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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: C-508/99
Rechtsgebiete: Richtlinie 69/335/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 69/335/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Richtlinie 69/335 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass sie der Erhebung der Gesellschaftsteuer bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Richtlinie nicht entgegensteht, wenn vor deren Inkrafttreten alle zum Erwerb der Geschäftsanteile an der Personengesellschaft geleisteten Einlagen bereits zur Erhebung einer Abgabe geführt haben, unabhängig davon, ob diese dieselben Merkmale wie die Gesellschaftsteuer im Sinne von Artikel 10 der Richtlinie aufweist. Das in dieser Vorschrift aufgestellte Verbot ist nämlich nicht auf eine Gebühr oder Steuer anwendbar, die unbeschadet ihrer Merkmale auf Einlagen in Gesellschaften erhoben wird, die keine Kapitalgesellschaften im Sinne der Richtlinie sind.

( vgl. Randnrn. 28, 32 und Tenor )


Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 16. Mai 2002. - Palais am Stadtpark Hotelbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Verwaltungsgerichtshof - Österreich. - Ansammlung von Kapital - Richtlinie 69/335/EWG - Anwendungsbereich - Kommanditgesellschaft - Abtretung der Anteile des Komplementärs an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Einlage, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie der Zahlung einer zu ihrer Höhe unmittelbar proportionalen Abgabe unterlag. - Rechtssache C-508/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-508/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Palais am Stadtpark Hotelbetriebsges.m.b.H. & Co KG

gegen

Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland

"vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1)

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin N. Colneric sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter) und V. Skouris,

Generalanwalt: A. Tizzano

Kanzler: R. Grass

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Januar 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 16. Dezember 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Dezember 1999, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1, im Folgenden: Richtlinie 69/335) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Palais am Stadtpark Hotelbetriebsges.m.b.H. & Co KG (im Folgenden: Palais am Stadtpark) und der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im Folgenden: Finanzlandesdirektion) wegen der Erhebung der Gesellschaftsteuer bei der Umwandlung von Palais am Stadtpark in eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Richtlinie 69/335 aufgrund des Eintritts einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Komplementärin.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Wie sich aus ihrer ersten Begründungserwägung ergibt, ist Ziel der Richtlinie 69/335 die Förderung des freien Kapitalverkehrs, der als eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt angesehen wird.

4 Nach der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 setzt dies in Bezug auf die Besteuerung der Ansammlung von Kapital voraus, dass die bis dahin in den Mitgliedstaaten geltenden indirekten Steuern aufgehoben werden und an deren Stelle eine Steuer angewandt wird, die im Gemeinsamen Markt nur einmal und in allen Mitgliedstaaten in gleicher Höhe erhoben wird.

5 Artikel 1 der Richtlinie 69/335 sieht vor, dass diese Steuer, die als "Gesellschaftsteuer" bezeichnet wird, auf "Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften" erhoben wird.

6 Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 69/335 sind Kapitalgesellschaften im Sinne der Richtlinie auch Gesellschaften österreichischen Rechts, die als "Aktiengesellschaft" oder als "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" bezeichnet werden.

7 Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

"Zur Anwendung dieser Richtlinie werden den Kapitalgesellschaften alle anderen Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen gleichgestellt, die einen Erwerbszweck verfolgen. Ein Mitgliedstaat kann jedoch davon absehen, sie für die Erhebung der Gesellschaftsteuer als Kapitalgesellschaft zu betrachten."

8 Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, dass die Wahl einer bestimmten Rechtsform zur Folge hat, dass wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten eine unterschiedliche steuerliche Behandlung erfahren. Dazu erfasst sie für die Erhebung der Gesellschaftsteuer alle Ansammlungen von Kapital, die zwar die gleiche wirtschaftliche Funktion erfuellen wie die Kapitalgesellschaften im eigentlichen Sinn, nämlich Gewinnerzielung durch Zusammenführung von Kapital in einem gesonderten Vermögen, ohne jedoch Merkmale des in Artikel 3 Absatz 1 definierten Begriffes der Kapitalgesellschaften aufzuweisen. Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 69/335 belässt den Mitgliedstaaten allerdings die Möglichkeit, die dort vorgesehene Gleichstellung einzuschränken, indem sie bestimmte Kapitalansammlungen von der Erhebung der Gesellschaftsteuer ausnehmen.

