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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.12.1976
Aktenzeichen: 33-76
Rechtsgebiete: EWG, EG


Vorschriften:

EWG Art. 177
EWG Art. 9
EWG Art. 5
EWG Art. 13 Abs. 2
EWG Art. 100
EG Art. 234
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DIE IN ARTIKEL 13 EWG-VERTRAG UND IN ARTIKEL 13 DER VERORDNUNG NR. 159/66/EWG AUSGESPROCHENEN VERBOTE WIRKEN UNMITTELBAR UND BEGRÜNDEN FÜR DIE EINZELNEN BÜRGER RECHTE , WELCHE DIE INNERSTAATLICHEN GERICHTE ZU SCHÜTZEN HABEN.

2. MANGELS EINER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN REGELUNG AUF DIESEM GEBIET SIND DIE BESTIMMUNG DER ZUSTÄNDIGEN GERICHTE UND DIE AUSGESTALTUNG DES VERFAHRENS FÜR DIE KLAGEN , DIE DEN SCHUTZ DER DEM BÜRGER AUS DER UNMITTELBAREN WIRKUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ERWACHSENDEN RECHTE GEWÄHRLEISTEN SOLLEN , SACHE DER INNERSTAATLICHEN RECHTSORDNUNG DER EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN ; DABEI DÜRFEN FREILICH DIESE BEDINGUNGEN NICHT UNGÜNSTIGER GESTALTET WERDEN ALS FÜR GLEICHARTIGE KLAGEN , DIE DAS INNERSTAATLICHE RECHT BETREFFEN. ANDERS WÄRE ES NUR , WENN DIESE VERFAHRENSREGELN DIE VERFOLGUNG VON RECHTEN , DIE DIE INNERSTAATLICHEN GERICHTE ZU SCHÜTZEN VERPFLICHTET SIND , PRAKTISCH UNMÖGLICH MACHTEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 16. DEZEMBER 1976. - REWE-ZENTRALFINANZ EG UND REWE-ZENTRAL AG GEGEN LANDWIRTSCHAFTSKAMMER FUER DAS SAARLAND. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT. - RECHTSSACHE 33-76.

Entscheidungsgründe:

1 DAS BUNDESVERWALTUNGSGERICHT HAT MIT BESCHLUSS VOM 23. JANUAR 1976 , IN DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 6. APRIL 1976 , NACH ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG DREI DIE ARTIKEL 5 , 9 UND 13 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG BETREFFENDE FRAGEN ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORGELEGT.

2 DIESE FRAGEN STELLEN SICH IM RAHMEN EINES RECHTSSTREITS ÜBER DIE ZAHLUNG VON GEBÜHREN FÜR DIE PHYTOSANITÄRE UNTERSUCHUNG BEI DER EINFUHR FRANZÖSISCHER ÄPFEL DURCH DIE REVISIONSKLAEGERIN IM JAHRE 1968 ; DIESE GEBÜHREN HATTE DER GERICHTSHOF IN SEINEM URTEIL VOM 11. OKTOBER 1973 IN DER RECHTSSACHE 39/73 ( SLG. 1973 , 1039 ) ALS ABGABEN ZOLLGLEICHER WIRKUNG ANGESEHEN. DIE REVISIONSBEKLAGTE WIES DIE WIDERSPRÜCHE , MIT DENEN DIE KLAEGERIN DIE AUFHEBUNG DER GEBÜHRENBESCHEIDE UND DIE ERSTATTUNG DER GEZAHLTEN BETRAEGE ( NEBST ZINSEN ) BEGEHRTE , MIT DER BEGRÜNDUNG ZURÜCK , SIE SEIEN WEGEN VERSÄUMUNG DER IN ARTIKEL 58 DER VERWALTUNGSGERICHTSORDNUNG BESTIMMTEN FRISTEN UNZULÄSSIG.

3 DIE ERSTE FRAGE GEHT DAHIN , OB BEI EINEM VERSTOSS DER EINZELSTAATLICHEN VERWALTUNG GEGEN DAS VERBOT ZOLLGLEICHER ABGABEN ( ARTIKEL 5 , 9 UND 13 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ) DER BETROFFENE MARKTBÜRGER AUCH DANN , WENN DER VERWALTUNGSAKT NACH NATIONALEM VERFAHRENSRECHT WEGEN FRISTVERSÄUMUNG UNANFECHTBAR GEWORDEN IST , EINEN GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN ANSPRUCH AUF AUFHEBUNG ODER ZURÜCKNAHME DES VERWALTUNGSAKTES UND/ODER RÜCKGEWÄHR DES GELEISTETEN HAT. DAS BUNDESVERWALTUNGSGERICHT FRAGT ZWEITENS , OB DAS ZUMINDEST DANN GILT , WENN DER GERICHTSHOF DEN VERSTOSS GEGEN DAS GEMEINSCHAFTSRECHTLICHE VERBOT BEREITS FESTGESTELLT HAT , UND DRITTENS , FÜR DEN FALL DER BEJAHUNG EINES GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN ANSPRUCHS AUF RÜCKGEWÄHR , OB DIESER ZAHLUNGSANSPRUCH ZU VERZINSEN IST UND , WENN JA , VON WELCHEM ZEITPUNKT AN UND IN WELCHER HÖHE.

