe A 5 erhalten habe, entsprächen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Bestimmung der Differenz zwischen den Bezügen begangen, da es in Randnr. 85 des angefochtenen Urteils verkannt habe, dass sie größere Chancen gehabt habe, auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 4 als auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 5 eingestellt zu werden; bei fünf der acht Stellen, auf die sie sich beworben habe, habe es sich nämlich um Stellen der Besoldungsgruppe A 4 gehandelt. Überdies hätte das Gericht den weiteren Verlauf ihrer Laufbahn auf der Grundlage der durchschnittlichen Dauer einer Beförderung von einer Besoldungsgruppe in die nächste rekonstruieren und die Ruhegehaltsansprüche berücksichtigen müssen, die sich im Falle ihrer Einstellung angesammelt hätten.

84 Drittens ist Frau Girardot der Ansicht, dass das Gericht mit der Festsetzung ihrer Einstellungschance auf 50 % einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Verwirklichung dieser Chance begangen habe; es habe in Randnr. 116 seines Urteils nämlich verkannt, dass ihre Einstellungschance höher gewesen sei, denn für jede der fraglichen Stellen habe es nur einen weiteren Bewerber gegeben, jeder von diesen sei eingestellt worden, und ein Bewerber, der sich gleichzeitig um acht Stellen bewerbe, habe eine größere Einstellungschance als ein Bewerber, der sich nur um eine Stelle bewerbe. Zudem entspreche eine ernsthafte Chance nicht einer Chance von eins zu zwei.

85 Viertens ist Frau Girardot der Auffassung, dass das Gericht einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, indem es in den Randnrn. 133 bis 138 des angefochtenen Urteils nicht alle Hinweise auf ihre immateriellen und körperlichen Schäden berücksichtigt habe, obwohl die ärztlichen Atteste, die sie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vorgelegt habe, bestätigten, dass sie seit der rechtswidrigen Ablehnung ihrer Bewerbungen an einer Depression leide.

86 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission geltend gemacht, dass das Anschlussrechtsmittel unzulässig sei, da mit ihm die Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage gestellt werden sollte.

Würdigung durch den Gerichtshof

87 Nach den Art. 225 EG und 58 der EG-Satzung des Gerichtshofs ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt, und daher ist allein das Gericht für die Feststellung der Tatsachen - sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind - und für ihre Würdigung zuständig. Die Tatsachenwürdigung stellt, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (vgl. u. a. Urteile EIB/Hautem, Randnr. 44, und vom 5. Juni 2003, O'Hannrachain/Parlament, C-121/01 P, Slg. 2003, I-5539, Randnr. 35, sowie Beschluss vom 27. April 2006, L/Kommission, C-230/05 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 45).

88 Außerdem folgt aus Art. 225 EG, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 112 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss (vgl. u. a. Urteile vom 6. März 2003, Interporc/Kommission, C-41/00 P, Slg. 2003, I-2125, Randnr. 15, und vom 26. Oktober 2006, Koninklijke Coöperatie Cosun/Kommission, C-68/05 P, Slg. 2006, I-10367, Randnr. 54; Beschlüsse vom 19. März 2004, Lucaccioni/Kommission, C-196/03 P, Slg. 2004, I-2683, Randnr. 40, und Meister/HABM, Randnr. 95).

89 Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dieses letztgenannte Erfordernis nicht erfüllt, wenn ein Rechtsmittel sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente, einschließlich derjenigen, die auf ein vom Gericht ausdrücklich zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben, aber überhaupt keine Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. u. a. Urteile Bergaderm und Goupil/Kommission, Randnr. 35, und Eurocoton u. a./Rat, Randnr. 47, sowie Beschluss Lucaccioni/Kommission, Randnr. 41).

90 Außerdem ist gemäß der in Randnr. 45 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Rechtsprechung allein das Gericht, wenn es einen Schaden festgestellt hat, dazu befugt, im Rahmen des Klageantrags über Art und Umfang des Schadensersatzes zu befinden.

91 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Anschlussrechtsmittel von Frau Girardot, worauf sie in der mündlichen Verhandlung in ihrer Antwort auf eine entsprechende Frage des Gerichtshofs selbst hingewiesen hat, nicht darauf abzielt, die Rechtsfehler zu bezeichnen, mit denen die Argumentation des Gerichts im angefochtenen Urteil behaftet sein soll, sondern darauf, zum einen durch die Wiederholung der im ersten Rechtszug vorgebrachten Argumente und zum anderen durch die Berufung auf angeblich neue Beweismittel die Tatsachenwürdigung in Frage zu stellen, die das Gericht in diesem Urteil zur Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes vorgenommen hat; dabei beruft sie sich jedoch weder auf eine Verfälschung dieser Tatsachen, noch stützt sie sich auf irgendwelche rechtlichen Argumente, die geeignet wären, darzulegen, warum die Würdigung dieses Vorbringens durch das Gericht rechtsfehlerhaft sei. Damit begehrt Frau Girardot also lediglich eine Überprüfung des angefochtenen Urteils.

92 Folglich ist das Anschlussrechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.

93 Nach alledem sind das Rechtsmittel und das Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

94 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen Da Frau Girardot beantragt hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen. Da die Kommission beantragt hat, Frau Girardot die Kosten des Anschlussrechtsmittels aufzuerlegen, und diese insoweit mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind die Kosten des Anschlussrechtsmittels Frau Girardot aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel und das Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Rechtsmittels.

3. Frau Girardot trägt die Kosten des Anschlussrechtsmittels.

Ende der Entscheidung

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