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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.09.2000
Aktenzeichen: C-205/98
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/89, EG-Vertrag
Vorschriften:
Richtlinie 93/89 Art. 7 Buchst. b | |
Richtlinie 93/89 Art. 7 Buchst. h | |
EG-Vertrag Art. 169 |
1 Es stellt eine gegen Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie 93/89 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege verstoßende mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit der Verkehrsunternehmer dar, wenn für einen Gütertransport durchführende Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, je nachdem, ob sie die Gesamtstrecke oder Teilstrecken einer Autobahn benutzen, unterschiedliche Gebühren anfallen und sich dies zu Lasten der Verkehrsunternehmer auswirkt, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind. Außerdem stellt es eine gegen dieselbe Bestimmung verstoßende mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs dar, wenn sich diese unterschiedlichen Gebühren zu Lasten der Kraftfahrzeuge im Transitverkehr auswirken.
In keinem dieser beiden Fälle sind diese unterschiedlichen Gebühren nämlich durch Gründe des Umweltschutzes oder Erwägungen der nationalen Verkehrspolitik zu rechtfertigen, da der Gemeinschaftsgesetzgeber in dem von der Richtlinie erfassten Bereich Abweichungen der Mitgliedstaaten von den Vorschriften der Richtlinie nur insoweit zulassen wollte, als sie aus den in der Richtlinie vorgesehenen Gründen und unter den in ihr festgelegten Voraussetzungen erfolgen. Weder die Begründungserwägungen noch die Vorschriften der Richtlinie sehen jedoch die Möglichkeit vor, zur Rechtfertigung einer Gebührenregelung, die mittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung im Sinne des Artikels 7 Buchstabe b der Richtlinie führt, diese Gründe anzuführen.
(vgl. Randnrn. 90, 93, 95, 101, 114-115)
2 Ein Mitgliedstaat, der die Maut für die Benutzung der Gesamtstrecke einer Autobahn nicht nur zur Kostendeckung für den Bau, den Betrieb und den weiteren Ausbau dieser Autobahn erhebt, verstößt gegen die Verpflichtung aus Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie 93/89 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege. Mit dem "betreffenden Straßennetz" im Sinne dieser Bestimmung ist nämlich nur der Abschnitt des Straßennetzes, für dessen Benutzung die Maut gezahlt wird, und nicht die Gesamtheit der zum selben Finanzierungssystem gehörenden Autobahnabschnitte gemeint.
(vgl. Randnrn. 126, 130, 140)
Urteil des Gerichtshofes vom 26. September 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 93/89/EWG - Maut - Brennerautobahn - Diskriminierungsverbot - Verpflichtung, die Maut nach Maßgabe der Kosten des betreffenden Straßennetzes festzusetzen. - Rechtssache C-205/98.
Parteien:
In der Rechtssache C-205/98
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Pignataro, Juristischer Dienst, und A. Buschmann, zum Juristischen Dienst abgeordneter nationaler Sachverständiger, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gomez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Klägerin,
gegen
Republik Österreich, vertreten durch H. Dossi, Ministerialrat im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Österreichische Botschaft, 3, rue des Bains, Luxemburg,
Beklagte,
wegen Feststellung, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe b und aus Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten (ABl. L 279, S. 32) verstoßen hat, indem sie die Maut zum 1. Juli 1995 und zum 1. Februar 1996 für die gesamte Brennerautobahn, eine Transitstrecke durch Österreich, auf der überwiegend Lastkraftwagen mit einem Gewicht von über 12 t aus anderen Mitgliedstaaten verkehren, erhöht und diese Maut nicht nur zur Kostendeckung für den Bau, den Betrieb und den weiteren Ausbau der Brennerautobahn erhoben hat,
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida (Berichterstatter), L. Sevón und R. Schintgen sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, C. Gulmann, J.-P. Puissochet, P. Jann, M. Wathelet und V. Skouris und der Richterin F. Macken,
Generalanwalt: A. Saggio
Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 1. Dezember 1999, in der die Kommission durch L. Pignataro und durch M. Niejahr, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte und die Republik Österreich durch H. Dossi vertreten war,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Februar 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 29. Mai 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe b und aus Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten (ABl. L 279, S. 32; im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, indem sie die Maut zum 1. Juli 1995 und zum 1. Februar 1996 für die gesamte Brennerautobahn, eine Transitstrecke durch Österreich, auf der überwiegend Lastkraftwagen mit einem Gewicht von über 12 t aus anderen Mitgliedstaaten verkehren, erhöht und diese Maut nicht nur zur Kostendeckung für den Bau, den Betrieb und den weiteren Ausbau der Brennerautobahn erhoben hat.
Die Richtlinie
2 Gemäß Artikel 2 der Richtlinie bezeichnet der Ausdruck "Maut" im Sinne dieser Richtlinie "eine für eine Fahrt eines Kraftfahrzeugs zwischen zwei Punkten auf einem der Verkehrswege nach Artikel 7 Buchstabe d) zu leistende Zahlung, deren Höhe sich nach der zurückgelegten Wegstrecke und der Fahrzeugklasse richtet" (zweiter Gedankenstrich), und der Ausdruck "Kraftfahrzeug" "ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 Tonnen beträgt" (vierter Gedankenstrich).
3 Artikel 7 der Richtlinie bestimmt:
"Die Mitgliedstaaten dürfen unter folgenden Bedingungen Mautgebühren beibehalten und/oder Benutzungsgebühren einführen:
a) Die Maut- und Benutzungsgebühren dürfen nicht gleichzeitig für die Benutzung ein und desselben Straßenabschnitts erhoben werden.
Jedoch können die Mitgliedstaaten bei Netzen, in denen für die Benutzung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen Gebühren erhoben werden, auch Mautgebühren erheben.
b) Unbeschadet des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe e) und des Artikels 9 dürfen die Maut- und Benutzungsgebühren weder mittelbar noch unmittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers bzw. des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs führen.
...
d) Die Maut- und Benutzungsgebühren werden nur für die Benutzung von Autobahnen, anderen mehrspurigen Straßen, die ähnliche Merkmale wie Autobahnen aufweisen, Brücken, Tunneln und Gebirgspässen erhoben.
...
...
h) Die Mautgebühren orientieren sich an den Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau des betreffenden Straßennetzes."
4 Nach Artikel 13 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um der Richtlinie vor dem 1. Januar 1995 nachzukommen. Gemäß der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1) galt diese Umsetzungsfrist auch für die Republik Österreich.
5 Mit Urteil vom 5. Juli 1995 in der Rechtssache C-21/94 (Parlament/Rat, Slg. 1995, I-1827) hat der Gerichtshof die Richtlinie mit der Begründung für nichtig erklärt, diese sei ohne ordnungsgemäße Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen worden; er hat jedoch ihre Wirkungen bis zum Erlass einer neuen Richtlinie aufrechterhalten.
6 Am 17. Juni 1999 haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. L 187, S. 42) erlassen, die, wie aus ihrer vierten Begründungserwägung hervorgeht, die aufgehobene Richtlinie ersetzt.
Die Brennerautobahn
7 Die Brennerautobahn (A 13) verläuft von Innsbruck in Österreich bis zur italienischen Grenze am Brennerpass. Sie gehört zu den alpenquerenden Straßenabschnitten, die durch österreichisches Bundesgesetz zu Mautstrecken erklärt worden sind. Bis 1997 war die Alpen Straßen AG mit dem Betrieb, dem Unterhalt und dem Ausbau der Brennerautobahn betraut, die im Eigentum des Bundes steht.
8 Die mit dem Bau und dem Ausbau der Brennerautobahn sowie der übrigen alpenquerenden Autobahn- und Schnellstraßenabschnitte verbundenen Finanzierungsoperationen werden seit 1983 zentral von der vom Bund kontrollierten Finanzierungsgesellschaft Asfinag durchgeführt.
9 Nach der bis 1997 geltenden Regelung waren die Einnahmen aus den Mautstrecken Bundeseinnahmen, die jedoch für die Erhaltung, den Betrieb, die Verwaltung und die Finanzierung der betreffenden Verkehrswege gesetzlich zweckgebunden waren. Die Alpen Straßen AG verwendete die Beträge aus den Mauteinnahmen unmittelbar zur Deckung der Aufwendungen für den Betrieb, die Erhaltung und die Verbesserung der betreffenden Verkehrswege. Alle nicht benötigten Mittel wurden an die Asfinag abgeführt, die sie zur Deckung der Kreditkosten aller von ihr finanzierten Straßenprojekte verwendete. Da der an die Asfinag gezahlte Betrag aus den Mauteinnahmen nur zur Deckung eines Teils der jährlichen Zinsbelastung der Asfinag reichte, wurde die Differenz von der österreichischen Regierung aus dem Staatshaushalt zugeschossen.
10 Rückwirkend zum 1. Januar 1997 wurde der Asfinag mit dem Infrastrukturfinanzierungsgesetz vom 11. September 1997 die Verantwortlichkeit für Bau, Planung, Betrieb, Unterhaltung und Finanzierung der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen übertragen und Asfinag ermächtigt, in eigenem Namen und für eigene Rechnung Maut- und Benutzungsgebühren zu erheben, um ihre Kosten zu decken.
11 Das Mautsystem der Brennerautobahn besteht in einer Hauptmautstelle - Schönberg, etwa 10 km südlich von Innsbruck -, die die einzige unmittelbar auf der Autobahn gelegene Mautstelle ist, und Nebenmautstellen, die an verschiedenen Ein- oder Ausfahrten der Autobahn liegen, darunter die Mautstellen Stubaital, Matrei/Steinach, Nößlach und Brennersee.
12 Bei der Maut wird zwischen drei Arten von Strecken unterschieden, und zwar:
- der "Gesamtstrecke", die im Wesentlichen der etwa 34,5 km langen Strecke zwischen der Mautstelle Innsbruck-Ost oder der Mautstelle Innsbruck-West und der Staatsgrenze auf dem Brenner entspricht; ebenfalls als Gesamtstrecke wird die 19 km lange Strecke zwischen den Mautstellen Schönberg und Matrei/Steinach angesehen;
- den "Teilstrecken", d. h. den Strecken von Innsbruck nach Schönberg (10 km) und von Matrei/Steinach bis zur Grenze auf dem Brenner (15,5 km), und den Teilabschnitten dieser Strecken, wie z. B. denjenigen von Innsbruck-Ost nach Patsch/Igls (7 km), von Innsbruck-Ost nach Stubaital (10 km) und von Matrei/Steinach nach Nößlach (7,4 km);
- der "Kurzstrecke", die den letzten, 1,5 km langen Streckenabschnitt zwischen Brennersee und der Grenze auf dem Brenner umfasst.
