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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.03.1960
Aktenzeichen: 3-59
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 70 Abs. 4
EGV Art. 88
EGV Art. 14
EGV Art 39
EGV Art. 33
EGV Art. 37
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. KLAGEN NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 HABEN KEINE AUFSCHIEBENDE WIRKUNG.

2. KOMMT EIN MITGLIEDSTAAT EINER ENTSCHEIDUNG DER HOHEN BEHÖRDE NICHT NACH, OHNE DASS DIESE FÜR NICHTIG ERKLÄRT ODER IHR VOLLZUG AUSGESETZT WURDE, SO STELLT DIES EINE NICHTERFÜLLUNG SEINER VERPFLICHTUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 86 ABSATZ 1 DAR, WELCHE DIE HOHE BEHÖRDE GEMÄSS ARTIKEL 88 ABSATZ 1 FESTZUSTELLEN VERPFLICHTET IST.

3. MIT DER NICHTIGKEITSKLAGE DES ARTIKELS 33 GEGEN DIE VON DER HOHEN BEHÖRDE IN AUSÜBUNG IHRER FUNKTIONEN GETROFFENEN ENTSCHEIDUNGEN SOLL DIE RECHTSWIDRIGKEIT EINER ENTSCHEIDUNG FESTGESTELLT WERDEN, DIE AUSSERHALB DES ANWENDUNGSBEREICHS VON ARTIKEL 88 ERLASSEN WURDE; DIESE KLAGE UNTERSCHEIDET SICH DEMNACH GRUNDSÄTZLICH VON DER AUF GRUND VON ARTIKEL 88 ANHÄNGIG GEMACHTEN KLAGE, DIE NUR DIE FESTSTELLUNG DER DEM MITGLIEDSTAAT VORGEWORFENEN PFLICHTVERLETZUNG ZUM ZIEL HAT.

4. IN DEM URTEIL DES GERICHTSHOFES IN DER RECHTSSACHE NR. 9/56 IST ARTIKEL 36 ABSATZ 3 NICHT IN DEM SINNE AUSGELEGT WORDEN, DASS EIN KLAEGER DIE EINREDE DER RECHTSWIDRIGKEIT GEGEN ENTSCHEIDUNGEN ODER EMPFEHLUNGEN, DEREN NICHTBEACHTUNG IHM VORGEWORFEN WIRD, NICHT NUR DANN ERHEBEN KÖNNTE, WENN JENE ENTSCHEIDUNGEN ODER EMPFEHLUNGEN ALLGEMEINER ART, SONDERN AUCH WENN SIE INDIVIDÜLL UND AN IHN GERICHTET SIND. NACH EINEM GRUNDLEGENDEN RECHTSPRINZIP, DAS IN ARTIKEL 33 LETZTER ABSATZ SEINE BESTÄTIGUNG FINDET, DARF DIE RECHTMÄSSIGKEIT VON INDIVIDÜLLEN ENTSCHEIDUNGEN NACH ABLAUF DER KLAGEFRIST NICHT MEHR IN FRAGE GESTELLT WERDEN.

5. AUS DEM WORTLAUT VON ARTIKEL 88 GEHT NICHT HERVOR, DASS DIE FRIST ZUR ERFÜLLUNG EINER VERPFLICHTUNG MINDESTENS EBENSO LANG BEMESSEN SEIN MÜSSTE WIE DIE FRIST ZUR KLAGEERHEBUNG. WIE SICH AUS ABSATZ 3 DES GENANNTEN ARTIKELS ERGIBT, ERSCHEINT DIES AUCH NICHT ETWA IM INTERESSE DER MITGLIEDSTAATEN GEBOTEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 8. MAERZ 1960. - REGIERUNG DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GEGEN HOHE BEHOERDE DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFT FUER KOHLE UND STAHL. - RECHTSSACHE 3-59.

Entscheidungsgründe:

1. DIE KLAEGERIN BEHAUPTET IN ERSTER LINIE, DIE ANGEGRIFFENEN TEILE DER ENTSCHEIDUNGEN DER HOHEN BEHÖRDE MIT DEN AKTENZEICHEN NR. T/10.202 UND T/10.203 VOM 12. FEBRUAR 1958 HÄTTEN FÜR DIE BUNDESREGIERUNG KEINE UNMITTELBARE VERPFLICHTUNG BEGRÜNDET, DA SIE SICH IHREM OBJEKTIVEN INHALT NACH LEDIGLICH ALS EINSCHRÄNKUNGEN EINER NACH ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES EGKS-VERTRAGES ERTEILTEN GENEHMIGUNG DARSTELLTEN.

