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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 31.03.1977
Aktenzeichen: 79-76
Rechtsgebiete: EG, EWG, VO 3, VO 1408/7


Vorschriften:

EG Art. 234
EWG Art. 177
VO 3 Art. 8
VO 1408/7 Art. 3 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. RECHTSVORSCHRIFTEN , DIE DEN BETROFFENEN EINE GESETZLICH UMSCHRIEBENE , VON JEDER ERMESSENSBEURTEILUNG DER PERSÖNLICHEN BEDÜRFTIGKEIT UND VERHÄLTNISSE IM EINZELFALL UNABHÄNGIGE RECHTSSTELLUNG EINRÄUMEN , SIND GRUNDSÄTZLICH DEM BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DES ARTIKELS 51 EWG-VERTRAG UND DER VERORDNUNGEN NR. 3 UND NR. 1408/71 ZUZUORDNEN.

2. WENN DIE ZUSTÄNDIGEN VERSICHERUNGSTRAEGER , BEI DENEN DIE VON EINER - DIE MILDERUNG BESTIMMTER , DURCH DIE EREIGNISSE IM ZUSAMMENHANG MIT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN HERRSCHAFT UND DEM ZWEITEN WELTKRIEG ENTSTANDENER HÄRTEFÄLLE BEZWECKENDEN - DEUTSCHEN RECHTSVORSCHRIFT ERFASSTEN PERSONEN VOR 1945 VERSICHERT WAREN , NICHT MEHR BESTEHEN ODER SICH AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND BEFINDEN UND WENN DIE ZAHLUNG DER FRAGLICHEN LEISTUNGEN AN DIE EIGENEN STAATSANGEHÖRIGEN ERMESSENSSACHE IST , FALLS DIESE IM AUSLAND WOHNEN , DANN SIND DIESE LEISTUNGEN NICHT ALS DEM BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT ZUGEHÖRIG ANZUSEHEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 31. MAERZ 1977. - CARLO FOSSI GEGEN BUNDESKNAPPSCHAFT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESSOZIALGERICHT. - RECHTSSACHE 79-76.

Entscheidungsgründe:

1 DAS BUNDESSOZIALGERICHT HAT MIT BESCHLUSS VOM 29. JUNI 1976 , BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 6. AUGUST 1976 , GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG EINE FRAGE NACH DER AUSLEGUNG VON ARTIKEL 8 DER VERORDNUNG NR. 3 DES RATES VOM 25. SEPTEMBER 1958 ÜBER DIE SOZIALE SICHERHEIT DER WANDERARBEITNEHMER ( ABL. 1958 , S. 561 ) UND ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 DES RATES VOM 14. JUNI 1971 ZUR ANWENDUNG DER SYSTEME DER SOZIALEN SICHERHEIT AUF ARBEITNEHMER UND DEREN FAMILIEN , DIE INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ZU- UND ABWANDERN ( ABL. 1971 , L 149 , S. 2 ), ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORGELEGT.