13 Die Maut für die Gesamtstrecke wird beim Passieren der Hauptmautstelle Schönberg erhoben. Die Maut für die Teilstrecken und die Kurzstrecke ist an den Nebenmautstellen zu entrichten.
14 Mit Wirkung vom 1. Juli 1995 wurde die Mautregelung für Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen geändert. Diese Tarifänderung bestand in erster Linie darin, dass die Sonderregelung für lärmarme Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen und die Rabattangebote in Form von Dauerkarten für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen abgeschafft wurden.
15 So wurden in Bezug auf die Gesamtstrecke der ermäßigte Tarif von 750 ATS, der bisher für lärmarme Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen galt, abgeschafft, so dass für diese Fahrzeuge der volle Preis von 1 000 ATS zu entrichten war, was 28,99 ATS/km entspricht. Auch die Rabattangebote in Form einer "Punktekarte", durch die sich der Preis für eine Fahrt auf 600 ATS insgesamt oder 17,39 ATS/km ermäßigen ließ, oder einer lärmarmen Fahrzeugen vorbehaltenen Streckenkarte, mit der sich der Preis für eine Fahrt auf 500 ATS insgesamt oder 14,49 ATS/km verringern ließ, wurden abgeschafft.
16 Bei den Teilstrecken belief sich der Streckenpreis vor der ersten Tarifänderung auf 300 ATS, was für die Strecke von Innsbruck nach Schönberg 30 ATS/km und für die Strecke von Matrei/Steinach bis zur Grenze auf dem Brenner 19,35 ATS/km entspricht. Durch den Kauf einer Punktekarte ermäßigte sich dieser Preis auf 200 ATS entsprechend 20 ATS/km für die Strecke Innsbruck-Schönberg und 12,90 ATS/km für die Strecke Matrei/Steinach-Staatsgrenze Brenner. Der Preis von 300 ATS galt auch nach dem 1. Juli 1995 weiter, jedoch wurde die Punktekarte durch eine "Wertkarte" ersetzt, aufgrund deren die Strecke Innsbruck-Schönberg zum unveränderten ermäßigten Satz von 200 ATS und die Strecke Matrei/Steinach-Grenze Brenner zum heraufgesetzten ermäßigten Satz von 240 ATS, entsprechend 15 ATS/km, befahren werden konnte.
17 Der Preis von 100 ATS, d. h. 66,67 ATS/km, für die Kurzstrecke, der sich im Fall des Erwerbs einer Punktekarte auf 80 ATS insgesamt oder 53,33 ATS/km reduzierte, blieb ebenfalls unverändert. Die Wertkarte, die die Punktekarte ersetzte, ermöglichte es, den gleichen ermäßigten Satz wie zuvor in Anspruch zu nehmen.
18 Die Mautregelung wurde hinsichtlich der Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen zum 1. Februar 1996 erneut geändert.
19 Der Preis für die Gesamtstrecke wurde für lärm- und schadstoffarme Lastkraftwagen auf 1 150 ATS, d. h. 33,33 ATS/km, und für die übrigen Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen auf 1 500 ATS insgesamt oder 43,48 ATS/km erhöht. Der Preis für Nachtfahrten wurde für alle Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen auf 2 300 ATS, entsprechend 66,67 ATS/km, heraufgesetzt. Die ermäßigten Sätze wurden nicht wieder eingeführt, da sich der Kauf einer Wertkarte auf den Preis der Strecke nicht auswirkte.
20 Der Preis von 300 ATS für die Teilstrecken wurde im Rahmen dieser zweiten Tarifänderung nicht erhöht. Auch die beim Kauf einer Wertkarte gewährten ermäßigten Sätze von je nach Strecke 200 ATS oder 240 ATS wurden nicht heraufgesetzt. Weder für Nachtfahrten noch für lärm- und schadstoffarme Fahrzeuge wurde eine besondere Regelung vorgesehen.
21 Bei der Kurzstrecke wurde weder der volle Preis (100 ATS) noch der - bei Erwerb einer Wertkarte - ermäßigte Preis (80 ATS) heraufgesetzt.
22 Für die Strecken Innsbruck-Matrei/Steinach (19 km) und Schönberg-Matrei/Steinach (9 km), die grundsätzlich als Gesamtstrecke angesehen werden, gilt eine "Halbpreisregelung" genannte Sonderregelung für Lastkraftwagen mit mehr als drei Achsen im Fall der Hin- und Rückfahrt. Nach dieser bereits vor dem 1. Juli 1995 geltenden Regelung kann bei der Rückfahrt von Matrei/Steinach nach Innsbruck an der Hauptmautstelle Schönberg ein kostenloses Rückfahrticket erworben werden, so dass für diese Hin- und Rückfahrtstrecke der Preis einer Einzelkarte zu zahlen ist (1 150 ATS oder 1 500 ATS statt 2 300 ATS oder 3 000 ATS). Bei Zahlung des Preises für die Hin- und Rückfahrt anhand einer Wertkarte erteilt die Mautstelle Schönberg auf dem Rückweg eine Gutschrift auf den entrichteten Gesamtstreckenpreis, die für nicht lärm- und schadstoffarme Fahrzeuge 1 100 ATS und für lärm- und schadstoffarme Fahrzeuge 750 ATS beträgt. Dadurch kostet die Hin- und Rückfahrtstrecke für alle Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen nur 400 ATS, was 10,53 ATS/km für die 38 km lange Fahrt Innsbruck-Matrei/Steinach-Innsbruck und 22,22 ATS/km für die 18 km lange Fahrt Schönberg-Matrei/Steinach-Schönberg entspricht.
23 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens 7,5 t nicht die neben der Autobahn verlaufende, gebührenfreie Bundesstraße zum Brenner benutzen dürfen.
Vorverfahren
24 Mit Schreiben vom 31. Mai 1995 unterrichtete die österreichische Regierung die Kommission davon, dass sie die Mautregelung für die Brennerautobahn mit Wirkung vom 1. Juli 1995 ändern werde.
25 Mit Schreiben vom 9. Juni 1995 forderte die Kommission die österreichische Regierung auf, ihr nähere Auskünfte über diese neue Regelung zu erteilen und zu deren Vereinbarkeit mit der Richtlinie Stellung zu nehmen.
26 Die österreichischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 27. Juni 1995.
27 Mit Schreiben vom 4. August 1995 forderte die Kommission von den österreichischen Behörden eine Aufstellung der jährlichen Einnahmen und Ausgaben für die Brennerautobahn, bezogen auf die letzten zehn Jahre, sowie Planwerte für die kommenden zwei bis drei Jahre an, um prüfen zu können, ob die beträchtliche Heraufsetzung der Maut ab 1. Juli 1995 mit einer Erhöhung der Ausgaben zu rechtfertigen ist.
28 Hierauf antwortete die österreichische Regierung mit Schreiben vom 15. Januar 1996. Mit Schreiben vom selben Tag setzte sie die Kommission über ihre Entscheidung vom 9. Januar 1996 in Kenntnis, die Mautregelung für die Brennerautobahn mit Wirkung vom 1. Februar 1996 ein zweites Mal zu ändern.
29 Auf ein Schreiben der Kommission vom 25. Januar 1996 hin teilten die österreichischen Behörden dieser mit Schreiben vom 8. Februar 1996 weitergehende Einzelheiten über die Gründe für diese erneute Gebührenänderung mit.
30 Mit Schreiben vom 9. April 1996 teilte die Kommission der österreichischen Regierung mit, dass die beiden fraglichen Gebührenänderungen ihrer Ansicht nach nicht mit den Erfordernissen der Richtlinie vereinbar seien. Zum einen enthielten sie eine gegen Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie verstoßende Ungleichbehandlung, da sie nur für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, von denen die meisten nicht in Österreich zugelassen seien, und zugleich nur für die Gesamtstrecke der Brennerautobahn gälten, einer obligatorischen Transitstrecke, die ebenfalls überwiegend von nicht in Österreich zugelassenen Fahrzeugen benutzt werde, während die von den streitigen Erhöhungen nicht betroffenen Teilstrecken in erster Linie von in Österreich zugelassenen Fahrzeugen benutzt würden. Zum anderen stuenden die streitigen Gebührenerhöhungen entgegen Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie außer Verhältnis zu den Bau- und Betriebskosten der Brennerautobahn. Demgemäß forderte die Kommission die österreichische Regierung nach dem Verfahren des Artikels 169 EG-Vertrag auf, sich innerhalb von zwei Monaten zu den angeblichen Widersprüchen der fraglichen Mautregelung zum Gemeinschaftsrecht zu äußern.
31 In ihrem Antwortschreiben vom 5. Juni 1996 wies die österreichische Regierung die Rüge einer Ungleichbehandlung im Sinne von Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie mit der Begründung zurück, bei der Maut für die Gesamtstrecke einerseits und die Teilstrecken andererseits handele es sich nicht um gleiche Sachverhalte. Im Übrigen sei auch den Erfordernissen von Artikel 7 Buchstabe h der Richtline Genüge getan, da die streitigen Gebührenerhöhungen auf die erheblichen Kosten der von der Asfinag zentral finanzierten Autobahnen und Schnellstraßen zurückzuführen seien.
32 Mit Schreiben vom 30. Juli 1996 erbat die Kommission von der österreichischen Regierung Erläuterungen dazu, dass insbesondere für Lastkraftwagen mit bis zu drei Achsen der Erwerb einer Jahreskarte österreichischen Fahrzeugen vorbehalten bleibe. Mit Schreiben vom 10. Oktober 1996 teilte die österreichische Regierung der Kommission mit, dass sie diese Ungleichbehandlung mit Wirkung vom 1. November 1996 abstellen werde.
