Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.06.1999
Aktenzeichen: C-376/97
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 805/68/EWG, Verordnungen Nr. 468/87/EWG, Verordnungen Nr. 714/89/EWG, Verordnung Nr. 571/89/EWG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 805/68/EWG
Verordnungen Nr. 468/87/EWG
Verordnungen Nr. 714/89/EWG
Verordnung Nr. 571/89/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Die Übertragung des Betriebes während der Laufzeit der Verpflichtung des Erzeugers, die Rinder auf seinem Betrieb zu halten, gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 714/89 zur Durchführung der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger kann einem Fall höherer Gewalt nicht gleichgestellt werden, insbesondere auch nicht der Nichteinhaltung der Verpflichtung wegen des Todes oder länger anhaltender Berufsunfähigkeit des Begünstigten, die zu den Fällen höherer Gewalt im Sinne von Artikel 5 der Verordnung Nr. 1244/82 zur Durchführung der Prämienregelung für die Erhaltung des Mutterkuhbestands gehören, auf den Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 714/89 verweist. Denn eine solche Veräusserung stellt kein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis dar, auf das derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluß hätte und dessen Folgen auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können.

2 Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch in der Fassung der Verordnung Nr. 571/89 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnungen Nr. 468/87 mit allgemeinen Bestimmungen zur Regelung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger und Nr. 714/89 zur Durchführung der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger ist so auszulegen, daß im Fall der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge während der Laufzeit der vom Antragsteller eingegangenen Verpflichtungen der Anspruch auf eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger nicht auf den neuen Eigentümer übergeht, der die vorgeschriebene Haltung und Mästung der Rinder vorgenommen hat.


Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 10. Juni 1999. - Bezirksregierung Lüneburg gegen Karl-Heinz Wettwer. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesverwaltungsgericht - Deutschland. - Sonderprämie für Rindfleischerzeuger - Verpflichtung, die Zahl der Rinder während eines Mindestzeitraums im Betrieb des Antragstellers zu halten - Betriebsübertragung während dieses Zeitraums im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge - Auswirkungen auf den Prämienanspruch. - Rechtssache C-376/97.

Entscheidungsgründe:

1 Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 16. September 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 4. November 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung einiger Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 148, S. 24) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 571/89 des Rates vom 2. März 1989 (ABl. L 61, S. 43) geänderten Fassung, der Verordnung (EWG) Nr. 468/87 des Rates vom 10. Februar 1987 mit allgemeinen Bestimmungen zur Regelung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger (ABl. L 48, S. 4) und der Verordnung (EWG) Nr. 714/89 der Kommission vom 20. März 1989 zur Durchführung der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger (ABl. L 78, S. 38) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit des Landwirts Karl-Heinz Wettwer (im folgenden: Kläger) gegen die Bezirksregierung Lüneburg (im folgenden: Bezirksregierung), in dem es um die Übertragung eines Anspruchs auf eine Sonderprämie für das Jahr 1991 auf den Sohn des Klägers geht; auf diesen hatte der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb während der Laufzeit der Verpflichtungen übertragen, die er im Hinblick auf die Sonderprämie eingegangen war.

Rechtlicher Rahmen

3 Artikel 4a der Verordnung Nr. 805/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 571/89 bestimmt:

"(1) Rindfleischerzeuger können eine Sonderprämie erhalten. Sie wird ihnen auf Antrag für mindestens neun Monate alte männliche Rinder gewährt, die in ihrem Betrieb gemästet werden.

Die Prämie ist je Kalenderjahr und Betrieb auf neunzig Tiere beschränkt; sie wird je Tier auf 40 ECU festgesetzt.

Die Prämie wird für jedes Tier nur einmal gewährt. Sie wird dem Erzeuger gezahlt oder an ihn weitergegeben.

(2) Der Rat legt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die allgemeinen Regeln für die Gewährung der Sonderprämie fest, insbesondere den Kreis der anspruchsberechtigten Erzeuger und die Bedingungen für die Prämiengewährung.

(3) Die Kommission erlässt nach dem Verfahren des Artikels 27 die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel.

..."

4 Gemäß Artikel 1 der Verordnung Nr. 468/87, die der Rat in Durchführung von Artikel 4a Absatz 2 der Verordnung Nr. 805/68 erließ, ist "Erzeuger: der jeweilige landwirtschaftliche Betriebsleiter als natürliche oder juristische Person, dessen Betrieb sich in der Gemeinschaft befindet und der Rinderhaltung betreibt". In dieser Bestimmung wird der Betrieb als "die Gesamtheit der von dem Erzeuger verwalteten und im Gebiet eines Mitgliedstaats gelegenen Erzeugungseinheiten" definiert.

