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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.03.1985
Aktenzeichen: 122/84
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 1612/68, VO (EWG) Nr. 1408/71, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 1612/68 Art. 7 Abs. 2
VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 3
EWG-Vertrag Art. 51
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DIE UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN LEISTUNGEN , DIE VOM ANWENDUNGSBEREICH DER VERORDNUNG NR. 1408/71 AUSGESCHLOSSEN SIND , UND SOLCHEN , DIE DARUNTER FALLEN , HÄNGT IM WESENTLICHEN VON DEN GRUNDLEGENDEN MERKMALEN JEDER LEISTUNG AB , INSBESONDERE VON IHRER ZIELSETZUNG UND DEN VORAUSSETZUNGEN IHRER GEWÄHRUNG , NICHT DAGEGEN DAVON , OB EINE LEISTUNG VON DEN NATIONALEN RECHTSVORSCHRIFTEN ALS EINE LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT EINGESTUFT WIRD. EINE GESETZLICHE REGELUNG FÄLLT NUR DANN IN DEN BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1408/71 , WENN SIE JEDENFALLS UNTER ANDEREM EINEN BEZUG ZU EINEM DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 1 DIESER VERORDNUNG AUSDRÜCKLICH AUFGEZÄHLTEN RISIKEN HAT. DARAUS ERGIBT SICH , DASS DIESE AUFZÄHLUNG ERSCHÖPFEND IST. INFOLGEDESSEN KANN EIN ZWEIG DER SOZIALEN SICHERHEIT , DER DORT NICHT AUFGEFÜHRT IST , NICHT ALS SOLCHER QUALIFIZIERT WERDEN , AUCH WENN ER DEM BEGÜNSTIGTEN EINEN RECHTSANSPRUCH AUF DIE LEISTUNG EINRÄUMT.

WENN EINE SOZIALE LEISTUNG DEN NOTWENDIGEN LEBENSUNTERHALT SICHERSTELLEN SOLL , SO KANN SIE NICHT UNTER EINEN DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 AUFGEZÄHLTEN ZWEIGE DER SOZIALEN SICHERHEIT EINGEORDNET WERDEN UND STELLT DAMIT KEINE LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DIESER VERORDNUNG DAR.

2. UNTER DEN BEGRIFF DER SOZIALEN VERGÜNSTIGUNG IM SINNE VON ARTIKEL 7 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 FALLEN ALLE VERGÜNSTIGUNGEN , DIE - OB SIE AN EINEN ARBEITSVERTRAG ANKNÜPFEN ODER NICHT - DEN INLÄNDISCHEN ARBEITNEHMERN HAUPTSÄCHLICH WEGEN IHRER OBJEKTIVEN ARBEITNEHMEREIGENSCHAFT ODER EINFACH WEGEN IHRES WOHNORTES IM INLAND GEWÄHRT WERDEN UND DEREN AUSDEHNUNG AUF DIE ARBEITNEHMER , DIE STAATSANGEHÖRIGE EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS SIND , DESHALB ALS GEEIGNET ERSCHEINT , DEREN MOBILITÄT INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ZU ERLEICHTERN.

EINE SOZIALE LEISTUNG , DURCH DIE ALLGEMEIN DER NOTWENDIGE LEBENSUNTERHALT SICHERGESTELLT WERDEN SOLL , IST EINE SOZIALE VERGÜNSTIGUNG IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1612/68.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 27. MAERZ 1985. - KENNETH SCRIVNER UND CAROL COLE GEGEN CENTRE PUBLIC D'AIDE SOCIALE DE CHASTRE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM TRIBUNAL DE TRAVAIL, NIVELLES. - EXISTENZMINIMUM - BEGRIFFE DER LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT UND DER SOZIALEN VERGUENSTIGUNG. - RECHTSSACHE 122/84.

