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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.09.2000
Aktenzeichen: C-366/98
Rechtsgebiete: Richtlinie 79/112/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 79/112/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Das Gemeinschaftsrecht steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die vorsieht, dass die Etikettierung von Lebensmitteln und die Art und Weise, in der sie erfolgt, den Käufer oder den Verbraucher nicht irreführen dürfen, und zwar insbesondere nicht über die Eigenschaften der Lebensmittel, da eine solche Regelung im Wesentlichen den Wortlaut von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 79/112 über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür wiedergibt.

(vgl. Randnrn. 17, 29, Tenor 1)

2 Artikel 14 der Richtlinie 79/112 über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür steht einer nationalen Regelung entgegen, die die Verwendung einer bestimmten Sprache für die Etikettierung von Lebensmitteln vorschreibt, ohne die Möglichkeit vorzusehen, eine andere für den Käufer leicht verständliche Sprache zu verwenden oder die Unterrichtung des Käufers durch andere Maßnahmen zu gewährleisten. Eine solche Verpflichtung stellt eine nach Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung dar.

(vgl. Randnrn. 25, 28-29, Tenor 2)


Urteil des Gerichtshofes vom 12. September 2000. - Strafverfahren gegen Yannick Geffroy und Casino France SNC. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour d'appel de Lyon - Frankreich. - Freier Warenverkehr - Nationale Regelung für die Vermarktung eines Erzeugnisses - Bezeichnung und Etikettierung - Nationale Regelung, die die Verwendung der Amtssprache des betreffenden Mitgliedstaats vorschreibt - Richtlinie 79/112/EWG. - Rechtssache C-366/98.

Parteien:

In der Rechtssache C-366/98

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) von der Cour d'appel Lyon (Frankreich) in dem bei dieser anhängigen Strafverfahren gegen

Yannick Geffroy

und

Casino France SNC als zivilrechtlich Haftende

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und Artikel 14 der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. 1979, L 33, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 93/102/EG der Kommission vom 16. November 1993 (ABl. L 291, S. 14)

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida, D. A. O. Edward (Berichterstatter) und L. Sevón sowie der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet, P. Jann, H. Ragnemalm und M. Wathelet,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- von Herrn Geffroy und der Casino France SNC, vertreten durch Rechtsanwalt J.-L. Fourgoux, Paris,

- der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und C. Vasak, stellvertretende Sekretärin für auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,

- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Stix-Hackl, Gesandte im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Assistant Treasury Solicitor J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von Barrister D. Bethlehem,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch den Juristischen Hauptberater R. B. Wainwright und durch O. Couvert-Castéra, zum Juristischen Dienst abgeordneter nationaler Beamter, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn Geffroy und der Casino France SNC, vertreten durch Rechtsanwalt J.-L. Fourgoux, der französischen Regierung, vertreten durch S. Pailler, Chargé de mission in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, und C. Vasak sowie der Kommission, vertreten durch O. Couvert-Castéra, in der Sitzung vom 20. Oktober 1999,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. November 1999,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Cour d'appel Lyon hat mit Urteil vom 16. September 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Oktober 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung von Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und Artikel 14 der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. 1979, L 33, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 93/102/EG der Kommission vom 16. November 1993 (ABl. L 291, S. 14; nachfolgend: Richtlinie 79/112) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Strafverfahren vor dem vorlegenden Gericht gegen Herrn Geffroy als Einkäufer des Casino-Konzerns und Inhaber einer ordnungsgemäßen Vollmacht und gegen die Casino France SNC (nachfolgend: Fa. Casino) als zivilrechtlich Haftende wegen der Ordnungswidrigkeiten des Bereithaltens zum Verkauf, des Verkaufs oder des Anbietens eines Lebensmittels mit irreführender Etikettierung.

Das Gemeinschaftsrecht

3 In Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 79/112 heißt es:

"Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen nicht

a) geeignet sein, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht

i) über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

..."

