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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.12.1970
Aktenzeichen: 14-70
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 950/68, EWG-Vertrag


Vorschriften:

Verordnung Nr. 950/68
EWG-Vertrag Art. 28
EWG-Vertrag Art.111
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DA DIE EINZELNEN TARIFPOSITIONEN IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN DIE GLEICHE TRAGWEITE HABEN MÜSSEN, KANN IHRE AUSLEGUNG NUR UNTER BEACHTUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN DER GEMEINSCHAFT GEREGELT WERDEN. HIERAUS FOLGT, DASS AUCH BEI FEHLEN VON DER GEMEINSCHAFT ERLASSENER AUSLEGUNGSBESTIMMUNGEN DEN ERLÄUTERUNGEN DER NATIONALEN BEHÖRDEN ZU TARIFSTELLEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS NICHT DIE WIRKUNG EINER VERBINDLICHEN AUSLEGUNG DIESER TARIFSTELLEN ZUERKANNT WERDEN KANN.

2. BEI FEHLEN EINSCHLAEGIGER, VON DER GEMEINSCHAFT ERLASSENER BESTIMMUNGEN SIND DIE IM " ABKOMMEN ÜBER DAS ZOLLTARIFSCHEMA FÜR DIE EINREIHUNG DER WAREN IN DIE ZOLLTARIFE " VORGESEHENEN ERLÄUTERUNGEN UND TARIFAVISE MASSGEBLICHE ERKENNTNISMITTEL FÜR DIE AUSLEGUNG DER POSITIONEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 8. DEZEMBER 1970. - DEUTSCHE BAKELS GMBH GEGEN OBERFINANZDIREKTION MUENCHEN. - (ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESFINANZHOF). - RECHTSSACHE 14-70.

Entscheidungsgründe:

1 DER BUNDESFINANZHOF HAT MIT BESCHLUSS VOM 25. FEBRUAR 1970, BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 6. APRIL 1970, AUFGRUND VON ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG MEHRERE FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG DER VERORDNUNG NR. 950/68/EWG DES RATES VOM 28. JUNI 1968 ÜBER DEN GEMEINSAMEN ZOLLTARIF ( AMTSBLATT L 172/1968 ) VORGELEGT.

ZUR ERSTEN FRAGE

2 MIT DER ERSTEN FRAGE WIRD DER GERICHTSHOF UM ENTSCHEIDUNG DARÜBER ERSUCHT, OB NATIONALEN ERLÄUTERUNGSVORSCHRIFTEN DIE WIRKUNG EINER VERBINDLICHEN AUSLEGUNG VON TARIFSTELLEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS ZUKOMMEN KANN, SOLANGE ZU DIESEN TARIFSTELLEN NOCH KEINE GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN ERLÄUTERUNGEN ERGANGEN SIND.

3 DER RAT HAT AUFGRUND DER ARTIKEL 28 UND 111 EWG-VERTRAG DIE VERORDNUNG NR. 950/68 ÜBER DEN GEMEINSAMEN ZOLLTARIF ERLASSEN, DIE IN IHREM ANHANG DEN ZOLLTARIF ENTHÄLT. DIE AUSLEGUNG DER POSITIONEN DIESES TARIFS KANN NUR UNTER BEACHTUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN DER GEMEINSCHAFT GEREGELT WERDEN. DENN AUS DEM WESEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS ERGIBT SICH, DASS DIE EINZELNEN TARIFPOSITIONEN IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN DIE GLEICHE TRAGWEITE HABEN MÜSSEN. DIESES ERFORDERNIS WÄRE IN FRAGE GESTELLT, WENN JEDER MITGLIEDSTAAT BEI SCHWIERIGKEITEN DER TARIFLICHEN EINORDNUNG EINER WARE DIESE TRAGWEITE SELBST IM WEGE DER AUSLEGUNG REGELN KÖNNTE.

4 ALLERDINGS KÖNNEN SICH DIE NATIONALEN BEHÖRDEN IM FALLE VON SCHWIERIGKEITEN BEI DER EINORDNUNG EINER WARE VERANLASST SEHEN, DURCHFÜHRUNGSMASSNAHMEN ZU TREFFEN UND HIERBEI DIE DURCH EINE WARENBEZEICHNUNG ENTSTANDENEN ZWEIFEL ZU KLÄREN; SIE KÖNNEN DIES JEDOCH NUR UNTER EINHALTUNG DER VORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS TUN UND SIND NICHT BEFUGT, VERBINDLICHE AUSLEGUNGSREGELN ZU ERLASSEN.

5 DIE ERSTE FRAGE DES BUNDESFINANZHOFS IST SONACH DAHIN ZU BEANTWORTEN, DASS AUCH BEI FEHLEN VON DER GEMEINSCHAFT ERLASSENER AUSLEGUNGSBESTIMMUNGEN DEN ERLÄUTERUNGEN DER NATIONALEN BEHÖRDEN ZU TARIFSTELLEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS NICHT DIE WIRKUNG EINER VERBINDLICHEN AUSLEGUNG DIESER TARIFSTELLEN ZUERKANNT WERDEN KANN.

ZUR ZWEITEN FRAGE

6 FÜR DEN FALL DER VERNEINUNG DER ERSTEN FRAGE BITTET DER BUNDESFINANZHOF DEN GERICHTSHOF ZU ENTSCHEIDEN, OB, SOLANGE ZU TARIFSTELLEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS GEMEINSCHAFTSRECHTLICHE ERLÄUTERUNGEN NOCH NICHT ERGANGEN SIND, DIE ERLÄUTERUNGEN ZUM BRÜSSELER ZOLLTARIFSCHEMA 1955 ZU DIESEN TARIFSTELLEN FÜR DIE AUSLEGUNG MASSGEBEND SIND.