9 Die Vorgänge, die die Mitgliedstaaten der harmonisierten Gesellschaftsteuer unterwerfen oder unterwerfen können, legt Artikel 4 der Richtlinie 69/335 objektiv und einheitlich für alle Mitgliedstaaten fest, ohne dabei auf die eventuellen Besonderheiten der einzelnen nationalen Rechtsordnungen oder die Ausgestaltung der nationalen Steuersysteme abzustellen.

10 Artikel 4 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

"(1) Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nachstehenden Vorgänge:

a) die Gründung einer Kapitalgesellschaft;

b) die Umwandlung einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die keine Kapitalgesellschaft ist, in eine Kapitalgesellschaft;

...

(3) Als Gründung im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe a gelten nicht Änderungen gleich welcher Art des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung einer Kapitalgesellschaft und insbesondere nicht:

a) die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art;

..."

11 Die Artikel 8 und 9 der Richtlinie 69/335 zählen unbeschadet des Artikels 7 bestimmte Vorgänge auf, die die Mitgliedstaaten von dieser Steuer befreien können.

12 Artikel 6 der Richtlinie 69/335 bestimmt:

"(1) Jeder Mitgliedstaat kann von der Besteuerungsgrundlage gemäß Artikel 5 den Betrag der von einem für die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft unbeschränkt haftenden Gesellschafter geleisteten Einlage sowie den Anteil eines solchen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen ausnehmen.

(2) Wendet ein Mitgliedstaat die in Absatz 1 vorgesehene Regelung an, so unterliegen der Gesellschaftsteuer:

...

- jeder Vorgang, durch den die Haftung eines Gesellschafters auf seine Beteiligung am Kapital beschränkt wird, insbesondere wenn die Beschränkung der Haftung infolge Umwandlung der betroffenen Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art eintritt.

Die Gesellschaftsteuer wird... auf den Wert des Anteils erhoben, der den für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft unbeschränkt haftenden Gesellschaftern am Gesellschaftsvermögen zusteht."

13 Die Richtlinie 69/335 sieht entsprechend ihrer letzten Begründungserwägung außerdem die Aufhebung anderer indirekter Steuern mit denselben Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer vor. Diese Steuern, deren Erhebung verboten ist, sind im Einzelnen in Artikel 10 der Richtlinie aufgezählt, der Folgendes bestimmt:

"Abgesehen von der Gesellschaftsteuer erheben die Mitgliedstaaten von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf:

a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge;

...

c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann."

Nationale Regelung

14 Wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, galten nach der österreichischen Regelung bis zum 31. Dezember 1994 als Kapitalgesellschaften Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Personenvereinigungen, die Erwerbszwecke verfolgen, wenn alle Mitglieder nur mit ihrem Anteil für die Schulden der Vereinigung haften und ihre Anteile an Dritte übertragen können.

15 Seit dem 1. Januar 1995 definiert § 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 16. Oktober 1934 (DRGBl. I S. 1058, in der geänderten Fassung, die im BGBl 1994/629 veröffentlicht ist, im Folgenden: KVG) Kapitalgesellschaften als "Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung". Diese Vorschrift stellt außerdem Kommanditgesellschaften (im Folgenden: KG), zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört, sowie Kommandit-Erwerbsgesellschaften (im Folgenden: KEG), zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört, den genannten Kapitalgesellschaften gleich.

16 Gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 1 KVG unterliegt der Gesellschaftsteuer "der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber".

17 § 33 Tarifpost (im Folgenden: TP) 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b des Gebührengesetzes (BGBl 1957/267, im Folgenden: GebG) sah vor, dass sich die Abgabe, die auf Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes in seiner bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, zu erheben war, bei Widmung von Vermögenswerten vom Wert der bedungenen Vermögenseinlage oder ihrer Erhöhung auf 2 v.H., mindestens jedoch 800 ATS, belaufen musste. Diese Vorschrift wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1995 aufgehoben.

