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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: C-28/04
Rechtsgebiete: EG


Vorschriften:

EG Art. 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 30. Juni 2005. - Tod's SpA und Tod's France SARL gegen Heyraud SA. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal de grande instance de Paris - Frankreich. - Gleichbehandlung - Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit - Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. - Rechtssache C-28/04.

Parteien:

In der Rechtssache C28/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunal de grande instance Paris (Frankreich) mit Entscheidung vom 5. Dezember 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Januar 2004, in dem Verfahren

Tod's SpA,

Tod's France SARL

gegen

Heyraud SA,

Beteiligte:

Technisynthèse,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter) sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta und der Richter R. Schintgen, P. Kris und G. Arestis,

Generalanwalt: F. G. Jacobs,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der Tod's SpA und der Tod's Frankreich SARL, vertreten durch C. de Haas, avocat,

- der Heyraud SA und der Technisynthèse, vertreten durch C. Menage, avocat,

- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A. Bodard-Hermant als Bevollmächtigte,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Banks als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 12 EG.

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Tod's SpA (im Folgenden: Tod's) und der Tod's France SARL (im Folgenden: Tod's France), Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, gegen die Heyraud SA (im Folgenden: Heyraud), Beklagte des Ausgangsverfahrens, und Technisynthèse, Streithelferin des Ausgangsverfahrens, über eine Klage wegen Nachahmung von Schuhmodellen.

Internationale Regelung

3. Artikel 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft) bestimmt:

[D]er Gesetzgebung der [Länder des Verbandes zum Schutz der Rechte der Urheber an ihren Werken der Literatur und Kunst - Verbandsländer - bleibt es] vorbehalten, den Anwendungsbereich der Gesetze, die die Werke der angewandten Kunst und die gewerblichen Muster und Modelle betreffen, sowie die Voraussetzungen des Schutzes dieser Werke, Muster und Modelle festzulegen. Für Werke, die im Ursprungsland nur als Muster und Modelle geschützt werden, kann in einem anderen Verbandsland nur der besondere Schutz beansprucht werden, der in diesem Land den Mustern und Modellen gewährt wird; wird jedoch in diesem Land kein solcher besonderer Schutz gewährt, so sind diese Werke als Werke der Kunst zu schützen.

4. Artikel 5 Absatz 1 der Berner Übereinkunft lautet:

Die Urheber genießen für die Werke, für die sie durch diese Übereinkunft geschützt sind, in allen Verbandsländern mit Ausnahme des Ursprungslandes des Werkes die Rechte, die die einschlägigen Gesetze den inländischen Urhebern gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden, sowie die in dieser Übereinkunft besonders gewährten Rechte.

5. Artikel 5 Absatz 4 der Berner Übereinkunft bestimmt:

Als Ursprungsland gilt:

a) für die zum ersten Mal in einem Verbandsland veröffentlichten Werke dieses Land; handelt es sich jedoch um Werke, die gleichzeitig in mehreren Verbandsländern mit verschiedener Schutzdauer veröffentlicht wurden, das Land, dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften die kürzeste Schutzdauer gewähren;

b) für die gleichzeitig in einem verbandsfremden Land und in einem Verbandsland veröffentlichten Werke dieses letzte Land;

c) für die nichtveröffentlichten oder die zum ersten Mal in einem verbandsfremden Land veröffentlichten Werke, die nicht gleichzeitig in einem Verbandsland veröffentlicht wurden, das Verbandsland, dem der Urheber angehört; jedoch ist Ursprungsland,

i) wenn es sich um Filmwerke handelt, deren Hersteller seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Verbandsland hat, dieses Land und,

ii) wenn es sich um Werke der Baukunst, die in einem Verbandsland errichtet sind, oder um Werke der grafischen und plastischen Künste handelt, die Bestandteile eines in einem Verbandsland gelegenen Grundstücks sind, dieses Land.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

6. Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass Tod's, eine Gesellschaft italienischen Rechts, geltend macht, sie sei Inhaberin der Vermögensrechte aus künstlerischem Eigentum an Schuhen, die unter den Marken Tod's und Hogan vertrieben werden. Tod's France ist der Vertriebshändler für diese Schuhe in Frankreich.

