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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.09.2005
Aktenzeichen: C-281/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 76/769/EWG, EG, Richtlinie 98/8/EG


Vorschriften:

Richtlinie 76/769/EWG
EG Art. 234
Richtlinie 98/8/EG Art. 2 Abs. 1 Buchst. a
Richtlinie 98/8/EG Art. 5 Abs. 1 Buchst. a
Richtlinie 98/8/EG Art. 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 15. September 2005. - Cindu Chemicals BV und andere (C-281/03) und Arch Timber Protection BV (C-282/03) gegen College voor de toelating van bestrijdingsmiddelen. - Ersuchen um Vorabentscheidung: College van Beroep voor het bedrijfsleven - Niederlande. - Richtlinie 76/769/EWG - Gefährliche Stoffe - Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, zusätzliche Voraussetzungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung eines Biozid-Produktes aufzustellen, dessen Wirkstoff Verwendungseinschränkungen gemäß der Richtlinie unterliegt - Holzschutzmittel, die Kohlenteerdestillate (Karbolineum und Kreosotöl) enthalten - Holzschutzmittel, die Kupfer, Chrom und Arsen enthalten. - Verbundene Rechtssachen C-281/03 und C-282/03.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-281/03 und C-282/03

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidungen vom 26. Juni 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Juni 2003, in den Verfahren

Cindu Chemicals BV (C-281/03),

Rütgers VFT AG,

Touwen & Co. BV,

Pearl Paint Holland BV,

Elf Atochem Nederland BV,

Zijlstra & Co. Verf BV,

Chemische Producten Struyk & Co. BV,

Van Swaay Schijndel BV,

Houtbereiding G. Rozendaal BV,

Arch Timber Protection BV (C-282/03)

gegen

College voor de toelating van bestrijdingsmiddelen,

beigeladen:

Stichting Behoud Leefmilieu en Natuur Maas en Waal,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. Makarczyk, P. Kris und G. Arestis (Berichterstatter),

Generalanwalt: F. G. Jacobs,

Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der Cindu Chemicals BV u. a., vertreten durch N. S. J. Koeman, advocaat,

- der Arch Timber Protection BV, vertreten durch J. P. L. van Marissing und N. G. Engering, advocaten,

- des College voor de toelating van bestrijdingsmiddelen, vertreten durch R. J. M. van den Tweel, advocaat,

- der Stichting Behoud Leefmilieu en Natuur Maas en Waal, vertreten durch F. F. Scheffer, advocaat,

- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster und J. G. M. van Bakel als Bevollmächtigte,

- der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Simonetti und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. März 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechts und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (ABl. L 262, S. 201) in der durch die Richtlinie 94/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 (ABl. L 365, S. 1) geänderten Fassung.

2. Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zum einen der Cindu Chemicals BV, der Rütgers VFT AG, der Touwen & Co. BV, der Pearl Paint Holland BV, der Elf Atochem Nederland BV, der Zijlstra & Co. Verf BV, der Chemische Producten Struyk & Co. BV, der Van Swaay Schijndel BV und der Houtbereiding G. Rozendaal BV und zum anderen der Arch Timber Protection BV gegen das College voor de toelating van bestrijdingsmiddelen (Zulassungsstelle für Schädlingsbekämpfungsmittel, im Folgenden: CTB) wegen Entscheidungen über die Genehmigung des Inverkehrbringens und der Verwendung von Gefahrstoffen.

Rechtlicher Rahmen

Die Gemeinschaftsregelung

Die Richtlinie 76/769

3. Die Richtlinie 76/769, die auf der Grundlage von Artikel 100 EWGVertrag (nach Änderung Artikel 100 EGVertrag, der wiederum zu Artikel 94 EG geworden ist) erlassen wurde, enthält Regeln für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen. Nach ihrer ersten bis fünften Begründungserwägung verfolgt diese Richtlinie mehrere Ziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung und insbesondere den Schutz der Personen, die mit solchen Stoffen und Zubereitungen umgehen, den Schutz der Umwelt und der Lebensqualität der Menschen und die Beseitigung von Handelshemmnissen aufgrund bestehender einschlägiger nationaler Regelungen, die sich, da sie hinsichtlich des Inverkehrbringens und der Verwendung Unterschiede aufweisen, unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken.