2 DIESE FRAGE IST IN EINEM RECHTSSTREIT AUFGEWORFEN WORDEN , IN DEM EIN IN ITALIEN WOHNENDER ITALIENISCHER STAATSANGEHÖRIGER , DER VOM 1. JUNI 1942 BIS ZUM 1. JULI 1943 IN EINEM BERGWERK DES SEINERZEIT IN DAS EHEMALIGE DEUTSCHE REICH EINGEGLIEDERTEN SUDETENLANDES GEARBEITET HAT , AUF ZAHLUNG EINER RENTE WEGEN VOLLSTÄNDIGER ERWERBSUNFÄHIGKEIT NACH DEN DEUTSCHEN RECHTSVORSCHRIFTEN KLAGT. WÄHREND JENER ZEIT WAR DER BETROFFENE GEGEN INVALIDITÄT UND ALTER BEI DER SUDETENDEUTSCHEN KNAPPSCHAFT PFLICHTVERSICHERT , DIE DAMALS DER FÜR BERGLEUTE ZUSTÄNDIGE SOZIALVERSICHERUNGSTRAEGER WAR UND FÜR DIE DAS VOM REICH ERLASSENE REICHSKNAPPSCHAFTSGESETZ ( RKG ) GALT. NACHDEM IHM IM JAHRE 1958 VON DEM ZUSTÄNDIGEN ITALIENISCHEN VERSICHERUNGSTRAEGER AUFGRUND DER IN SEINEM HEIMATLAND ZURÜCKGELEGTEN VERSICHERUNGSZEITEN EINE INVALIDITÄTSRENTE ZUERKANNT WORDEN WAR , STELLTE ER AM 1. FEBRUAR 1970 EINEN ANTRAG AUF RENTE BEI DER BUNDESKNAPPSCHAFT , DEM FÜR DIE VERSICHERUNG DER BERGARBEITER ZUSTÄNDIGEN VERSICHERUNGSTRAEGER IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND. DIESER IM AUSGANGSVERFAHREN BEKLAGTE VERSICHERUNGSTRAEGER - AUF DEN GEWISSE VERPFLICHTUNGEN DER SOZIALVERSICHERUNGSTRAEGER ÜBERTRAGEN WORDEN SIND , WELCHE VOR 1945 BESTANDEN HATTEN UND FÜR BERGARBEITER ZUSTÄNDIG WAREN - ERKANNTE DIE BEANTRAGTE RENTE ZU , VERWEIGERTE ABER DIE AUSZAHLUNG MIT DER BEGRÜNDUNG , DIE RENTE RUHE ' ' GEMÄSS DEN BESTIMMUNGEN DER PAR PAR 105 FF. RKG ' ' IN DESSEN GEÄNDERTER FASSUNG , DA DER ANTRAGSTELLER NUR AUSSERHALB DER GRENZEN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND ERWERBSTÄTIG UND VERSICHERT GEWESEN SEI UND AUSSERHALB DIESES GESETZES WOHNE. NACH ANSICHT DER BEKLAGTEN IM AUSGANGSVERFAHREN VERSTÖSST DIESES RUHEN NICHT GEGEN DAS VERBOT DES ARTIKELS 10 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 , WEIL ANHANG V DER VERORDNUNG UNTER B 1 B IN FÄLLEN DER VORLIEGENDEN ART EINE AUSNAHME VON DIESEM VERBOT VORSEHE ; DER KLAEGER IST DAGEGEN DER ANSICHT , DIESE AUSNAHME SEI MIT DEN ARTIKELN 48 FF. EWG-VERTRAG UNVEREINBAR UND DIE WEIGERUNG DER BEKLAGTEN LAUFE AUF EINE DISKRIMINIERUNG AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGER HINAUS.

3 DIE FRAGE DES BUNDESSOZIALGERICHTS LAUTET : ' ' IST EIN IN ITALIEN WOHNENDER ITALIENER , DER ZU KEINER ZEIT IM GEBIET DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND ODER BERLIN ( WEST ) GEWOHNT ODER GEARBEITET HAT , NACH ARTIKEL 8 DER VERORDNUNG NR. 3 UND ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT BEI DER ANWENDUNG DES PAR 108 C DES REICHSKNAPPSCHAFTSGESETZES EINEM DEUTSCHEN STAATSANGEHÖRIGEN GLEICHGESTELLT , SOWEIT ES SICH UM VERSICHERUNGSZEITEN HANDELT , DIE VOR 1945 AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND ODER BERLIN ( WEST ) NACH REICHSRECHT BEI DER REICHSKNAPPSCHAFT ZURÜCKGELEGT WORDEN SIND?

' '

4 DIE ANTWORT AUF DIESE FRAGE HÄNGT DAVON AB , OB EINE VORSCHRIFT VON DER ART DES PAR 108 C RKG EINE RECHTSVORSCHRIFT DER SOZIALEN SICHERHEIT IST UND DESHALB IN DEN SACHLICHEN ANWENDUNGSBEREICH DER VERORDNUNGEN NR. 3 UND 1408/71 FÄLLT.

5 UM DIE WIRTSCHAFTLICHE UND SOZIALE EINGLIEDERUNG DER FLÜCHTLINGE UND VERTRIEBENEN ZU ERLEICHTERN , DEREN VERSICHERUNGSANSPRÜCHE NICHT MEHR DURCHSETZBAR WAREN , WEIL DIE ZUSTÄNDIGEN VERSICHERUNGSTRAEGER NICHT MEHR BESTANDEN ODER SICH AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND BEFANDEN , BESTIMMTE DAS FREMDRENTEN- UND AUSLANDSRENTENGESETZ VON 1953 , DASS BETROFFENE - DEUTSCHE WIE NICHTDEUTSCHE - UNTER BESTIMMTEN VORAUSSETZUNGEN IHRE FRÜHEREN ANSPRÜCHE GELTEND MACHEN KONNTEN. NACH DEN BESTIMMUNGEN DIESES GESETZES UND NACH DER FASSUNG , DIE DAS RKG IM JAHRE 1960 ERHALTEN HAT , RUHEN DIESE RENTEN , SOLANGE SICH DER BERECHTIGTE GEWÖHNLICH AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND AUFHÄLT.