33 Da sie die Ausführungen der österreichischen Behörden nicht für überzeugend hielt, richtete die Kommission mit Schreiben vom 13. Januar 1997 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die österreichische Regierung, in der sie zu der Schlussfolgerung gelangte, dass die Republik Österreich durch die beiden streitigen Gebührenerhöhungen gegen Artikel 7 Buchstaben b und h der Richtlinie verstoßen habe. Sie forderte daher Österreich auf, innerhalb von zwei Monaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Verpflichtungen aus der Richtlinie nachzukommen.
34 In ihrem Antwortschreiben vom 28. Mai 1997 erhielt die österreichische Regierung ihren Standpunkt aufrecht und führte ihn weiter aus. Mit Schreiben vom 7. November 1997 erläuterte sie die Sonderregelung für die Strecke Innsbruck-Matrei/Steinach und zurück (Halbpreisregelung).
35 Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 übermittelte die österreichische Regierung der Kommission schließlich zur Prüfung eine neue Infrastrukturkostenrechnung für den Brenner-Korridor, die an die Berechnungsmethode angelehnt ist, die die Schweizerische Eidgenossenschaft im Rahmen ihrer Verhandlungen mit der Europäischen Union zur Erläuterung des Abgabenniveaus heranzog, das sie auf 40-Tonnen-Lastkraftwagen im Transit über den Korridor von Basel nach Chiasso anwendet.
36 Da die Republik Österreich ihrer Ansicht nach nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der gerügten Zuwiderhandlungen getroffen hatte, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.
Zur Zulässigkeit
37 Die Republik Österreich führt aus, die Kommission erhebe weiter auf die Richtlinie gestützte Vertragsverletzungsklagen, obwohl seit dem Erlass des genannten Urteils Parlament/Rat, mit dem der Gerichtshof die Richtlinie für nichtig erklärt habe und gleichzeitig entschieden habe, dass die Wirkungen der Richtlinie bis zum Erlass einer neuen Richtlinie aufrechterhalten würden, die nach dem Wortlaut des Urteils innerhalb einer angemessenen Frist zu erlassen sei, mehr als drei Jahre vergangen seien.
38 Ohne ausdrücklich die Zulässigkeit der Klage in Frage zu stellen, meint die österreichische Regierung, es dem Rat zu erlauben, den Erlass jeglicher Maßnahmen zur Wiederherstellung der Rechtmäßigkeit zu unterlassen und damit diesen Unrechtszustand zu Lasten der Mitgliedstaaten zu perpetuieren, wäre mit dem sich insbesondere aus Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) ergebenden Grundsatz unvereinbar, dass die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane einander zu loyaler Zusammenarbeit verpflichtet seien.
39 Es würde gegen den Geist des Vertrages verstoßen, wenn ihr ein Handeln vorgeworfen werde, das behauptetermaßen gegen einen vom Gerichtshof für nichtig erklärten Rechtsakt verstoße, und wenn das für die Sanierung dieses Rechtsakts zuständige Organ entgegen Artikel 176 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 233 Absatz 1 EG) seit mehr als drei Jahren untätig geblieben sei.
40 Dies habe umso mehr im vorliegenden Fall zu gelten, als die Änderungen des vom Parlament genehmigten Richtlinienvorschlags KOM (92) 405 endg. (ABl. 1992, C 311, S. 63), wie der Gerichtshof im Urteil Parlament/Rat festgestellt habe, wesentlich gewesen seien und die Richtlinie nicht in dieser Form erlassen worden wäre, vor allem wenn der Rat erneut das Parlament konsultiert hätte. Im Übrigen trage die Richtlinie den Erfordernissen des Umweltschutzes nicht hinreichend Rechnung.
41 Zunächst hat der Gerichtshof im Urteil Parlament/Rat festgestellt, dass zur Verhinderung einer Diskontinuität im Programm zur Harmonisierung der Verkehrsabgaben und aus gewichtigen Gründen der Rechtssicherheit vorläufig alle Wirkungen der für nichtig erklärten Richtlinie bis zum Erlass einer neuen Richtlinie aufrechtzuerhalten sind (Randnrn. 31 und 32), und dann darauf hingewiesen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Aufgabe hat, den begangenen Verfahrensfehler innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben (Randnr. 33).
42 Wie in Randnummer 6 dieses Urteils festgestellt worden ist, haben das Europäische Parlament und der Rat am 17. Juni 1999, d. h. fast vier Jahre nach Erlass des Urteils Parlament/Rat, die Richtlinie 1999/62 erlassen, durch die die für nichtig erklärte Richtlinie ersetzt worden ist.
43 Selbst wenn ein solcher Zeitraum zwischen dem Nichtigkeitsurteil und dem Erlass der neuen Richtlinie 1999/62 auf den ersten Blick lang erscheinen mag, kann dies die Kommission jedoch nicht daran hindern, in Erfuellung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrages das Verfahren des Artikels 169 EG-Vertrag einzuleiten, das zur Anrufung des Gerichtshofes führen kann, um einen Verstoß gegen die Verpflichtungen aus der für nichtig erklärten Richtlinie feststellen zu lassen, die nach dem Urteil Parlament/Rat aus den dort angeführten Gründen trotz ihrer Nichtigerklärung weiterhin wirksam sein sollte.
44 Zweck des Verfahrens des Artikels 169 EG-Vertrag ist es, Verstößen der Mitgliedstaaten gegen ihre gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen entgegenzutreten (u. a. Urteil vom 1. März 1966 in der Rechtssache 48/65, Lütticke u. a./Kommission, Slg. 1966, 27, 39); die Entscheidung über die Einleitung eines solchen Verfahrens liegt im Ermessen der Kommission.
45 Die Klage ist daher zulässig.
Zur Begründetheit
46 Unstreitig ist zunächst, dass die Brennerautobahn eine "Autobahn" im Sinne von Artikel 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie darstellt und dass die als Entgelt für ihre Benutzung eingenommenen Gebühren unter den Begriff "Maut" fallen, wie er in Artikel 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie definiert ist. Im Übrigen sind die einzigen "Kraftfahrzeuge", für die die Richtlinie gilt, diejenigen, die unter die Definition in Artikel 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie fallen, d. h. ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und ein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 12 t haben.
47 Mit ihrer Klage legt die Kommission der Republik Österreich zum einen zur Last, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie verstoßen zu haben, da es sich bei den Kraftfahrzeugen mit mehr als drei Achsen, auf die sich die streitigen Gebührenerhöhungen beziehen, im Wesentlichen um nicht in Österreich zugelassene Fahrzeuge handele. Zum anderen habe die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie verstoßen, da die Mauterhöhungen entgegen dieser Bestimmung nicht durch die Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau des betreffenden Straßennetzes zu rechtfertigen seien.
Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie
48 Die Kommission trägt vor, nach Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Maut so anzuwenden, dass sie weder mittelbar noch unmittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers oder des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs führe. Die beiden streitgegenständlichen Erhöhungen führten jedoch zu einer unterschiedlichen Behandlung sowohl aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers als auch des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs.
49 Die beiden Teile dieser Rüge sind getrennt zu prüfen.
Zum Vorwurf der unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers
50 Die Kommission macht geltend, aufgrund der beiden fraglichen Gebührenänderungen habe sich die Benutzung der Gesamtstrecke - durch die Streichung der Rabattangebote ab 1. Juli 1995 und die anschließende Erhöhung des Preises für die Einzelkarte - erheblich verteuert. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Preiserhöhung das Ergebnis der Abschaffung der Rabattangebote oder aber einer Heraufsetzung der Gebühren sei. Unabhängig von den technischen Modalitäten der Mautregelung, auf denen dieses Ergebnis beruhe, sei für die Anwendung der Richtlinie nämlich das wirtschaftliche Ergebnis entscheidend, d. h. die tatsächliche Erhöhung der Belastung mit Kosten für die Benutzung des Verkehrswegs.
51 Die streitigen Gebührenerhöhungen bewirkten in der Mautregelung für die Brennerautobahn eine signifikante Benachteiligung von in den anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen, die in aller Regel von Verkehrsunternehmern eingesetzt würden, die nicht die österreichische Staatsangehörigkeit besäßen. Die ausländischen Verkehrsunternehmer, die die höchsten Gebühren für die Strecke entrichten müssten, würden gegenüber den überwiegend österreichischen Verkehrsunternehmern eindeutig benachteiligt, die in der Praxis fast ausschließlich die Strecken beführen, für deren Benutzung ein günstigerer Tarif und besondere Preisermäßigungen in Anspruch genommen werden könnten.
52 Daher stelle der Preis für die Gesamtstrecke, der gegenüber den Preisen für die Teilstrecken und die Hin- und Rückfahrt auf der Strecke Innsbruck-Matrei/Steinach weit überproportional sei, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers im Sinne von Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie dar (entsprechend Urteil vom 17. Mai 1994 in der Rechtssache C-18/93, Corsica Ferries, Slg. 1994, I-1783, Randnrn. 33 bis 35).
53 Eine mittelbare Diskriminierung lasse sich auch daran erkennen, dass die streitigen Mauterhöhungen im Großen und Ganzen nur Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen beträfen; in dieser Kategorie seien jedoch die allermeisten Fahrzeuge im Ausland zugelassen.
54 Die österreichische Regierung trägt vor, zum 1. Juli 1995 sei keine Erhöhung der Mautsätze erfolgt, und die Abschaffung der bis dahin bestehenden Rabatte und Preisermäßigungen könne nicht gegen die Richtlinie verstoßen, die nicht die Gewährung oder die Aufrechterhaltung von Rabatten oder Preisermäßigungen vorschreibe. So sei der ab 1. Juli 1995 geltende Einheitstarif von 1 000 ATS für alle Lastkraftwagen mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke benutzten, bereits am 1. Januar 1992 eingeführt worden.
55 Außerdem betreffe die Mautregelung für die Gesamtstrecke einerseits und diejenige für die Teilstrecken und die Kurzstrecke andererseits zwei unterschiedliche, nicht gleiche Sachverhalte. Die Teilstrecken und die Kurzstrecke der Brennerautobahn würden hauptsächlich von Fahrzeugen mit einem Gewicht von weniger als 7,5 t in Anspruch genommen, die aufgrund ihrer Gewichtsklasse auch auf die Bundesstraße ausweichen könnten. Dagegen werde die Gesamtstrecke der Brennerautobahn, was den LKW-Verkehr angehe, überwiegend von Fahrzeugen mit einem Gewicht von mehr als 7,5 t benutzt, für die auf der parallel verlaufenden Bundesstraße ein Fahrverbot bestehe. Eine Erstreckung der Mauterhöhung auf die Teilstrecken und die Kurzstrecke hätte zu einer inakzeptablen Verkehrsverlagerung auf das gebührenfreie Straßennetz geführt. Schon wegen dieser unterschiedlichen Situation erscheine daher die Beschränkung der Tariferhöhung auf die Gesamtstrecke gerechtfertigt.