4. Nach ihrem Artikel 1 betrifft diese Richtlinie unbeschadet anderer einschlägiger Gemeinschaftsvorschriften Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung der in ihrem Anhang I aufgeführten gefährlichen Stoffe und Zubereitungen. Artikel 2 der Richtlinie bestimmt: Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen, damit die im Anhang aufgeführten gefährlichen Stoffe und Zubereitungen nur unter den dort angegebenen Bedingungen in den Verkehr gebracht oder verwendet werden.

5. Anhang I der Richtlinie 76/769 zählt die gefährlichen Stoffe und Zubereitungen sowie die Beschränkungen auf, die für deren Inverkehrbringen oder deren Verwendung gelten. Dieser Anhang wurde mehrfach insbesondere zu dem Zweck geändert, weitere gefährliche Stoffe und Zubereitungen hinzuzufügen.

6. Durch die Richtlinie 89/677/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur achten Änderung der Richtlinie 76/769 (ABl. L 398, S. 19) wurde diesem Anhang I die Nummer 20, Arsenverbindungen, hinzugefügt. Diese sind nach Nummer 20 Ziffer 1 Buchstabe b nicht zugelassen als Stoffe oder Komponenten von Zubereitungen, die zum Schutz von Holz bestimmt sind. In diesem Fall gilt dieses Verbot jedoch nicht für die Lösungen anorganischer Salze vom Typ CCA (KupferChromArsen), die in Industrieanlagen im Vakuum oder unter Druck zur Imprägnierung von Holz zum Einsatz kommen. Außerdem können die Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet die Verwendung von DFA(DinitrophenolFluorArsen)Zubereitungen zur (erneuten) Behandlung von (imprägnierten) Holzmasten von Überlandleitungen, die bereits aufgestellt sind, vor Ort (in situ) zulassen. Derartige Zubereitungen müssen dabei von Fachleuten und im Vakuum oder unter Druck zum Einsatz gebracht werden. Schließlich bestimmt Nummer 20 Ziffer 2, dass diese Zubereitungen [n]icht zugelassen als Stoffe oder Komponenten von Zubereitungen [sind], die zur Aufbereitung von Brauchwasser im industriellen, gewerblichen und kommunalen Bereich, unabhängig von seiner Verwendung, bestimmt sind.

7. Durch die Richtlinie 94/60 wurden Anhang I der Richtlinie 76/769 unter Nummer 32 Stoffe und Zubereitungen hinzugefügt, die Kreosot, Kreosotöl oder Kohlenteerdestillate enthalten. Nach Nummer 32.1 des Anhangs I dürfen diese Stoffe nicht zur Holzbehandlung verwendet werden, wenn sie Benzo(a)pyren mit einer Massenkonzentration von über 0,005 % und/oder wasserlösliche Phenole mit einer Massenkonzentration von über 3 % enthalten. Ferner darf damit behandeltes Holz nicht in den Verkehr gebracht werden. Abweichend dürfen diese Stoffe und Zubereitungen gemäß Nummer 32.1 Ziffer i zur Holzbehandlung in industriellen Verfahren verwendet werden, wenn sie Benzo(a)pyren und wasserlösliche Phenole mit einer Massenkonzentration unterhalb der erwähnten Schwellen enthalten. Schließlich gilt nach Nummer 32.1 Ziffer ii für nach Ziffer i behandeltes Holz, das zum ersten Mal in den Verkehr gebracht wird, dass seine Verwendung ausschließlich für gewerbliche und industrielle Zwecke wie z. B. bei der Eisenbahn erlaubt ist.

Die Richtlinie 98/8/EG

8. Die Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von BiozidProdukten (ABl. L 123, S. 1) soll einen Regelungsrahmen für die Zulassung und das Inverkehrbringen von BiozidProdukten zur Verwendung in den Mitgliedstaaten und eine Positivliste der Wirkstoffe, die in Biozid-Produkten verwendet werden können, auf Gemeinschaftsebene festlegen.

