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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.04.2000
Aktenzeichen: C-226/98
Rechtsgebiete: Richtlinie 76/207/EWG, Richtlinie 86/613/EWG
Vorschriften:
Richtlinie 76/207/EWG | |
Richtlinie 86/613/EWG |
1 Die Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen und die Richtlinie 86/613 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit - auch in der Landwirtschaft - ausüben, sowie über den Mutterschutz sind dahin auszulegen, daß bei der Prüfung der Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt, alle Merkmale der in einer bestimmten Regelung aufgestellten Bedingungen für die Ausübung einer Berufstätigkeit gesondert zu prüfen sind, sofern sie selbst besondere Maßnahmen darstellen, die auf eigenen Anwendungskriterien beruhen und eine signifikante Anzahl von Personen berühren, die zu einer bestimmten Kategorie gehören.
Was die letztere Voraussetzung betrifft, liegt nur dann dem ersten Anschein nach eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn die eine Situation kennzeichnenden Daten verläßlich sind, d. h., wenn sie sich auf eine ausreichende Zahl von Personen beziehen, nicht nur rein zufällige oder konjunkturelle Erscheinungen widerspiegeln und allgemein gesehen signifikant erscheinen. (vgl. Randnrn. 33, 36, Tenor 1)
2 Zwar können im Rahmen von von den Mitgliedstaaten erlassenen sozialen Schutzmaßnahmen Haushaltserwägungen als solche eine diskriminierende Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern aufgrund des Geschlechts nicht rechtfertigen. Jedoch können Maßnahmen, die bezwecken, eine ordnungsgemäße Steuerung der öffentlichen Ausgaben für die fachärztliche Behandlung sicherzustellen und den Zugang der Bevölkerung zu dieser Behandlung zu garantieren, gerechtfertigt sein, wenn sie einem legitimen sozialpolitischen Ziel dienen und für die Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich sind. (vgl. Randnr. 42, Tenor 2)
3 Der Erlös für den Goodwill, den ein Arzt beim Verkauf seiner Praxis erzielen kann, wenn er seine Tätigkeit aus Altersgründen aufgibt, kann bei der Beurteilung einer eventuellen diskriminierenden Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern aufgrund des Geschlechts der Altersrente eines Arbeitnehmers nicht gleichgestellt werden. Denn die Übertragung des Goodwills, der ein immaterieller Bestandteil der Arztpraxis ist, ist nicht zwingend an das Alter des Übertragenden gebunden, sondern kann jederzeit erfolgen, während die Rente erst bei Erreichen eines bestimmten Alters und nach Maßgabe der Dauer der Tätigkeit und der Höhe der entrichteten Beiträge gewährt wird. Zudem wird der Preis für die Übertragung vom Erwerber der Praxis gezahlt und nicht von den Personen, die normalerweise die Vergütung des Arztes sicherstellen, ob es sich dabei nun um die Patienten, den Staat oder die Sozialversicherung handelt. (vgl. Randnrn. 45, 46, Tenor 3)
Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 6. April 2000. - Birgitte Jørgensen gegen Foreningen af Speciallæger und Sygesikringens Forhandlingsudvalg. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Østre Landsret - Dänemark. - Richtlinien 76/207/EWG und 86/613/EWG - Gleichbehandlung von Männern und Frauen - Selbständige Erwerbstätigkeit - Herabstufung von Arztpraxen. - Rechtssache C-226/98.