ZUR ERSTEN FRAGE

4 WEDER DIE BEKLAGTE NOCH DAS VORLEGENDE GERICHT ZWEIFELN AN DER RECHTSWIDRIGKEIT DER ERHEBUNG DER UMSTRITTENEN GEBÜHREN. ES IST ALLERDINGS KLARZUSTELLEN , DASS , OBGLEICH DIE UNMITTELBARE WIRKUNG VON ARTIKEL 13 ABSATZ 2 EWGVERTRAG ERST SEIT DEM 1. JANUAR 1970 , DEM ENDE DER ÜBERGANGSZEIT , GELTEND GEMACHT WERDEN KONNTE , DIE ERHEBUNG DIESER GEBÜHREN SCHON VOR JENEM ZEITPUNKT RECHTSWIDRIG WAR , UND ZWAR NACH ARTIKEL 13 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 159/66/EWG DES RATES VOM 25. OKTOBER 1966 ( ABL. NR. 192 VOM 27. OKTOBER 1966 ), DER SOLCHE ABGABEN FÜR OBST UND GEMÜSE MIT WIRKUNG VOM 1. JANUAR 1967 AN ABGESCHAFFT HATTE.

5 DIE IN ARTIKEL 13 EWG-VERTRAG UND IN ARTIKEL 13 DER VERORDNUNG NR. 159/66/EWG AUSGESPROCHENEN VERBOTE WIRKEN UNMITTELBAR UND BEGRÜNDEN FÜR DIE EINZELNEN BÜRGER RECHTE , WELCHE DIE INNERSTAATLICHEN GERICHTE ZU SCHÜTZEN HABEN. DIE AUFGABE , DEN RECHTSSCHUTZ ZU GEWÄHRLEISTEN , DER SICH FÜR DIE BÜRGER AUS DER UNMITTELBAREN WIRKUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ERGIBT , OBLIEGT ENTSPRECHEND DEM IN ARTIKEL 5 EWG-VERTRAG AUSGESPROCHENEN GRUNDSATZ DER MITWIRKUNGSPFLICHT DEN INNERSTAATLICHEN GERICHTEN. MANGELS EINER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN REGELUNG AUF DIESEM GEBIET SIND DESHALB DIE BESTIMMUNG DER ZUSTÄNDIGEN GERICHTE UND DIE AUSGESTALTUNG DES VERFAHRENS FÜR DIE KLAGEN , DIE DEN SCHUTZ DER DEM BÜRGER AUS DER UNMITTELBAREN WIRKUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ERWACHSENDEN RECHTE GEWÄHRLEISTEN SOLLEN , SACHE DER INNERSTAATLICHEN RECHTSORDNUNG DER EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN ; DABEI DÜRFEN FREILICH DIESE BEDINGUNGEN NICHT UNGÜNSTIGER GESTALTET WERDEN ALS FÜR GLEICHARTIGE KLAGEN , DIE DAS INNERSTAATLICHE RECHT BETREFFEN. DIE ARTIKEL 100 BIS 102 UND ARTIKEL 135 EWG-VERTRAG GESTATTEN ES GEGEBENENFALLS , DIE ERFORDERLICHEN MASSNAHMEN ZU TREFFEN , UM DIE UNTERSCHIEDE IN DEN RECHTS- ODER VERWALTUNGSVORSCHRIFTEN DER MITGLIEDSTAATEN IN DIESEM BEREICH AUSZURÄUMEN , WENN SICH ERWEISEN SOLLTE , DASS SIE VERZERRUNGEN HERVORZURUFEN ODER DAS FUNKTIONIEREN DES GEMEINSAMEN MARKTES ZU BEEINTRÄCHTIGEN GEEIGNET SIND. IN ERMANGELUNG SOLCHER HARMONISIERUNGSMASSNAHMEN MÜSSEN DIE DURCH DAS GEMEINSCHAFTSRECHT GEWÄHRTEN RECHTE VOR DEN INNERSTAATLICHEN GERICHTEN NACH DEN VERFAHRENSREGELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS VERFOLGT WERDEN. ANDERS WÄRE ES NUR , WENN DIESE VERFAHRENSREGELN UND FRISTEN DIE VERFOLGUNG VON RECHTEN , DIE DIE INNERSTAATLICHEN GERICHTE ZU SCHÜTZEN VERPFLICHTET SIND , PRAKTISCH UNMÖGLICH MACHTEN. DIES LÄSST SICH VON DER FESTSETZUNG ANGEMESSENER AUSSCHLUSSFRISTEN FÜR DIE RECHTSVERFOLGUNG NICHT SAGEN. DIE FESTSETZUNG SOLCHER FRISTEN FÜR DIE RECHTSVERFOLGUNG IM ABGABENRECHTLICHEN BEREICH IST EIN ANWENDUNGSFALL DES GRUNDLEGENDEN PRINZIPS DER RECHTSSICHERHEIT , DAS ZUGLEICH DEN ABGABEPFLICHTIGEN UND DIE BEHÖRDE SCHÜTZT.

