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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: C-141/04
Rechtsgebiete: Richtlinie 89/48/EWG, EG-Vertrag
Vorschriften:
Richtlinie 89/48/EWG Art. 9 Abs. 1 | |
EG-Vertrag Art. 48 | |
EG-Vertrag Art. 52 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 14. Juli 2005. - Michail Peros gegen Techniko Epimelitirio Ellados. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Symvoulio tis Epikrateias - Griechenland. - Richtlinie 89/48/EWG - Arbeitnehmer - Anerkennung von Diplomen - Maschinenbauingenieur. - Rechtssache C-141/04.
Parteien:
In der Rechtssache C-141/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland) mit Entscheidung vom 30. Dezember 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 17. März 2004, in dem Verfahren
Michail Peros
gegen
Techniko Epimelitirio Ellados
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richterin N. Colneric und des Richters K. Schiemann (Berichterstatter),
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Peros, vertreten durch V. G. Chatzopoulos, dikigoros,
- des Techniko Epimelitirio Ellados, vertreten durch A. Krystallidis, dikigoros,
- der griechischen Regierung, vertreten durch E. Skandalou als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Patakia und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Voraussetzungen, unter denen sich der Inhaber eines Diploms, das in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), fällt, in Ermangelung einer Umsetzung dieser Richtlinie nach Ablauf ihrer Umsetzungsfrist auf einige ihrer Bestimmungen berufen kann. Hilfsweise betrifft das Vorabentscheidungsersuchen die Auslegung der Artikel 48 und 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 43 EG).
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits des Herrn Peros (im Folgenden: Kläger) gegen das Techniko Epimelitirio Ellados (griechische Ingenieurkammer, im Folgenden: das TEE), die griechische Einrichtung, die die Register der Ingenieure führt, wegen deren Ablehnung eines Antrags des Klägers auf seine Eintragung als Maschinenbauingenieur. Der Kläger hatte seinen Antrag auf seine Zulassung zur Ausübung dieses Berufes in Deutschland gestützt.
Rechtlicher Rahmen
Die Gemeinschaftsregelung
3. Nach der dritten und der vierten Begründungserwägung der Richtlinie 89/48 soll diese eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome einführen, die den europäischen Bürgern die Ausübung aller beruflichen Tätigkeiten, die in einem Aufnahmestaat von einer weiterführenden Bildung im Anschluss an den Sekundärabschnitt abhängig sind, erleichtern soll, sofern sie solche Diplome besitzen, die sie auf diese Tätigkeiten vorbereiten, die einen wenigstens dreijährigen Studiengang bescheinigen und die in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurden.
4. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 89/48 sieht vor:
Wenn der Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung im Aufnahmestaat von dem Besitz eines Diploms abhängig gemacht wird, kann die zuständige Stelle einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu diesem Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern,
a) wenn der Antragsteller das Diplom besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde...
...
5. Unbeschadet des Artikels 3 dieser Richtlinie ermächtigt deren Artikel 4 den Aufnahmemitgliedstaat, vom Antragsteller unter bestimmten dort geregelten Voraussetzungen zu verlangen, dass er Berufserfahrung von einer bestimmten Dauer nachweist, einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt (im Folgenden: Ergänzungsmaßnahmen). Im selben Artikel sind einige Regeln und Voraussetzungen festgelegt, die auf die Ergänzungsmaßnahmen, die verlangt werden können, anwendbar sind.
6. Artikel 6 der Richtlinie 89/48 führt Dokumente auf, die die Ehrenhaftigkeit, die Führung, die Tatsache, dass der Betreffende nicht in Konkurs geraten ist, und die körperliche oder geistige Gesundheit betreffen und die von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats als Nachweis verlangt werden können. Ferner enthält er verschiedene Bestimmungen über die Formel des Eides oder der feierlichen Erklärung, die von den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gefordert werden können.