5 Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 468/87 sind die Prämienanträge "einmal oder mehrmals jährlich bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu stellen [und] durch eine schriftliche Erklärung des Erzeugers zu ergänzen, aus der sich ergibt, daß er die Mast der männlichen Rinder, für die der Prämienantrag gestellt wird, vorgenommen hat".

6 Nach Artikel 5 der Verordnung Nr. 468/87 betreffen die Durchführungsbestimmungen, die die Kommission gemäß Artikel 4a Absatz 3 der Verordnung Nr. 805/68 zu erlassen hat, namentlich die Vorschriften für die Antragstellung und die Zahlung der Prämie sowie die Vorschriften für die Kontrolle der Einhaltung der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Bedingungen, insbesondere die zu einer ausreichenden Kontrolle erforderliche Dauer des Verbleibs des Viehs in dem Betrieb.

7 Nach Artikel 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 714/89, die die Einzelheiten der Durchführung der zur Zeit des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltenden Prämienregelung festlegt, muß sich der Erzeuger daher bei der Einreichung seines Antrags verpflichten, "die männlichen Rinder, für welche er die Prämiengewährung beantragt, während des nach Artikel 8 Absatz 2 festgelegten Zeitraums... mindestens bis zum Alter von neun Monaten... auf seinem Betrieb zu halten".

8 Gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung Nr. 714/89 müssen die Mitgliedstaaten dadurch eine ausreichende Kontrolle der nach Artikel 2 eingereichten Anträge ermöglichen, daß sie einen Mindestzeitraum festlegen, während dessen die männlichen Rinder nach dem Tag der Antragstellung in dem Betrieb gehalten werden müssen. Dieser Zeitraum beträgt mindestens zwei und höchstens fünf Monate. In Deutschland beträgt er drei Monate.

9 Nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 714/89 können die nationalen Behörden, die mit der Prüfung beauftragt sind, ob die Bestimmungen der Sonderprämienregelung eingehalten wurden, Verwaltungskontrollen oder Besichtigungen an Ort und Stelle durchführen. Diese Kontrollen beziehen sich insbesondere auf

"a) die Zahl der männlichen Rinder, die sich auf dem vom Erzeuger bewirtschafteten Betrieb befinden und Gegenstand des Antrags sind...;

b) die Richtigkeit der vorgesehenen Erklärungen und die Einhaltung der vom Erzeuger eingegangenen Verpflichtungen;

c)...".

10 Gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 714/89 wird unbeschadet der Absätze 2, 3 und 4 dieses Artikels keine Prämie gezahlt, wenn die anläßlich der Kontrolle festgestellte Zahl tatsächlich prämienberechtigter Tiere diejenige unterschreitet, für die ein Antrag gestellt wurde. Zur Verstärkung der Bestimmungen, die Unregelmässigkeiten und Betrügereien verhindern und bestrafen sollen, bestimmt Artikel 9 Absatz 6:

"Wird bei Anwendung von Absatz 1 durch die zuständige Behörde festgestellt, daß es sich um eine falsche Erklärung handelt, die absichtlich oder durch grobe Fahrlässigkeit erfolgt ist, so wird der betreffende Erzeuger für eine Dauer von zwölf Monaten ab dem Zeitpunkt dieser Feststellung von der Inanspruchnahme der Prämienregelung ausgeschlossen."

11 Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 714/89 lautet: "Der Anspruch auf Prämie bleibt für die tatsächlich berechtigten Tiere bestehen, wenn der Erzeuger die in Artikel 2 vorgesehene Verpflichtung aufgrund von Fällen höherer Gewalt und insbesondere derjenigen, die in Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1244/82 der Kommission aufgeführt sind, nicht hat einhalten können. Der Erzeuger informiert die zuständigen Behörden innerhalb von 10 Tagen ab dem betreffenden Fall."

12 Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1244/82 der Kommission vom 19. Mai 1982 zur Durchführung der Prämienregelung für die Erhaltung des Mutterkuhbestands (ABl. L 143, S. 20) sieht folgendes vor:

"Unbeschadet besonderer Umstände, die in jedem Einzelfall zu berücksichtigen sind, können die zuständigen Behörden insbesondere folgende Fälle als höhere Gewalt anerkennen, die den Prämienanspruch unberührt lassen:

a) Tod des Begünstigten;

b) längerdauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten;

c) Enteignung eines wesentlichen Teils der vom Begünstigen bewirtschafteten landwirtschaftlich genutzten Flächen des Betriebes, soweit sie am Tag der Einreichung des Antrags nicht vorherzusehen war;

d) schwere Naturkatastrophe, die die vom Begünstigten bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche erheblich in Mitleidenschaft zieht;

e) zufällige Zerstörung der für die Rinderhaltung bestimmten Ställe des Begünstigten;

f) Seuchenbefall des ganzen oder eines Teils des Rinderbestands des Begünstigten."