Entscheidungsgründe:

1 DAS TRIBUNAL DU TRAVAIL NIVELLES ( ZWEITE KAMMER ) HAT MIT URTEIL VOM 20. APRIL 1984 , BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 11. MAI 1984 , GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG EINE FRAGE NACH DER AUSLEGUNG DES ARTIKELS 7 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ( ABL. L 257 , S. 2 ) SOWIE EINE WEITERE FRAGE NACH DER VEREINBARKEIT DES ERFORDERNISSES MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORGELEGT , DASS ANGEHÖRIGE DER MITGLIEDSTAATEN HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT NUR ERHALTEN , WENN SIE EINE GEWISSE AUFENTHALTSDAUER AUFWEISEN.

2 DIESE FRAGEN STELLEN SICH IM RAHMEN EINES RECHTSSTREITS ZWISCHEN DEN EHELEUTEN SCRIVNER , DIE BRITISCHE STAATSANGEHÖRIGE SIND , ABER IN CORTIL-NOIRMONT ( BELGIEN ) WOHNEN , UND DEM CENTRE PUBLIC D ' AIDE SOCIALE ( SOZIALAMT ; IM FOLGENDEN : CPAS ) CHASTRE , NACHDEM DIESES DIE LEISTUNG VON HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT ABGELEHNT HATTE.

3 DIE EHELEUTE SCRIVNER LIESSEN SICH IM LAUFE DES JAHRES 1978 ZUSAMMEN MIT IHREN SECHS KINDERN IN BELGIEN NIEDER. HERR SCRIVNER WAR ZUNÄCHST IN BELGIEN BEI VERSCHIEDENEN VERSICHERUNGSGESELLSCHAFTEN BESCHÄFTIGT ; AM 6. JUNI 1982 BEENDETE ER DANN DIESE TÄTIGKEIT AUS PERSÖNLICHEN GRÜNDEN UND WAR ANSCHLIESSEND ALS ARBEITSUCHENDER GEMELDET. MIT BESCHEIDEN VOM 15. UND 21. DEZEMBER 1982 DES INSPECTEUR REGIONAL DU CHOMAGE WURDE IHM JEDOCH FÜR JULI 1982 SOWIE FÜR EINEN ZEITRAUM VON 16 WOCHEN AB 20. DEZEMBER 1982 DIE ARBEITSLOSENUNTERSTÜTZUNG VERSAGT.

4 DARAUFHIN STELLTE HERR SCRIVNER BEIM CPAS CHASTRE EINEN ANTRAG AUF FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG ; DIESES ZAHLTE IHM VERSCHIEDENE GELDBETRAEGE AUS , LEHNTE ABER DEN ANSPRUCH SCRIVNERS UND SEINER FAMILIE AUF HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT NACH DEM BELGISCHEN GESETZ VOM 7. AUGUST 1974 ( MONITEUR BELGE VOM 18. SEPTEMBER 1974 , S. 11363 ) MIT DER BEGRÜNDUNG AB , SIE ERFÜLLTEN NICHT DIE VORAUSSETZUNG , WÄHREND MINDESTENS DER LETZTEN FÜNF JAHRE IN BELGIEN GEWOHNT ZU HABEN , DIE IN ARTIKEL 1 DER KÖNIGLICHEN VERORDNUNG VOM 8. JANUAR 1976 ( MONITEUR BELGE VOM 13. JANUAR 1976 , S. 311 ) ZUR DURCHFÜHRUNG DES ARTIKELS 1 ABSATZ 2 DES ZITIERTEN GESETZES VORGESEHEN SEI.

5 NACH DIESER VORSCHRIFT WIRD DEN STAATSANGEHÖRIGEN DER ZUR EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT GEHÖRENDEN LÄNDER EIN ANSPRUCH AUF HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT ZUERKANNT , WENN SIE SICH UNTER ANDEREM ' ' WÄHREND MINDESTENS DER LETZTEN FÜNF JAHRE , DIE DEM ZEITPUNKT DER GEWÄHRUNG DIESER HILFE VORAUSGEHEN , TATSÄCHLICH IN BELGIEN AUFGEHALTEN HABEN ' ' ; DIESES ERFORDERNIS GILT NICHT FÜR BELGISCHE STAATSANGEHÖRIGE.