7. Nachdem Tod's erfahren hatte, dass Heyraud unter der Bezeichnung Heyraud Schuhmodelle anbot und verkaufte, die die Hauptmerkmale der Modelle Tod's und Hogan aufwiesen oder zumindest nachahmten, ließ sie am 8. Februar 2000 ein Feststellungsprotokoll durch Gerichtsvollzieher aufnehmen. Am 13. Februar 2002 erhoben Tod's und Tod's France Klage gegen Heyraud beim vorlegenden Gericht. Technisynthèse, eine Tochtergesellschaft der Eram-Gruppe, trat diesem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge von Heyraud bei.

8. Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist insbesondere eine Klage wegen Nachahmung von Schuhmodellen der Marken Tod's und Hogan, gegen die Heyraud eine Einrede der Unzulässigkeit nach Artikel 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft erhoben hat. Heyraud macht geltend, dass Tod's nach dieser Bestimmung nicht in Frankreich den Schutz des Urheberrechts für Modelle beanspruchen könne, die in Italien insoweit nicht schutzfähig seien.

9. Tod's hält dem u. a. entgegen, dass die Anwendung der genannten Bestimmung eine Diskriminierung im Sinne von Artikel 12 EG darstelle.

10. Nach Auffassung des vorlegenden Gericht bewirkt die Verwendung des Ausdrucks kann... nur... beansprucht werden in Artikel 2 Absatz 7 Satz 2 der Berner Übereinkunft, dass den Angehörigen der Verbandsländer, die im Ursprungsland ihres Werkes nur den Schutz nach dem Recht der gewerblichen Muster und Modelle beanspruchen könnten, die Möglichkeit genommen werde, in den Verbandsländern, in denen eine Kumulierung des Schutzes zulässig sei, ihre Ansprüche auf das Urheberrecht zu stützen.

11. Zwar unterscheide diese Bestimmung nicht nach der Staatsangehörigkeit des Inhabers des Urheberrechts, doch sei ihre Bedeutung im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht insoweit fraglich, als das Ursprungsland des veröffentlichten Werkes in den meisten Fällen der Staat sei, dessen Angehöriger der Urheber sei oder in dem dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe, und als das Ursprungsland eines nicht veröffentlichten Werkes gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c der Berner Übereinkunft der Staat sei, dem der Urheber angehöre.

12. Das Tribunal de grande instance Paris, nach dessen Ansicht die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits von der Auslegung des Artikels 12 EG abhängt, hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Schließt es Artikel 12 EG, der das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit aufstellt, aus, dass die Zulässigkeit der Forderung eines Urhebers auf Schutz in einem Mitgliedstaat nach dem Urheberrecht dieses Staates von einem Unterscheidungsmerkmal abhängt, das auf dem Ursprungsland des Werkes beruht?

Vorbemerkungen

13. Tod's und Tod's France halten die Erheblichkeit der Frage des vorlegenden Gerichts für zweifelhaft. Die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft im Ausgangsrechtsstreit seien nämlich nicht erfüllt. Im Übrigen sei diese Frage überraschend, weil in der französischen Rechtsprechung eine - von ihnen allerdings abgelehnte - deutliche Tendenz dahin gehe, dass diese Bestimmung nicht zu Diskriminierungen führe.

14. Insoweit ist daran zu erinnern, dass es nicht Sache des Gerichtshofes ist, über die Anwendbarkeit nationaler oder, wie hier, internationaler Vorschriften, die für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erheblich sind, zu befinden. Der Gerichtshof hat nämlich im Rahmen der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gemeinschaftsgerichten und den nationalen Gerichten den rechtlichen Kontext der Vorabentscheidungsfrage, wie er in der Vorlageentscheidung definiert ist, zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C475/99, Ambulanz Glöckner, Slg. 2001, I8089, Randnr. 10, und vom 13. November 2003 in der Rechtssache C153/02, Neri, Slg. 2003, I13555, Randnrn. 34 und 35).

15. Soweit es um die angebliche Rechtsprechungstendenz der französischen Gerichte geht, so genügt der Hinweis, dass nach Artikel 234 Absatz 2 EG jedes Gericht eines Mitgliedstaats, wenn es eine Entscheidung über eine Auslegungsfrage zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält, diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen kann (Urteil vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 283/81, Cilfit u. a., Slg. 1982, 3415, Randnr. 6).