56 Selbst wenn man nur die von der Richtlinie erfassten Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 12 t in Betracht ziehe, seien durch die Mauterhöhung keine unterschiedlichen Vorschriften auf gleiche Sachverhalte angewandt worden, da die Maut für die Gesamtstrecke selbst nach den beiden fraglichen Gebührenänderungen, gemessen an derjenigen für die Benutzung der Teilstrecken und der Kurzstrecke, nicht unverhältnismäßig sei.
57 Aus österreichischer Sicht seien nämlich bei objektiver Darstellung die Mautgebühren in einer Gegenüberstellung von allen auf der Brennerautobahn möglichen Fahrtrelationen mit den jeweiligen Tarifen pro Streckenkilometer einerseits und der Zuordnung zu den jeweils vorkommenden Fahrzwecken andererseits zusammenzufassen; dabei sei zwischen dem Transitverkehr (Ursprungs- und Zielort außerhalb Österreichs), dem Quellverkehr (Ursprungsort in Österreich) oder dem Zielverkehr (Zielort in Österreich) und dem Binnenverkehr (Ursprungs- und Zielort in Österreich) zu unterscheiden. Durch Errechnung eines Mittelwerts aus der Summe dieser Tarife pro Streckenkilometer ergäben sich für jeden Fahrtzweck durchschnittliche Mautsätze pro Streckenkilometer, die dann objektiv vergleichbar seien. Eine solche Berechnung ergebe für den Transitverkehr einen durchschnittlichen Preis pro Streckenkilometer von 33,33 ATS, den auch die Kommission ermittelt habe. Der entsprechende Betrag für den Ziel- oder den Quellverkehr liege bei 32,57 ATS/km und derjenige für den Binnenverkehr innerhalb des Streckenbereichs der Brennerautobahn bei 36,79 ATS/km. Die so ermittelten Beträge seien ihrer Höhe nach durchaus gleichwertig, so dass die Mautregelung keine gegen die Richtlinie verstoßende Diskriminierung bewirke.
58 Ein objektiver und seriöser Vergleich zwischen der Maut für die Gesamtstrecke und derjenigen für die Teilstrecken und die Kurzstrecke lasse sich nur unter Heranziehung der Tarife für sämtliche Straßenabschnitte anstellen. Entgegen der Behauptung der Kommission bestuenden nämlich Tarifschwankungen sowohl auf den stark befahrenen Teilstrecken (von 10,53 ATS/km für die Strecke Innsbruck-Matrei/Steinach bis 66,67 ATS/km für die Strecke Stubaital-Patsch/Igls) als auch auf den weniger frequentierten Teilstrecken (von 17,14 ATS/km für die Strecke Matrei/Steinach-Brennersee bis 69,70 ATS/km für die Strecke Stubaital-Nößlach). Für elf der zwanzig berücksichtigten Strecken sei der Kilometerpreis höher als derjenige, der für lärm- und schadstoffarme Kraftfahrzeuge gelte, die bei Tage die Gesamtstrecke beführen.
59 Da sich der bei objektiven Kriterien ermittelte Durchschnittstarif für die Gesamtstrecke nicht wesentlich von dem für die Teilstrecken und die Kurzstrecke unterscheide und somit mangels Ungleichbehandlung keine mittelbare Diskriminierung vorliege, komme es nicht darauf an, welche Strecken zu welchen Prozentsätzen von Fahrzeugen welcher Herkunft befahren würden.
60 Was die Behauptung angehe, dass sich die beiden Gebührenänderungen nur auf Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die überwiegend in anderen Mitgliedstaaten zugelassen seien, bezögen, so treffe es nicht zu, dass der unveränderte Mauttarif für Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen nahezu ausschließlich von österreichischen Fahrzeugen in Anspruch genommen werde. Dieser Tarif gelte nämlich auch für fast alle Busse. Auf die Busse, die die Brennerstrecke benutzten, entfalle jedoch ein Anteil von 42 % der Kategorie B (Fahrzeuge mit einer Höhe von mehr als 1,30 m über der Fahrbahn auf Höhe der Vorderachse, bis zu drei Achsen), von dem die in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Busse rund 93 % ausmachten. Von den übrigen Lastkraftwagen mit bis zu drei Achsen hätten 32 % eine ausländische und 68 % eine österreichische Zulassung. Damit errechneten sich aus den Ausländeranteilen der Busse 39 % (42 % x 0,93) und aus den Ausländeranteilen der LKW 19 % (58 % x 0,32) ausländische Fahrzeuge, so dass insgesamt 58 % der Fahrzeuge der Kategorie B ausländische Fahrzeuge seien.
61 Entgegen der Auffassung der Kommission befänden sich die Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen auch nicht in einer Situation, die derjenigen der Fahrzeuge mit bis zu drei Achsen vergleichbar sei, da von ihnen eine erhöhte Straßenabnutzung und Umweltbelastung ausgehe.
62 Mit dem ersten Teil ihrer ersten Rüge legt die Kommission der Republik Österreich zur Last, die Maut mit den beiden fraglichen Gebührenänderungen so festgelegt zu haben, dass sie erstens zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers im Sinne von Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie führe, da die Gebührenänderungen überwiegend Kraftfahrzeuge beträfen, die in anderen Mitgliedstaaten zugelassen seien.
63 Zunächst ist, wie der Generalanwalt zu Recht in Nummer 22 seiner Schlussanträge festgestellt hat, mit der Kommission davon auszugehen, dass beim gegenwärtigen Stand des Güterkraftverkehrs in der Europäischen Union die Zulassung der Kraftfahrzeuge im Rahmen der Prüfung der Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers vorliegt, insoweit ein gültiges Kriterium darstellt, als Kraftfahrzeuge, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, im Allgemeinen von Wirtschaftsteilnehmern eben dieses Mitgliedstaats eingesetzt werden (entsprechend für Schiffe, die unter inländischer Flagge fahren, Urteil Corsica Ferries, Randnr. 33). Die österreichische Regierung hat im Übrigen eine solche Wechselbeziehung zwischen der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers und dem Staat der Zulassung der von ihm eingesetzten Kraftfahrzeuge im vorliegenden Verfahren nicht in Frage gestellt.
64 Sodann ist ebenfalls mit der Kommission festzustellen, dass die beiden fraglichen Gebührenänderungen nur Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen betreffen, die die Gesamtstrecke der Brennerautobahn benutzen.
65 Wie nämlich der Generalanwalt in den Nummern 25 und 26 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, folgt aus einem Vergleich der auf der Brennerautobahn geltenden Mautsätze, die in den Randnummern 15 bis 22 dieses Urteils beschrieben worden sind, eindeutig, dass die beiden fraglichen Gebührenänderungen, abgesehen von einer leichten Erhöhung des ermäßigten Satzes für die Teilstrecke Matrei/Steinach-Grenze auf dem Brenner, der von 200 ATS auf 240 ATS angehoben worden ist, zu einer erheblichen Erhöhung der Mautgebühren nur für die die Gesamtstrecke der Brennerautobahn befahrenden Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen geführt haben. Wie die Kommission zu Recht betont hat, ändert der Umstand, dass sich die streitigen Gebührenerhöhungen zum Teil aus der Abschaffung der ermäßigten Tarife ergeben, hieran nichts.
66 So sind die Mautsätze für Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke befahren, ab 1. Februar 1996 gegenüber der vor dem 1. Juli 1995 bestehenden Lage bei Tagfahrten um 150 % und bei Nachtfahrten um 283 % erhöht worden. Bei lärm- und schadstoffarmen Fahrzeugen beläuft sich die Erhöhung auf 130 % für eine Tagesfahrt und auf 360 % für eine Nachtfahrt. Dagegen sind Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen unabhängig von der gewählten Strecke von den streitigen Mauterhöhungen ebenso wenig betroffen wie Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die nicht die Gesamtstrecke der Brennerautobahn zurücklegen, mit Ausnahme der bereits genannten geringfügigen Änderung hinsichtlich der Fahrt von Matrei/Steinach bis zur Grenze auf dem Brenner. Der Preis für diese Fahrt ist schließlich angesichts der für die Strecke Schönberg-Matrei/Steinach und zurück geltenden Halbpreisregelung unverändert geblieben.
67 Nach der 1995 in Wien im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten angestellten technischen Untersuchung "Alpenquerender Straßengüterverkehr 1994", deren Ergebnisse von der österreichischen Regierung nicht bestritten worden sind, sind etwa 84 % der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die zu 99 % die Gesamtstrecke der Brennerautobahn zurücklegen, nicht in Österreich zugelassen.
68 Unter diesen Umständen ist angesichts der in Randnummer 63 dieses Urteils festgestellten Wechselbeziehung zwischen dem Staat, dem die Verkehrsunternehmer angehören, und dem Staat der Zulassung der von ihnen eingesetzten Fahrzeuge festzustellen, dass die aufgrund der beiden Tarifänderungen erfolgten streitigen Mauterhöhungen ganz überwiegend die Verkehrsunternehmer der übrigen Mitgliedstaaten betreffen.
69 Um feststellen zu können, ob bei der Festsetzung der Maut gegen das in Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie niedergelegte Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit der Verkehrsunternehmer verstoßen worden ist, ist zu prüfen, ob sich die nicht in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeuge, die von den streitigen Mauterhöhungen überwiegend betroffen sind, entgegen dem Vorbringen der österreichischen Regierung in der gleichen Situation befinden wie die in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeuge, die überwiegend nicht von diesen Erhöhungen betroffen sind und nach den Angaben der Kommission einen viel niedrigeren Preis pro Streckenkilometer zahlen.
70 Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes kann eine Diskriminierung nur darin bestehen, dass unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Situationen angewandt werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird (u. a. Urteil vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93, Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnr. 30).