DIESES VORBRINGEN IST ZURÜCKZUWEISEN.

DIE VORERWÄHNTEN ANGEGRIFFENEN TEILE DER GENANNTEN ENTSCHEIDUNGEN BESTIMMEN AUSDRÜCKLICH UND IN EINKLANG MIT PARAGRAPH 10 ABSATZ 7 DES ÜBERGANGSABKOMMENS DIE FRISTEN, INNERHALB DERER EINE REIHE VON AUSNAHMETARIFEN ABZUÄNDERN SIND, WELCHE DIE HOHE BEHÖRDE AUF GRUND DIESER BESTIMMUNG ZU ÜBERPRÜFEN HATTE; JENE ENTSCHEIDUNGEN HABEN DER KLAEGERIN SOMIT DIE VERPFLICHTUNG AUFERLEGT, DIE IN FRAGE STEHENDEN TARIFFE INNERHALB DER VORGESCHRIEBENEN FRISTEN ABZUÄNDERN.

2. DIE KLAEGERIN IST FERNER DER AUFFASSUNG, SELBST WENN DIE ENTSCHEIDUNGEN VOM 12. FEBRUAR 1958 EINE VERPFLICHTUNG DER BUNDESREGIERUNG HÄTTEN ENTSTEHEN LASSEN, SO WÄRE DIESE BISHER NICHT VERLETZT WORDEN, DA DIE FRIST ZUR ABÄNDERUNG DER TARIFE DURCH DIE ERHEBUNG DER KLAGE 19/58 UNTERBROCHEN WORDEN SEI; DIESE SEI NÄMLICH UNTER ANDEREM AUF ARTIKEL 88 DES VERTRAGES GESTÜTZT UND HABE DAHER GEMÄSS ABSATZ 3 DIESES ARTIKELS AUFSCHIEBENDE WIRKUNG.

DIESER AUFFASSUNG KANN NICHT GEFOLGT WERDEN, UND ZWAR UNABHÄNGIG VON DER FRAGE, OB DIE KLAGE 19/58 ALS EINE KLAGE IM SINNE VON ARTIKEL 88 ANGESEHEN WERDEN KANN ODER MUSS, EINE FRAGE, ZU DER DER GERICHTSHOF ZUNÄCHST NICHT STELLUNG ZU NEHMEN BEABSICHTIGT.

ENTGEGEN DER ANSICHT DER KLAEGERIN BESTIMMT ARTIKEL 88 ABSATZ 3 NÄMLICH LEDIGLICH, DASS DIE UNTER BUCHSTABEN A UND B ERWÄHNTEN MASSNAHMEN NICHT ERGEHEN KÖNNEN, SOLANGE DIE KLAGE ANHÄNGIG IST. DIE ANSICHT, DIE VERFASSER DES VERTRAGES HÄTTEN DEN IN ARTIKEL 88 VORGESEHENEN KLAGEN AUFSCHIEBENDE WIRKUNG VERLEIHEN WOLLEN, IST NICHT VERTRETBAR; DENN ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS DER WORTLAUT DIESER BESTIMMUNG ZU DIESER FRAGE SCHWEIGT, KANN EINE SOLCHE AUSNAHME ZU DEM IN ARTIKEL 39 AUSGESPROCHENEN ALLGEMEINEN GRUNDSATZ NICHT UNTERSTELLT WERDEN. IM ÜBRIGEN STEHT AUCH DER INHALT VON ARTIKEL 88 DER ANNAHME EINER AUFSCHIEBENDEN WIRKUNG DER IN ABSATZ 2 DIESES ARTIKELS GENANNTEN KLAGEN ENTGEGEN. DENN DA DIE VON DER HOHEN BEHÖRDE GEMÄSS ABSATZ 1 DIESES ARTIKELS ERLASSENE ENTSCHEIDUNG FESTSTELLENDER ART IST, WÜRDE DIE ANNAHME EINER DERARTIGEN WIRKUNG DER KLAGE 19/58 DARAUF HINAUSLAUFEN, DASS NICHT DER VOLLZUG JENER ENTSCHEIDUNG AUSGESETZT WÜRDE, SONDERN VIELMEHR DIE BINDENDE WIRKUNG DER VERTRAGSBESTIMMUNGEN ODER FRÜHEREN ENTSCHEIDUNGEN DER HOHEN BEHÖRDE, UM DEREN BEFOLGUNG ES SICH IM VORLIEGENDEN FALL HANDELT.

