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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.10.1974
Aktenzeichen: 175-73
Rechtsgebiete: Beamtenstatut, EWGV


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 91
Beamtenstatut Art. 24a
EWGV Art. 173 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

DIE IN ARTIKEL 24A DES BEAMTENSTATUTS ANERKANNTE VEREINIGUNGSFREIHEIT BEDEUTET NICHT NUR, DASS DIE BEAMTEN UND BEDIENSTETEN DAS RECHT HABEN, FREI VEREINIGUNGEN IHRER WAHL ZU GRÜNDEN, SONDERN AUCH, DASS DIESE VEREINIGUNGEN SICH ZUR VERTEIDIGUNG DER BERUFLICHEN INTERESSEN IHRER MITGLIEDER JEDER ERLAUBTEN TÄTIGKEIT WIDMEN, INSBESONDERE AUCH GERICHTLICHE KLAGEN ERHEBEN KÖNNEN.

DAHER KANN EINE PARTEIFÄHIGE UND ORDNUNGSGEMÄSS VERTRETENE BERUFSVEREINIGUNG NACH ARTIKEL 173 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ANFECHTUNGSKLAGE GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN ERHEBEN, DIE AN SIE ERGANGEN SIND; SIE KANN AUCH UNTER DEN VORAUSSETZUNGEN DES ARTIKELS 37 DER SATZUNG DES GERICHTSHOFES EINEM VOR DEM GERICHTSHOF ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT BEITRETEN.

DAGEGEN KANN IM RAHMEN DES IN DEN ARTIKELN 90 UND 91 DES BEAMTENSTATUTS EINGERICHTETEN VERFAHRENS DER BESCHWERDE UND KLAGE, DAS AUSSCHLIESSLICH AUF INDIVIDÜLLE STREITSACHEN ZUGESCHNITTEN IST, EINE VON EINEM BERUFSVERBAND ERHOBENE KLAGE NICHT ZUGELASSEN WERDEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 8. OKTOBER 1974. - GEWERKSCHAFTSBUND - EUROPAEISCHER OEFFENTLICHER DIENST - BRUESSEL, DENISE MASSA UND ROSWITHA KORTNER GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 175-73.

Entscheidungsgründe:

1 ZIEL DER KLAGE, WELCHE DER " GEWERKSCHAFTSBUND - EUROPÄISCHER ÖFFENTLICHER DIENST - BRÜSSEL " ZUSAMMEN MIT FRÄULEIN DENISE MASSA UND FRAU ROSWITHA KORTNER, BEAMTINNEN DES RATES DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, AM 22. OKTOBER 1973 GEMÄSS ARTIKEL 90 UND 91 DES STATUTS DER BEAMTEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN ERHOBEN HAT, IST DIE AUFHEBUNG DER ERNENNUNG DER HERREN CHARLES GÖTZ UND ROGER BRISÄR AUF VERWALTUNGSRATSDIENSTPOSTEN DER BESOLDUNGSGRUPPE A 6, DIE GEGENSTAND DER STELLENAUSSCHREIBUNGEN 84/72 UND 86/72 WAREN, FERNER DIE AUFHEBUNG DER DIESEN ERNENNUNGEN VORAUSGEGANGENEN VORBEREITENDEN VERFÜGUNGEN SOWIE DER STILLSCHWEIGENDEN ABLEHNENDEN ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE VON DEN KLAGEPARTEIEN AM 26. UND 27. MÄRZ 1973 ERHOBENEN BESCHWERDEN, DIE AUF DIE RÜCKNAHME DER ANGEFOCHTENEN VERFÜGUNGEN GERICHTET WAREN.

2/4 DER RAT HAT MIT SCHRIFTSATZ VOM 27. NOVEMBER 1973 EINE PROZESSHINDERNDE EINREDE ERHOBEN UND BEANTRAGT, HIERÜBER VORAB ZU ENTSCHEIDEN. DIE ERSTE KAMMER DES GERICHTSHOFES, DER DER RECHTSSTREIT GEMÄSS ARTIKEL 95 PARAGRAPH 1 DER VERFAHRENSORDNUNG ZUGEWIESEN WAR, HAT MIT BESCHLUSS VOM 13. FEBRUAR 1974 DIE RECHTSSACHE DEM PLENUM DES GERICHTSHOFES VORGELEGT. DIESES HAT GEMÄSS ARTIKEL 91 DER VERFAHRENSORDNUNG BESCHLOSSEN, ÜBER DIE EINREDE VORAB ZU ENTSCHEIDEN.