7. Nach Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/48 bezeichnen die Mitgliedstaaten innerhalb der in Artikel 12 der Richtlinie vorgesehenen Frist, d. h. vor dem 4. Januar 1991, die zuständigen Behörden, die ermächtigt sind, die Anträge entgegenzunehmen und die in der Richtlinie genannten Entscheidungen zu treffen, und sie setzen die übrigen Mitgliedstaaten und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften davon in Kenntnis.
Die nationale Regelung
8. In Griechenland ist der Beruf des Ingenieurs ein reglementierter Beruf, dessen Ausübung den Mitgliedern des TEE vorbehalten ist. Dieses wurde durch das Präsidialdekret vom 27. November/14. Dezember 1926 zur Kodifizierung der Vorschriften betreffend die Zusammensetzung des TEE (FEK A' 430) in der durch das Gesetz 1486/1984 (FEK A' 161) und das Präsidialdekret 512/1991 vom 30. November/12. Dezember 1991 (FEK A' 190) geänderten Fassung (im Folgenden: TEE-Dekret) errichtet.
9. Nach Artikel 2 Absatz 1 des TEEDekrets sind die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten als Mitglieder des TEE einzutragen, wenn sie Inhaber eines Diploms des staatlichen Polytechnikums Metsovo, der polytechnischen Fakultäten des Landes oder gleichwertiger ausländischer Hochschulen sind und die Erlaubnis zur Berufsausübung besitzen. Die Berufsangehörigen werden in neun in Artikel 2 Absatz 5 dieses Dekrets aufgeführte Fachgruppen eingeteilt, zu denen unter c die Maschinenbauingenieure gehören.
10. Artikel 4 Absatz 3 des TEEDekrets sieht insbesondere vor, dass das TEE die Prüfungen veranstaltet, die Erlaubnisse für die Ausübung des Ingenieurberufs gemäß der geltenden Regelung erteilt und die Ingenieurregister führt.
11. Das TEE hatte nach Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes 1225/1981 vom 30./31. Dezember 1981 (FEK A' 340) die Befugnis zur Erteilung der Erlaubnis zur Berufsausübung in Griechenland an die Inhaber von Ingenieurdiplomen gleichwertiger ausländischer Hochschulen.
12. Gestützt auf das Gesetz 1225/1981 regelte der Gemeinsame Ministerialerlass ED 5/4/339 vom 14. September 1984 (FEK B' 713) des Ministers für öffentliche Arbeiten und des Ministers für Bildung und Glaubensgemeinschaften das Verfahren für die Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des Ingenieurberufs durch das TEE.
13. Dieser Gemeinsame Ministerialerlass bestimmt in Abschnitt 1: Das TEE erteilt den Inhabern von Ingenieurdiplomen inländischer Hochschulen oder gleichwertiger ausländischer Hochschulen die Erlaubnis zur Berufsausübung nach Ablegung einer mündlichen Prüfung.
14. Nach Abschnitt 2 Buchstabe d dieses Erlasses müssen die Inhaber eines ausländischen Diploms dem TEE u. a. auch eine Bestätigung der Gleichwertigkeit des vorgelegten Diploms vorlegen, erteilt von der Interuniversitären Stelle für die Anerkennung ausländischer Studienzeugnisse (Diapanepistimiako Kentro Anagnoriseos Titlon Spoudon tis Allodapis, im Folgenden: das Dikatsa), die durch das Gesetz 741/1977 vom 12./14. Oktober 1977 (FEK A' 314) in der durch das Gesetz 1566/1985 vom 30. September 1985 (FEK A' 167) geänderten Fassung (im Folgenden: DikatsaGesetz) errichtet wurde.
15. Das Dikatsa ist nach Artikel 2 des DikatsaGesetzes zuständig für die Anerkennung ausländischer Hochschulen als gleichrangig mit inländischen Hochschulen und für die Anerkennung der von den erstgenannten und der von den griechischen Hochschulen erteilten Studienzeugnisse als gleichwertig. Es ist auch zuständig für die Anerkennung der Gleichwertigkeit der von gleichrangigen ausländischen Hochschulen erteilten Studienzeugnisse mit den Studienzeugnissen griechischer Hochschulen in Fällen, in denen es in Griechenland keine entsprechende Fachrichtung gibt.