6 SPÄTER GEWÄHRTE DAS CPAS CHASTRE HERRN SCRIVNER UND SEINER FAMILIE AB DEM 14. JANUAR 1983 HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT , DA ES DER AUFFASSUNG WAR , DASS SIE AB DIESEM ZEITPUNKT FÜNF JAHRE IN BELGIEN ANSÄSSIG SEIEN.

7 GEGEN DIE VERSAGUNG DIESER HILFE FÜR DEN VORANGEGANGENEN ZEITRAUM ERHOBEN DIE EHELEUTE SCRIVNER VOR DEM TRIBUNAL DU TRAVAIL NIVELLES MIT SCHRIFTSATZ VOM 26. JANUAR 1983 KLAGE MIT DEM ANTRAG , IHNEN DIESE HILFE AB 10. DEZEMBER 1982 ZUZUSPRECHEN. ZUR BEGRÜNDUNG FÜHRTEN SIE AN , DAS AUFENTHALTSERFORDERNIS SEI IM HINBLICK AUF DAS ALLGEMEINE VERBOT DER DISKRIMINIERUNG VON ARBEITNEHMERN AUS ANDEREN MITGLIEDSTAATEN AUFGRUND IHRER STAATSANGEHÖRIGKEIT , WIE ES SICH AUS DEM EWG-VERTRAG SOWIE ARTIKEL 7 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 BEZUEGLICH DER ' ' SOZIALEN VERGÜNSTIGUNGEN ' ' ERGEBE , RECHTSWIDRIG.

8 DAS CPAS CHASTRE BEANTRAGTE VOR DEM NATIONALEN GERICHT , DIE KLAGE ABZUWEISEN , HILFSWEISE DIE GEMEINSCHAFTSRECHTLICHE STREITFRAGE DEM GERICHTSHOF DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN VORZULEGEN. DAS TRIBUNAL DU TRAVAIL NIVELLES HAT DAHER UNTER BEZUGNAHME AUF DIE DEM GERICHTSHOF VON DER ARBEIDSRECHTBANK ANTWERPEN MIT URTEIL VOM 28. OKTOBER 1983 IN DER RECHTSSACHE 249/83 VORGELEGTEN FRAGEN FOLGENDE FRAGEN ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORGELEGT :

' ' 1 ) STELLT DIE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT , DIE AUFGRUND DES BELGISCHEN GESETZES VOM 7. AUGUST 1974 ( MONITEUR BELGE VOM 18. SEPTEMBER ) ZU GEWÄHREN IST , , EINE SOZIALE VERGÜNSTIGUNG ' IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT DAR?

2 ) HILFSWEISE : VERSTÖSST DAS ERFORDERNIS DER AUFENTHALTSDAUER , DAS DIE STAATSANGEHÖRIGEN DER ZUR EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT GEHÖRENDEN LÄNDER AUFGRUND DER KÖNIGLICHEN VERORDNUNG VOM 8. JANUAR 1976 ( MONITEUR BELGE VOM 13. JANUAR ) ERFÜLLEN MÜSSEN , BEVOR IHNEN HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT GEWÄHRT WERDEN KANN , GEGEN DEN EWG-VERTRAG ODER GEGEN VERORDNUNGEN DER GEMEINSCHAFT?

' '

9 DIE EHELEUTE SCRIVNER , DAS CPAS CHASTRE SOWIE DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN HABEN VOR DEM GERICHTSHOF SCHRIFTLICHE ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN.