3. IN DER MÜNDLICHEN VERHANDLUNG HAT DIE KLAEGERIN GELTEND GEMACHT, DASS RECHTSGESTALTENDE ENTSCHEIDUNGEN IHRE VOLLE WIRKUNG IM ALLGEMEINEN ERST NACH ABLAUF DER FÜR IHRE ANFECHTUNG VORGESEHENEN FRIST ODER NACH ERLASS DES URTEILS IN DER WEGEN EINER SOLCHEN ENTSCHEIDUNG ETWA ANHÄNGIG GEMACHTEN RECHTSSACHE ENTFALTETEN; AUS DIESEM GRUNDE MÜSSE OHNE WEITERES DAVON AUSGEGANGEN WERDEN, DASS DIE KLAGE 19/58 AUFSCHIEBENDE WIRKUNG GEHABT HABE.

DIESE ERWAEGUNGEN HABEN IHRE BERECHTIGUNG FÜR BESTIMMTE GEBIETE DES PRIVATRECHTS, NICHT ABER IM VERWALTUNGSRECHT, WO DIE REGEL GILT, DASS ENTSCHEIDUNGEN MIT IHREM ERLASS BEZIEHUNGSWEISE MIT IHRER ZUSTELLUNG ODER VERÖFFENTLICHUNG BINDENDE KRAFT ERLANGEN.

NACH ARTIKEL 14 DES VERTRAGES SIND DIE ENTSCHEIDUNGEN DER HOHEN BEHÖRDE IN ALLEN IHREN TEILEN VERBINDLICH; GEMÄSS ARTIKEL 39 DES VERTRAGES IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 33 DER SATZUNG DES GERICHTSHOFES HABEN DIE BEIM GERICHTSHOF ANHÄNGIG GEMACHTEN KLAGEN KEINE AUFSCHIEBENDE WIRKUNG, FALLS NICHT DER GERICHTSHOF ODER SEIN PRÄSIDENT EINE GEGENTEILIGE ANORDNUNG TRIFFT. DA DIE KLAEGERIN KEINEN ANTRAG AUF AUSSETZUNG DES VOLLZUGS DER BETREFFENDEN ENTSCHEIDUNGEN GESTELLT HAT, HABEN DIESE IHRE VERBINDLICHE KRAFT BEHALTEN, UND ZWAR GANZ UNABHÄNGIG VON DER RECHTSNATUR UND DEN WIRKUNGEN DER KLAGE 19/58.

4. DIE KLAEGERIN BEHAUPTET FERNER, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG ERMANGELE DER RECHTLICHEN GRUNDLAGE, WEIL DIE ENTSCHEIDUNGEN VOM 12. FEBRUAR 1958 NICHT RECHTMÄSSIG SEIEN. SIE MACHT INFOLGEDESSEN GEGEN JENE ENTSCHEIDUNG DIE GLEICHEN VORWÜRFE GELTEND, DIE SIE BEREITS MIT DER KLAGE 19/58 GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN VOM 12. FEBRUAR 1958 ERHOBEN HATTE; HIERBEI STÜTZT SIE SICH AUF DIE AUFFASSUNG, ARTIKEL 88 GEWÄHRE DEN MITGLIEDSTAATEN EINE BESONDERE KLAGE, DIE SICH VON DERJENIGEN NACH ARTIKEL 33 UNTERSCHEIDE UND DEN STAATEN DEN RECHTSVORTEIL EINES VERFAHRENS MIT UNBESCHRÄNKTER ERMESSENSNACHPRÜFUNG ( PLEINE JURIDICTION ) EINRÄUME, WELCHE SICH AUCH AUF DIE NACHPRÜFUNG DER RECHTMÄSSIGKEIT DER GRUNDENTSCHEIDUNGEN ERSTRECKE.