71 Nach Ansicht der Kommission ist die Situation der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke der Brennerautobahn zurücklegen, mit der Situation der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die eine Teilstrecke zurücklegen, und der Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen, die die Gesamtstrecke befahren, zu vergleichen.
72 Was zunächst den Vergleich zwischen den Kraftfahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke befahren, und denjenigen mit mehr als drei Achsen, die die Teilstrecken benutzen, angeht, hat die Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofes dargelegt, welche dieser Teilstrecken ihres Erachtens für den Vergleich heranzuziehen sind. Es handele sich dabei um vier Strecken, nämlich die etwa 10 km lange Strecke von Innsbruck nach Schönberg (oder Stubaital), deren Kosten sich mit der Wertkarte auf unverändert 200 ATS insgesamt oder 20 ATS/km belaufen, die etwa 19 km lange Strecke von Innsbruck nach Matrei/Steinach, deren Kosten sich unter Berücksichtigung der Halbpreisregelung und der Wertkarte auf 200 ATS insgesamt oder 10,53 ATS/km belaufen, die etwa 24,5 km lange Strecke von Schönberg bis zur Grenze auf dem Brenner, für die die gleiche Mautregelung gilt wie für die Gesamtstrecke, und die etwa 15,5 km lange Strecke von Matrei/Steinach bis zur Grenze auf dem Brenner, deren Kosten 240 ATS insgesamt oder 15,48 ATS/km betragen.
73 Wie der Generalanwalt in Nummer 34 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind für den Vergleich die drei Strecken Innsbruck-Schönberg, Innsbruck-Matrei/Steinach und Matrei/Steinach-Grenze auf dem Brenner heranzuziehen. Dagegen macht es keinen Sinn, die von der Kommission ebenfalls angeführte Strecke Schönberg-Grenze auf dem Brenner als Teilstrecke zu berücksichtigen, da diese Strecke der Gesamtstrecke in jeder Hinsicht gleichgestellt wird.
74 Die von der österreichischen Regierung vertretene Auffassung, dass bei dem Vergleich der Durchschnittspreise je Streckenkilometer der Gesamtstrecke alle Teilstrecken gegenüberzustellen seien, ist abzulehnen.
75 Wie der Generalanwalt zutreffend in Nummer 35 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind für den Vergleich nur die Teilstrecken heranzuziehen, die von Kraftfahrzeugen mit mehr als drei Achsen tatsächlich benutzt werden, um Beförderungen durchzuführen, die den für die Gesamtstrecke festgestellten entsprechen. Wie die Kommission jedoch zu Recht bemerkt hat, sind die in Randnummer 72 dieses Urteils genannten Strecken die einzigen, die in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsame Ortschaften, nämlich Innsbruck, Fulpmes bei Stubaital und Matrei, bedienen, während die übrigen längs der Autobahn gelegenen Städte vor allem touristische Bedeutung haben. Somit ist davon auszugehen, dass die Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die diese Teilstrecken oder die Gesamtstrecke befahren, aus gleichartigen Gründen für den Verkehr eingesetzt werden, nämlich für den Schwerlastverkehr entweder im Transit - bei Inanspruchnahme der Gesamtstrecke - oder aber von oder nach einer der durch diese Teilstrecken bedienten Ortschaften. Dagegen können jene Strecken, die diese Art von Verkehr nicht oder nur ganz am Rande betreffen, für einen Vergleich nicht herangezogen werden.
76 Zwar steht fest, dass die Teilstrecken der Brennerautobahn nur von 1 % aller Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen befahren werden. Ebenso steht jedoch fest, dass die Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die diese Teilstrecken befahren, überwiegend in Österreich zugelassen sind. Ausschlaggebend für die Bejahung einer Diskriminierung ist jedoch der jeweilige Prozentsatz der inländischen und der ausländischen Verkehrsunternehmer an den beiden zu vergleichenden Gruppen und nicht das jeweilige zahlenmäßige Gewicht der Angehörigen der beiden fraglichen Gruppen. Daher besteht die eventuelle Ungleichbehandlung darin, dass die zur begünstigten Gruppe gehörenden Fahrzeuge überwiegend in Österreich zugelassen sind, während die zur benachteiligten Gruppe gehörenden Fahrzeuge, die 99 % des Gesamtverkehrs der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen ausmachen, überwiegend nicht in Österreich zugelassen sind.
77 Die österreichische Regierung macht weiter geltend, sowohl der geringe Umfang des Schwerlastverkehrs auf den Teilstrecken als auch der Umstand, dass dieser Verkehr Kraftfahrzeuge betreffe, die praktisch keine Nachtfahrten durchführten, hätten es gerechtfertigt, die Anwendung der für die Gesamtstrecke eingeführten Tarifregelung, die nach dem Schadstoff- und dem Lärmkriterium oder demjenigen der Uhrzeit des Verkehrs der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen abgestuft sei, angesichts der Verwaltungskosten eines solchen Systems nicht auf die Teilstrecken auszudehnen. Demnach hätten die österreichischen Behörden keine unterschiedlichen Vorschriften auf gleiche Situationen angewandt.
78 Hierzu ist festzustellen, dass dieses Vorbringen die Mautregelung nur insoweit betrifft, als sie einen nach dem Schadstoff- und dem Lärmkriterium der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen oder dem Kriterium der Uhrzeit des Verkehrs dieser Fahrzeuge abgestuften Tarif vorsieht, wie er seit der zweiten fraglichen Gebührenänderung für die Gesamtstrecke gilt. Dieses Vorbringen geht jedoch nicht auf die Rüge der Kommission ein, dass die Republik Österreich gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen habe, indem sie für die Gesamtstrecke befahrende Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen die vor der ersten fraglichen Gebührenänderung geltenden Möglichkeiten ermäßigter Tarife abgeschafft und bei der zweiten fraglichen Gebührenänderung den Grundtarif für die Gesamtstrecke benutzende Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen erhöht habe. Jedenfalls können sich die Mitgliedstaaten nicht auf Erwägungen berufen, die auf verwaltungstechnische Schwierigkeiten abstellen, um diskriminierende Regelungen einzuführen oder beizubehalten (in diesem Sinne u. a. Urteil vom 7. April 1992 in der Rechtssache C-45/91, Kommission/Griechenland, Slg. 1992, I-2509, Randnr. 21).
79 Somit ist festzustellen, dass bei Kraftfahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die einen Gütertransport durchführen, eine unterschiedliche Behandlung besteht zwischen den Fahrzeugen, die die Gesamtstrecke zurücklegen und ganz überwiegend nicht in Österreich zugelassen sind, und den sich in einer gleichen Situation befindenden Kraftfahrzeugen, die die in Randnummer 73 dieses Urteils genannten Teilstrecken in Anspruch nehmen und ganz überwiegend in Österreich zugelassen sind.
80 Wie nämlich aus den von der Kommission vorgetragenen und von der österreichischen Regierung nicht bestrittenen Angaben hervorgeht, zahlen Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die eine der drei in Randnummer 73 dieses Urteils bezeichneten Teilstrecken befahren, nach den beiden streitigen Gebührenerhöhungen 20 ATS/km, 10,53 ATS/km und 15,48 ATS/km, was im Durchschnitt 15,34 ATS/km entspricht. Dagegen zahlen Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen aufgrund derselben Gebührenerhöhungen für eine Tagesfahrt auf der Gesamtstrecke, sofern sie die verschärften Schadstoff- und Lärmnormen erfuellen, 33,33 ATS/km, andernfalls 43,48 ATS/km, und für eine Nachtfahrt 66,67 ATS/km.
81 Diese Feststellung wird durch die Entstehungsgeschichte der beiden fraglichen gesetzlichen Gebührenänderungen bestätigt. In der Entschließung des Tiroler Landtags vom 17. Mai 1995, auf die diese Gebührenänderungen zurückgehen, wurde nämlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, die "heimischen Frächter" vor der "drastischen Belastung" zu schützen, die sich aus den Gebührenänderungen ergebe.
82 Zweitens ist zu prüfen, ob, wie die Kommission weiter meint, Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke zurücklegen, und diejenigen mit bis zu drei Achsen, die die gleiche Strecke zurücklegen, ungleich behandelt werden.
83 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der österreichischen Regierung bei der Prüfung einer Diskriminierung im Sinne der Richtlinie als Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen weder Autobusse berücksichtigt werden können noch auch alle sonstigen Kraftfahrzeuge, die nicht der Definition von Kraftfahrzeugen in Artikel 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie entsprechen, d. h. keine Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen sind, "die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 Tonnen beträgt".
84 Ebenso ist das Argument der österreichischen Regierung zurückzuweisen, dass ein Vergleich zwischen Fahrzeugen mit mehr als drei Achsen und solchen mit bis zu drei Achsen deshalb ungeeignet sei, weil Erstere wegen ihres höheren Gewichts und ihrer stärkeren Motorkraft die Umwelt stärker beeinträchtigten.
85 Hierzu braucht nur festgestellt zu werden, dass zum einen die österreichische Regierung nicht bestritten hat, dass, wie die Kommission meint, die durch ein bestimmtes Fahrzeug verursachte Straßenabnutzung nicht allein von der Zahl der Achsen, sondern auch von anderen Faktoren wie der Gesamttonnage im Verhältnis zur Achsenzahl, der Achslast und dem Federungssystem der Antriebsachse abhängt. Zum anderen lässt, wie die Kommission ebenfalls hervorgehoben hat, nichts die Behauptung zu, dass Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen die Umwelt erheblich stärker belasten als solche mit bis zu drei Achsen, beachtet man, dass, wie die österreichische Regierung einräumt, über 90 % der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen die Normen erfuellen, um in den Genuss des Tarifes für lärm- und schadstoffarme Lastkraftwagen zu kommen.
86 Es ist also zu prüfen, ob innerhalb der Kategorie der die Gesamtstrecke benutzenden Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen, die zur begünstigten Gruppe gehören, da sie von den streitigen Gebührenerhöhungen nicht betroffen sind, die meisten Fahrzeuge in Österreich zugelassen sind. Sollte dies der Fall sein, so ergäbe sich daraus eine Ungleichbehandlung zu Lasten der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die von den beiden fraglichen Gebührenänderungen betroffen sind und ganz überwiegend in anderen Mitgliedstaaten zugelassen sind.