10 DIE EHELEUTE SCRIVNER MACHEN GELTEND , FÜR DIE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT GELTE DER GLEICHBEHANDLUNGSGRUNDSATZ GEMÄSS ARTIKEL 3 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 DES RATES ZUR ANWENDUNG DER SYSTEME DER SOZIALEN SICHERHEIT AUF ARBEITNEHMER UND DEREN FAMILIEN , DIE INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ZU- UND ABWANDERN ( ABL. L 149 , S. 2 ). DIESE HILFE MÜSSE NÄMLICH ALS EINE LEISTUNG MIT MISCHCHARAKTER ANGESEHEN WERDEN , DA SIE SOWOHL MERKMALE EINER LEISTUNG DER SOZIALHILFE WIE ETWA DIE BEDÜRFTIGKEIT ALS WESENTLICHES KRITERIUM FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG ALS AUCH MERKMALE EINER LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT AUFWEISE , SO Z. B. DIE ARBEITSBEREITSCHAFT UND EINEN GESETZLICH UMSCHRIEBENEN RECHTSANSPRUCH AUF DIE UNTERSTÜTZUNG. DER GERICHTSHOF HABE SOLCHE MISCHREGELUNGEN ALS SYSTEM DER SOZIALEN SICHERHEIT BEHANDELT UND SIE DEM GLEICHBEHANDLUNGSGRUNDSATZ UNTERWORFEN , SO Z. B. IN DEN FÄLLEN DER BEHINDERTENZULAGE UND DES GARANTIERTEN EINKOMMENS FÜR ALTE MENSCHEN.

11 DAS CPAS CHASTRE MACHT DAGEGEN GELTEND , DASS EINE LEISTUNG WIE DIE DURCH DAS BELGISCHE GESETZ VOM 7. AUGUST 1974 EINGEFÜHRTE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT NICHT UNTER DIE SOZIALE SICHERHEIT FALLE. ES HANDELE SICH UM EINE SOZIALHILFEMASSNAHME , DIE AUSSERHALB DES ANWENDUNGSBEREICHS DES ARTIKELS 51 EWG-VERTRAG SOWIE DER VERORDNUNGEN NRN. 1408/71 UND 1612/68 LIEGE , DA DER ANSPRUCH AUF DIESE HILFE UNABHÄNGIG VON JEDEM BEGRIFF DER ARBEIT ODER BEZUG ZUR ARBEIT SEI. DIE GEWÄHRUNG DER HILFE HÄNGE NÄMLICH NUR VON DER BEDÜRFTIGKEIT AB , OHNE DASS DER HILFESUCHENDE FÜR DEN BEZUG DER LEISTUNG VORHER BEITRAEGE ENTRICHTET HABEN ODER SEINE MITGLIEDSCHAFT BEI IRGENDEINER EINRICHTUNG NACHWEISEN MÜSSE. DIE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT SEI NUR ZUR VERWIRKLICHUNG EINER BESONDEREN POLITIK FÜR DIE ÄRMSTEN EINGEFÜHRT WORDEN , UM SIE BESSER IN DIE GESELLSCHAFT ZU INTEGRIEREN. INFOLGEDESSEN HANDELE ES SICH UM EINE MASSNAHME ZUR WAHRUNG DER MENSCHENWÜRDE GEMÄSS ARTIKEL 2 DER EUROPÄISCHEN MENSCHENRECHTSKONVENTION.

12 ZUM DISKRIMINIERUNGSVERBOT DES ARTIKELS 3 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 ERKLÄRT DAS CPAS CHASTRE IM EINZELNEN , DIESER GRUNDSATZ GELTE NUR FÜR ARBEITNEHMER , WÄHREND DER ANSPRUCH AUF HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT VON KEINER VORHERIGEN ARBEIT ABHÄNGE. WENN VON DEMJENIGEN , DER DIESE HILFE BEANTRAGE , DIE AUSDRÜCKLICHE ERKLÄRUNG VERLANGT WERDE , DASS ER GEGEBENENFALLS MIT DER ZUWEISUNG VON ARBEIT EINVERSTANDEN SEI , SO KÖNNE ES SICH NUR UM EINE EINFACHE ABSICHTSERKLÄRUNG HANDELN , DEN ZUSTAND DER BEDÜRFTIGKEIT SO SCHNELL WIE MÖGLICH ZU ÜBERWINDEN.