4 Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 79/112 bestimmt:

"Die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels ist die Bezeichnung, die in den diesbezüglichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist und, bei Fehlen einer solchen, die verkehrsübliche Bezeichnung in dem Mitgliedstaat, in dem die Abgabe an den Endverbraucher und an gemeinschaftliche Einrichtungen erfolgt, oder eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die hinreichend genau ist, um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von ähnlichen Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte."

5 Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 79/112 lautet:

"Die Mitgliedstaaten sorgen jedoch dafür, dass in ihrem Hoheitsgebiet keine Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürfen, auf denen die in Artikel 3 und Artikel 4 Absatz 2 genannten Angaben nicht in einer dem Käufer leicht verständlichen Sprache abgefasst sind, es sei denn, die Unterrichtung des Käufers ist durch andere Maßnahmen gewährleistet. Dies hindert nicht, dass diese Angaben in mehreren Sprachen abgefasst werden."

6 Durch die Richtlinie 97/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 zur Änderung der Richtlinie 79/112 (ABl. L 43, S. 21) wurde Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 79/112 gestrichen und ein neuer Artikel 13a eingefügt, der u. a. die Etikettierung von Lebensmitteln in einer dem Verbraucher leicht verständlichen Sprache vorschreibt und es den Mitgliedstaaten erlaubt, unter Beachtung der Bestimmungen des EG-Vertrags vorzuschreiben, dass die nach der Richtlinie 79/112 erforderlichen Angaben auf dem Etikett zumindest in einer oder mehreren Amtssprachen der Gemeinschaft abgefasst sind.

Das nationale Recht

7 Die Bestimmungen des Dekrets Nr. 84-1147 vom 7. Dezember 1984 zur Durchführung des Gesetzes vom 1. August 1905 über betrügerische Handlungen und Fälschungen im Bereich der Waren oder Dienstleistungen in Bezug auf die Etikettierung und die Aufmachung von Lebensmitteln (JORF vom 21. Dezember 1984; nachfolgend: Dekret Nr. 84-1147) wurden im französischen Code de la consommation (Verbrauchergesetzbuch) kodifiziert.

8 Artikel R. 112-7 des Code de la consommation (früher Artikel 3 des Dekrets Nr. 84-1147) bestimmt in Absatz 1:

"Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen nicht geeignet sein, den Käufer oder den Verbraucher irrezuführen, und zwar insbesondere nicht über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Aufbewahrung, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart."

9 Artikel R. 112-8 des Code de la consommation (früher Artikel 4 des Dekrets Nr. 84-1147) sieht vor:

"Alle in diesem Kapitel vorgesehenen Angaben auf dem Etikett müssen leicht verständlich und in französischer Sprache abgefasst sein und dürfen keine anderen Abkürzungen als die in dieser Regelung oder in internationalen Übereinkommen vorgesehenen enthalten. Sie müssen an ins Auge fallender Stelle sichtbar, deutlich lesbar und unverwischbar angebracht sein. Sie dürfen auf keinen Fall durch andere Angaben oder Bildzeichen verdeckt oder getrennt werden."

Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage

10 Bei einer am 5. Juni 1996 im Hypermarché Géant (Etablissements Casino) in Clermont-Ferrand durchgeführten Kontrolle stellten die Beamten der Direction de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes (Direktion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung; nachfolgend: DGCCRF) Puy-de-Dôme fest, dass

- die Etiketten einiger Getränke, nämlich von 432 Flaschen Coca Cola, 47 Flaschen Merry Down Cider und 22 Flaschen Red Raw Ginger Beer, bis auf die Angabe der Menge und, was das Bier betrifft, des Alkoholgehalts nicht in französischer Sprache abgefasst waren;

- in der Werbung Cider-Flaschen der Marken OD Pirat und Shock gezeigt wurden, die nach Ansicht der Beamten der DGCCRF nicht der Bezeichnung "cidre" entsprechen konnten, die aus Äpfeln hergestellten alkoholischen Getränken vorbehalten ist;

- die Produkte OD Pirat, Snake Bite und Blackadder auf den Regalen (Etiketten auf den Regalen) ebenfalls zu Unrecht als Cidre bezeichnet waren.