Parteien:
In der Rechtssache C-226/98
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom dänischen Østre Landsret in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Birgitte Jørgensen
gegen
Foreningen af Speciallæger,
Sygesikringens Forhandlingsudvalg
" vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) und der Richtlinie 86/613/EWG des Rates vom 11. Dezember 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit - auch in der Landwirtschaft - ausüben, sowie über den Mutterschutz (ABl. L 359, S. 56)
erläßt
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida sowie der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet (Berichterstatter) und G. Hirsch und der Richterin F. Macken,
Generalanwalt: A. Saggio
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Birgitte Jørgensen, vertreten durch Rechtsanwalt C. Holberg, Kopenhagen,
- der Forening af Speciallæger und des Sygesikringens Forhandlingsudvalg, vertreten durch Rechtsanwalt M. Norrbom, Kopenhagen,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. C. Støvlbæk, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt P. Heidmann, Kopenhagen,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Birgitte Jørgensen, der Forening af Speciallæger und des Sygesikringens Forhandlingsudvalg sowie der Kommission in der Sitzung vom 21. Oktober 1999,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Januar 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1 Das dänische Østre Landsret hat mit Beschluß vom 4. Juni 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Juni 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vier Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) und der Richtlinie 86/613/EWG des Rates vom 11. Dezember 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit - auch in der Landwirtschaft - ausüben, sowie über den Mutterschutz (ABl. L 359, S. 56) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Rheumatologin Birgitte Jørgensen (im folgenden: Klägerin) einerseits und der Forening af Speciallæger (dänische Fachärztevereinigung; im folgenden: FAS) sowie dem Sygesikringens Forhandlingsudvalg (Verhandlungsausschuß der Krankenversicherung; im folgenden: SFU) andererseits wegen der Anwendung eines auf einem Übereinkommen beruhenden Modells für die Umwandlung von Arztpraxen.
Rechtlicher Rahmen
Das Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie 76/207 bezweckt nach ihrem Artikel 1 die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, und des Zugangs zur Berufsbildung sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen und unter bestimmten Bedingungen in bezug auf die soziale Sicherheit.
4 Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 lautet:
"Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts - insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand - erfolgen darf."
5 Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 bestimmt:
"Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beinhaltet, daß bei den Bedingungen des Zugangs - einschließlich der Auswahlkriterien - zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen - unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig - und zu allen Stufen der beruflichen Rangordnung keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts erfolgt."
6 Artikel 5 Absatz 1 der Richtinie 76/207 lautet:
"Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen beinhaltet, daß Männern und Frauen dieselben Bedingungen ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechts gewährt werden."
7 Die Richtlinie 86/613 bezweckt nach ihrem Artikel 1, den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben oder zur Ausübung einer solchen beitragen, entsprechend den nachfolgenden Bestimmungen in allen von der Richtlinie 76/207 nicht erfaßten Bereichen in den Mitgliedstaaten zu verwirklichen. Sie betrifft nach ihrem Artikel 2 die selbständigen Erwerbstätigen, d. h. "alle Personen, die zu den Bedingungen des einzelstaatlichen Rechts eine Erwerbstätigkeit für eigene Rechnung ausüben, einschließlich der in der Landwirtschaft Tätigen und der Angehörigen der freien Berufe", und deren Ehegatten, die weder als abhängige Beschäftigte noch als Gesellschafter gelten und zu den Bedingungen des einzelstaatlichen Rechts gewöhnlich an der Tätigkeit des selbständigen Erwerbstätigen beteiligt sind.
8 Artikel 4 der Richtlinie 86/613 bestimmt:
"Hinsichtlich der selbständigen Erwerbstätigen ergreifen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit alle Bestimmungen beseitigt werden, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der Richtlinie 76/207/EWG zuwiderlaufen, namentlich was die Gründung, Ausrüstung oder Erweiterung eines Unternehmens bzw. die Aufnahme oder Ausweitung jeder sonstigen Tätigkeitsform der selbständigen Erwerbstätigen und auch die finanziellen Fazilitäten betrifft."
Das dänische Recht
9 Die Richtlinien 76/207 und 86/613 wurden durch das dänische Gesetz Nr. 244 vom 19. April 1989 über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich der Beschäftigung und des Mutterschaftsurlaubs in der geänderten Fassung (im folgenden: das Gesetz) in das innerstaatliche Recht umgesetzt.
10 Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes bestimmt:
"Die Verpflichtung zur Gleichbehandlung gilt auch für diejenigen, die Bestimmungen oder Entscheidungen über den Zugang zur Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten erlassen. Dies betrifft auch die Gründung, Ausrüstung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie die Aufnahme oder Ausweitung jeder anderen Art von selbständiger Tätigkeit einschließlich ihrer Finanzierung."