13 DAS CPAS CHASTRE BEZIEHT SICH BEI SEINEM VORBRINGEN AUF DIE RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES , INSBESONDERE AUF DAS URTEIL VOM 22. JUNI 1972 IN DER RECHTSSACHE 1/72 ( FRILLI , SLG. 1972 , 457 ), SOWIE AUF ZWEI RICHTLINIENVORSCHLAEGE ÜBER DAS AUFENTHALTSRECHT DER STAATSANGEHÖRIGEN DER MITGLIEDSTAATEN IM HOHEITSGEBIET EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS ( ABL. 1979 , C 207 , S. 14 , UND ABL. 1980 , C 188 , S. 7 ), DIE DEM RAT VON DER KOMMISSION VORGELEGT WORDEN SEIEN , UM EINE MÖGLICHST LEICHTE EINREISE UND EINEN MÖGLICHST EINFACHEN AUFENTHALT DER WANDERARBEITNEHMER INNERHALB DER MITGLIEDSTAATEN ZU FÖRDERN UND ZU GEWÄHRLEISTEN. NACH DIESEN VORSCHLAEGEN KÖNNE DER MITGLIEDSTAAT , DER ANGEHÖRIGE EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS AUFNEHME , DIE EINREISE IN SEIN HOHEITSGEBIET UND DEN AUFENTHALT VON WIRTSCHAFTLICHEN VORAUSSETZUNGEN ABHÄNGIG MACHEN.

14 DIE KOMMISSION IST EBENFALLS DER AUFFASSUNG , DASS DAS DISKRIMINIERUNGSVERBOT DES ARTIKELS 3 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 IM VORLIEGENDEN FALL NICHT ANWENDBAR SEI , DA DIE GEWÄHRUNG VON HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT KEINE LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT DARSTELLE. DER GERICHTSHOF HABE NIEMALS ERKLÄRT , DASS GEMISCHTE LEISTUNGEN IMMER IN DEN ANWENDUNGSBEREICH DIESER VERORDNUNG FIELEN ; DIES SEI VIELMEHR NUR DANN DER FALL , WENN SIE SICH , SEI ES AUCH NUR ZUSÄTZLICH , AUF RISIKEN BEZÖGEN , DIE DURCH DIE IN ARTIKEL 4 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 AUFGEFÜHRTEN SYSTEME TATSÄCHLICH VERSICHERT SEIEN. IM VORLIEGENDEN FALL WERDE MIT DER GEWÄHRUNG DER HILFE NUR DER ZWECK VERFOLGT , FÜR DIE AM MEISTEN BENACHTEILIGTEN DEN NOTWENDIGEN LEBENSUNTERHALT SICHERZUSTELLEN ; DABEI WERDE IM GEGENSATZ ZUR REGELUNG ÜBER DAS MINDESTEINKOMMEN FÜR ALTE MENSCHEN , DAS GEGENSTAND DES OBEN GENANNTEN URTEILS VOM 22. JUNI 1972 GEWESEN SEI , AN KEINES DER SPEZIELLEN RISIKEN ANGEKNÜPFT , DIE IN DIESEM ARTIKEL FESTGELEGT SEIEN.

15 DAGEGEN GEHÖRT DIE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT NACH MEINUNG DER KOMMISSION ZUR GRUPPE DER IN ARTIKEL 7 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 GENANNTEN SOZIALEN VERGÜNSTIGUNGEN ; DIESER BEGRIFF DÜRFE NICHT EINSCHRÄNKEND AUSGELEGT WERDEN , SONDERN UMFASSE ALLE VERGÜNSTIGUNGEN , UNABHÄNGIG DAVON , OB SIE MIT EINEM ARBEITSVERTRAG ZUSAMMENHINGEN.