11 Ihre Feststellungen hielten die Beamten der DGCCRF anschließend in einem Protokoll fest. Bei seiner Vernehmung machte Herr Geffroy folgende Aussage:

- Was die fehlende Etikettierung in französischer Sprache anbelange, so seien zum einen die Coca-Cola-Flaschen in Großbritannien gekauft worden. Es handele sich um ein allgemein bekanntes Erzeugnis, und die Etikettierung in der jedermann leicht verständlichen englischen Sprache stelle keine Schwierigkeit für den Verbraucher dar. Außerdem habe es eine Tafel mit der Übersetzung dieser Etiketten gegeben, die aber vermutlich ein Kunde vom Warenstand herabgestoßen habe. Zum anderen sei den Lieferanten von Merry Down Cider und von Red Raw Beer ein Fehler unterlaufen, da sie die selbstklebenden Etiketten in französischer Sprache, die auf die Getränke hätten geklebt werden sollen, nicht, wie ihnen aufgetragen, mitgeliefert hätten.

- Was die Bezeichnungen der Getränke betreffe, so seien zwar tatsächlich drei Erzeugnisse als Cider etikettiert gewesen, sie seien jedoch in den Bierregalen zum Verkauf angeboten worden.

12 Mit Urteil vom 18. November 1997 verhängte das Tribunal de Police Saint-Étienne gegen Herrn Geffroy wegen der Ordnungswidrigkeiten des Bereithaltens zum Verkauf, des Verkaufs oder des Anbietens eines Lebensmittels mit irreführender Etikettierung 506 Geldbußen (501 Geldbußen zu je 50 FRF - entsprechend der Anzahl der Erzeugnisse, die Gegenstand der Ordnungswidrigkeiten waren - wegen Verstoßes gegen das Gebot der Etikettierung in französischer Sprache und 5 Geldbußen zu je 2 000 FRF wegen irreführender Etikettierung). Zudem stellte das Tribunal fest, dass die Fa. Casino zivilrechtlich hafte.

13 Gegen dieses Urteil legten Herr Geffroy, die Fa. Casino und die Staatsanwaltschaft Berufung bei der Cour d'appel Lyon ein. Da diese Zweifel an der Vereinbarkeit der französischen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht hegt, hat sie beschlossen, das Verfahren auszusetzen, die vorliegende Rechtssache an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu verweisen und diesen zu ersuchen, im Wege der Auslegung des EG-Vertrags über folgende Frage zu entscheiden: Steht Artikel 30 des Vertrages in Verbindung mit Artikel 14 der Richtlinie 79/112 des Rates vom 18. Dezember 1978 der Anwendung einer nationalen Regelung wie derjenigen entgegen, die sich aus dem Dekret Nr. 84-1147 vom 7. Dezember 1984 zur Durchführung des damals geltenden Gesetzes vom 1. August 1905 in der Fassung der Artikel L. 213-1 ff. des Code de la consommation ergibt?

Zur Vorlagefrage

14 Die Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob bestimmte Vorschriften des Gemeinschaftsrechts der Anwendung einer nationalen Regelung wie des Dekrets Nr. 84-1147 entgegenstehen. Es führt aus, dass dieses im Code de la consommation kodifizierte Dekret u. a. vorschreibe, dass die Etikettierung von Lebensmitteln nicht geeignet sein dürfe, den Käufer oder den Verbraucher irrezuführen, und dass alle von der französischen Regelung verbindlich vorgeschriebenen Angaben in französischer Sprache abgefasst sein müssten.

15 Somit möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 30 EG-Vertrag und Artikel 14 der Richtlinie 79/112 einer nationalen Regelung entgegenstehen, die zum einen vorsieht, dass die Etikettierung von Lebensmitteln und die Art und Weise, in der sie erfolgt, den Käufer oder den Verbraucher nicht irreführen dürfen, und zwar insbesondere nicht über die Eigenschaften der Lebensmittel, und die zum anderen die Verwendung einer bestimmten Sprache für die Etikettierung der Lebensmittel vorschreibt.