16. Ferner bestimmt das DikatsaGesetz in Artikel 4 Absatz 8, dass durch Entscheidung des Verwaltungsratsvorsitzenden des Dikatsa diejenigen Absolventen ausländischer Hochschulen, deren Diplom nicht dieselben Kenntnisse verbrieft wie diejenigen, die sich aus einem in Griechenland von der entsprechenden oder möglichst ähnlichen Fakultät oder Abteilung erteilten Diplom ergeben,... zur Ablegung einer Ergänzungsprüfung in bestimmten Fächern an eine entsprechende Fakultät oder Abteilung verwiesen [werden]. Nach derselben Bestimmung wird, wenn die Anerkennung der Gleichwertigkeit des Diploms nicht möglich ist,... der Betroffene an die entsprechende, vom Verwaltungsratsvorsitzenden genau angegebene Fakultät oder Abteilung verwiesen, um dort seine Ausbildung zu ergänzen.
17. Nach ständiger Rechtsprechung des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) geht aus diesen Bestimmungen hervor, dass das Dikatsa bei der Prüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Studienzeugnisses und eines entsprechenden Studienzeugnisses einer griechischen Hochschule die Merkmale der ausländischen Hochschule, die das in Rede stehende Zeugnis erteilt hat, die Art der absolvierten Studien und den Inhalt dieser Studien zu beurteilen hat. Diese Prüfung bleibt unbeeinflusst davon, ob das betreffende Studienzeugnis die formale Voraussetzung für die Ausübung eines bestimmten Berufes darstellt. Das Dikatsa ist mit anderen Worten nach dieser Rechtsprechung nur befugt, die akademische, nicht aber die fachliche Gleichwertigkeit des zur Anerkennung vorgelegten ausländischen Studienzeugnisses zu prüfen.
18. Die Richtlinie 89/48 war bei Ablauf der Umsetzungsfrist nicht in das griechische Recht umgesetzt (vgl. hierzu Urteil vom 23. März 1995 in der Rechtssache C365/93, Kommission/Griechenland, Slg. 1995, I499). Nach dem Eintritt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens wurde das Präsidialdekret 165/2000 vom 28. Juni 2000 (FEK A' 149) zur Umsetzung dieser Richtlinie in das griechische Recht, später geändert durch das Präsidialdekret 373/2001 vom 22. Oktober 2001 (FEK A' 251), erlassen.
19. Artikel 10 dieses Dekrets übertrug dem Ausschuss zur Anerkennung der beruflichen Gleichwertigkeit von Hochschuldiplomen (Symvoulio Anagnoriseos Epangelmatikis Isotimias Titlon Tritovathmias Ekpaidefsis, im Folgenden: das Saeitte), einer hierfür eingerichteten staatlichen Stelle, die ausschließliche Zuständigkeit, über Anträge auf Anerkennung in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48 fallender Hochschulzeugnisse zu entscheiden. Diese Einrichtung ist daher allein dafür zuständig, einem Antragsteller das Recht zuzubilligen, den entsprechenden reglementierten Beruf in Griechenland auszuüben, und wurde gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/48 als zuständige Behörde für die Entgegennahme der Anträge und die in der Richtlinie 89/48 genannten Entscheidungen bezeichnet.
20. Nach Artikel 11 Absatz 6 des Dekrets verpflichtet die Entscheidung des Saeitte, wenn eine spezielle Vorschrift des nationalen Rechts die Führung eines Registers zur Ausübung eines bestimmten Berufes befugten Personen vorsieht, die Berufsorganisation oder die Verwaltungsbehörde, die das Register führt, zur Eintragung des Antragstellers.
Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen
21. Der Kläger ist griechischer Staatsangehöriger und besitzt ein 1980 von der Fachhochschule Wiesbaden (Deutschland) erteiltes Diplom. Dieses Diplom erlaubt ihm den Zugang zum Beruf eines DiplomIngenieurs im Fachbereich Maschinenbau in Deutschland.