9. Die 26. Begründungserwägung der Richtlinie 98/8 lautet: Die vollständige Umsetzung dieser Richtlinie, insbesondere ihres Überprüfungsprogramms, wird in den nächsten Jahren noch nicht erreicht werden. Die Richtlinie 76/769/EWG bildet daher einen Rahmen, um die Positivliste durch Beschränkung des Inverkehrbringens und der Anwendung bestimmter Wirkstoffe und Produkte sowie Produktgruppen zu ergänzen.

10. Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 98/8 definiert BiozidProdukte im Sinne dieser Richtlinie als Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie zum Verwender gelangen, und die dazu bestimmt sind, auf chemischem oder biologischem Wege Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Nach dieser Bestimmung enthält im Übrigen Anhang V ein erschöpfendes Verzeichnis von 23 Produktarten mit Beispielbeschreibungen innerhalb jeder Produktart.

11. Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 98/8 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten ein BiozidProdukt nur dann zulassen, wenn der Wirkstoff oder die Wirkstoffe, die darin enthalten sind, in Anhang I oder IA aufgeführt und die dort festgelegten Anforderungen erfüllt sind.

12. Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie, der Übergangsregelungen aufstellt, lautet:

Abweichend von Artikel 3 Absatz 1, Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 8 Absätze 2 und 4 kann ein Mitgliedstaat unbeschadet der Absätze 2 und 3 während eines Zeitraums von zehn Jahren ab dem [14. Mai 2000] weiterhin seine derzeit für das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten geltende Regelung oder Praxis anwenden. Insbesondere kann er nach seinen einzelstaatlichen Vorschriften in seinem Gebiet das Inverkehrbringen eines Biozid-Produkts zulassen, das Wirkstoffe enthält, die für diese Produktart in Anhang I oder IA nicht aufgeführt sind. Solche Wirkstoffe müssen [am 14. Mai 2000] bereits als Wirkstoffe eines Biozid-Produkts in Verkehr sein, das zu anderen als den in Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben c) und d) genannten Zwecken verwendet wird.

Die nationale Regelung

13. Das niederländische Schädlingsbekämpfungsgesetz 1962 (Bestrijdingsmiddelenwet 1962, Stbl. 1962, 288, im Folgenden: Gesetz von 1962) sieht eine Regelung der Genehmigung für das Inverkehrbringen und die Verwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln vor. Zu diesem Zweck wurde durch Artikel 1b das CTB, eine selbständige Verwaltungseinrichtung, errichtet, deren Aufgabe darin besteht, in Anwendung des erwähnten Gesetzes über Anträge auf Zulassung von Schädlingsbekämpfungsmitteln zu entscheiden und gegebenenfalls die Geltungsdauer der erteilten Genehmigungen festzulegen.

14. Nach Artikel 2 des Gesetzes von 1962 ist es verboten, ein Schädlingsbekämpfungsmittel abzugeben, bereit oder auf Vorrat zu halten, in das Königreich der Niederlande zu verbringen oder dort zu verwenden, das nicht nach diesem Gesetz zugelassen ist. Nach Artikel 3 des Gesetzes wird ein Schädlingsbekämpfungsmittel nur zugelassen, wenn es den detaillierten Anforderungen in diesem Artikel und in Artikel 3a des Gesetzes entspricht.

15. Nach Artikel 4 des Gesetzes von 1962 müssen bei der Einreichung eines Antrags auf Zulassung oder Verlängerung der Zulassung eines Schädlingsbekämpfungsmittels bestimmte Formvorschriften eingehalten werden, die im Wesentlichen in der Verordnung von 1995 über die Zulassung von Schädlingsbekämpfungsmitteln (Regeling toelating bestrijdingsmiddelen 1995, Stcrt. 1995, 41) enthalten sind, und dieser Antrag wird nur geprüft, wenn ihm vollständige Unterlagen nach den durch dieses Gesetz oder auf dessen Grundlage festgelegten Kriterien beigefügt sind.