DIESEM VORBRINGEN KANN SICH DER GERICHTSHOF NICHT ANSCHLIESSEN.

DIE AUFFASSUNG, DIE MITGLIEDSTAATEN HÄTTEN DAS RECHT, IM VERFAHREN MIT UNBESCHRÄNKTER ERMESSENSNACHPRÜFUNG ( PLEINE JURIDICTION ) NICHT NUR DIE ENTSCHEIDUNGEN ANZUFECHTEN, WELCHE DIE HOHE BEHÖRDE AUF GRUND VON ARTIKEL 88, SONDERN AUCH DIEJENIGEN, DIE SIE KRAFT IHRER ALLGEMEINEN BEFUGNISSE AUS DEM VERTRAG ERLASSEN HAT, IST RECHTLICH NICHT HALTBAR. SIE STEHT IN WIDERSPRUCH ZU ARTIKEL 33, WONACH DIE MITGLIEDSTAATEN EBENSO WIE DIE UNTERNEHMEN GEGEN DIESE LETZTEREN ENTSCHEIDUNGEN ZWAR DIE NICHTIGKEITSKLAGE, NICHT ABER DIE KLAGE IM VERFAHREN MIT UNBESCHRÄNKTER ERMESSENSNACHPRÜFUNG ( PLEINE JURIDICTION ) ERHEBEN KÖNNEN. KOMMT EIN MITGLIEDSTAAT EINER ENTSCHEIDUNG DER HOHEN BEHÖRDE NICHT NACH, OHNE DASS DIESE FÜR NICHTIG ERKLÄRT ODER IHR VOLLZUG AUSGESETZT WURDE, SO STELLT DIES EINE NICHTERFÜLLUNG SEINER VERPFLICHTUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 86 ABSATZ 1 DAR, WELCHE DIE HOHE BEHÖRDE GEMÄSS ARTIKEL 88 ABSATZ 1 FESTZUSTELLEN VERPFLICHTET IST.

IM VORLIEGENDEN FALLE IST DIE HOHE BEHÖRDE MIT DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG DIESER VERPFLICHTUNG NACHGEKOMMEN.

DEMZUFOLGE IST DIE GENANNTE ENTSCHEIDUNG DAHINGEHEND AUSZULEGEN, DASS SIE LEDIGLICH DIE FORMELLE NICHTERFÜLLUNG FESTSTELLT, OHNE ERNEUT ÜBER DIE IN DEN ENTSCHEIDUNGEN VOM FEBRUAR 1958 GEREGELTEN FRAGEN ZU BEFINDEN.

DIE KLAEGERIN BEHAUPTET ZWAR, BEI EINER SOLCHEN AUSLEGUNG WÜRDE DIE IN ARTIKEL 88 VORGESEHENE " KLAGE MIT UNBESCHRÄNKTER ERMESSENSNACHPRÜFUNG " ( RECOURS DE PLEINE JURIDICTION ) IHREN SINN VERLIEREN. DIESER ANSICHT IST JEDOCH NICHT BEIZUTRETEN. ZIEL DER KLAGEN NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 IST, DIE VON DER HOHEN BEHÖRDE GETROFFENE FESTSTELLUNG, DASS EIN MITGLIEDSTAAT SEINE VERPFLICHTUNGEN NICHT ERFÜLLT HABE, SOWIE DIE SICH AUS DIESER FESTSTELLUNG ERGEBENDEN MASSNAHMEN DER NACHPRÜFUNG DURCH DEN GERICHTSHOF ZU UNTERBREITEN. DAGEGEN KÖNNEN DIE ENTSCHEIDUNGEN, WELCHE DIE HOHE BEHÖRDE IN AUSÜBUNG IHRER AUSSERHALB VON ARTIKEL 88 LIEGENDEN BEFUGNISSE ERLÄSST, REGELMÄSSIG GEGENSTAND EINER KLAGE NACH ARTIKEL 33 SEIN.