7 UNBESTRITTENERMASSEN IST GRUNDLAGE DES DER VERORDNUNG NR. 950/68 ALS ANHANG BEIGEFÜGTEN GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS DAS MIT DEM " ABKOMMEN ÜBER DAS ZOLLTARIFSCHEMA FÜR DIE EINREIHUNG DER WAREN IN DIE ZOLLTARIFE " VOM 15. DEZEMBER 1950, DEM DIE MITGLIEDSTAATEN BEIGETRETEN SIND, GESCHAFFENE " BRÜSSELER ZOLLTARIFSCHEMA ".

8 UM DIE EINHEITLICHE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DES ZOLLTARIFSCHEMAS SICHERZUSTELLEN, SIEHT DAS ABKOMMEN IN SEINEN ARTIKELN III UND IV VOR, DASS EIN AUSSCHUSS FÜR DAS ZOLLTARIFSCHEMA UNTER AUFSICHT DES RATES FÜR DIE ZUSAMMENARBEIT AUF DEM GEBIET DES ZOLLWESENS ERLÄUTERUNGEN UND TARIFAVISE AUSARBEITET.

9 DIESE ERLÄUTERUNGEN UND AVISE SIND EIN AUSLEGUNGSMITTEL FÜR DIE URSPRÜNGLICHE UND DIE GEGENWÄRTIGE BEDEUTUNG UND TRAGWEITE DER EINZELNEN TARIFNUMMERN. BEI FEHLEN EINSCHLAEGIGER VON DER GEMEINSCHAFT ERLASSENER BESTIMMUNGEN DÜRFEN DAHER DIE ZUR ANWENDUNG DER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN VORSCHRIFTEN, IN DIE DAS BRÜSSELER ZOLLTARIFSCHEMA ÜBERNOMMEN WURDE, BERUFENEN STELLEN DIE BEDEUTUNG NICHT AUSSER ACHT LASSEN, DIE DIESEN ERLÄUTERUNGEN UND AVISEN FÜR DIE AUSLEGUNG DES TARIFSCHEMAS ZUKOMMT.

10 INSBESONDERE IST, SOLANGE ZU DEN TARIFSTELLEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS NOCH KEINE GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN ERLÄUTERUNGEN ERGANGEN SIND, DIE BEACHTUNG DIESER ERLÄUTERUNGEN UND AVISE EIN BRAUCHBARES MITTEL, UM SICHERZUSTELLEN, DASS DER GEMEINSAME AUSSENZOLLTARIF AN ALLEN GRENZEN DES GEMEINSAMEN MARKTES EINHEITLICH AUSGELEGT UND ANGEWANDT WIRD. DIE HERANZIEHUNG UND BEACHTUNG DER ERLÄUTERUNGEN UND TARIFAVISE IST DAHER DER ANGLEICHUNG DER PRAXIS DER MIT DEM VOLLZUG DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS BETRAUTEN BEHÖRDEN FÖRDERLICH.

11 NACH ALLEDEM BRINGEN DIE ZIELE UND DIE STRUKTUR DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS MIT SICH, DASS BEI FEHLEN EINSCHLAEGIGER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHER BESTIMMUNGEN DIE GENANNTEN ERLÄUTERUNGEN UND TARIFAVISE ALS EIN MASSGEBLICHES ERKENNTNISMITTEL FÜR DIE AUSLEGUNG DER TARIFNUMMERN DER VERORDNUNG NR. 950/68 ANZUSEHEN SIND. DIE ZWEITE FRAGE DES BUNDESFINANZHOFS IST DAHER ZU BEJAHEN.

ZUR DRITTEN FRAGE

12 DIE DRITTE FRAGE IST NUR FÜR DEN FALL DER VERNEINUNG DER ZWEITEN GESTELLT UND BEDARF DAHER KEINER ENTSCHEIDUNG.

Kostenentscheidung:

13 DIE AUSLAGEN DER REGIERUNG DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, DIE VOR DEM GERICHTSHOF ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN HABEN, SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG.

14 FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM BUNDESFINANZHOF ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VOM BUNDESFINANZHOF GEMÄSS DESSEN BESCHLUSS VOM 25. FEBRUAR 1970 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT :

1. DIE VERORDNUNG NR. 950/68 DES RATES VOM 28. JUNI 1968 IST DAHIN AUSZULEGEN, DASS ES DEN MITGLIEDSTAATEN NICHT ERLAUBT IST, VERBINDLICHE INNERSTAATLICHE BESTIMMUNGEN ZU ERLASSEN, WELCHE DIE TRAGWEITE DER VERORDNUNG ODER IHRER TARIFSTELLEN BERÜHREN.

2. BEI FEHLEN EINSCHLAEGIGER, VON DER GEMEINSCHAFT ERLASSENER BESTIMMUNGEN SIND DIE IM " ABKOMMEN ÜBER DAS ZOLLTARIFSCHEMA FÜR DIE EINREIHUNG DER WAREN IN DIE ZOLLTARIFE " VORGESEHENEN ERLÄUTERUNGEN UND TARIFAVISE MASSGEBLICHE ERKENNTNISMITTEL FÜR DIE AUSLEGUNG DER POSITIONEN DES GEMEINSAMEN ZOLLTARIFS.

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