Das Ausgangsverfahren

13 Am 2. Mai 1991 beantragte der Kläger bei der Bezirksregierung die Gewährung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger gemäß Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung Nr. 805/68 in der geänderten Fassung für zehn Tiere, die in seinem landwirtschaftlichen Betrieb gehalten wurden.

14 Durch notariellen Vertrag vom 4. Juli 1991 übertrug der Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Betrieb samt allen damit verbundenen Rechten und Pflichten auf seinen Sohn, der ebenfalls Landwirt war und einen anderen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftete. Der Kläger unterrichtete die Bezirksregierung am 23. Juli 1991 davon.

15 Die Bezirksregierung lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 17. Oktober 1991 mit der Begründung ab, daß er die zehn Tiere nicht mindestens drei Monate nach Eingang des Antrags in seinem Betrieb gehalten habe und daß Empfänger der Prämie nur der Antragsteller selbst sein könne, da die Prämie personen- und nicht betriebsbezogen gewährt werde.

16 Der Kläger erhob beim Verwaltungsgericht Klage auf Aufhebung des Bescheides über die Verweigerung der Sonderprämie und machte geltend, daß sein Sohn als Rechtsnachfolger die mit dem Prämienantrag verbundenen Pflichten in bezug auf die Haltungsdauer der Rinder im Betrieb und ihre Mast erfuellt habe, so daß die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prämie gegeben seien.

17 Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 17. September 1992 mit der Begründung ab, nach Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung Nr. 805/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 571/89 könne nur der Erzeuger, der den Antrag gestellt habe, nicht aber der Betrieb die Prämie erhalten; auch habe weder der Kläger noch sein Sohn Anspruch auf die Prämie, da der Kläger seine Eigenschaft als Erzeuger vor dem Ablauf des Kontrollzeitraums von drei Monaten verloren und sein Sohn die Prämie nicht beantragt habe.

18 Der Kläger legte Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht ein, das das erstinstanzliche Urteil mit Urteil vom 26. Mai 1995 im wesentlichen mit der Begründung abänderte und der Klage stattgab, weder den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts noch denjenigen des nationalen Rechts könne entnommen werden, daß eine Nachfolge in die Rechte und Pflichten des Antragstellers auf die Sonderprämie durch eine Hofübergabe ausgeschlossen sei.

19 Gegen dieses Urteil legte die Bezirksregierung Revision zum Bundesverwaltungsgericht ein. Nach dessen Auffassung schließt das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung keine der beiden vertretenen Auslegungen und Ansichten aus; es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage vorgelegt:

Ist der Anspruch auf eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger für das Jahr 1991 auf einen Erzeuger übergegangen, dem der Antragsteller während des Verpflichtungszeitraums seinen landwirtschaftlichen Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen und der die vorgeschriebene Haltung und Mästung der Rinder vorgenommen hat?

20 Wie sich aus dem Vorlagebeschluß ergibt, möchte das nationale Gericht mit dieser Frage wissen, ob Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung Nr. 805/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 571/89 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnungen Nr. 468/87 und Nr. 714/89 so auszulegen ist, daß im Fall der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge während der Laufzeit der vom Antragsteller eingegangenen Verpflichtungen der Anspruch auf eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger für das Jahr 1991 auf den neuen Eigentümer übergeht, der die vorgeschriebene Haltung und Mästung der Rinder vorgenommen hat.

21 Zur Beantwortung der so umformulierten Frage ist erstens darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung Nr. 805/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 571/89 Rindfleischerzeugern auf Antrag eine Sonderprämie für männliche Rinder gewährt werden kann, die in ihrem Betrieb gemästet werden, und zwar für bis zu 90 Tiere je Kalenderjahr und Betrieb.

22 Zweitens sehen zur Kontrolle der Erfuellung der Voraussetzungen für die Prämiengewährung, die der Rat festgelegt hat, sowohl die von ihm als auch die von der Kommission erlassenen Durchführungsbestimmungen, nämlich Artikel 3 der Verordnung Nr. 468/87 und Artikel 2 der Verordnung Nr. 714/89, vor, daß die Prämienanträge durch eine schriftliche Erklärung des Erzeugers zu ergänzen sind, aus der sich ergibt, daß er die Mast der Rinder, für die der Antrag gestellt wird, vorgenommen hat und daß er sich verpflichtet, sie während eines Mindestzeitraums, der sich nach Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung Nr. 714/89 bestimmt, in seinem Betrieb zu halten.

23 In der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 714/89 heisst es ausdrücklich, daß wegen der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Führung der Nachweise über die Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen vorzusehen ist, daß die Anträge mit Erklärungen und Verpflichtungen der Begünstigten versehen sind, die von den Mitgliedstaaten der Verwaltungskontrolle und einer Kontrolle an Ort und Stelle unterzogen werden.