16 UM AUF DIE ERSTE FRAGE ZU ANTWORTEN , IST VORAB ZU PRÜFEN , OB EINE LEISTUNG WIE DIE IM BELGISCHEN GESETZ VOM 7. OKTOBER 1974 VORGESEHENE IN DEN SACHLICHEN GELTUNGSBEREICH DER VERORDNUNG NR. 1408/71 FÄLLT , WIE ER IN ARTIKEL 4 ABSÄTZE 1 UND 2 DIESER VERORDNUNG FESTGELEGT IST. DIE PRÜFUNG IHRER MÖGLICHEN EINORDNUNG UNTER DIE ' ' SOZIALEN VERGÜNSTIGUNGEN ' ' IM SINNE VON ARTIKEL 7 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 KOMMT NÄMLICH ERST IN BETRACHT , WENN FESTSTEHT , DASS ES SICH NICHT UM EINE LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1408/71 HANDELT.

17 IN DIESEM ZUSAMMENHANG IST FESTZUHALTEN , DASS DIE VERORDNUNG NR. 1408/71 NACH ARTIKEL 4 ABSATZ 1 FÜR ALLE RECHTSVORSCHRIFTEN DER MITGLIEDSTAATEN ÜBER DIE UNTER DEN BUCHSTABEN A BIS H DIESER VORSCHRIFT AUFGEZÄHLTEN ZWEIGE DER SOZIALEN SICHERHEIT GILT , WÄHREND SIE NACH ARTIKEL 4 ABSATZ 4 UNTER ANDEREM NICHT AUF DIE ' ' SOZIALHILFE ' ' ANZUWENDEN IST.

18 NACH DER STÄNDIGEN RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES HÄNGT DIE UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN LEISTUNGEN , DIE VOM ANWENDUNGSBEREICH DER VERORDNUNG NR. 1408/71 AUSGESCHLOSSEN SIND , UND SOLCHEN , DIE DARUNTER FALLEN , IM WESENTLICHEN VON DEN GRUNDLEGENDEN MERKMALEN JEDER LEISTUNG AB , INSBESONDERE VON IHRER ZIELSETZUNG UND DEN VORAUSSETZUNGEN IHRER GEWÄHRUNG , NICHT DAGEGEN DAVON , OB EINE LEISTUNG NACH NATIONALEM RECHT ALS EINE LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT EINGESTUFT WIRD.

19 ZWAR LÄSST SICH NICHT AUSSCHLIESSEN , DASS RECHTSVORSCHRIFTEN IHREM PERSÖNLICHEN ANWENDUNGSBEREICH , IHREN ZIELEN UND DEN EINZELHEITEN IHRER ANWENDUNG NACH BEIDEN GENANNTEN KATEGORIEN GLEICH NAHE STEHEN UND SICH SO JEDER ALLGEMEINGÜLTIGEN EINORDNUNG ENTZIEHEN , DOCH IST FESTZUSTELLEN , DASS EINE GESETZLICHE REGELUNG NUR DANN IN DEN BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1408/71 FÄLLT , WENN SIE JEDENFALLS UNTER ANDEREM EINEN BEZUG ZU EINEM DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 1 DIESER VERORDNUNG AUSDRÜCKLICH AUFGEZÄHLTEN RISIKEN HAT. DARAUS ERGIBT SICH , DASS DIESE AUFZÄHLUNG ERSCHÖPFEND IST. INFOLGEDESSEN KANN EIN ZWEIG DER SOZIALEN SICHERHEIT , DER DORT NICHT AUFGEFÜHRT IST , NICHT ALS SOLCHER QUALIFIZIERT WERDEN , AUCH WENN ER DEM BEGÜNSTIGTEN EINEN RECHTSANSPRUCH AUF DIE LEISTUNG EINRÄUMT.