11 Im dänischen Gesundheitssystem werden die Honorare der Ärzte, die einem Übereinkommen mit der öffentlichen Einrichtung, die die Krankenversicherung verwaltet, beigetreten sind, direkt von dieser Einrichtung gezahlt. Dafür unterliegen die Kranken Beschränkungen bei der Arztwahl. Sie können ihren Arzt auch frei wählen, tragen dann aber einen wesentlichen Teil der Kosten, so daß diese Möglichkeit wenig genutzt wird. In der Praxis werden fast alle Arzthonorare direkt von der Krankenversicherung bezahlt.
12 Es gibt zwei Arten niedergelassener Fachärzte: Ärzte mit einer sogenannten Vollzeitpraxis, die ihre gesamte Berufstätigkeit in ihrer Praxis ausüben (im folgenden: Vollzeitfachärzte), und Ärzte mit einer sogenannten Teilzeitpraxis, die eine weitere ärztliche Tätigkeit außerhalb ihrer Praxis ausüben (im folgenden: Teilzeitfachärzte).
13 Am 1. Juni 1990 wurde zwischen der FAS im Namen der Fachärzte und dem SFU im Namen der Krankenversicherung ein Übereinkommen geschlossen (im folgenden: das Übereinkommen), das u. a. eine Begrenzung der öffentlichen Ausgaben für die Facharztbehandlung und eine bessere wirtschaftliche und geografische Planung der Anzahl der Fachärzte bezweckt. Dazu wurden in dem Übereinkommen ein "Knickmodell", das eine obligatorische Senkung der Honorare der umsatzstärksten Praxen vorsah, und ein Umwandlungsmodell zur Beschränkung der Erwerbstätigkeit der Teilzeitfachärzte eingeführt.
14 Was den zweiten Punkt betrifft, war zahlreichen Ärzten, die theoretisch hauptsächlich im Krankenhaus arbeiteten und in ihrer Praxis einer Teilzeitbeschäftigung nachgingen, vorgeworfen worden, ihre Aufgaben im Krankenhaus zu vernachlässigen und vor allem für die Sicherstellung des Umsatzes ihrer Praxis zu arbeiten. Deshalb wurde beschlossen, einen einheitlichen Hoechstbetrag für die Einkommen aus Teilzeitpraxen einzuführen, der je nach Fachrichtung auf 400 000 DKK oder 500 000 DKK pro Jahr (für die Rheumatologie auf 400 000 DKK) festgesetzt wurde.
15 Das Umwandlungsmodell enthielt auch die Kriterien für die Neueinstufung der Praxen als Teilzeitpraxis oder als Vollzeitpraxis auf der Grundlage des 1989 erzielten Umsatzes.
16 So bleiben nach Punkt 6 des Umwandlungsmodells die bisherigen Vollzeitpraxen mit einem Umsatz im Jahr 1989 von je nach Fachrichtung zwischen 400 000 DKK und 500 000 DKK oder zwischen 500 000 DKK und 600 000 DKK Vollzeitpraxen, die bezüglich der von der Krankenversicherung gezahlten Honorare nicht dem Jahreshöchstbetrag von 400 000 DKK oder 500 000 DKK unterliegen. Im Fall des Verkaufs werden sie jedoch in Teilzeitpraxen umgewandelt. Nach derselben Bestimmung wird der Umsatz der letzten drei Jahre berücksichtigt, wenn die Tatsache, daß der Umsatz einer Vollzeitpraxis in dem vorgenannten Bereich liegt, auf besonderen Umständen wie z. B. Krankheit beruht.
Der Ausgangsrechtsstreit
17 Die Zahlung der Krankenkassenhonorare an die Klägerin, die Mitglied der FAS ist, unterliegt dem Übereinkommen.
18 Die Klägerin fällt unter Punkt 6 des Umwandlungsmodells, da sie keine ärztliche Tätigkeit außerhalb ihrer Praxis ausübt und mit dieser 1989 einen Umsatz von 424 016 DKK erzielte. Nach Inkrafttreten des Übereinkommens blieb ihre Praxis eine Vollzeitpraxis, so daß sie weiter die Möglichkeit hatte, ihren Umsatz zu steigern. Beim Verkauf wird ihre Praxis jedoch in eine Teilzeitpraxis umgewandelt werden, so daß der Erwerber von der Krankenversicherung höchstens 400 000 DKK pro Jahr an Honoraren wird erhalten können.