5/6 FÜR DIE ZULÄSSIGKEIT DER KLAGE IST ZWISCHEN DEN KLAGEANTRAEGEN DES GEWERKSCHAFTSBUNDES UND DENEN DER BEIDEN ANDEREN KLAEGERINNEN ZU UNTERSCHEIDEN, DENN DIESE MACHEN GELTEND, DASS SIE IM EIGENEN NAMEN UND ZUR WAHRUNG IHRER PERSÖNLICHEN INTERESSEN UND NICHT ALS MITGLIEDER ODER FUNKTIONÄRE DES KLAEGERS ZU 1 KLAGEN.

DIE KLAGEANTRAEGE DES GEWERKSCHAFTSBUNDES

7/8 DER RAT MACHT IN ERSTER LINIE GELTEND, DA DER KLAGENDE GEWERKSCHAFTSBUND WEDER EIN " BEDIENSTETER " IM SINNE VON ARTIKEL 179 DES VERTRAGES SEI NOCH EINE " PERSON, AUF DIE DIESES STATUT ANWENDUNG FINDET, " IM SINNE VON ARTIKEL 91 DES STATUTS DER BEAMTEN, SEI DIE KLAGE UNZULÄSSIG. FERNER KÖNNE DAS RECHT DER GEWERKSCHAFTSORGANISATIONEN, ZUR VERTRETUNG DER KOLLEKTIVINTERESSEN DES PERSONALS ZU KLAGEN UND DIE RECHTMÄSSIGKEIT EINES VERWALTUNGSAKTES ANZUFECHTEN, NICHT ALS EIN ALLGEMEINER RECHTSGRUNDSATZ ANGESEHEN WERDEN, DER VON DEN MITGLIEDSTAATEN ANERKANNT UND DESHALB FÜR DIE GEMEINSCHAFTSRECHTSORDNUNG VERBINDLICH SEI.

9/13 NACH ARTIKEL 24A DES BEAMTENSTATUTS HABEN DIE BEAMTEN VEREINIGUNGSFREIHEIT UND KÖNNEN INSBESONDERE GEWERKSCHAFTEN ODER BERUFSVERBÄNDEN VON EUROPÄISCHEN BEAMTEN ANGEHÖREN. DIE KLAGENDE GEWERKSCHAFT IST EINE VEREINIGUNG, DER EINE GROSSE ZAHL VON BEAMTEN UND BEDIENSTETEN DER GEMEINSCHAFTSINSTITUTIONEN IN BRÜSSEL ANGEHÖRT; ES BESTEHT DAHER KEINE VERANLASSUNG, DARAN ZU ZWEIFELN, DASS SIE FÜR DIESE BEAMTEN REPRÄSENTATIV IST. NACH SEINER SATZUNG IST DER GEWERKSCHAFTSBUND SO VERFASST, DASS ER DIE ERFORDERLICHE AUTONOMIE BESITZT, UM IM RECHTSVERKEHR ALS VERANTWORTLICHE EINHEIT AUFZUTRETEN. DIE GEMEINSCHAFTSORGANE HABEN IHN ALS GESPRÄCHSPARTNER BEI VERHANDLUNGEN ÜBER SOLCHE PROBLEME ANERKANNT, WELCHE DIE KOLLEKTIVINTERESSEN DES PERSONALS BERÜHREN. DIE PARTEIFÄHIGKEIT KANN DEM KLAGENDEN GEWERKSCHAFTSBUND ALSO NICHT ABGESPROCHEN WERDEN.

14/16 DIE IN ARTIKEL 24A DES BEAMTENSTATUTS ANERKANNTE VEREINIGUNGSFREIHEIT BEDEUTET NACH DEN ALLGEMEINEN GRUNDSÄTZEN DES ARBEITSRECHTS NICHT NUR, DASS DIE BEAMTEN UND BEDIENSTETEN DAS RECHT HABEN, FREI VEREINIGUNGEN IHRER WAHL ZU GRÜNDEN, SONDERN AUCH, DASS DIESE VEREINIGUNGEN SICH ZUR VERTEIDIGUNG DER BERUFLICHEN INTERESSEN IHRER MITGLIEDER JEDER ERLAUBTEN TÄTIGKEIT WIDMEN KÖNNEN. DIE GERICHTLICHE KLAGE GEHÖRT ZU DEN MITTELN, DIE SOLCHEN VEREINIGUNGEN ZUR VERFÜGUNG STEHEN. IN DER GEMEINSCHAFTSRECHTSORDNUNG IST DIE AUSÜBUNG DIESES RECHTS JEDOCH AN DIE VORAUSSETZUNGEN GEKNÜPFT, DIE IN DEN GRÜNDUNGSVERTRAEGEN FÜR DAS RECHTSSCHUTZSYSTEM DER GEMEINSCHAFTEN NIEDERGELEGT SIND.