20 WIE SICH AUS DEN AKTEN ERGIBT , IST DIE HILFE ZUM LEBENSUNTERHALT DADURCH GEKENNZEICHNET , DASS SIE EINERSEITS DEM BEGÜNSTIGTEN EINEN ANSPRUCH AUF DIE LEISTUNG EINRÄUMT , ANDERERSEITS JEDEM GEWÄHRT WIRD , DER NICHT ÜBER AUSREICHENDE MITTEL VER FÜGT UND ' ' SIE SICH NICHT AUS EIGENER KRAFT ODER IN ANDERER WEISE BESCHAFFEN KANN ' ' ( ARTIKEL 1 ABSATZ 1 DES GESETZES VOM 7. AUGUST 1974 ). SOMIT WIRD AUF DIE BEDÜRFTIGKEIT ALS WESENTLICHES ANWENDUNGSKRITERIUM ABGESTELLT UND AUF JEGLICHE VORAUSSETZUNG HINSICHTLICH DER BERUFSTÄTIGKEITS- , BEITRAGS- ODER MITGLIEDSCHAFTSZEITEN , DIE BEI EINER ZUR ABDECKUNG EINES BESTIMMTEN RISIKOS VORGESEHENEN EINRICHTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT ZURÜCKGELEGT WORDEN SIND , VERZICHTET. DER HILFEEMPFÄNGER MUSS NUR NACHWEISEN , ' ' DASS ER ZUR ARBEIT ZUR VERFÜGUNG STEHT ' ' , ES SEI DENN , DASS ER DAZU AUS GESUNDHEITLICHEN ODER SOZIAL ZWINGENDEN GRÜNDEN NICHT IN DER LAGE IST. AUSSERDEM IST ER VERPFLICHTET , SEINE ANSPRÜCHE AUF SOZIALLEISTUNGEN , JA SOGAR SEINE UNTERHALTSANSPRÜCHE GELTEND ZU MACHEN , WENN DAS CPAS DIES FÜR NOTWENDIG HÄLT ( ARTIKEL 6 ABSÄTZE 1 UND 2 DES GENANNTEN GESETZES ).

21 INFOLGEDESSEN KANN EINE HILFE WIE DIE STREITIGE ALS SOZIALLEISTUNG ALLGEMEINER ART NICHT UNTER EINEN DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 AUFGEZÄHLTEN ZWEIGE DER SOZIALEN SICHERHEIT EINGEORDNET WERDEN UND STELLT DAMIT KEINE LEISTUNG DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DIESER VERORDNUNG DAR.

22 SOMIT BLEIBT NOCH ZU PRÜFEN , OB EINE SOLCHE LEISTUNG ALS EINE SOZIALE VERGÜNSTIGUNG IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1612/68 ANGESEHEN WERDEN KANN , WORAUF SICH BESONDERS DIE ERSTE DER IN DIESEM VERFAHREN VORGELEGTEN FRAGEN BEZIEHT.

23 ARTIKEL 7 ABSÄTZE 1 UND 2 DIESER VERORDNUNG LAUTET WIE FOLGT :

1 ) EIN ARBEITNEHMER , DER STAATSANGEHÖRIGER EINES MITGLIEDSTAATS IST , DARF AUFGRUND SEINER STAATSANGEHÖRIGKEIT IM HOHEITSGEBIET DER ANDEREN MITGLIEDSTAATEN HINSICHTLICH DER BESCHÄFTIGUNGS- UND ARBEITSBEDINGUNGEN , INSBESONDERE IM HINBLICK AUF ENTLOHNUNG , KÜNDIGUNG UND , FALLS ER ARBEITSLOS GEWORDEN IST , IM HINBLICK AUF BERUFLICHE WIEDEREINGLIEDERUNG ODER WIEDEREINSTELLUNG , NICHT ANDERS BEHANDELT WERDEN ALS DIE INLÄNDISCHEN ARBEITNEHMER.

2 ) ER GENIESST DORT DIE GLEICHEN SOZIALEN UND STEUERLICHEN VERGÜNSTIGUNGEN WIE DIE INLÄNDISCHEN ARBEITNEHMER.