DIE HOHE BEHÖRDE KANN DIE PFLICHTVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATES SOWOHL IN BEZUG AUF EINE BESTIMMUNG DES VERTRAGES ALS AUCH IN BEZUG AUF EINE VON IHR ERLASSENE ENTSCHEIDUNG FESTSTELLEN. DAHER MÜSSEN ZWEI ARTEN VON KLAGEN AUSEINANDERGEHALTEN WERDEN, NÄMLICH EINERSEITS DIE AUF GRUND VON ARTIKEL 33 ERHOBENE KLAGE WEGEN EINER ETWAIGEN FRÜHEREN ENTSCHEIDUNG, DEREN NICHTBEFOLGUNG DIE HOHE BEHÖRDE IN DER FOLGEZEIT FESTGESTELLT HAT, ANDERERSEITS DIE AUF ARTIKEL 88 ABSATZ 2 GESTÜTZTE KLAGE, WELCHE SICH GEGEN EBEN DIESE FESTSTELLENDE ENTSCHEIDUNG RICHTET. BEIDE KLAGEN DIENEN NÄMLICH GANZ VERSCHIEDENEN ZWECKEN. MIT DER ERSTEN SOLL DIE RECHTSWIDRIGKEIT EINER ENTSCHEIDUNG FESTGESTELLT WERDEN, DIE AUSSERHALB DES ANWENDUNGSBEREICHS VON ARTIKEL 88 ERLASSEN WURDE; DIE ZWEITE DAGEGEN KANN NUR ZUM ZIEL HABEN,

A ) DIE NICHTIGERKLÄRUNG DER DIE ANGEBLICHE PFLICHTVERLETZUNG FESTSTELLENDEN ENTSCHEIDUNG ZU ERREICHEN, WOBEI DER NACHWEIS ZU ERBRINGEN IST, DASS DER BETREFFENDE MITGLIEDSTAAT SEINEN VERPFLICHTUNGEN AUS DER ENTSCHEIDUNG, DEREN NICHTBEACHTUNG IHM VORGEWORFEN WIRD, NACHGEKOMMEN IST, WAS ABER WIEDERUM DIE MÖGLICHKEIT AUSSCHLIESST, GLEICHZEITIG AUCH DIE RECHTMÄSSIGKEIT DIESER ENTSCHEIDUNG IN ABREDE ZU STELLEN,

B ) DIE AUF DER FESTSTELLUNG DER NICHTBEFOLGUNG BERUHENDEN MASSNAHMEN FÜR NICHTIG ERKLÄREN ODER ABÄNDERN ZU LASSEN.

WÜRDE MAN SICH DER AUSLEGUNG DER KLAEGERIN ANSCHLIESSEN, SO HÄTTE DIES - WORAUF BESONDERS HINZUWEISEN IST - ZUR FOLGE, DASS DIE MITGLIEDSTAATEN DIE VON DER HOHEN BEHÖRDE IHNEN GEGENÜBER ERLASSENEN ENTSCHEIDUNGEN UNBEACHTET LASSEN UND ABWARTEN KÖNNTEN, BIS DIE HOHE BEHÖRDE GEGEN SIE DAS VERFAHREN NACH ARTIKEL 88 EINLEITET, UM DANN IHRERSEITS, SOOFT DIES IHNEN ZWECKDIENLICH ERSCHEINT, EIN VERFAHREN WEGEN DIESER ENTSCHEIDUNGEN ANHÄNGIG ZU MACHEN.

ÜBERDIES STEHT DEN MITGLIEDSTAATEN DIE - IM RAHMEN VON ARTIKEL 88, WIE VORSTEHEND AUFGEFÜHRT, NICHT GEGEBENE - MÖGLICHKEIT, DIE RECHTMÄSSIGKEIT DER FRÜHEREN ENTSCHEIDUNGEN IN FRAGE ZU STELLEN, IMMERHIN DANN OFFEN, WENN DIE BESONDEREN VORAUSSETZUNGEN VON ARTIKEL 37 VORLIEGEN.