17/20 SO KANN EINE PARTEIFÄHIGE UND ORDNUNGSGEMÄSS VERTRETENE BERUFSVEREINIGUNG NACH ARTIKEL 173 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ANFECHTUNGSKLAGE GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN ERHEBEN, DIE IM SINNE DIESER BESTIMMUNG AN SIE ERGANGEN SIND. DAGEGEN KOMMT DIE ERHEBUNG EINER KLAGE IM RAHMEN DER GERICHTLICHEN VERFAHREN NACH ARTIKEL 90 UND 91 DES BEAMTENSTATUTS IN DER AUSFORMUNG, WELCHE DIESE BESTIMMUNGEN ARTIKEL 179 EWG-VERTRAG UND DEN ENTSPRECHENDEN ARTIKELN DES EGKS - UND EURATOM-VERTRAGS GEGEBEN HABEN, NICHT IN BETRACHT. ZWAR KANN ARTIKEL 179 GRUNDLAGE FÜR DIE REGELUNG DER GERICHTLICHEN ERLEDIGUNG NICHT NUR VON INDIVIDÜLLEN, SONDERN AUCH VON KOLLEKTIVEN STREITIGKEITEN ZWISCHEN DER GEMEINSCHAFT UND IHREN BEDIENSTETEN SEIN, DOCH IST DAS IN DEN ARTIKELN 90 UND 91 DES STATUTS EINGERICHTETE VERFAHREN DER BESCHWERDE UND KLAGE AUSSCHLIESSLICH AUF INDIVIDÜLLE STREITSACHEN ZUGESCHNITTEN. SONACH STEHT DIE IN ARTIKEL 91 VORGESEHENE KLAGE NUR DEN BEAMTEN UND SONSTIGEN BEDIENSTETEN OFFEN.

21 DAGEGEN ERÖFFNET ARTIKEL 37 ABSATZ 2 DER SATZUNG DES GERICHTSHOFES ALLEN PERSONEN EIN BEITRITTSRECHT, DIE EIN BERECHTIGTES INTERESSE AM AUSGANG EINES BEIM GERICHTSHOF ANHÄNGIGEN RECHTSSTREITS GLAUBHAFT MACHEN; DIES GILT AUCH FÜR STREITIGKEITEN IM SINNE VON ARTIKEL 91 DES BEAMTENSTATUTS.

22 BEI DER IM VORLIEGENDEN FALL GEGEBENEN SACH - UND RECHTSLAGE KANN DER GERICHTSHOF SONACH EINE VON EINEM BERUFSVERBAND NACH ARTIKEL 91 DES BEAMTENSTATUTS ERHOBENE KLAGE NICHT ZULASSEN.

23 DIE KLAGE IST DAHER ALS UNZULÄSSIG ABZUWEISEN, SOWEIT SIE VOM KLAEGER ZU 1 ERHOBEN IST.

DIE KLAGE DER KLAEGERINNEN MASSA UND KORTNER

24 SOWEIT DIE KLAGE VON DEN KLAEGERINNEN ZU 2 UND 3 ERHOBEN IST, ERSCHEINT ES ANGEBRACHT, DEN RECHTSSTREIT AN DIE ERSTE KAMMER DES GERICHTSHOFES ZURÜCKZUVERWEISEN.

Kostenentscheidung:

25/26 NACH ARTIKEL 69 PARAGRAPH 2 DER VERFAHRENSORDNUNG IST DIE UNTERLIEGENDE PARTEI ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN. WEGEN DES ALLGEMEINEN INTERESSES, DAS AN DER AUFGEWORFENEN FRAGE BESTEHT, SIND DIE KOSTEN JEDOCH, WAS DEN KLAEGER ZU 1 ANBELANGT, GEGENEINANDER AUFZUHEBEN; IM ÜBRIGEN IST DIE KOSTENENTSCHEIDUNG DEM ENDURTEIL VORZUBEHALTEN.

Tenor:

AUS DIESEN GRÜNDEN

HAT

DER GERICHTSHOF

FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. DIE KLAGE WIRD ALS UNZULÄSSIG ABGEWIESEN, SOWEIT SIE VOM KLAEGER ZU 1 ERHOBEN IST.

2. DIE KOSTEN WERDEN HINSICHTLICH DIESES KLAEGERS GEGENEINANDER AUFGEHOBEN.

3. IM ÜBRIGEN WIRD DER RECHTSSTREIT AN DIE ERSTE KAMMER DES GERICHTSHOFES ZURÜCKVERWIESEN.

Ende der Entscheidung

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