16. Außerdem betreffen zwar die meisten der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen zumindest teilweise auch die Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. L 289, S. 28), doch besteht für den Gerichtshof kein Anlass, über die Auslegung der Bestimmungen dieser Richtlinie zu befinden.

17. Das vorlegende Gericht fragt den Gerichtshof nämlich nur nach der Auslegung von Artikel 12 EG. Darüber hinaus haben sich, wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zutreffend geltend macht, die Ereignisse des Ausgangsverfahrens, die zur Aufnahme eines Feststellungsprotokolls durch den Gerichtsvollzieher am 8. Februar 2000 geführt haben, vor Ablauf der den Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie 98/71 gesetzten Frist am 28. Oktober 2001 abgespielt.

Zur Vorlagefrage

18. Das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte, die insbesondere wegen ihrer Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Austausch von Gütern und Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags fallen, unterliegen zwangsläufig dem in Artikel 12 Absatz 1 EG niedergelegten allgemeinen Diskriminierungsverbot (Urteile vom 20. Oktober 1993 in den Rechtssachen C92/92 und C326/92, Phil Collins u. a., Slg. 1993, I5145, Randnr. 27, und vom 6. Juni 2002 in der Rechtssache C360/00, Ricordi, Slg. 2002, I5089, Randnr. 24).

19. Darüber hinaus verbieten nach ständiger Rechtsprechung die Vorschriften über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zum gleichen Ergebnis führen (vgl. u. a. Urteile vom 23. Januar 1997 in der Rechtssache C29/95, Pastoors und Trans-Cap, Slg. 1997, I285, Randnr. 16, und vom 19. März 2002 in der Rechtssache C224/00, Kommission/Italien, Slg. 2002, I2965, Randnr. 15).

20. Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Anwendung des Artikels 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft im nationalen Recht eines Mitgliedstaats zu einer Unterscheidung nach dem Kriterium des Ursprungslandes des Werkes führt. Aus einer solchen Anwendung folgt insbesondere, dass eine günstige Behandlung, nämlich die Gewährung des doppelten Schutzes, der zum einen auf dem Recht der Muster und Modelle und zum anderen auf dem Urheberrecht beruht, den Urhebern eines Werkes verwehrt wird, dessen Ursprungsland ein anderer Mitgliedstaat ist, der für dieses Werk nur den Schutz nach dem Recht der gewerblichen Muster und Modelle gewährt. Dagegen wird diese günstige Behandlung insbesondere den Urhebern eines Werkes zuteil, dessen Ursprungsland der erstgenannte Mitgliedstaat ist.

21. Es ist daher zu prüfen, ob durch die Heranziehung eines Unterscheidungsmerkmals, das auf dem Ursprungsland des Werkes beruht, die Anwendung einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Sinne der in Randnummer 19 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darstellen kann.

22. Heyraud und Technisynthèse sowie die französische Regierung meinen, dass dies nicht der Fall sei. Die französische Regierung trägt insbesondere vor, dass angesichts der großen Mobilität der Urheber und ihrer Rechtsnachfolger im Bereich der angewandten Kunst der Ort der ersten Veröffentlichung eines Musters oder Modells nicht notwendig der Staatsangehörigkeit seines Urhebers entspreche und dass eine solche Entsprechung in den meisten Fällen nicht bestehe. Daher benachteilige die Anwendung des Artikels 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft die Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten nicht wesentlich oder in ihrer großen Mehrheit, weshalb diese Bestimmung nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung führe.

23. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden.

24. Es lässt sich nämlich nicht leugnen, dass zwischen dem Ursprungsland eines Werkes im Sinne der Berner Übereinkunft und der Staatsangehörigkeit des Urhebers dieses Werkes ein Zusammenhang besteht.

25. Bei nichtveröffentlichten Werken ist dieser Zusammenhang nicht zweifelhaft, da er in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c der Berner Übereinkunft ausdrücklich vorgesehen ist.

26. Bei veröffentlichten Werken ist das Ursprungsland, wie sich aus Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a der Berner Übereinkunft ergibt, im Wesentlichen das Land, in dem diese Veröffentlichung zum ersten Mal erfolgt. Die erstmals in einem Mitgliedstaat veröffentlichten Werke haben in den meisten Fällen einen Angehörigen dieses Staates als Urheber, während Urheber der in einem anderen Mitgliedstaat veröffentlichten Werke im Allgemeinen eine Person ist, die nicht dem erstgenannten Mitgliedstaat angehört.