24 NACH DER STÄNDIGEN RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES ERGIBT SICH AUS DER GESAMTHEIT DER VORSCHRIFTEN DIESER VERORDNUNG SOWIE AUS IHRER ZIELSETZUNG , DASS ZU DEN VERGÜNSTIGUNGEN , DIE SIE AUF ARBEITNEHMER AUSDEHNT , DIE STAATSANGEHÖRIGE ANDERER MITGLIEDSTAATEN SIND , ALLE VERGÜNSTIGUNGEN GEHÖREN , DIE - OB SIE AN EINEN ARBEITSVERTRAG ANKNÜPFEN ODER NICHT - DEN INLÄNDISCHEN ARBEITNEHMERN HAUPTSÄCH LICH WEGEN IHRER OBJEKTIVEN ARBEITNEHMEREIGENSCHAFT ODER EINFACH WEGEN IHRES WOHNORTS IM INLAND GEWÄHRT WERDEN UND DEREN AUSDEHNUNG AUF DIE ARBEITNEHMER , DIE STAATSANGEHÖRIGE EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS SIND , DESHALB ALS GEEIGNET ERSCHEINT , DEREN MOBILITÄT INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ZU ERLEICHTERN.

25 IN DIESEM SINNE HAT DER GERICHTSHOF IN SEINEM URTEIL VOM 12. JULI 1984 IN DER RECHTSSACHE 261/83 ( CASTELLI , SLG. 1984 , 3199 ) BEREITS ENTSCHIEDEN , DASS DER BEGRIFF DER SOZIALEN VERGÜNSTIGUNG GEMÄSS ARTIKEL 7 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 AUCH DIE GEWÄHRUNG DES DURCH DIE RECHTSVORSCHRIFTEN EINES MITGLIEDSTAATS GARANTIERTEN ALTERSMINDESTEINKOMMENS AN FAMILIENANGEHÖRIGE AUFSTEIGENDER LINIE , DIE VON DEM ARBEITNEHMER UNTERHALTEN WERDEN , UMFASST.

26 NACH ALLEDEM STELLT EINE LEISTUNG , DURCH DIE DER NOTWENDIGE LEBENSUNTERHALT SICHERGESTELLT WERDEN SOLL , EINE SOZIALE VERGÜNSTIGUNG IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES DAR , VON DER WEDER EIN WANDERARBEITNEHMER , DER STAATSANGEHÖRIGER EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS IST UND IM HOHEITSGEBIET DES STAATES WOHNT , DER DIE LEISTUNG ERBRINGT , NOCH SEINE FAMILIENANGEHÖRIGEN AUSGESCHLOSSEN WERDEN DÜRFEN.

27 SOMIT IST AUF DIE ERSTE FRAGE ZU ANTWORTEN , DASS EINE SOZIALE LEISTUNG , DURCH DIE ALLGEMEIN DER NOTWENDIGE LEBENSUNTERHALT SICHERGESTELLT WERDEN SOLL , EINE SOZIALE VERGÜNSTIGUNG IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 IST.

28 DIE ZWEITE FRAGE IST GEGENSTANDSLOS , DA SIE NUR FÜR DEN FALL DER VERNEINUNG DER ERSTEN FRAGE GESTELLT IST.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

29 DIE AUSLAGEN DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE ERKLÄRUNGEN VOR DEM GERICHTSHOF ABGEGEBEN HAT , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM BEI DEM NATIONALEN GERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT ; DIE KOSTENENTSCHEIDUNG IST DAHER SACHE DIESES GERICHTS.

Tenor:

AUS DIESEN GRÜNDEN

HAT

DER GERICHTSHOF ( ZWEITE KAMMER )

AUF DIE IHM VOM TRIBUNAL DU TRAVAIL NIVELLES MIT URTEIL VOM 20. APRIL 1984 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT :

EINE SOZIALE LEISTUNG , DURCH DIE ALLGEMEIN DER NOTWENDIGE LEBENSUNTERHALT SICHERGESTELLT WERDEN SOLL , IST EINE SOZIALE VERGÜNSTIGUNG IM SINNE DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968.

Ende der Entscheidung

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