16. Gemäß Artikel 7 des Gesetzes von 1962 widerruft das CTB die Zulassung im Sinne von Artikel 4 dieses Gesetzes insbesondere dann, wenn die in den Artikeln 3 und 3a dieses Gesetzes oder aufgrund dieser Artikel aufgestellten Erfordernisse nicht oder nicht mehr erfüllt sind. Allerdings können die Betroffenen gemäß Artikel 8 des Gesetzes gegen eine solche Entscheidung Klage beim College van Beroep voor het bedrijfsleven erheben.

17. Schließlich verlangt die Verordnung über die UmweltZulassungsvoraussetzungen für BiozidProdukte (Besluit milieutoelatingseisen niet-landbouwbestrijdingsmiddelen, Stbl. 1998, 499), die 1998 auf der Grundlage von Artikel 3a des Gesetzes von 1962 erlassen wurde, dass der Wirkstoff eines Biozid-Produktes einer Risikobewertung zu dem Zweck unterzogen wird, die für den Umweltschutz notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Die Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage

18. Das der Rechtssache C281/03 zugrunde liegende Ausgangsverfahren betrifft BiozidProdukte, d. h. nicht landwirtschaftlich genutzte Schädlingsbekämpfungsmittel, die Kohlenteerdestillate (Karbolineum und Kreosotöl) als Wirkstoff enthalten und die als Holzschutzmittel verwendet werden. Kohlenteerdestillat wird in Anhang I Nummer 32 der Richtlinie 76/769 in der durch die Richtlinie 94/60 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 76/769) erwähnt.

19. Im Februar 1996 unterrichtete das CTB die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, die über Genehmigungen für das Inverkehrbringen von BiozidProdukten, die Kohlenteerdestillat enthalten, verfügten, von seiner Absicht, die erteilte Zulassung für Holzschutzmittel nach drei Jahren auslaufen zu lassen, soweit das behandelte Holz in unmittelbare Berührung mit (Grund)Wasser gelangen kann, und die Zulassung für die übrigen Anwendungen im trockenen Bereich um fünf Jahre zu verlängern, sofern ihm von den Inhabern dieser Zulassungen genauere Angaben übermittelt würden. Später stellten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens beim CTB Anträge auf Verlängerung bestimmter ablaufender Zulassungen.

20. Am 1. Oktober 1999 entschied das CTB, die Zulassungen für die Verwendung von Holzschutzmitteln auf Karbolineum und Kreosotölbasis im trockenen Bereich bis zum 1. Juli 2001 zu verlängern.

21. Im Jahr 2000 teilte das CTB den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens mit, dass die Beurteilung der Zulässigkeit der erwähnten Produkte im Einklang mit der auf Gemeinschaftsebene im Rahmen der Richtlinie 98/8 festgelegten Beurteilung vorgenommen werden müsse und dass die betroffenen Unternehmen, um eine Verlängerung der Zulassungen dieser Wirkstoffe über den 1. Juli 2001 hinaus erhalten zu können, ihm vollständige Unterlagen mit genaueren Angaben sowohl über die Wirkungen dieser Produkte auf die Umwelt und die Humantoxikologie als auch über die Gefahren vorlegen müssten, denen die Verwender dieser Stoffe ausgesetzt seien.

22. Am 27. Juli 2001 entschied das CTB, rückwirkend zum 1. Juli 2001 die erteilten Zulassungen in Bezug auf Biozide auf der Grundlage von Kohlenteerdestillaten bis zum 1. November 2001 zu verlängern.

23. Am 25. Oktober 2001 stellte das CTB mit Bescheiden nach dem Gesetz von 1962 die Behandlung der Anträge auf Verlängerung der Zulassungen bestimmter Holzschutzmittel auf Karbolineum und Kreosotölbasis mit der Begründung ein, dass die entsprechenden Unterlagen unvollständig seien. Mit Schreiben vom 9. November 2001 fochten die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens diese Entscheidungen beim CTB an und machten zur Begründung hauptsächlich geltend, dass das nach diesem Gesetz vorgesehene Verfahren für die Verlängerung der Zulassungen gegen die Richtlinie 76/769 verstoße.

24. Mit Entscheidung vom 28. Juni 2002 wies das CTB die Widersprüche der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens gegen seine Bescheide vom 25. Oktober 2001 als unbegründet zurück. Am 7. August 2002 erhoben die Klägerinnen gegen diese Zurückweisung Klage beim College van Beroep voor het bedrijfsleven, das den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hat.