18 Die Republik sterreich hat im Übrigen von der Möglichkeit nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 69/335 Gebrauch gemacht und, wie sich aus § 5 Absatz 1 Ziffer 1 KVG ergibt, von der gemäß Artikel 5 der Richtlinie bestimmten Besteuerungsgrundlage die Anteile der persönlich für die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft haftenden Gesellschafter ausgenommen.

Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

19 Palais am Stadtpark ist eine Gesellschaft österreichischen Rechts, die 1982 in der Form einer KG gegründet wurde, die nach österreichischem Recht nicht als Kapitalgesellschaft angesehen wurde. Auf ihre Gründung wurde die damals geltende Abgabe nach § 33 TP 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b GebG erhoben. Im März 1994 wurde Palais am Stadtpark in eine KEG umgewandelt.

20 Am 17. Mai 1996 traten die persönlich haftenden Gesellschafter von Palais am Stadtpark ihre Geschäftsanteile an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ab, die durch diese Abtretung die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der KEG wurde.

21 Die Steuerverwaltung war der Auffassung, dass Palais am Stadtpark gemäß § 4 Absatz 2 KVG nunmehr als Kapitalgesellschaft im Sinne des KVG anzusehen sei, und richtete daher gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 1 KVG einen vorläufigen Steuerbescheid zur Einziehung der Gesellschaftsteuer auf die Kommanditeinlage an sie.

22 Am 26. August 1996 erhob Palais am Stadtpark gegen diesen Bescheid Berufung und machte insbesondere geltend, da die fragliche Einlage bereits nach § 33 TP 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b versteuert worden sei, stelle die verlangte Steuer eine "Doppelbelastung" dar und widerspreche als solche den Grundsätzen der Richtlinie 69/335.

23 Nachdem die Abgabenbehörde die Berufung als unbegründet abgewiesen hatte, brachte Palais am Stadtpark den Rechtsstreit vor die Abgabenbehörde zweiter Instanz, die die Berufung ebenfalls mit der Begründung abwies, dass das Gesellschaftskapital von Palais am Stadtpark nur ein einziges Mal der Gesellschaftsteuer unterworfen worden sei, da die Gebühr, die gemäß § 33 TP 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b GebG erhoben werde, nicht der Gesellschaftsteuer gleichgestellt werden könne und jedenfalls vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 69/335 für die Republik Österreich erhoben worden sei.

24 Der mit der Rechtssache befasste Verwaltungsgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Bestimmungen der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25), insbesondere Artikel 6, dahin gehend auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat verwehrt ist, Gesellschaftsteuer auf die Kommanditeinlagen einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft (KEG) bei Eintritt einer GmbH als Komplementärin zu erheben, wenn das zu besteuernde Gesellschaftskapital bereits einer Abgabe wie jener des § 33 TP 16 Absatz 1 lit. b des Gebührengesetzes 1957 (BGBl 1957/267) vor Inkrafttreten der Richtlinie 69/335/EWG unterworfen worden war?

Zur Vorlagefrage

25 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 69/335 der Erhebung der Gesellschaftsteuer bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Richtlinie entgegensteht, wenn vor deren Inkrafttreten alle zum Erwerb der Geschäftsanteile an der Personengesellschaft geleisteten Einlagen bereits zur Erhebung einer Abgabe wie der nach § 33 TP 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b GebG geführt haben.

26 Insoweit ist festzustellen, dass sich aus Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 69/335 ergibt, dass diese Richtlinie nur auf Kapitalgesellschaften, wie sie dort selbst definiert sind, anwendbar ist sowie auf einen Erwerbszweck verfolgende Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristische Personen, die den Kapitalgesellschaften gleichgestellt sind und von einem Mitgliedstaat für die Erhebung der Gesellschaftsteuer als Kapitalgesellschaft betrachtet werden.