87 Wie der Generalanwalt in Nummer 42 seiner Schlussanträge festgestellt hat, lässt sich aufgrund der Daten aus der technischen Untersuchung von 1995, die die Kommisson zur Stützung ihres ersten Klagegrundes angeführt hat, vermuten, dass 1994 etwa ein Viertel aller Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen, die die Gesamtstrecke zurückgelegt haben, in Österreich zugelassen war. Nach diesen Daten lässt sich zwischen den beiden fraglichen Fahrzeugkategorien keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit der Verkehrsunternehmer feststellen, da eine Mehrheit von nicht in Österreich zugelassenen Fahrzeugen und damit von nicht österreichischen Verkehrsunternehmern in den Genuss der günstigen Tarife für Kraftfahrzeuge mit bis zu drei Achsen kam.
88 Nach alledem ist festzustellen, dass die beiden fraglichen Gebührenänderungen zu einer Begünstigung der österreichischen Verkehrsunternehmer gegenüber den Verkehrsunternehmern, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, führen, soweit sie die die Gesamtstrecke der Brennerautobahn befahrenden Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die ganz überwiegend nicht in Österreich zugelassen sind, treffen, nicht aber die Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die einen entsprechenden Transport auf bestimmten Teilstrecken durchführen und ganz überwiegend in Österreich zugelassen sind.
89 Zur Rechtfertigung dieser Gebührenunterschiede macht die österreichische Regierung allerdings geltend, dass eine Erhöhung der Maut für die Teilstrecken zu einer erheblichen Verlagerung des örtlichen und regionalen Verkehrs von Kraftfahrzeugen mit einem Gewicht von unter 7,5 t auf das nationale Straßennetz führen würde, was für die örtliche Bevölkerung unannehmbar wäre. Außerdem seien die streitigen Gebührenerhöhungen auf der Gesamtstrecke zur Bekämpfung des Phänomens des "Umwegtransits" unerlässlich, wonach 30 % bis 40 % der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die den Güterverkehr zwischen Deutschland und Nordeuropa einerseits und Italien andererseits abwickelten, einen Umweg über Österreich machten, um in den Genuss günstigerer Gebühren als den namentlich in der Schweiz geltenden zu kommen.
90 Wie jedoch die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, sind die in Randnummer 80 dieses Urteils aufgeführten unterschiedlichen Gebühren nicht durch Gründe des Umweltschutzes oder Erwägungen der nationalen Verkehrspolitik zu rechtfertigen.
91 Nach der ersten und der zweiten Begründungserwägung der Richtlinie erfordert die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus den Mitgliedstaaten die Harmonisierung der Abgabensysteme und die Einführung gerechter Mechanismen für die Anlastung der Wegekosten an die Verkehrsunternehmer, wobei es sich um Ziele handele, die sich nur stufenweise verwirklichen ließen. Nach der zehnten Begründungserwägung können die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus den Mitgliedstaaten - solange es keine technisch und wirtschaftlich besseren Erhebungsformen gibt - dadurch gemildert werden, dass Mautgebühren beibehalten oder eingeführt und Gebühren für die Benutzung von Autobahnen und - unter bestimmten Bedingungen - anderen Straßen eingeführt werden. Nach der elften Begründungserwägung dürfen die Maut- und Benutzungsgebühren insbesondere nicht mit Diskriminierungen verbunden sein.
92 Diesen Begründungserwägungen zufolge war sich der Gemeinschaftsgesetzgeber zwar bewusst, dass die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen im Bereich des Güterkraftverkehrs nur stufenweise verwirklicht werden kann; er hat jedoch sein Festhalten an der Verwirklichung dieses Zieles klar zum Ausdruck gebracht, da es für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes unerlässlich ist, wobei er hierzu insbesondere die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Maut- und Benutzungsgebührenregelung beschlossen hat.
93 Daraus erklärt sich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber in dem von der Richtlinie erfassten Bereich Abweichungen der Mitgliedstaaten von den Vorschriften der Richtlinie nur insoweit zulassen wollte, als sie aus den in der Richtlinie vorgesehenen Gründen und unter den in ihr festgelegten Voraussetzungen erfolgen.
94 So unterliegen zusätzliche Befreiungen oder ermäßigte Sätze von Kraftfahrzeugabgaben einer Genehmigung durch den Rat, und sie müssen aus Gründen sozial- bzw. wirtschaftspolitischer Art oder Gründen der Infrastrukturpolitik des betreffenden Staates gerechtfertigt sein (Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a der Richtlinie).
95 Dagegen sehen weder die Begründungserwägungen noch die Vorschriften der Richtlinie die Möglichkeit vor, zur Rechtfertigung einer Gebührenregelung, die mittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung im Sinne des Artikels 7 Buchstabe b der Richtlinie führt, Gründe der nationalen Verkehrspolitik oder des Umweltschutzes anzuführen. Auch keine andere Bestimmung der Richtlinie erlaubt es, bei der Festsetzung von Maut vom Diskriminierungsverbot abzuweichen.
96 Diese Auslegung der Richtlinie wird durch die neue Richtlinie 1999/62 bestätigt, die auf der Grundlage des EG-Vertrags in der Fassung des Vertrages von Amsterdam ergangen ist.
97 Die Richtlinie 1999/62, die nunmehr Überlegungen des Umweltschutzes und des ausgewogenen Ausbaus der Verkehrsnetze im Rahmen der Festsetzung der Maut mitberücksichtigt, sieht in Artikel 7 Absatz 4 ein Verbot der unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers vor, das dem in Artikel 7 Buchstabe b der für nichtig erklärten Richtlinie entspricht; nach Artikel 7 Absatz 10 Unterabsatz 1 der Richtlinie 1999/62 können die Mitgliedstaaten die Mautsätze nach Fahrzeug-Emissionsklassen differenzieren, sofern keine Maut mehr als 50 % über der Gebühr liegt, die für gleichwertige Fahrzeuge erhoben wird, die die strengsten Emissionsnormen erfuellen, und nach der Tageszeit, sofern keine Maut mehr als 100 % über der während der günstigsten Tageszeit erhobenen Gebühr liegt. Außerdem muss eine Differenzierung der Gebühren nach Fahrzeug-Emissionsklassen oder Tageszeit dem angestrebten Ziel angemessen sein (Artikel 7 Absatz 10 Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/62).
98 Demnach können Umweltschutzerwägungen nur in dem durch die Richtlinie 1999/62 strikt vorgegebenen Rahmen berücksichtigt werden. Wenn solche Erwägungen aber bereits im Rahmen der für nichtig erklärten Richtlinie hätten angeführt werden können, wäre diese Regelung durch die neue Richtlinie 1999/62 aufrechterhalten worden, die gemäß Artikel 6 EG umweltbezogene Überlegungen mitberücksichtigt.
99 Aus alledem ist zu schließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit dem Erlass der Richtlinie auf dem besonderen Gebiet der Festsetzung von Maut Unterschiede bei der Gebührengestaltung, die unmittelbar oder mittelbar auf der Staatsangehörigkeit der Verkehrsunternehmer oder dem Ausgangs- oder Zielpunkt des Verkehrs beruhen, verbieten wollte, ohne irgendeine Ausnahme hiervon zuzulassen.
100 Überdies sind die von der österreichischen Regierung angeführten Ziele Gegenstand anderer Regelungen wie z. B. - im Bereich der Bekämpfung der Emission gasförmiger Schadstoffe aus Dieselmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen - der Richtlinie 88/77/EWG des Rates vom 3. Dezember 1987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emission gasförmiger Schadstoffe aus Dieselmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen (ABl. 1988, L 36, S. 33) in der Fassung der Richtlinie 96/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Januar 1996 (ABl. L 40, S. 1). Zum Ziel der Verringerung des Verkehrs von Lastkraftwagen im Transit durch Österreich im Besonderen ist auf die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über verfahrenstechnische Einzelheiten im Zusammenhang mit dem System von Transitrechten (Ökopunkten) für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, begründet durch Artikel 11 des Protokolls Nr. 9 zur Akte über den Beitritt Norwegens, Österreichs, Finnlands und Schwedens (ABl. L 341, S. 20) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 (ABl. L 190, S. 13) hinzuweisen.
101 Daraus folgt, dass der erste Teil des ersten Klagegrundes insofern begründet ist, als eine gegen Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie verstoßende mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit der Verkehrsunternehmer darin liegt, dass für einen Gütertransport durchführende Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, je nachdem, ob sie die Gesamtstrecke der Brennerautobahn oder aber eine der in Randnummer 73 dieses Urteils bezeichneten drei Teilstrecken benutzen, unterschiedliche Gebühren anfallen und sich dies zu Lasten der Verkehrsunternehmer auswirkt, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind.
Zum Vorwurf der unterschiedlichen Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs
102 Nach Ansicht der Kommission enthält die sich aus den beiden fraglichen Tarifänderungen ergebende Mautregelung für die Brennerautobahn des Weiteren eine mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des "Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs" im Sinne von Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie.
103 Hierzu führt die Kommission aus, da diese Regelung ohne Unterscheidung zwischen dem Ausgangs- oder Zielpunkt des Verkehrs angewandt werde und die Differenzierung der Gebühren zwischen der Gesamtstrecke, den Teilstrecken und der Kurzstrecke formal nach einem objektiven Kriterium, nämlich nach der Länge der Streckenabschnitte, vorgenommen werde, lasse sich keine unmittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs feststellen. Es bestehe jedoch eine mittelbare Ungleichbehandlung, denn die Gesamtstrecke werde naturgemäß ganz überwiegend (zu 80 %) vom Transitverkehr (Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs) befahren, während die Teilstrecken und die Kurzstrecke im Wesentlichen von Lastkraftwagen benutzt würden, bei denen sich der Ausgangs- oder der Zielpunkt innerhalb Österreichs befinde.
104 Die unterschiedlichen Gebühren für die verschiedenen Strecken entsprächen nicht dem Verhältnis der Streckenlängen. Denn die Maut sei nur für die Gesamtstrecke um teilweise mehr als 100 % heraufgesetzt worden, und die Gebühren pro Streckenkilometer lägen - wie in Randnummer 72 dieses Urteils festgestellt worden ist - seit den beiden streitigen Erhöhungen insbesondere bei Verwendung von Wertkarten für die Teilstrecken und die Strecke Innsbruck-Matrei/Steinach und zurück deutlich unter denen für die Gesamtstrecke.