22. In dem Wunsch, diesen Beruf in Griechenland auszuüben, stellte der Kläger beim Dikatsa einen Antrag auf Bescheinigung der Gleichwertigkeit seines Diploms. Dieser Antrag wurde am 28. Mai 1993 vom Dikatsa mit der Begründung abgelehnt, die Bildungseinrichtung, die das in Rede stehende ausländische Diplom erteilt habe, sei nicht gleichrangig mit den griechischen Hochschulen.
23. Am 21. Februar 1995 stellte der Kläger beim TEE einen Antrag auf Eintragung in dessen Register, um den Beruf eines Maschinenbauingenieurs in Griechenland ausüben und weitere, mit dieser Eintragung verbundene Vergünstigungen erhalten zu können. Dieser Antrag, der durch einen späteren damit zusammenhängenden Antrag vom 21. März 1995 ergänzt wurde, wurde mit Entscheidung Nr. 6372 des TEE vom 4. Mai 1995 aus folgenden Gründen abgelehnt:
Die Eintragung beim TEE erfolgt unter den Voraussetzungen [des TEEDekrets]. Grundlegende Voraussetzung für die Inhaber eines ausländischen Diploms ist, dass sie ein polytechnisches Studium abgeschlossen haben und dass ihr Zeugnis mit den vom Staatlichen Polytechnikum Metsovo und den polytechnischen Fakultäten der griechischen Hochschulen erteilten Zeugnissen gleichwertig ist. Die Gleichwertigkeit der ausländischen Zeugnisse wird vom [Dikatsa] bescheinigt. Gemäß den obigen Feststellungen können Sie nicht Mitglied des TEE werden, und Ihr Fachhochschuldiplom begründet keinen Anspruch auf Registrierung beim TEE.
24. Der Kläger erhob gegen diesen ablehnenden Bescheid Klage beim Dioikitiko Protodikeio Rodou (Verwaltungsgericht Rhodos). Mit Entscheidung Nr. 249/1998 stellte dieses Gericht fest, dass der vom Kläger eingelegte Rechtsbehelf eine Nichtigkeitsklage darstelle, für die das Symvoulio tis Epikrateias zuständig sei, und verwies den Rechtsstreit an dieses.
25. Inzwischen hatte das Saeitte nach der Umsetzung der Richtlinie 89/48 in das griechische Recht mit Bescheid Nr. 4 vom 5. Dezember 2000 dem Antrag des Klägers auf Anerkennung seines Diploms stattgegeben. Es verlieh ihm das Recht, in Griechenland den Beruf eines Maschinenbauingenieurs auszuüben, ohne ihn zu einem Anpassungslehrgang oder einer vorherigen Eignungsprüfung zu verpflichten. Der Kläger wurde daraufhin in die Register des TEE eingetragen.
26. Im Ausgangsverfahren vertritt eine Mehrheit im Symvoulio tis Epikrateias die Ansicht, dass der ablehnende Bescheid des TEE vom 4. Mai 1995 nicht gesetzlich mit Gründen versehen sei. Nach Ansicht dieser Mehrheit hätte das TEE den Antrag des Klägers in der Weise prüfen müssen, dass ermittelt worden wäre, ob die in den unbedingten und hinreichend klaren Bestimmungen der Artikel 3, 4 Absatz 1 Buchstaben a und b und Absatz 2 sowie 6 Absätze 1 bis 4 der Richtlinie 89/48 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien. Bejahendenfalls hätte das TEE dem Kläger des Ausgangsverfahrens das Recht verleihen müssen, in Griechenland den Beruf eines Maschinenbauingenieurs auszuüben, indem es ihm die entsprechende Erlaubnis erteilt und ihn in sein Register eingetragen hätte. Verneinendenfalls hätte es den Antrag durch mit Gründen versehenen Bescheid ablehnen müssen. Auf alle Fälle habe das TEE im Licht der Bestimmungen der Richtlinie 89/48 nicht eine Bescheinigung des Dikatsa über die Gleichwertigkeit des Diploms des Klägers verlangen dürfen.