19 Die Klägerin wendet sich gegen die Anwendung dieser Regelung und trägt vor, sie habe in ihrer Praxis immer eine Vollzeittätigkeit ausgeübt. Ihr Umsatz, den sie in Zukunft auf mehr als 500 000 DKK steigern wolle, sei nur u. a. deshalb nicht höher, weil sie einen Teil ihrer Zeit ihren familiären Verpflichtungen habe widmen müssen, als ihre Kinder klein gewesen seien. Sie wirft auch die Frage nach dem Ersatz des Verlustes auf, der beim Verkauf einer Praxis entstehe, die zur Zeit ihrer Übertragung einen Umsatz erwirtschafte, der über dem im Übereinkommen festgesetzten Hoechstbetrag von 400 000 DKK liege.
20 Nach erfolglosem Widerspruch und Zurückweisung ihrer beim Speciallægesamarbejdsudvalg (Ausschuß für die Zusammenarbeit der Fachärzte) im Kreis Frederiksborg eingelegten Beschwerde erhob sie am 13. August 1991 beim Østre Landsret Klage mit dem Antrag, die FAS und den SFU zu verurteilen, anzuerkennen, daß das in dem Übereinkommen vorgesehene Umwandlungsmodell ganz oder teilweise ungültig ist und daß folglich ihre Facharztpraxis bei der Übertragung auf einen Dritten den Status einer Vollzeitpraxis behält. Die Klägerin machte u. a. geltend, die Anwendung von Punkt 6 des Umwandlungsmodells führe zu einer mittelbaren Diskriminierung, die gegen Artikel 5 des Gesetzes verstoße. Diese Maßnahme berühre nämlich Fachärztinnen in verhältnismäßig größerer Zahl als Fachärzte, da sich erstere häufiger um die Erziehung ihrer Kinder kümmerten als letztere und deshalb einen geringeren Umsatz erzielten.
21 Beide Parteien des Rechtsstreits ließen je ein statistisches Sachverständigengutachten erstellen, das sie beim Østre Landsret einreichten, um das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu beweisen oder aber zu widerlegen. Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten bejaht den mittelbar diskriminierenden Charakter des Umwandlungsmodells, während das von der FAS und vom SFU vorgelegte Gutachten zu dem gegenteiligen Ergebnis gelangt. Diese Divergenz beruht nach den Ausführungen der beiden Sachverständigen allein darauf, daß sie bei ihren Antworten nicht von denselben Voraussetzungen ausgegangen sind.
22 Das Østre Landsret hält für die Entscheidung des Rechtsstreits die Auslegung des Artikels 3 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 und des Artikels 4 der Richtlinie 86/613 für erforderlich. Es hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Der Gerichtshof wird ersucht, darzulegen, wie die Beurteilung einer indirekten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in einer die Gleichbehandlung betreffenden Rechtssache im Hinblick auf die Richtlinie 76/207 des Rates vom 9. Februar 1976 in Verbindung mit der Richtlinie 86/613 des Rates vom 11. Dezember 1986 vorzunehmen ist.
Davon ausgehend, daß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes in die Gleichheit des Entgelts betreffenden Rechtssachen ein Vergleich Punkt für Punkt vorzunehmen ist, wird um Erläuterung gebeten, ob der Vergleich der beruflichen Bedingungen, der in einer Gleichbehandlungssache vorzunehmen ist, in Form einer Gesamtbewertung aller Umstände oder wie in die Gleichheit des Entgelts betreffenden Rechtssachen Punkt für Punkt vorgenommen werden muß.
Bei der Beantwortung der Frage kann davon ausgegangen werden, daß das auf dem Übereinkommen beruhende Umwandlungsmodell, um das es in der vorliegenden Rechtssache geht, insgesamt gesehen sowohl seiner Wirkung als auch seinem Zweck nach geschlechtsneutral ist.