16 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die in Randnummer 6 erwähnte Änderung von Artikel 14 der Richtlinie 79/112 und die an gleicher Stelle angeführte Einfügung eines neuen Artikels 13a vorgenommen wurden, nachdem sich der Sachverhalt ereignet hatte, mit dem das vorlegende Gericht befasst ist, und dass sie für diesen daher nicht gelten.

Zum ersten Teil der Vorlagefrage

17 Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 79/112 sieht vor, dass die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht geeignet sein dürfen, den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht über die Eigenschaften des Lebensmittels wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart. Es ist offensichtlich, dass nichts dem entgegensteht, dass der Wortlaut dieser Gemeinschaftsbestimmung in eine nationale Regelung übernommen wird, wie es bei Artikel R. 112-7 des Code de la consommation im Wesentlichen geschehen ist.

18 Was die Anwendung einer solchen nationalen Regelung auf den Einzelfall anbelangt, so ist es im Rahmen der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gerichten der Gemeinschaft und denen der Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht Sache des Gerichtshofes, darüber zu entscheiden, ob die Etikettierung bestimmter Erzeugnisse den Käufer oder den Verbraucher irreführen kann, oder darauf einzugehen, ob eine Verkehrsbezeichnung möglicherweise irreführend ist. Dies ist auch dann Sache des nationalen Gerichts, wenn es sich um Bestimmungen handelt, die im Wesentlichen mit gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen identisch sind.

19 Anders verhält es sich nur, wenn der dem Gerichtshof vorliegende Akteninhalt ausreichend ist und eine bestimmte Entscheidung geboten erscheinen lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-210/96, Gut Springenheide und Tusky, Slg. 1998, I-4657, Randnr. 30). In der vorliegenden Rechtssache verfügt der Gerichtshof aber, wie der Generalanwalt in den Nummern 32 bis 35 seiner Schlussanträge ausführt, nicht über die hierfür erforderlichen Informationen.

20 Der Gerichtshof kann dem nationalen Gericht jedoch auf dessen Vorabentscheidungsersuchen hin gegebenenfalls nützliche Hinweise für seine Entscheidung geben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-424/97, Haim, Slg. 2000, I-5123, Randnr. 58).

21 Entspricht die Zusammensetzung von aus Äpfeln hergestellten alkoholischen Getränken, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig unter der Bezeichnung "cider" hergestellt und vermarktet werden, nicht den Anforderungen der Regelung eines anderen Mitgliedstaats für die Herstellung von Cidre, so reicht dies nicht aus, um die Vermarktung dieser Getränke unter der Bezeichnung "cidre" in letzterem Mitgliedstaat mit der Begründung zu verbieten, dass diese Bezeichnung den Verbraucher irreführen könne (siehe für Stopfleber Urteil vom 22. Oktober 1998 in der Rechtssache C-184/96, Kommission/Frankreich, Slg. 1998, I-6197, Randnr. 24).

22 Die Mitgliedstaaten können jedoch von den Betroffenen verlangen, dass sie die Bezeichnung eines Lebensmittels ändern, wenn dieses Erzeugnis nach seiner Zusammensetzung oder Herstellungsweise so stark von den in der Gemeinschaft unter dieser Bezeichnung allgemein bekannten Waren abweicht, dass es nicht mehr der gleichen Kategorie zugerechnet werden kann (siehe Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 286/86, Deserbais, Slg. 1988, 4907, Randnr. 13, und Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 23).

23 Bei einer geringfügigen Abweichung muss eine angemessene Etikettierung ausreichen, um den Käufer oder den Verbraucher mit den erforderlichen Informationen zu versorgen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob dies im Ausgangsverfahren zutrifft.

Zum zweiten Teil der Vorlagefrage

24 Zu den sprachlichen Anforderungen, die ein Mitgliedstaat an die Etikettierung von Lebensmitteln stellen kann, hat sich der Gerichtshof bereits mehrfach geäußert.