27. Nach Ansicht einer Minderheit im Symvoulio tis Epikrateias war jedoch die Ablehnung des Eintragungsantrags dadurch gerechtfertigt, dass sich zum einen ein Einzelner gegenüber dem TEE zum Zeitpunkt der Einreichung des streitigen Antrags nicht auf die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 89/48 habe berufen können und dass zum anderen die für die Behandlung der Anträge zuständige Behörde noch nicht gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/48 bezeichnet gewesen sei.
28. Ferner wirft das Symvoulio tis Epikrateias die Frage auf, ob das TEE, soweit sich ein Einzelner ihm gegenüber nicht auf die Bestimmungen der Richtlinie 89/48 hätte berufen können, dennoch gemäß den Artikeln 48 und 52 des Vertrages verpflichtet gewesen wäre, zu prüfen, ob das Abschlusszeugnis, das der Kläger in Deutschland erhalten habe, den griechischen Diplomen gleichwertig gewesen sei.
29. Das Symvoulio tis Epikrateias hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:
1. Sind die Artikel 3, 4 Absätze 1 Buchstaben a und b sowie 2 und 6 Absätze 1 bis 4 der Richtlinie 89/48 in ihrer ursprünglichen Fassung unbedingt und hinreich end genau, um in dem Zeitraum zwischen dem Ablauf der für die Umsetzung dieser Richtlinie gesetzten Frist und ihrer verspäteten Umsetzung in die innerstaatliche Rechtsordnung eines bestimmten Mitgliedstaats (Aufnahmestaat) gegenüber einer Verwaltungsstelle des letztgenannten Mitgliedstaats, die nach dem nationalen Recht, wie es vor der Umsetzung der Richtlinie galt, für die Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung eines bestimmten reglementierten Berufes zuständig war, von einem Einzelnen geltend gemacht werden zu können, der als Inhaber eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Diploms, das in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, den Zugang zu dem betreffenden Beruf sowie die Zulassung zu dessen Ausübung im Aufnahmestaat begehrt?
2. Konnte für den Fall, dass die Vorschriften der Richtlinie 89/48 in dem Zeitraum zwischen dem Ablauf der für die Umsetzung dieser Richtlinie gesetzten Frist und ihrer verspäteten Umsetzung in die innerstaatliche Rechtsordnung eines bestimmten Mitgliedstaats (Aufnahmestaat) nicht von einem Einzelnen gegenüber einer Verwaltungsstelle des letztgenannten Mitgliedstaats geltend gemacht werden konnten, die nach dem vor der Umsetzung der Richtlinie geltenden nationalen Recht zuständig war für die Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung eines bestimmten Berufes nach Ablegung einer Prüfung, an der nur die Inhaber eines von einer Hochschuleinrichtung des Aufnahmestaats erteilten Diploms oder eines als mit den von einer Hochschuleinrichtung dieses Staates erteilten Zeugnissen (nach Durchführung eines entsprechenden, allgemein geltenden Verfahrens zur Anerkennung der akademischen Gleichwertigkeit ausländischer Zeugnisse, das die in der vorliegenden Entscheidung dargestellten Eigenschaften aufweist) gleichwertig anerkannten ausländischen Diploms teilnehmen konnten diese Verwaltungsstelle unter Berücksichtigung der Artikel 48 und 52 EGVertrag die Bewilligung des von einem Einzelnen gestellten Antrags, mit dem dieser unter Berufung auf ein in einem anderen Mitgliedstaat erlangtes Zeugnis während des vorgenannten Zeitraums begehrte, ihm den Zugang zu dem genannten Beruf und dessen Ausübung im Aufnahmestaat zu gestatten, von der vorherigen Anerkennung in dem erwähnten allgemeinen Verfahren der akademischen Gleichwertigkeit des betreffenden Zeugnisses mit den von den Hochschuleinrichtungen dieses Staates erteilten Zeugnissen und von der Teilnahme an den nach nationalem Recht vorgesehenen Prüfungen abhängig machen, oder musste sie selbst die durch das vorgelegte Zeugnis bescheinigten Fähigkeiten mit den Kenntnissen und den Voraussetzungen vergleichen, die das nationale Recht verlangt, und je nach dem Ergebnis dieses Vergleichs den Betroffenen ganz oder teilweise von der Pflicht zur Teilnahme an diesen Prüfungen befreien?