6 FÜR DAS GEMEINSCHAFTSRECHT IST DIE BESTIMMUNG DES DEUTSCHEN GESETZES , NACH DER DIE IN BETRACHT KOMMENDEN LEISTUNGEN KEINE LEISTUNGEN DER SOZIALEN SICHERHEIT SIND , NICHT AUSSCHLAGGEBEND. RECHTSVORSCHRIFTEN , DIE DEN BETROFFENEN EINE GESETZLICH UMSCHRIEBENE , VON JEDER ERMESSENSBEURTEILUNG DER PERSÖNLICHEN BEDÜRFTIGKEIT UND VERHÄLTNISSE IM EINZELFALL UNABHÄNGIGE RECHTSSTELLUNG EINRÄUMEN , SIND GRUNDSÄTZLICH DEM BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT IM SINNE DES ARTIKELS 51 EWG-VERTRAG UND DER VERORDNUNGEN NR. 3 UND NR. 1408/71 ZUZUORDNEN.

7 DA DIE SEINERZEIT ZUSTÄNDIGEN VERSICHERUNGSTRAEGER , BEI DENEN DIE VON DER BETROFFENEN VORSCHRIFT ERFASSTEN PERSONEN VERSICHERT WAREN , NICHT MEHR BESTEHEN ODER SICH AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND BEFINDEN , DA WEITERHIN DIE IN REDE STEHENDEN DEUTSCHEN RECHTSVORSCHRIFTEN BESTIMMTE HÄRTEFÄLLE MILDERN SOLLEN , DIE DURCH DIE EREIGNISSE IM ZUSAMMENHANG MIT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN HERRSCHAFT UND DEM ZWEITEN WELTKRIEG ENTSTANDEN SIND , DA SCHLIESSLICH DIE ZAHLUNG DER STREITIGEN LEISTUNGEN AN DIE EIGENEN STAATSANGEHÖRIGEN ERMESSENSSACHE IST , WENN DIESE IM AUSLAND WOHNEN , SIND DIE LEISTUNGEN NICHT ALS DEM BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT ZUGEHÖRIG ANZUSEHEN. DIESES ERGEBNIS WIRD IM ÜBRIGEN DURCH DEN IM ANHANG G DER VERORDNUNG NR. 3 UNTER I A 2 UND IM ANHANG V DER VERORDNUNG NR. 1408/71 UNTER B 1 B ENTHALTENEN VORBEHALT BESTÄTIGT.

8 DIE ANTWORT MUSS ALSO LAUTEN , DASS ARTIKEL 8 DER VERORDNUNG NR. 3 UND ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 NICHT FÜR LEISTUNGEN DER IN PAR 108 C DES REICHSKNAPPSCHAFTSGESETZES VORGESEHENEN ART GELTEN , SOWEIT ES SICH UM VERSICHERUNGSZEITEN HANDELT , DIE VOR 1945 AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND VON BERLIN ( WEST ) ZURÜCKGELEGT WORDEN SIND.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

9 DIE AUSLAGEN DER REGIERUNGEN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND DER ITALIENISCHEN REPUBLIK SOWIE DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE ERKLÄRUNGEN VOR DEM GERICHTSHOF ABGEGEBEN HABEN , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM BUNDESSOZIALGERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE KOSTEN OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

AUS DIESEN GRÜNDEN

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VOM BUNDESSOZIALGERICHT MIT BESCHLUSS VOM 29. JUNI 1976 VORGELEGTE FRAGE FÜR RECHT ERKANNT :

' ' ARTIKEL 8 DER VERORDNUNG NR. 3 UND ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 1408/71 GELTEN NICHT FÜR LEISTUNGEN DER IN PAR 108 C DES REICHSKNAPPSCHAFTSGESETZES VORGESEHENEN ART , SOWEIT ES SICH UM VERSICHERUNGSZEITEN HANDELT , DIE VOR 1945 AUSSERHALB DES GEBIETES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND VON BERLIN ( WEST ) ZURÜCKGELEGT WORDEN SIND. ' '

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