27 Mithin fallen die Gebühren und sonstigen Abgaben, die die Mitgliedstaaten auf Einlagen in andere Gesellschaften als die durch die Richtlinie 69/335 erfassten, nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie.

28 Daraus folgt, dass das in Artikel 10 der Richtlinie 69/335 aufgestellte Verbot, keinerlei Steuern oder Abgaben mit denselben Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer zu erheben, nicht auf eine Gebühr oder Steuer anwendbar ist, die unbeschadet ihrer Merkmale auf Einlagen in Gesellschaften erhoben wird, die keine Kapitalgesellschaften im Sinne der Richtlinie sind. Dieses Verbot steht also der Erhebung der Gesellschaftsteuer bei der Umwandlung einer solchen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht entgegen, auch wenn die Einlagen, die ihr vor ihrer Umwandlung zugeflossen sind, bereits einer Gebühr oder Steuer mit denselben Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer unterworfen wurden.

29 Diese Auslegung wird, wie der Generalanwalt in Nummer 30 seiner Schlussanträge festgestellt hat, durch Artikel 4 der Richtlinie 69/335 bestätigt, wonach die Umwandlung einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die keine Kapitalgesellschaft ist, in eine Kapitalgesellschaft der Gesellschaftssteuer unterliegt, während die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Art nicht der Gesellschaftsteuer unterliegt.

30 Hinsichtlich des Artikels 6 der Richtlinie 69/335 und des Verbotes der Doppelbesteuerung, das sich nach Auffassung des vorlegenden Gerichts gemäß dem Urteil vom 18. März 1993 in der Rechtssache C-280/91 (Viessmann, Slg. 1993, I-971) aus diesem Artikel ergibt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieser Artikel nur die Gesellschaftsteuer betrifft, der die Einlagen in Kapitalgesellschaften im Sinne der Richtlinie 69/335 unterliegen. Sodann ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Urteil Viessmann nicht entschieden hat, dass Artikel 6 dieser Richtlinie der mehrmaligen Besteuerung bestimmter Einlagen entgegensteht, sondern nur ausgeführt hat, dass Einlagen, die bereits zu einer Entrichtung der Gesellschaftsteuer nach einer anderen Vorschrift der Richtlinie geführt haben, nicht der Gesellschaftsteuer nach deren Artikel 6 unterworfen werden dürfen. Schließlich ist festzustellen, dass die in jenem Urteil in Rede stehende Gesellschaft zu dem Zeitpunkt, zu dem sie zum ersten Mal die Gesellschaftsteuer entrichten musste, eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Richtlinie 69/335 war.

31 Artikel 6 der Richtlinie 69/335 steht daher der Erhebung der Gesellschaftsteuer in einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens ebenfalls nicht entgegen.

32 Unter diesen Umständen ist, ohne dass der Gerichtshof prüfen müsste, ob die nach § 33 TP 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b GebG erhobene Gebühr im Sinne von Artikel 10 der Richtlinie 69/335 dieselben Merkmale wie die Gesellschaftsteuer aufweist, auf die Vorabentscheidungsfrage zu antworten, dass die Richtlinie 69/335 dahin auszulegen ist, dass sie der Erhebung der Gesellschaftsteuer bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Richtlinie nicht entgegensteht, wenn vor deren Inkrafttreten alle zum Erwerb der Geschäftsanteile an der Personengesellschaft geleisteten Einlagen bereits zur Erhebung einer Abgabe wie der nach § 33 TP 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b GebG geführt haben.

Kostenentscheidung:

Kosten

33 Die Auslagen der österreichischen Regierung und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Zweite Kammer)

auf die ihm vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. Dezember 1999 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass sie der Erhebung der Gesellschaftsteuer bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Richtlinie nicht entgegensteht, wenn vor deren Inkrafttreten alle zum Erwerb der Geschäftsanteile an der Personengesellschaft geleisteten Einlagen bereits zur Erhebung einer Abgabe wie der nach § 33 Tarifpost 16 Absatz 1 Ziffer 1 lit. b des Gebührengesetzes geführt haben.

Ende der Entscheidung

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