105 Daher sei auch darin eine mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des "Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs" zu erblicken, dass sich die beiden streitigen Mauterhöhungen insgesamt nur auf die Gesamtstrecke der Brennerautobahn benutzende Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen bezögen.
106 Die österreichische Regierung macht geltend, der Vorwurf der unterschiedlichen Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs beruhe auf falschen Prämissen. Die Mautsätze für die Gesamtstrecke seien im Verhältnis zu denjenigen für die Teilstrecken sehr wohl ausgewogen. Auch die Behauptung der Kommission, dass die beiden fraglichen Gebührenänderungen deshalb eine unterschiedliche Behandlung enthielten, weil sie sich nur auf Lastkraftwagen mit mehr als drei Achsen bezögen, sei unzutreffend. Diese Fahrzeuge seien in bestimmter Hinsicht - insbesondere im Hinblick auf die von ihnen ausgehende erhöhte Straßenabnutzung und Umweltbelastung - anders einzustufen als Lastkraftwagen mit weniger Achsen, so dass eine unterschiedliche Situation im Sinne der in Randnummer 70 dieses Urteils angeführten Rechtsprechung vorliege, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertige.
107 Während der überwiegende Anteil (94 %) des Transitverkehrs mit Fahrzeugen ausländischer Zulassung durchgeführt werde, von denen 96 % Schwerlastfahrzeuge seien, die demnach den Mautkategorien C oder F (Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen) zuzuordnen seien, werde der Ziel- und Quellverkehr zu 73 % von österreichischen Fahrzeugen durchgeführt, die zu 90 % den Schwerlastfahrzeugen zuzuordnen seien und daher ebenfalls Maut der Kategorien C oder F zu entrichten hätten. Beim Binnenverkehr überwögen naturgemäß jene Fahrten, die nur Teilstrecken der Autobahn beträfen. Sie würden praktisch ausschließlich von österreichischen Lastkraftwagen durchgeführt.
108 Eine mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes könne daher nicht vorliegen, da auch der Ziel- und Quellverkehr, der überwiegend von österreichischen Schwerfahrzeugen der Kategorien C und F durchgeführt werde, die Gesamtstrecke befahre.
109 Zur Verhinderung jeder Form der Wettbewerbsverzerrung zwischen Verkehrsunternehmen aus den Mitgliedstaaten verbietet Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie bei der Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren mittelbare und unmittelbare unterschiedliche Behandlungen nicht nur aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers, sondern auch aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs.
110 Insoweit geht es der Kommission mit dem zweiten Teil ihres ersten Klagegrundes im Wesentlichen um den Nachweis, dass die fraglichen Gebührenänderungen dadurch, dass sie die Gesamtstrecke der Brennerautobahn benutzende Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen beträfen, die das österreichische Hoheitsgebiet ganz überwiegend im Transitverkehr durchquerten, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs enthielten, und zwar zum einen gegenüber Fahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die Teilstrecken benutzten, und zum anderen gegenüber Kraftfahrzeugen mit bis zu drei Achsen, die die Gesamtstrecke zurücklegten und nicht vorwiegend für den Transitverkehr bestimmt seien.
111 Wie aus diesem Urteil hervorgeht, treffen die beiden fraglichen Gebührenänderungen fast ausschließlich Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke der Brennerautobahn befahren. Wie im Übrigen der Generalanwalt in Nummer 49 seiner Schlussanträge festgestellt hat, lässt sich den für das Jahr 1994 vorliegenden Angaben aus der technischen Untersuchung von 1995 entnehmen, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke befahren, Transitverkehr durchführt.
112 Wie bei der Prüfung des auf einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers gestützten ersten Teiles des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, ist die Mautregelung für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die gleichartige Teilstrecken benutzen und im Allgemeinen nicht für den Transitverkehr bestimmt sind, deutlich günstiger als die Regelung für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke zurücklegen und, wie soeben in Erinnerung gerufen worden ist, überwiegend zum Transitverkehr gehören.
113 Dagegen führt, wie der Generalanwalt in Nummer 52 seiner Schlussanträge belegt hat, die überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge mit bis zu drei Achsen, die die Gesamtstrecke zurücklegen, Transitverkehr durch, so dass eine Diskriminierung dieser Gruppe von Fahrzeugen nicht gegeben ist, da für sie ja die günstigere Mautregelung für Fahrzeuge mit bis zu drei Achsen gilt.
114 Aus den gleichen Gründen, wie sie in den Randnummern 90 bis 100 im Rahmen der Prüfung des ersten Teiles des ersten Klagegrundes dargelegt worden sind, lässt sich für die in Randnummer 112 dieses Urteils festgestellte unterschiedliche Behandlung von Fahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die die Gesamtstrecke befahren, und Fahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die die in Randnummer 73 dieses Urteils genannten drei Teilstrecken befahren, keine Rechtfertigung anführen.
115 Infolgedessen ist auch der zweite Teil des ersten Klagegrundes insofern begründet, als eine gegen Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie verstoßende mittelbare unterschiedliche Behandlung aufgrund des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs darin liegt, dass für einen Gütertransport durchführende Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, je nachdem, ob sie die Gesamtstrecke der Brennerautobahn oder aber eine der in Randnummer 73 dieses Urteils genannten drei Teilstrecken benutzen, unterschiedliche Gebühren anfallen und sich dies zu Lasten der Kraftfahrzeuge im Transitverkehr auswirkt.
Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie
116 Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass nach Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie Mauterhöhungen nur gerechtfertigt seien, soweit sie sich an einer Erhöhung der Kosten für die betreffende Strecke orientierten.
117 Die Kommission teilt nicht die Ansicht der österreichischen Regierung, dass sich die Wendung "des betreffenden Straßennetzes" in Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie auf alle von der Asfinag betreuten Autobahnen beziehe. Das betreffende Straßennetz sei hier die Brennerautobahn.
118 Die Aufwendungen der Alpen Straßen AG im Zusammenhang mit der Brennerautobahn seien nach der Mitteilung der österreichischen Regierung vom 15. Januar 1996 in den vergangenen Jahren teilweise erheblich zurückgegangen. Die Aufwendungen für Betrieb, Erhaltung und Verwaltung hätten allerdings nach den Prognosen für die Jahre 1995 bis 1997 (von 279,2 Mio. ATS im Jahr 1994 auf 476,7 Mio. ATS im Jahr 1997) steigen sollen. Die streitigen Gebührenerhöhungen könnten daher nur teilweise mit diesen Kosten gerechtfertigt werden.
119 Diesen Aufwendungen stuenden zudem für den gleichen Zeitraum deutlich erhöhte Einnahmen aus der Maut für die Brennerautobahn gegenüber (Anstieg von 1 084,5 Mio. ATS 1994 auf 1 495 Mio. ATS 1997). Die Einnahmevorausschätzungen, die nach den Angaben der österreichischen Regierung auf der Grundlage der am 1. Juli 1995 geltenden Mauttarife errechnet worden seien, zeigten, dass schon die erste Mauterhöhung im Jahr 1995 ganz erheblich die Kosten überstiegen und dass kein Anlass für die weitere Mauterhöhung des Jahres 1996 bestanden habe. Im Übrigen rechtfertige die österreichische Regierung die zweite streitige Gebührenerhöhung in erster Linie mit verkehrs- und umweltpolitischen Erwägungen. Ziel der streitigen Gebührenerhöhungen sei es gewesen, den seit 1995 auf der Brennerautobahn verzeichneten zusätzlichen Gütertransitverkehr in möglichst großem Umfang auf die Schiene zu verlagern und die gestiegenen Umweltbelastungen der örtlichen Bevölkerung zu reduzieren. Nach Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie müssten Mauterhöhungen jedoch an gestiegenen Kosten der mit Maut belegten Straße selbst orientiert sein.
120 Die Mitgliedstaaten seien berechtigt, ihre Infrastrukturkosten durch Maut zu decken, die sich jedoch an den tatsächlichen Kosten orientieren müsse, auch wenn Gründe des Umweltschutzes für höhere Gebühren sprechen sollten. Nur der Gemeinschaftsgesetzgeber könne künftig externe Kosten als Bemessungsgrundlage für die Gebühren zulassen, da andernfalls insbesondere nicht hinnehmbare Wettbewerbsverzerrungen entstuenden, die durch die Richtlinie gerade beseitigt werden sollten.
121 Die politischen Ausführungen der österreichischen Regierung insbesondere zu den bilateralen Verkehrsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft seien rechtlich ohne Belang für die vorliegende Klage, die denkbare politische Lösungen, die möglicherweise noch für die Brennerautobahn gefunden würden, nicht präjudiziere.
122 Schließlich stelle auch die Infrastrukturkostenrechnung für den Brenner-Korridor, die die Republik Österreich im Rahmen der Verhandlungen über den zur neuen Richtlinie 1999/62 gewordenen Vorschlag vorgelegt habe, keine geeignete Grundlage für die Ermittlung der maßgeblichen Kosten nach Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie dar. Außerdem würde die Republik Österreich mit einer Berufung auf diese Berechnung im vorliegenden Zusammenhang von ihrem Standpunkt abrücken, dass das "betreffende" Straßennetz mit dem gesamten von der Asfinag finanzierten Netz gleichzusetzen sei.
123 Was diese neue Infrastrukturkostenrechnung angehe, die nach denselben Grundsätzen erstellt worden sei wie die von der Schweizerischen Eidgenossenschaft für ihr Verkehrsabkommen mit der Europäischen Union vorgelegte Kostenrechnung für den Korridor Basel-Chiasso, so könne erstens der Umstand, dass die Kommission diese Berechnungsmethode als bloße politische Gesprächsgrundlage für die Aushandlung eines Verkehrsabkommens mit diesem Drittstaat akzeptiert habe, keine geeignete Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen eine Bestimmung der Richtlinie darstellen. Zweitens unterschieden sich die Berechnungsmethoden der Schweiz und Österreichs in den entscheidenden Parametern und den gefundenen Ergebnissen erheblich. Drittens seien die mit dieser Methode gefundenen Ergebnisse ungeachtet der Frage, ob sie wissenschaftlich haltbar sei oder nicht, für die Kommission in keiner Weise nachvollziehbar.