Des weiteren kann davon ausgegangen werden, daß dieses Umwandlungsmodell Bestimmungen enthält, die isoliert gesehen ein Geschlecht benachteiligen, wobei diese Wirkung bei einigen Bestimmungen überwiegend weibliche Fachärzte und bei anderen überwiegend männliche Fachärzte trifft.
2. Bei Bejahung der ersten Frage wird um Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob Erwägungen der Haushaltssicherheit, der Einsparung und der praxisbezogenen Planung als objektive und sachliche Erwägungen angesehen werden können, die es rechtfertigen, daß verhältnismäßig mehr Frauen als Männer durch die fragliche Teilbestimmung betroffen sind.
3. Kann der Erlös für den Goodwill, den die Klägerin bei der Übertragung ihrer Praxis infolge der Aufgabe ihrer Tätigkeit aus Altersgründen erzielen könnte, unter Berücksichtigung ihres Alters (sie ist 1939 geboren) mit dem Sparen eines Arbeitnehmers für die Rente gleichgestellt werden?
4. Bei Bejahung der dritten Frage wird gebeten, darzulegen, welche Bedeutung es für die Beantwortung der ersten Frage hat, daß ein Teil der aufgrund der betreffenden Bestimmung erlittenen Nachteile in dem geringeren Entgelt für den Goodwill bei der Übertragung und damit in einer schlechteren Alterssicherung besteht, wenn man berücksichtigt, daß in Randnummer 27 des Urteils des Gerichtshofes in der Rechtssache C-297/93 (Grau-Hupka) entschieden worden ist, daß die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, Personen, die Kinder aufgezogen haben, Vergünstigungen auf dem Gebiet der Altersversicherung zu gewähren oder Leistungsansprüche aufgrund von Zeiträumen der Unterbrechung der Beschäftigung wegen Kindererziehung vorzusehen.
Die erste Frage
23 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob gemäß den Richtlinien 76/207 und 86/613 in einer Rechtssache, die wie das Ausgangsverfahren die Gleichbehandlung betrifft, bei der Prüfung der Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt, jedes Merkmal der in der streitigen Regelung aufgestellten Bedingungen für die Ausübung einer Berufstätigkeit gesondert zu prüfen ist oder ob diese Merkmale einer Gesamtbewertung unterzogen werden können.
24 Die Klägerin und die Kommission machen geltend, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes müsse der Grundsatz der Gleichbehandlung bei jeder auf Männer und Frauen anwendbaren Bedingung oder Bestimmung beachtet werden. Man könne keine Gesamtbewertung mehrerer Vorschriften vornehmen, wenn wie im vorliegenden Fall heterogene Kriterien angewandt würden.
25 Die FAS und der SFU stehen dagegen auf dem Standpunkt, daß man den Grundsatz des Vergleiches Punkt für Punkt, der in den die Gleichheit des Entgelts betreffenden Rechtssachen anwendbar sei, nicht auf Gleichbehandlungssachen übertragen könne, die ganz anders gelagert seien. Da das Übereinkommen und das Umwandlungsmodell eine Gesamtlösung des Problems der Steuerung der Kosten für die Allgemeinheit darstellten und auf objektive Kriterien gestützt seien, stehe einer Gesamtbewertung ihrer Wirkungen nichts entgegen.
26 Die im Ausgangsrechtsstreit beanstandeten Maßnahmen betreffen zunächst eine Berufstätigkeit, die unter Bedingungen ausgeübt wird, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 86/613 fallen, deren Artikel 4 ausdrücklich auf den Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der Richtlinie 76/207 verweist. Somit hat das vorlegende Gericht den Gerichtshof zu Recht um die Auslegung der Richtlinie 86/613 in Verbindung mit der Richtlinie 76/207 ersucht.