6 DIE ANTWORT AUF DIE ERSTE FRAGE MUSS ALSO LAUTEN , DASS DAS GEMEINSCHAFTSRECHT ES BEI SEINEM GEGENWÄRTIGEN STAND NICHT VERBIETET , EINEM BÜRGER , DER VOR EINEM INNERSTAATLICHEN GERICHT DIE ENTSCHEIDUNG EINER INNERSTAATLICHEN STELLE WEGEN VERSTOSSES GEGEN DAS GEMEINSCHAFTSRECHT ANFICHT , DEN ABLAUF DER IM INNERSTAATLICHEN RECHT VORGESEHENEN FRISTEN FÜR DIE RECHTSVERFOLGUNG ENTGEGENZUHALTEN , WOBEI FREILICH DAS VERFAHREN FÜR DIE KLAGE NICHT UNGÜNSTIGER AUSGESTALTET SEIN DARF ALS FÜR GLEICHARTIGE KLAGEN , DIE DAS INNERSTAATLICHE RECHT BETREFFEN.

ZUR ZWEITEN FRAGE

7 DER ETWAIGE UMSTAND , DASS DER GERICHTSHOF ÜBER DIE VERTRAGSVERLETZUNG BEREITS ENTSCHIEDEN HAT , HAT AUF DIE BEANTWORTUNG DER ERSTEN FRAGE KEINEN EINFLUSS.

ZUR DRITTEN FRAGE

8 IN ANBETRACHT DER ANTWORT AUF DIE ERSTE FRAGE IST DIE DRITTE FRAGE GEGENSTANDSLOS.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

9 DIE AUSLAGEN DER REGIERUNG DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND , DER REGIERUNG DER ITALIENISCHEN REPUBLIK , DER REGIERUNG DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS UND DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE ERKLÄRUNGEN VOR DEM GERICHTSHOF ABGEGEBEN HABEN , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DER RECHTSSTREIT EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM VORLEGENDEN GERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE KOSTEN OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

AUS DIESEN GRÜNDEN

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE VOM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT MIT BESCHLUSS VOM 23. JANUAR 1976 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT :

1. DAS GEMEINSCHAFTSRECHT VERBIETET ES BEI SEINEM GEGENWÄRTIGEN STAND NICHT , EINEM BÜRGER , DER VOR EINEM INNERSTAATLICHEN GERICHT DIE ENTSCHEIDUNG EINER INNERSTAATLICHEN STELLE WEGEN VERSTOSSES GEGEN DAS GEMEINSCHAFTSRECHT ANFICHT , DEN ABLAUF DER IM INNERSTAATLICHEN RECHT VORGESEHENEN FRISTEN FÜR DIE RECHTSVERFOLGUNG ENTGEGENZUHALTEN , WOBEI FREILICH DAS VERFAHREN FÜR DIE KLAGE NICHT UNGÜNSTIGER AUSGESTALTET SEIN DARF ALS FÜR GLEICHARTIGE KLAGEN , DIE DAS INNERSTAATLICHE RECHT BETREFFEN.

2. DER ETWAIGE UMSTAND , DASS DER GERICHTSHOF ÜBER DIE VERTRAGSVERLETZUNG BEREITS ENTSCHIEDEN HAT , HAT AUF DIE BEANTWORTUNG DER ERSTEN FRAGE KEINEN EINFLUSS.

Ende der Entscheidung

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