Zur ersten Vorlagefrage
30. Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/48 kann die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats einem Angehörigen eines Mitgliedstaats den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung unter denselben Voraussetzungen wie bei Inländern nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern, wenn der Antragsteller das Diplom besitzt, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben wurde.
31. Der Kläger ist Inhaber eines in einem Mitgliedstaat, im vorliegenden Fall der Bundesrepublik Deutschland, erworbenen Diploms. Dieses Diplom erlaubt es ihm, in diesem Mitgliedstaat den reglementierten Beruf eines Maschinenbauingenieurs auszuüben, und seine Situation fällt daher in den Anwendungsbereich von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/48. Daher braucht sich der Gerichtshof nicht zur Auslegung von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie zu äußern, der nur dann anwendbar ist, wenn der in Rede stehende Beruf im Herkunftsmitgliedstaat nicht reglementiert ist.
32. In Bezug auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/48 hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass dieser eine Bestimmung darstellt, deren Inhalt unbedingt und hinreichend genau ist, so dass sich der Einzelne daher auf diese Bestimmung vor einem nationalen Gericht berufen kann, um die Anwendung von dieser Richtlinie nicht entsprechenden nationalen Vorschriften auszuschließen (Urteil vom 29. April 2004 in der Rechtssache C102/02, Beuttenmüller, Slg. 2004, I5405, Randnr. 55).
33. Was die Möglichkeit angeht, den Zugang zu einem reglementierten Beruf von der Voraussetzung abhängig zu machen, dass der Antragsteller zuvor Ergänzungsmaßnahmen im Sinne von Artikel 4 der Richtlinie 89/48 nachkommt, steht fest, dass das Saeitte dem Kläger bei der Prüfung seiner Lage im Jahr 2000 keine Ergänzungsmaßnahme auferlegt hat. Zudem findet sich in den Akten kein Anhaltspunkt dafür, dass sich die Befähigung, die der Kläger bei der Einreichung seines ursprünglichen Antrags nachwies, von derjenigen, die 2000 geprüft wurde, so unterschieden hätte, dass dies einen Einfluss auf die Entscheidung, ihm die Ausübung seines Berufes in Griechenland zu erlauben, ohne ihm Ergänzungsmaßnahmen aufzuerlegen, gehabt hätte.
34. Auf alle Fälle kann nach der Rechtsprechung ein Mitgliedstaat, solange es an einer Umsetzung in das nationale Recht fehlt, Ergänzungsmaßnahmen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 89/48 nur insoweit vorschreiben, als sie in der bei der Behandlung des in Rede stehenden Antrags geltenden nationalen Regelung vorgesehen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. November 1991 in den Rechtssachen C6/90 und C9/90, Francovich u. a, Slg. 1990, I5357, Randnr. 21, und vom 14. Juli 2005 in der Rechtssache C142/04, Aslanidou, Slg. 2005, I-0000, Randnrn. 35 bis 37).
35. Wie der Gerichtshof ferner bereits entschieden hat, kann eine öffentliche Einrichtung eines Mitgliedstaats, die verpflichtet ist, die Vorschriften der Richtlinie 89/48 oder der Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. L 209, S. 25) zu beachten, dann, wenn die betreffende Richtlinie anwendbar ist, keine Homologierung der Befähigungsnachweise eines Bewerbers durch die zuständigen nationalen Stellen mehr verlangen (Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C234/97, Fernández de Bobadilla, Slg. 1999, I4773, Randnr. 27).