25 Im Urteil vom 18. Juni 1991 in der Rechtssache C-369/89 (Piageme, Slg. 1991, I-2971) hat er zunächst entschieden, dass Artikel 30 EG-Vertrag und Artikel 14 der Richtlinie 79/112 einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die ausschließliche Verwendung einer bestimmten Sprache für die Etikettierung von Lebensmitteln vorschreibt, ohne die Möglichkeit vorzusehen, eine andere für den Käufer leicht verständliche Sprache zu verwenden oder die Unterrichtung des Käufers durch andere Maßnahmen zu gewährleisten.

26 Ferner hat der Gerichtshof im Urteil vom 12. Oktober 1995 in der Rechtssache C-85/94 (Piageme u. a., Slg. 1995, I-2955) für Recht erkannt, dass es gegen Artikel 14 der Richtlinie 79/112 verstößt, wenn ein Mitgliedstaat im Hinblick auf das Erfordernis einer dem Käufer leicht verständlichen Sprache die Verwendung der in dem Gebiet, in dem das Erzeugnis zum Verkauf angeboten wird, vorherrschenden Sprache vorschreibt, selbst wenn daneben die Verwendung einer anderen Sprache nicht ausgeschlossen wird.

27 Schließlich hat der Gerichtshof im Urteil vom 14. Juli 1998 in der Rechtssache C-385/96 (Goerres, Slg. 1998, I-4431) entschieden, dass Artikel 14 der Richtlinie 79/112 einer nationalen Regelung, mit der hinsichtlich der sprachlichen Anforderungen für die Etikettierung von Lebensmitteln die Verwendung einer bestimmten Sprache vorgeschrieben, aber auch die Verwendung einer anderen dem Käufer leicht verständlichen Sprache zugelassen wird, nicht entgegensteht.

28 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass Artikel 30 EG-Vertrag und Artikel 14 der Richtlinie 79/112 einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens entgegenstehen, die die Verwendung einer bestimmten Sprache für die Etikettierung von Lebensmitteln vorschreibt, ohne die Möglichkeit vorzusehen, eine andere für den Käufer leicht verständliche Sprache zu verwenden oder die Unterrichtung des Käufers durch andere Maßnahmen zu gewährleisten.

29 Auf die Vorlagefrage ist daher zu antworten, dass

- Artikel 30 EG-Vertrag und Artikel 14 der Richtlinie 79/112 einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass die Etikettierung von Lebensmitteln und die Art und Weise, in der sie erfolgt, den Käufer oder den Verbraucher nicht irreführen dürfen, und zwar insbesondere nicht über die Eigenschaften der Lebensmittel;

- Artikel 30 EG-Vertrag und Artikel 14 der Richtlinie 79/112 einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Verwendung einer bestimmten Sprache für die Etikettierung von Lebensmitteln vorschreibt, ohne die Möglichkeit vorzusehen, eine andere für den Käufer leicht verständliche Sprache zu verwenden oder die Unterrichtung des Käufers durch andere Maßnahmen zu gewährleisten.

Kostenentscheidung:

Kosten

30 Die Auslagen der französischen und der österreichischen Regierung sowie der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm von der Cour d'appel Lyon mit Urteil vom 16. September 1998 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

1. Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und Artikel 14 der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür in der Fassung der Richtlinie 93/102/EG der Kommission vom 16. November 1993 stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die vorsieht, dass die Etikettierung von Lebensmitteln und die Art und Weise, in der sie erfolgt, den Käufer oder den Verbraucher nicht irreführen dürfen, und zwar insbesondere nicht über die Eigenschaften der Lebensmittel.

2. Artikel 30 EG-Vertrag und Artikel 14 der Richtlinie 79/112 stehen einer nationalen Regelung entgegen, die die Verwendung einer bestimmten Sprache für die Etikettierung von Lebensmitteln vorschreibt, ohne die Möglichkeit vorzusehen, eine andere für den Käufer leicht verständliche Sprache zu verwenden oder die Unterrichtung des Käufers durch andere Maßnahmen zu gewährleisten.

Ende der Entscheidung

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