25. Das der Rechtssache C282/03 zugrunde liegende Ausgangsverfahren betrifft ein BiozidProdukt namens SuperwolmanzoutCO, das als Holzschutzmittel verwendet wird, das CCAVerbindungen enthält und für das das CTB der Arch Timber Protection BV eine bis zum 1. Juni 2005 gültige Zulassung erteilt hatte. Diese Verbindungen sind in Anhang I Nummer 20 der Richtlinie 76/769 aufgeführt.

26. Mit Bescheiden vom 31. August und vom 14. September 2001 widerrief das CTB gestützt auf Artikel 7 des Gesetzes von 1962 mit Wirkung vom 14. März 2002 die diesem Unternehmen erteilte Zulassung für SuperwolmanzoutCO und lehnte den 1997 von dem erwähnten Unternehmen gestellten Antrag auf Verlängerung der Zulassung ab. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 focht das Unternehmen die Bescheide beim CTB an.

27. Am 2. August 2002 wies das CTB die von Arch Timber Protection BV gegen die erwähnten Bescheide vom 31. August und vom 14. September 2001 eingelegten Widersprüche als unbegründet zurück. Am 6. August 2002 erhob die Betroffene gegen diese Zurückweisung Klage beim College van Beroep voor het bedrijfsleven, das den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hat.

28. In den beiden Ausgangsverfahren machen die Klägerinnen geltend, dass die in Rede stehenden Erzeugnisse die in der Richtlinie 76/769 festgelegten Voraussetzungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung erfüllten und dass diese Richtlinie ihnen daher einen Anspruch auf Zulassung dieser Erzeugnisse verleihe. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts stellt sich aufgrund dieses Vorbringens die Frage, ob die Richtlinie 76/769 eine erschöpfende Regelung für die von ihr erfassten Stoffe vorsieht, oder ob sie vielmehr den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lässt, auf diesem Gebiet zusätzliche Voraussetzungen auf nationaler Ebene, wie sie in dem Gesetz von 1962 vorgesehen seien, festzulegen.

29. Das College van Beroep voor het bedrijfsleven ist der Ansicht, dass die Richtlinie 76/769 keine eindeutige Antwort auf die Frage gebe, ob die Mitgliedstaaten für das Inverkehrbringen und die Verwendung von in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführten Stoffen andere Anforderungen, als in der Richtlinie selbst vorgesehen seien, aufstellen könnten, und hat daher in beiden vorliegenden Rechtssachen beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Lässt es die Richtlinie 76/769 zu, dass ein Mitgliedstaat ergänzende Voraussetzungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung eines BiozidProduktes aufstellt, dessen Wirkstoff in ihren Anhang I aufgenommen worden ist?

30. Die Rechtssachen C281/03 und C282/03 sind mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 28. August 2003 zu gemeinsamem schriftlichem und mündlichem Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zur Vorlagefrage

31. Es steht fest, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Biozid-Produkte unter die Nummern 20 und 32 des Anhangs I der Richtlinie 76/769 fallen.

32. Das CTB, die Stichting Behoud Leefmilieu en Natuur Maas en Waal (Stiftung für die Erhaltung der lebenden Umwelt und Natur an Maas und Waal, im Folgenden: die Stiftung) sowie die niederländische und die dänische Regierung machen geltend, dass die Verwendung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Biozid-Produkte durch die Richtlinie 98/8 geregelt werde, die der Richtlinie 76/769, um deren Auslegung das vorlegende Gericht ersuche, als Spezialregelung vorgehe und es daher den Mitgliedstaaten erlaube, auf jeden Fall strengere Anforderungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung der betreffenden Erzeugnisse aufzustellen.

33. Da die Richtlinie 76/769 Bestimmungen enthält, die sich auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden BiozidProdukte beziehen, die der Definition des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 98/8 entsprechen und für die diese tatsächlich eine Spezialregelung darstellt, obliegt es dem Gerichtshof, sich vorab zu dem Zusammenhang zwischen diesen beiden Richtlinien zu äußern und insbesondere zu bestimmen, welchen Einfluss im vorliegenden Fall die zweite dieser Richtlinien auf die Anwendung der ersten hat.

34. Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 98/8 lassen die Mitgliedstaaten ein BiozidProdukt nur dann zu, wenn der Wirkstoff oder die Wirkstoffe, die darin enthalten sind, in Anhang I oder IA aufgeführt und die dort festgelegten Anforderungen erfüllt sind.

35. Wie der Generalanwalt in Nummer 62 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, steht fest, dass die Anhänge I und IA der Richtlinie 98/8 zu den für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkten noch nicht erlassen waren. Daher konnten die Mitgliedstaaten die Zulassung der in Rede stehenden BiozidProdukte keineswegs auf der Grundlage dieser Richtlinie regeln, da die mit dieser angestrebte Harmonisierung zu diesen Zeitpunkten noch nicht vollständig durchgeführt war (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 2004 in der Rechtssache C443/02, Schreiber, Slg. 2004, I7275, Randnr. 20).

36. Im Übrigen sieht zwar Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 98/8 eine Übergangszeit von zehn Jahren vor, in der die Mitgliedstaaten ihre für das Inverkehrbringen von BiozidProdukten geltende Regelung weiterhin anwenden dürfen, doch müssen diese Staaten auch weiterhin die übrigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts einhalten. Hierzu geht aus der 26. Begründungserwägung dieser Richtlinie hervor, dass bis zu deren vollständiger Umsetzung, für die mehrere Jahre vorgesehen sind, die Richtlinie 76/769 einen Rahmen bildet, um die Positivliste der Wirkstoffe, die in BiozidProdukten verwendet werden können, durch Beschränkung des Inverkehrbringens und der Anwendung bestimmter dieser Stoffe und Produkte zu ergänzen. Ferner sieht Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 98/8 vor, dass diese unbeschadet der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften oder der im Einklang mit diesen Vorschriften getroffenen Maßnahmen Anwendung insbesondere auf [die Richtlinie 76/769] findet.

37. Möchte daher ein Mitgliedstaat während der Übergangszeit das Inverkehrbringen oder die Verwendung von Erzeugnissen regeln, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 76/769 fallen, so muss die nationale Regelung mit dieser Richtlinie im Einklang stehen.

38. Nach allem kann die Richtlinie 98/8 entgegen der Ansicht des CTB und der Stiftung sowie der niederländischen und der dänischen Regierung im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf die Anwendung der Richtlinie 76/769 haben.

39. Daher ist, wie dies das vorlegende Gericht wünscht, der durch die Richtlinie 76/769 durchgeführte Grad der Harmonisierung zu prüfen, damit bestimmt werden kann, ob diese Richtlinie es den Mitgliedstaaten gestattet, zusätzliche Voraussetzungen auf nationaler Ebene, wie im Gesetz von 1962 vorgesehen, für das Inverkehrbringen und die Verwendung eines BiozidProduktes festzulegen, dessen Wirkstoff in Anhang I dieser Richtlinie aufgeführt ist.

40. Nach Ansicht der Stiftung sowie der niederländischen und der dänischen Regierung erlaubt es die Richtlinie 76/769, die nur eine minimale Harmonisierung vornehme, den Mitgliedstaaten, zusätzliche Anforderungen aufzustellen.

41. In diesem Zusammenhang ist zum einen daran zu erinnern, dass die Richtlinie 76/769 auf Artikel 100 EWGVertrag gestützt wird und dass von den später an ihr durch die Richtlinien 89/677 und 94/60 vorgenommenen Änderungen durch die Einfügung der Nummern 20 und 32 betreffend Arsen und Kreosot in ihren Anhang I die eine Artikel 100a EWGVertrag (später Artikel 100a EGVertrag, der nach Änderung Artikel 95 EG geworden ist) und die andere Artikel 100a EGVertrag zur Rechtsgrundlage hat. Diese Artikel bezwecken die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes.

42. Zum anderen geht aus der vierten und der fünften Begründungserwägung der Richtlinie 76/769 hervor, dass diese eine Harmonisierungsmaßnahme ist, mit der die Handelshemmnisse beseitigt werden sollen, die sich aus dem Bestehen unterschiedlicher nationaler einschlägiger Regelungen ergeben, die sich unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken.