124 Zum einen entfielen nach diesen Berechnungen etwa 26 % der Infrastrukturkosten für das gesamte österreichische Autobahn- und Schnellstraßennetz allein auf die Brennerstrecke, obwohl diese nur etwa 2 % dieses Netzes ausmache. Zum anderen entfielen nach dieser Methode 65 % der gesamten Wegekosten auf Lastkraftwagen mit mehr als zwei Achsen, obwohl diese Fahrzeuge nur 18 % des gesamten Verkehrsaufkommens auf der Brennerautobahn bestritten. Dagegen würden nach der schweizerischen Berechnungsmethode von der gleichen Gruppe von Lastkraftwagen bei einem Anteil von 8,2 % am gesamten Verkehrsaufkommen auf dem alpenquerenden Korridor Basel-Chiasso nur 16,5 % der gesamten Wegekosten verursacht. Nach der Berechnungsmethode der österreichischen Regierung entfielen immerhin noch 42,8 % der Wegekosten des gesamten österreichischen Netzes auf Lastkraftwagen, während nach der schweizerischen Methode nur 17,3 % der Kosten auf Lastkraftwagen entfielen.
125 Aus all diesen Gründen stelle diese von der österreichischen Regierung nachträglich eingeführte neue Berechnungsmethode keine im Sinne von Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie geeignete Grundlage für die Ermittlung der Maut auf der Brennerautobahn dar.
126 Nach Ansicht der österreichischen Regierung bezeichnet der Ausdruck "Straßennetz" alle von der Asfinag finanzierten Autobahnabschnitte. Angesichts der Verschuldung dieser Gesellschaft habe die österreichische Regierung die Mautsätze für die Brennerautobahn erhöhen dürfen, ohne gegen Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie zu verstoßen.
127 Es sei ein unauflöslicher Widerspruch darin zu erblicken, dass die Kommission einerseits geltend mache, dass die österreichische Infrastrukturkostenrechnung für den Brenner-Korridor keine geeignete Grundlage für die Ermittlung der nach Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie maßgeblichen Kosten sei, andererseits aber die von der Schweizerischen Eidgenossenschaft vorgelegte - nach denselben Grundsätzen wie die von der Republik Österreich erstellte - Berechnung als Grundlage für die mit der Schweiz ausgehandelten Gebührensätze für die Straßenbenutzung durch schwere Güterfahrzeuge akzeptiere.
128 Auch die sehr enge Auslegung von Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie durch die Kommission sei grundsätzlich nicht akzeptabel. Diese Auffassung würde nämlich dazu führen, dass für Straßen mit geringem Verkehrsaufkommen extrem hohe Maut verlangt werden müsse, um die Infrastrukturkosten decken zu können. Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen würden hingegen nur niedrige Mautsätze implizieren, da sich die von der Verkehrsdichte relativ wenig abhängigen Infrastrukturkosten auf sehr viele Fahrzeuge aufteilten. Insbesondere bei Straßen wie der Brennerautobahn, die in starkem Wettbewerb zu den nur wenigen anderen Möglichkeiten der Alpenquerung stehe, würde dies zu der inakzeptablen Situation führen, dass ein weiteres Verkehrswachstum zu einer stärkeren Senkung der Maut pro Fahrzeug führen müsste. Damit würde sich aber die Attraktivität dieser Route im Sinne eines Teufelskreises, der in seiner Konsequenz Umweltzielsetzungen und verkehrspolitischen Grundsätzen widerspräche, noch weiter erhöhen.
129 Eine dermaßen enge Anwendung der Richtlinie, insbesondere ihres Artikels 7 Buchstabe h, führe bei alpenquerenden Straßen zu absurden Ergebnissen. Dagegen könne eine Auslegung dieser Richtlinie, die auf eine Berechnung der wirklichen Kosten der Benutzung einer Straße abstelle, sowohl zu einem richtlinienkonformen als auch zu einem verkehrs- und umweltpolitisch sinnvollen Ergebnis führen.
130 Erstens ist festzustellen, dass mit dem "betreffenden Straßennetz" im Sinne von Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie entgegen der Auffassung der österreichischen Regierung nur der Abschnitt des Straßennetzes gemeint ist, für dessen Benutzung die Maut gezahlt wird.
131 Würde man der Auffassung der österreichischen Regierung folgen, so würde dies die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, die Verknüpfung, die zwischen der Maut und den Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau der betreffenden Strecke zu bestehen hat, aufzulösen, und letztlich Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie einen Großteil seiner praktischen Wirksamkeit nehmen.
132 Diese Auslegung stuende auch in krassem Gegensatz zu Artikel 7 Buchstabe a der Richtlinie, da sie bedeuten würde, dass entgegen dieser Vorschrift auch außerhalb der Fälle, für die Artikel 7 Buchstabe a Satz 2 dies ausdrücklich zulässt, nämlich für Netze, die wie auch die Brennerautobahn mit der "Benutzung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen" verbunden sind, Maut- und Benutzungsgebühren gleichzeitig für die Benutzung ein und desselben Autobahnabschnitts erhoben werden dürften.
133 Würde man nämlich die von der österreichischen Regierung vertretene Auffassung zugrunde legen, so würde dies dazu führen, dass Kraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mindestens 12 t sowohl durch die Maut für die Benutzung der Brennerautobahn als auch durch die Benutzungsgebühren, die sie ansonsten für die Benutzung der österreichischen Autobahnen im Allgemeinen zu entrichten haben, zur Finanzierung des gesamten von der Asfinag finanzierten Autobahnnetzes beitrügen.
134 Hinsichtlich der Argumentation der österreichischen Regierung, dass das Erfordernis eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen den Mautsätzen und den Kosten der betreffenden Straße zu aufeinander folgenden Senkungen der Mautsätze auf verkehrsreichen Autobahnen führen würde, die wegen der sich jeweils anschließenden Zunahme des Verkehrsaufkommens immer schädlichere Wirkungen insbesondere für die Umwelt hätten, genügt die Feststellung, dass eine solche Folge, wenn sie tatsächlich eintreten sollte, das Ergebnis eines vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewollten Mechanismus wäre, der für etwaige angemessene Gegenmaßnahmen zuständig wäre.
135 Zweitens ist zu der Behauptung, dass es an einer Verknüpfung zwischen den streitigen Gebührenerhöhungen und den Kosten der Brennerautobahn fehle, Folgendes zu bemerken: Wie der Generalanwalt in den Nummern 61 und 62 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ergibt sich aus der Prüfung der Einnahmen und Ausgaben der Alpen Straßen AG für die zurückliegenden Finanzjahre und aus den Vorausschätzungen für die Jahre 1995 bis 1997, dass die auf der Brennerautobahn erhobene Maut zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Maßnahmen nach den eigenen Vorausschätzungen der österreichischen Behörden ohne Berücksichtigung der infolge der genannten Maßnahmen eintretenden Gebührenerhöhung die Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau der Brennerautobahn bereits um mehr als 150 % überstieg.
136 Unter diesen Umständen können die beiden fraglichen Gebührenänderungen nicht als im Sinne von Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie an den Kosten für das betreffende Straßennetz orientiert angesehen werden. Auch hat die österreichische Regierung die zweite streitige Mauterhöhung im Wesentlichen mit verkehrs- und umweltpolitischen Gründen gerechtfertigt.
137 Im Verfahren vor dem Gerichtshof hat die österreichische Regierung vorgetragen, als Bezugsgrößen seien andere Angaben als die heranzuziehen, die sie im Vorverfahren übermittelt habe, und zwar diejenigen, die sich aus der neuen Methode zur Berechnung der Straßennetzkosten ergäben, die auf Vorschlag der Republik Österreich im Rahmen der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Straßengüterverkehr entwickelt worden sei und der Methode entspreche, die von diesem Drittland zur Ermittlung der Kosten des Korridors Basel-Chiasso angewandt werde.
138 Hierzu genügt die Feststellung, dass die Republik Österreich, selbst wenn die verspätete Geltendmachung dieser neuen Berechnungsmethode zulässig wäre, doch nicht dargelegt hat, inwieweit diese Methode für die Berechnung der Kosten der Brennerautobahn geeigneter sein soll als die Methode, die sie bei der Berechnung angewandt hat, die sie der Kommission im Vorverfahren bei der Entgegnung auf die Rüge des Verstoßes gegen Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie vorgelegt hat. Im Übrigen setzt diese Bestimmung, wie die Kommission zu Recht hervorgehoben hat, voraus, dass die Anpassung der Mautsätze später erfolgt als die Berechnung, die ihrer Rechtfertigung dient. Daher kann eine Erhöhung von Mautgebühren nach Artikel 7 Buchstabe h grundsätzlich nicht mit einer im Nachhinein angestellten Berechnung gerechtfertigt werden.
139 Dem zweiten Klagegrund ist somit stattzugeben.
140 Daraus folgt, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe b und aus Artikel 7 Buchstabe h der Richtlinie verstoßen hat, indem sie die Maut zum 1. Juli 1995 und 1. Februar 1996 für die Gesamtstrecke der Brennerautobahn, nicht aber für deren Teilstrecken erhöht und diese Maut nicht nur zur Kostendeckung für den Bau, den Betrieb und den weiteren Ausbau der Brennerautobahn erhoben hat.
Kostenentscheidung:
Kosten
141 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Republik Österreich mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Republik Österreich hat gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe b der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten verstoßen, indem sie zum 1. Juli 1995 und 1. Februar 1996 die Maut für die Gesamtstrecke der Brennerautobahn, einer Transitstrecke durch Österreich, auf der überwiegend Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens 12 t verkehren, die für den Güterkraftverkehr bestimmt und in anderen Mitgliedstaaten zugelassen sind, erhöht hat, nicht aber für die Teilstrecken dieser Autobahn, die ganz überwiegend von Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens 12 t benutzt werden, die ebenfalls für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und in Österreich zugelassen sind. Des Weiteren hat sie gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 7 Buchstabe h derselben Richtlinie verstoßen, indem sie die genannte Maut nicht nur zur Kostendeckung für den Bau, den Betrieb und den weiteren Ausbau der Brennerautobahn erhoben hat.
2. Die Republik Österreich trägt die Kosten.
Ende der Entscheidung
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