27 Wie der Gerichtshof in den Randnummern 34 und 35 des Urteils vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88 (Barber, Slg. 1990, I-1889) ausgeführt hat, wäre die gerichtliche Kontrolle schwierig und die praktische Wirksamkeit des Grundsatzes des gleichen Entgelts dementsprechend gemindert, wenn die staatlichen Gerichte verpflichtet wären, die Gesamtheit der verschiedenartigen den männlichen oder den weiblichen Arbeitnehmern im Einzelfall gewährten Vergütungen zu bewerten und miteinander zu vergleichen. Eine echte Transparenz, die eine wirksame Kontrolle erlaubt, ist folglich nur gewährleistet, wenn der genannte Grundsatz für jeden einzelnen Bestandteil des den männlichen oder den weiblichen Arbeitnehmern gezahlten Entgelts gilt und nicht nur im Wege einer Gesamtbewertung der diesen gewährten Vergütungen angewandt wird.
28 Dies gilt grundsätzlich für alle Aspekte des Gleichbehandlungsgrundsatzes und nicht nur für diejenigen, die die Gleichheit des Entgelts betreffen.
29 Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Frage des Entgelts oder der Leistungen der sozialen Sicherheit sowie zum Zugang zur Beschäftigung und zu den Arbeitsbedingungen enthält eine innerstaatliche Bestimmung oder Regelung dann eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer, wenn sie zwar neutral gefaßt ist, jedoch tatsächlich prozentual erheblich mehr Frauen als Männer benachteiligt, es sei denn, daß diese unterschiedliche Behandlung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (Urteile vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 171/88, Rinner-Kühn, Slg. 1989, 2743, Randnr. 12, und vom 30. November 1993 in der Rechtssache C-189/91, Kirsammer-Hack, Slg. 1993, I-6185, Randnr. 22).
30 Somit wird bei einer Maßnahme, die prozentual erheblich mehr Frauen als Männer benachteiligt oder umgekehrt, vermutet, daß sie eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt, und der Arbeitgeber oder der Autor dieser Maßnahme muß das Gegenteil beweisen.
31 Eine vorab vorgenommene Gesamtbewertung aller Merkmale des Systems oder der Regelung, zu der diese Maßnahme möglicherweise gehört, würde keine wirksame Kontrolle der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ermöglichen und könnte zu einer Verletzung der Beweislastregeln im Bereich der mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts führen.
32 Bei der Anwendung dieser Regeln können die verschiedenen Merkmale der Regelung über eine Berufstätigkeit jedoch nur dann einzeln geprüft werden, wenn sie von diesen Vorschriften losgelöst werden können und selbst besondere Maßnahmen darstellen, die auf eigenen Anwendungskriterien beruhen und eine signifikante Anzahl von Personen berühren, die zu einer bestimmten Kategorie gehören.
33 Wie der Gerichtshof in den Randnummern 16 und 17 des Urteils vom 27. Oktober 1993 in der Rechtssache C-127/92 (Enderby, Slg. 1993, I-5535) festgestellt hat, liegt nur dann dem ersten Anschein nach eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn die eine Situation kennzeichnenden Daten verläßlich sind, d. h., wenn sie sich auf eine ausreichende Zahl von Personen beziehen, nicht nur rein zufällige oder konjunkturelle Erscheinungen widerspiegeln und allgemein gesehen signifikant erscheinen.
34 Zwar beruht die im Ausgangsverfahren streitige Bestimmung des Umwandlungsmodells dem Anschein nach auf anderen Anwendungskriterien als die übrigen Bestimmungen und berührt eine besondere Kategorie von Fachärzten, da sie sich nur auf Vollzeitpraxen bezieht, die 1989 einen bestimmten Umsatz erzielt haben. Nach unbestrittenen Daten, auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hingewiesen worden ist, ist diese Bestimmung jedoch nur auf 22 Fachärzte, darunter 14 Frauen, von insgesamt 1 680 Fachärzten, darunter 302 Frauen, angewandt worden. Es erscheint zweifelhaft, ob diese Daten als signifikant angesehen werden können.
35 Ohnehin wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob die besonderen Modalitäten und die Bedingungen der Anwendung der im Ausgangsverfahren streitigen Maßnahme es unter Berücksichtigung der Auslegungshinweise des Gerichtshofes ermöglichen, eine Vermutung für das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts aufzustellen.