43. Die erwähnte Richtlinie hat daher, wie sich auch aus ihrer Rechtsgrundlage und ihren Begründungserwägungen ergibt, die Beseitigung der Hemmnisse für den Handelsverkehr mit den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Stoffen innerhalb des Binnenmarktes zum Ziel.

44. Wie nun aber der Generalanwalt in Nummer 37 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, könnte das Ziel der Richtlinie 76/769 nicht verwirklicht werden, wenn es den Mitgliedstaaten freigestellt würde, die darin vorgesehenen Verpflichtungen zu erweitern. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sind erschöpfend, und die Beibehaltung oder der Erlass von anderen als den in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten sind mit deren Ziel unvereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. April 1979 in der Rechtssache 148/78, Ratti, Slg. 1979, 1629, Randnrn. 25 bis 27, und vom 14. Oktober 1987 in der Rechtssache 278/85, Kommission/Dänemark, Slg. 1987, 4069, Randnr. 22).

45. Eine solche Auslegung der Richtlinie 76/769 wird im Übrigen durch deren Artikel 2 bestätigt, wonach die Mitgliedstaaten... alle zweckdienlichen Maßnahmen [treffen], damit die im Anhang aufgeführten gefährlichen Stoffe und Zubereitungen nur unter den dort angegebenen Bedingungen in den Verkehr gebracht oder verwendet werden. Damit geht aus dem Wortlaut dieses Artikels hervor, dass die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen und die Verwendung von im Anhang dieser Richtlinie aufgeführten Stoffen oder Produkten nur den Anforderungen unterwerfen dürfen, die in diesem Anhang festgelegt worden sind.

46. Allerdings betrifft die Richtlinie 76/769 nach ihrem Artikel 1 Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung der von ihr erfassten gefährlichen Stoffe und Zubereitungen unbeschadet anderer einschlägiger Gemeinschaftsvorschriften. Daher sind andere Gemeinschaftsbestimmungen, die besondere Anforderungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung dieser Stoffe und Zubereitungen aufstellen, zu berücksichtigen, wenn sie anwendbar sind.

47. Schließlich ist festzustellen, dass im Fall einer auf Artikel 95 EG gestützten Richtlinie ein Mitgliedstaat, der dennoch andere als die in der Harmonisierungsrichtlinie vorgesehenen nationalen Bestimmungen beibehalten oder einführen möchte, die sich insbesondere auf den Umweltschutz beziehen, gemäß Artikel 95 Absatz 4 oder Absatz 5 die Möglichkeit hat, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften diese Bestimmungen und die Gründe für ihre Beibehaltung oder Einführung mitzuteilen.

48. Wie der Generalanwalt in Nummer 76 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hat das Königreich der Niederlande von der Kommission zweimal, wenn auch nicht hinsichtlich der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Bestimmungen, Entscheidungen gemäß Artikel 95 EG in Bezug auf bestimmte Aspekte seiner Regelung für Kreosot erbeten und erhalten.

49. Daher ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Richtlinie 76/769 dahin auszulegen ist, dass sie es, vorbehaltlich der Anwendung anderer einschlägiger Gemeinschaftsbestimmungen, die für das betreffende Produkt besondere Voraussetzungen aufstellen, nicht zulässt, dass ein Mitgliedstaat für das Inverkehrbringen und die Verwendung eines BiozidProduktes, dessen Wirkstoff in ihren Anhang I aufgenommen worden ist, andere als die in ihr vorgesehenen Voraussetzungen aufstellt.

Kosten

50. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen in der durch die Richtlinie 94/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie es, vorbehaltlich der Anwendung anderer einschlägiger Gemeinschaftsbestimmungen, die für das betreffende Produkt besondere Voraussetzungen aufstellen, nicht zulässt, dass ein Mitgliedstaat für das Inverkehrbringen und die Verwendung eines BiozidProduktes, dessen Wirkstoff in ihren Anhang I aufgenommen worden ist, andere als die in ihr vorgesehenen Voraussetzungen aufstellt.

Ende der Entscheidung

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