36. Artikel 6 der Richtlinie 89/48 führt nur Dokumente auf, die die Ehrenhaftigkeit, die Führung, die Tatsache, dass der Betreffende nicht in Konkurs geraten ist, und die körperliche oder geistige Gesundheit betreffen und die von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats als Nachweis verlangt werden können, und enthält verschiedene Bestimmungen über die Formel des Eides oder der feierlichen Erklärung, die von den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gefordert werden können. Da im Ausgangsverfahren von der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats keiner dieser Nachweise und keine dieser Erklärungen verlangt wurde, braucht sich der Gerichtshof nicht zur Auslegung dieser Bestimmung zu äußern, die auf jeden Fall keinen Einfluss auf die Möglichkeit ausüben kann, sich auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie zu berufen.
37. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/48, die zuständigen Behörden zu bezeichnen, die ermächtigt sind, die Anträge entgegenzunehmen und die in der Richtlinie genannten Entscheidungen zu treffen, steht der Möglichkeit, sich auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie zu berufen, ebenfalls nicht entgegen. Denn aus Artikel 9 Absatz 1 im Licht der übrigen Absätze dieses Artikels ergibt sich, dass diese Bestimmung die Anwendung der durch die Richtlinie 89/48 eingeführten Regelung der Anerkennung der Diplome dadurch erleichtern soll, dass sie das in einem Mitgliedstaat anwendbare Entscheidungsverfahren transparenter macht. Dagegen ist eine Bezeichnung im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 nicht notwendig, damit die zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 3 bestimmt werden können, die den Zugang zu den reglementierten Berufen kontrollieren.
38. Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, kann ein Mitgliedstaat einem Einzelnen nicht entgegenhalten, dass er die Bestimmungen, die gerade die Anwendung einer durch die in Rede stehende Richtlinie eingeführten Regelung erleichtern sollen, nicht erlassen hat (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 10. September 2002 in der Rechtssache C141/00, Kügler, Slg. 2002, I-6833, Randnr. 52, und vom 6. November 2003 in der Rechtssache C-45/01, Dornier, Slg. 2003, I12911, Randnr. 79). Das Unterbleiben der Bezeichnung einer zuständigen Behörde gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/48 steht daher der Berufung auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie gegenüber der Behörde, die tatsächlich für die Regelung des Zugangs zu einem bestimmten Beruf nach der anwendbaren nationalen Regelung zuständig ist, nicht entgegen.
39. Im Ausgangsverfahren ist der Zugang zum Beruf eines Ingenieurs den Mitgliedern des TEE vorbehalten, so dass sich erweist, dass dieses eine zuständige Behörde im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 89/48 ist. Daher kann das TEE einer Person in der Lage des Klägers den Zugang zum Beruf eines Ingenieurs nicht unter Berufung auf mangelnde Qualifikation versagen.
40. Deshalb ist auf die erste Frage zu antworten, dass sich ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats in Ermangelung von innerhalb der in Artikel 12 der Richtlinie 89/48 vorgeschriebenen Frist erlassenen Umsetzungsmaßnahmen auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie berufen kann, um im Aufnahmemitgliedstaat die Erlaubnis zur Ausübung eines reglementierten Berufes wie etwa desjenigen eines Maschinenbauingenieurs zu erhalten. Diese Möglichkeit kann nicht von der Homologierung der Studienabschlüsse des Betroffenen durch die zuständigen nationalen Behörden abhängig gemacht werden.
41. In Anbetracht der auf die erste Frage erteilten Antwort braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.
Kosten
42. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
In Ermangelung von Umsetzungsmaßnahmen, die innerhalb der in Artikel 12 der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, in ihrer bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung vorgeschriebenen Frist erlassen worden sind, kann sich ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats auf Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie berufen, um im Aufnahmemitgliedstaat die Erlaubnis zur Ausübung eines reglementierten Berufes wie etwa desjenigen eines Maschinenbauingenieurs zu erhalten.
Diese Möglichkeit kann nicht von der Homologierung der Studienabschlüsse des Betroffenen durch die zuständigen nationalen Behörden abhängig gemacht werden.
Ende der Entscheidung
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