36 Auf die erste Frage ist somit zu antworten, daß die Richtlinien 76/207 und 86/613 dahin auszulegen sind, daß in einer Rechtssache, die wie das Ausgangsverfahren die Gleichbehandlung betrifft, bei der Prüfung der Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt, alle Merkmale der in der streitigen Regelung aufgestellten Bedingungen für die Ausübung einer Berufstätigkeit gesondert zu prüfen sind, sofern sie selbst besondere Maßnahmen darstellen, die auf eigenen Anwendungskriterien beruhen und eine signifikante Anzahl von Personen berühren, die zu einer bestimmten Kategorie gehören.
Die zweite Frage
37 Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob Erwägungen der Haushaltssicherung, der Einsparung oder der praxisbezogenen Planung als objektive Erwägungen angesehen werden können, die eine Maßnahme rechtfertigen, durch die mehr Frauen als Männer benachteiligt werden.
38 Die Klägerin macht geltend, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes könnten Haushaltserwägungen eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht rechtfertigen. Die FAS und der SFU sind der Auffassung, daß es Sache des vorlegenden Gerichts sei, zu prüfen, ob eine Maßnahme, die zu einer mittelbaren Diskriminierung führe, durch objektive Gründe gerechtfertigt sei, und tragen vor, daß eine Kostensteuerung erforderlich sei, wenn die ärztlichen Leistungen von der Allgemeinheit bezahlt würden. Die Kommission ist der Meinung, daß allgemeine sozialpolitische Maßnahmen, wie sie im Ausgangsverfahren geltend gemacht würden, eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten; dies gelte jedoch nicht für reine Haushaltserwägungen, wenn diese einen Selbstzweck bildeten.
39 Haushaltserwägungen können sozialpolitischen Entscheidungen eines Mitgliedstaats zwar zugrunde liegen und die Art oder das Ausmaß der sozialen Schutzmaßnahmen, die er treffen möchte, beeinflussen; sie stellen als solche jedoch kein mit dieser Politik verfolgtes Ziel dar und können daher eine Diskriminierung eines der Geschlechter nicht rechtfertigen (Urteil vom 24. Februar 1994 in der Rechtssache C-343/92, Roks u. a., Slg. 1994, I-571, Randnr. 35). Würde man im übrigen anerkennen, daß Haushaltserwägungen eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen rechtfertigen können, die andernfalls eine verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts wäre, so hätte dies zur Folge, daß die Anwendung und die Tragweite einer so grundlegenden Regel des Gemeinschaftsrechts wie der Gleichheit von Männern und Frauen zeitlich und räumlich je nach dem Zustand der Staatsfinanzen der Mitgliedstaaten variieren könnten (Urteil Roks u. a., Randnr. 36).
40 Gründe, die mit der Notwendigkeit zusammenhängen, eine ordnungsgemäße Steuerung der Ausgaben der Allgemeinheit für die fachärztliche Behandlung sicherzustellen und den Zugang der Bevölkerung zu dieser Behandlung zu garantieren, sind jedoch, wie die Kommission vorgetragen hat, rechtmäßig und geeignet, sozialpolitische Maßnahmen zu rechtfertigen.
41 Beim gegenwertigen Stand des Gemeinschaftsrechts fällt die Sozialpolitik nämlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die hinsichtlich der Art der sozialen Schutzmaßnahmen und der konkreten Einzelheiten ihrer Durchführung über einen sachgerechten Gestaltungsspielraum verfügen (Urteile vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-229/89, Kommission/Belgien, Slg. 1991, I-2205, Randnr. 22, und vom 19. November 1992 in der Rechtssache C-226/91, Molenbroek, Slg. 1992, I-5943, Randnr. 15). Derartige Maßnahmen verstoßen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie einem legitimen sozialpolitischen Ziel dienen, für die Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich sind und deshalb aus Gründen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, gerechtfertigt sind (Urteile Kommission/Belgien, Randnrn. 19 und 26, und Molenbroek, Randnrn. 13 und 19).