24 Daher sind diese Erklärungen und Verpflichtungen des Antragstellers ein wesentlicher Bestandteil des Kontrollsystems der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger in seiner vom Gemeinschaftsgesetzgeber eingeführten Form.

25 Drittens ist festzustellen, daß die Gemeinschaftsregelung für den Fall der Veräusserung des Betriebes durch einen Prämienantragsteller nicht vorsieht, daß der neue Betriebsinhaber die Verpflichtung zur Einhaltung der Verpflichtungen übernehmen muß oder auch nur kann, die der Erzeuger, der seinen Betrieb an ihn veräussert hat, bei der Stellung seines Antrags übernommen hat.

26 Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, würde in Ermangelung einer derartigen förmlichen Verpflichtung des neuen Betriebsinhabers die Sanktionsregelung des Artikels 9 Absatz 6 der Verordnung Nr. 714/89 leerlaufen, die den Ausschluß eines Erzeugers von der Inanspruchnahme der Prämienregelung für eine Dauer von zwölf Monaten für den Fall vorsieht, daß dieser absichtlich oder durch grobe Fahrlässigkeit eine falsche Erklärung abgibt; dies würde die Wirksamkeit des Kontrollsystems, das eingeführt wurde, um die Einhaltung der Voraussetzungen für die Prämiengewährung sicherzustellen, erheblich beeinträchtigen.

27 Nach alldem verliert im Fall der Veräusserung eines Betriebes während des Zeitraums der bei der Stellung eines Antrags auf eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger vom Antragsteller übernommenen Verpflichtungen der Antragsteller den Prämienanspruch, und der neue Betriebsinhaber kann eine solche Prämie nur dann beanspruchen, wenn er selbst gegebenenfalls einen mit allen erforderlichen Erklärungen und Verpflichtungen versehenen Antrag einreicht. Fehlt es an einem solchen Antrag, genügt es für den Prämienanspruch nicht, daß der neue Eigentümer selbst die vorgeschriebene Haltung und Mast der Rinder vorgenommen hat.

28 Wie der Generalanwalt in Nummer 22 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann bei der Übertragung des Betriebes auf einen anderen Erzeuger, wie sie im Ausgangsverfahren erfolgt ist, nur diese Auslegung beim gegenwärtigen Stand der Regelung gewährleisten, daß die Hoechstzahl von 90 Tieren je Kalenderjahr und Betrieb, für die eine Prämie gewährt werden kann, vom neuen Betriebsinhaber nicht überschritten wird.

29 Diese Auslegung wird im übrigen durch den Umstand bestätigt, daß Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 714/89, der ausdrücklich für den Fall gilt, daß der Erzeuger die Verpflichtung zur Haltung der Rinder in seinem Betrieb gemäß Artikel 2 der Verordnung nicht einhalten konnte, das Bestehenbleiben des Prämienanspruchs nur in Fällen höherer Gewalt vorsieht.

30 Die Übertragung des Betriebes während der Laufzeit dieser Verpflichtung kann jedoch einem Fall höherer Gewalt nicht gleichgestellt werden, insbesondere auch nicht der Nichteinhaltung der Verpflichtung wegen des Todes oder länger anhaltender Berufsunfähigkeit des Begünstigten, die zu den Fällen höherer Gewalt im Sinne von Artikel 5 der Verordnung Nr. 1244/82 gehören, auf den Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 714/89 verweist. Denn eine solche Veräusserung stellt kein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis dar, auf das derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluß hätte und dessen Folgen auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (vgl. für die Definition des Begriffes der höheren Gewalt namentlich Urteil vom 29. September 1998 in der Rechtssache C-263/97, First City Trading u. a., Slg. 1998, I-5537, Randnr. 38).

31 Daher ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, daß Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung Nr. 805/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 571/89 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnungen Nr. 468/87 und Nr. 714/89 so auszulegen ist, daß im Fall der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge während der Laufzeit der vom Antragsteller eingegangenen Verpflichtungen der Anspruch auf eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger für das Jahr 1991 nicht auf den neuen Eigentümer übergeht, der die vorgeschriebene Haltung und Mästung der Rinder vorgenommen hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Zweite Kammer)

auf die ihm vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 16. September 1997 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Artikel 4a Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 571/89 des Rates vom 2. März 1989 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr. 468/87 des Rates vom 10. Februar 1987 mit allgemeinen Bestimmungen zur Regelung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger und (EWG) Nr. 714/89 der Kommission vom 20. März 1989 zur Durchführung der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger ist so auszulegen, daß im Fall der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge während der Laufzeit der vom Antragsteller eingegangenen Verpflichtungen der Anspruch auf eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger für das Jahr 1991 nicht auf den neuen Eigentümer übergeht, der die vorgeschriebene Haltung und Mästung der Rinder vorgenommen hat.

Ende der Entscheidung

Zurück