DIE KLAEGERIN STÜTZT IHRE AUSLEGUNG AUF DAS URTEIL DES GERICHTSHOFES NR. 9/56, VERKENNT HIERBEI ABER DESSEN SINN UND TRAGWEITE. IN DIESEM URTEIL IST ARTIKEL 36 ABSATZ 3 KEINESWEGS IN DEM SINNE AUSGELEGT WORDEN, DASS EIN KLAEGER DIE EINREDE DER RECHTSWIDRIGKEIT GEGEN ENTSCHEIDUNGEN ODER EMPFEHLUNGEN, DEREN NICHTBEACHTUNG IHM VORGEWORFEN WIRD, NICHT NUR DANN ERHEBEN KÖNNTE, WENN JENE ENTSCHEIDUNGEN ODER EMPFEHLUNGEN ALLGEMEINER ART, SONDERN AUCH WENN SIE INDIVIDÜLL UND AN IHN GERICHTET SIND. EINE SOLCHE AUSLEGUNG STÜNDE IM ÜBRIGEN IN OFFENSICHTLICHEM WIDERSPRUCH ZU EINEM GRUNDLEGENDEN RECHTSPRINZIP, DAS IN ARTIKEL 33 LETZTER ABSATZ SEINE BESTÄTIGUNG FINDET. DIE AUSSCHLUSSFRIST FÜR KLAGEN ENTSPRICHT EINEM ALLGEMEIN ANERKANNTEN ERFORDERNIS, NÄMLICH DASS DIE RECHTMÄSSIGKEIT VON VERWALTUNGSENTSCHEIDUNGEN NICHT AUF UNBEGRENZTE ZEIT IN FRAGE GESTELLT WERDEN UND DAHER AUCH NICHT MEHR NACH ABLAUF DER ANFECHTUNGSFRIST ZUM GEGENSTAND DER ERÖRTERUNG GEMACHT WERDEN DARF. WENN HIERNACH SELBST ARTIKEL 36 NICHT GESTATTET, DIE RECHTMÄSSIGKEIT EINER INDIVIDÜLLEN ENTSCHEIDUNG DER HOHEN BEHÖRDE NACH ABLAUF JENER FRIST ERNEUT IN FRAGE ZU STELLEN, SO KANN DIES ERST RECHT NICHT NACH ARTIKEL 88 ZULÄSSIG SEIN, DER ZU DIESER FRAGE SCHWEIGT.

DER GERICHTSHOF IST NACH ALLEDEM NICHT BEFUGT, DIE VON DER KLAEGERIN GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN VOM 12. FEBRUAR 1958 ERHOBENEN VORWÜRFE ZU PRÜFEN, DA DIE KLAEGERIN WEGEN DIESER ENTSCHEIDUNGEN GEMÄSS ARTIKEL 33 KLAGE ERHEBEN KONNTE UND ÜBERDIES NACH DER ÜBEREINSTIMMENDEN AUFFASSUNG BEIDER PARTEIEN FRISTGEMÄSS ERHOBEN HAT.

SCHLIESSLICH BEANSTANDET DIE KLAEGERIN, DASS DIE IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG FESTGESETZTE FRIST KÜRZER IST ALS DIE IN ARTIKEL 88 VORGESEHENE KLAGEFRIST.

DIESER VORWURF IST UNBEGRÜNDET. AUS DEM WORTLAUT VON ARTIKEL 88 GEHT NICHT HERVOR, DASS DIE FRIST ZUR ERFÜLLUNG EINER VERPFLICHTUNG MINDESTENS EBENSO LANG BEMESSEN SEIN MÜSSTE WIE DIE FRIST ZUR KLAGEERHEBUNG. DIES ERSCHEINT AUCH NICHT ETWA IM INTERESSE DER MITGLIEDSTAATEN GEBOTEN, DENN WENN DIE HOHE BEHÖRDE DIE UNTER BUCHSTABEN A UND B VORGESEHENEN MASSNAHMEN BEREITS VOR ABLAUF DER KLAGEFRIST EINLEITEN SOLLTE, SO WÜRDE EINEM DERARTIGEN VORGEHEN, WIE AUS ARTIKEL 88 ABSATZ 3 EINDEUTIG ERSICHTLICH, DURCH EINE RECHTZEITIG HIERGEGEN ERHOBENE KLAGE DER BODEN ENTZOGEN.

AUS ALLEN DIESEN GRÜNDEN IST DIE GEGEN DIE ENTSCHEIDUNG VOM 1. DEZEMBER 1958 ERHOBENE KLAGE ABZUWEISEN.

Kostenentscheidung:

DIE KLAEGERIN IST IN ALLEN PUNKTEN UNTERLEGEN UND HAT DAHER DIE GESAMTEN KOSTEN DES RECHTSSTREITS ZU TRAGEN.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

DIE KLAGE WIRD ABGEWIESEN.

DIE KLAEGERIN WIRD ZUR TRAGUNG DER KOSTEN VERURTEILT.

Ende der Entscheidung

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