42 Auf die zweite Frage ist somit zu antworten: Haushaltserwägungen können als solche eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht rechtfertigen. Jedoch können Maßnahmen, die bezwecken, eine ordnungsgemäße Steuerung der Ausgaben der Allgemeinheit für die fachärztliche Behandlung sicherzustellen und den Zugang der Bevölkerung zu dieser Behandlung zu garantieren, gerechtfertigt sein, wenn sie einem legitimen sozialpolitischen Ziel dienen und für die Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich sind.
Die dritte Frage
43 Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob der Erlös für den Goodwill, den ein Arzt beim Verkauf seiner Praxis erzielen kann, wenn er seine Tätigkeit aus Altersgründen aufgibt, der Altersrente eines Arbeitnehmers gleichgestellt werden kann.
44 Die Klägerin und die Kommission sind der Auffassung, daß der Erlös für den Goodwill beim Verkauf einer Arztpraxis nicht einer Altersrente gleichgestellt werden könne. Die FAS und der SFU sind dagegen der Meinung, daß der Erlös für den Goodwill eher einer Rente als einem Arbeitsentgelt entspreche, da er anläßlich der Aufgabe der Berufstätigkeit erzielt werde.
45 Der Goodwill ist ein immaterieller Bestandsteil der Arztpraxis, so daß der Erlös dafür keinesfalls den Leistungen gleichgestellt werden kann, die in Form einer Altersrente gewährt werden. Die Übertragung einer Praxis ist nämlich nicht zwingend an das Alter des Übertragenden gebunden, sondern kann jederzeit erfolgen, während die Rente erst bei Erreichen eines bestimmten Alters und nach Maßgabe der Dauer der Tätigkeit und der Höhe der entrichteten Beiträge gewährt wird. Zudem wird der Preis für die Übertragung vom Erwerber der Praxis gezahlt und nicht von den Personen, die normalerweise die Vergütung des Arztes sicherstellen, ob es sich dabei nun um die Patienten, den Staat oder die Sozialversicherung handelt.
46 Auf die dritte Frage ist somit zu antworten, daß der Erlös für den Goodwill, den ein Arzt beim Verkauf seiner Praxis erzielen kann, wenn er seine Tätigkeit aus Altersgründen aufgibt, der Altersrente eines Arbeitnehmers nicht gleichgestellt werden kann.
Die vierte Frage
47 Aufgrund der Antwort auf die dritte Frage erübrigt sich die Beantwortung der vierten Frage.
Kostenentscheidung:
Kosten
48 Die Auslagen der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
auf die ihm vom Østre Landsret mit Beschluß vom 4. Juni 1998 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Die Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen und die Richtlinie 86/613/EWG des Rates vom 11. Dezember 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit - auch in der Landwirtschaft - ausüben, sowie über den Mutterschutz sind dahin auszulegen, daß in einer Rechtssache, die wie das Ausgangsverfahren die Gleichbehandlung betrifft, bei der Prüfung der Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt, alle Merkmale der in der streitigen Regelung aufgestellten Bedingungen für die Ausübung einer Berufstätigkeit gesondert zu prüfen sind, sofern sie selbst besondere Maßnahmen darstellen, die auf eigenen Anwendungskriterien beruhen und eine signifikante Anzahl von Personen berühren, die zu einer bestimmten Kategorie gehören.
2. Haushaltserwägungen können als solche eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht rechtfertigen. Jedoch können Maßnahmen, die bezwecken, eine ordnungsgemäße Steuerung der Ausgaben der Allgemeinheit für die fachärztliche Behandlung sicherzustellen und den Zugang der Bevölkerung zu dieser Behandlung zu garantieren, gerechtfertigt sein, wenn sie einem legitimen sozialpolitischen Ziel dienen und für die Erreichung dieses Zieles geeignet und erforderlich sind.
3. Der Erlös für den Goodwill, den ein Arzt beim Verkauf seiner Praxis erzielen kann, wenn er seine Tätigkeit aus Altersgründen aufgibt, kann der Altersrente eines Arbeitnehmers nicht gleichgestellt werden.
Ende der Entscheidung
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