27. Folglich wird sich die Anwendung einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken und kann daher zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C279/93, Schumacker, Slg. 1995, I225, Randnrn. 28 und 29, sowie Pastoors und Trans-Cap, Randnr. 17).

28. Diese Feststellung genügt jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht, um daraus auf eine Unvereinbarkeit der fraglichen Regelung mit Artikel 12 EG zu schließen. Dafür ist außerdem erforderlich, dass die Anwendung dieser Regelung nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Februar 1994 in der Rechtssache C398/92, Mund & Fester, Slg. 1994, I467, Randnrn. 16 und 17, sowie Pastoors und Trans-Cap, Randnr. 19).

29. Nach Ansicht der französischen Regierung ist Artikel 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft auf jeden Fall durch ein berechtigtes Ziel gerechtfertigt und auch geeignet und notwendig, um dieses Ziel zu erreichen.

30. Die Regierung macht geltend, dass Zweck der Berner Übereinkunft der Schutz von Werken der Literatur und Kunst sei und die Artikel 2 Absatz 7 sowie 5 Absatz 4 der Übereinkunft die Voraussetzungen, unter denen diese Werke durch das Urheberrecht geschützt würden, nach einem objektiven Kriterium festlegten, das auf dem Recht beruhe, das auf die Qualifikation des Werkes anwendbar sei. Wenn eine Schöpfung in dem Land, in dem sie erstmals veröffentlicht worden sei, nicht die Qualifikation als Werk der Kunst beanspruchen könne, könne sie nicht als solches in den Verbandsländern der Berner Übereinkunft geschützt werden, da sie nicht als Werk der Kunst existiere. Somit betreffe Artikel 2 Absatz 7 nicht die Modalitäten der Ausübung des Urheberrechts, sondern das auf die künstlerische Qualifikation des Werkes anwendbare Recht.

31. Aufgrund dieser Erwägungen kann jedoch nicht auf das Vorliegen objektiver Umstände geschlossen werden, die die Anwendung einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden rechtfertigen würden.

32. Wie sich aus ihrem Artikel 5 Absatz 1 ergibt, bezweckt die Berner Übereinkunft nicht, das auf den Schutz von Werken der Literatur und Kunst anwendbare Recht zu bestimmen, sondern sie führt als allgemeine Regel ein System der Inländerbehandlung in Bezug auf die Rechte aus diesen Werken ein.

33. Artikel 2 Absatz 7 der Berner Übereinkunft enthält, wie die Kommission zu Recht bemerkt, eine Gegenseitigkeitsregel, wonach ein Verbandsland die Inländerbehandlung, d. h. den doppelten Schutz, nur dann gewährt, wenn das Ursprungsland des Werkes ebenso verfährt.

34. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber die Erfüllung der Verpflichtungen, die der Vertrag oder das abgeleitete Recht den Mitgliedstaaten auferlegt, nicht an eine Bedingung der Gegenseitigkeit geknüpft werden (Urteil vom 30. September 2003 in der Rechtssache C405/01, Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española, Slg. 2003, I10391, Randnr. 61 und die dort zitierte Rechtsprechung).

35. Da kein anderer objektiver Umstand angeführt worden ist, der eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende rechtfertigen könnte, ist davon auszugehen, dass diese Regelung eine nach Artikel 12 EG untersagte mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellt.

36. Auf die Vorlagefrage ist demnach zu antworten, dass Artikel 12 EG, der das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit aufstellt, dahin auszulegen ist, dass er es ausschließt, dass die Zulässigkeit der Forderung eines Urhebers auf Schutz in einem Mitgliedstaat nach dem Urheberrecht dieses Staates von einem Unterscheidungsmerkmal abhängt, das auf dem Ursprungsland des Werkes beruht.

Kosten

37. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Artikel 12 EG, der das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit aufstellt, ist dahin auszulegen, dass er es ausschließt, dass die Zulässigkeit der Forderung eines Urhebers auf Schutz in einem Mitgliedstaat nach dem Urheberrecht dieses Staates von einem Unterscheidungsmerkmal abhängt, das auf dem Ursprungsland des Werkes beruht.

Ende der Entscheidung

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