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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 02.04.1998
Aktenzeichen: C-367/95 P
Rechtsgebiete: EG-Satzung, EGV


Vorschriften:

EG-Satzung Art. 49
EGV Art. 92
EGV Art. 93
EGV Art. 189 Abs. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

6 Das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages ist unerläßlich, sobald die Kommission bei der Prüfung, ob ein Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, auf ernste Schwierigkeiten stösst. Die Kommission darf sich für den Erlaß einer positiven Entscheidung über ein Beihilfevorhaben nur dann auf die Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnen kann, daß dieses Vorhaben vertragskonform ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen Schlußfolgerung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen können, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 einzuleiten.

7 Stellt die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten, aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 fest, daß eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so müssen die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, insbesondere konkurrierende Unternehmen und Berufsverbände, die als Beteiligte bei der Durchführung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 Verfahrensgarantien genießen, Nichtigkeitsklage gegen eine solche Entscheidung der Kommission erheben können.

8 Adressaten der Entscheidungen, die die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen erlässt, sind die betroffenen Mitgliedstaaten. Dies gilt, da für Beschwerden, mit denen das Vorliegen staatlicher Beihilfen gerügt wird, weder im Vertrag noch vom Gemeinschaftsgesetzgeber eine Verfahrensregelung getroffen worden ist, auch, wenn eine solche Entscheidung staatliche Maßnahmen betrifft, die in Beschwerden als vertragswidrige staatliche Beihilfen beanstandet werden, und sich aus ihr ergibt, daß die Kommission es ablehnt, das in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehene Verfahren einzuleiten, weil die beanstandeten Maßnahmen nach ihrer Auffassung keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages oder mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Wenn die Kommission solche Entscheidungen erlässt und entsprechend ihrer Pflicht zur ordnungsgemässen Verwaltung die Beschwerdeführer davon unterrichtet, muß der Beschwerdeführer gegebenenfalls die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung und nicht das an ihn gerichtete Schreiben, durch das er von der Entscheidung unterrichtet wird, anfechten.

9 Auf die Verpflichtung der Kommission zur Begründung ihrer Entscheidung, mit der sie eine Beschwerde, mit der das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe gerügt wird, ablehnt, kann nicht eine Verpflichtung der Kommission zur Anhörung des Beschwerdeführers in der Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages gestützt werden. Da nämlich die Kommission in dieser Phase nicht verpflichtet ist, die Beschwerdeführer anzuhören, und sie in der Prüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages die Beteiligten lediglich zur Äusserung aufzufordern braucht, könnte der Umstand, daß von der Kommission im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens eine Anhörung des Beschwerdeführers verlangt wird, zu Unstimmigkeiten zwischen der Verfahrensregelung nach Artikel 93 Absatz 3 und der des Artikels 93 Absatz 2 führen.

Ausserdem ist die Kommission auch nicht verpflichtet, von Amts wegen die Rügen zu prüfen, die der Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm die Ermittlungsergebnisse ihrer Untersuchung bekannt geworden wären. Dieses Kriterium, nach dem sich die Kommission in die Lage des Beschwerdeführers zu versetzen hat, ist nämlich zur Abgrenzung der Prüfungspflicht der Kommission nicht geeignet.

Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, daß die Kommission nicht verpflichtet ist, bei der Prüfung einer Beschwerde gegebenenfalls über eine blosse Prüfung der ihr vom Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hinauszugehen. Die Kommission hat nämlich im Interesse einer ordnungsgemässen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrages auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen die Beschwerde sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, was eine Prüfung von Gesichtspunkten erforderlich machen kann, die der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich erwähnt hat.

10 Die nach Artikel 190 des Vertrages vorgeschriebene Begründung muß der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist.

Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission anbelangt, mit der verneint wird, daß es sich bei einer von einem Beschwerdeführer gerügten Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handelt, hat die Kommission dem Beschwerdeführer jedenfalls in hinreichender Weise die Gründe darzulegen, aus denen die in der Beschwerde angeführten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe genügt haben. Die Kommission braucht jedoch nicht zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben.


Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Chambre syndicale nationale des entreprises de transport de fonds et valeurs (Sytraval) und Brink's France SARL. - Rechtsmittel - Staatliche Beihilfen - Beschwerde eines Wettbewerbers - Pflichten der Kommission bei der Prüfung einer Beschwerde und hinsichtlich der Begründung bei deren Zurückweisung. - Rechtssache C-367/95 P.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Rechtsmittelschrift, die am 28. November 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. September 1995 in der Rechtssache T-95/94 (Sytraval und Brink's France/Kommission, Slg. 1995, II-2651; nachstehend: angefochtenes Urteil) eingelegt, durch das die Entscheidung der Kommission vom 31. Dezember 1993 (nachstehend: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt wurde, mit der der Antrag der Chambre syndicale nationale des entreprises de transport de fonds et valeurs (Sytraval) und der Brink's France SARL auf Feststellung, daß die Französische Republik durch die Gewährung von Beihilfen an die Sécuripost SA (nachstehend: Securipost) gegen die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag verstossen hat, abgelehnt worden war.

2 Die Französische Republik, Streithelferin in der ersten Instanz zur Unterstützung der Anträge der Kommission, hat eine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht. Die Chambre syndicale nationale des entreprises de transport de fonds et valeurs (Sytraval) und die Brink's France SARL (nachstehend: Beschwerdeführerinnen) haben vor dem Gerichtshof keine Erklärungen abgegeben.

3 Mit drei Schriftsätzen, die am 24. Januar, am 22. und am 26. Februar 1996 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien und das Königreich der Niederlande ihre Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Mit drei Beschlüssen vom 5. März 1996 hat der Gerichtshof diesen Anträgen stattgegeben.

Sachverhalt und Verfahren vor dem Gericht

4 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, daß die französische Post (im folgenden: Post) den Transport ihrer Gelder und Wertsachen bis 1987 mittels ihrer eigenen Dienststellen durchführte. Im Jahr 1986 beschloß sie, eine Reihe ihrer Tätigkeiten durch Einschaltung kommerzieller Gesellschaften auszuüben. Demgemäß wurde am 16. Dezember 1986 die Société holding des filiales de la Poste (im folgenden: Sofipost) gegründet, die zu 99 % vom französischen Staat kontrolliert wird. Am 16. April 1987 gründete Sofipost die Sécuripost, die sie zu 99,92 % kontrolliert. Der Zweck dieser Gesellschaft ist die Übernahme von Sicherheitswerttransporten und von Aufgaben der Bewachung, des Schutzes und der Überwachung. Die Post ordnete mehr als 220 Beamten an Sécuripost ab.

5 Mit privatrechtlicher Vereinbarung vom 28. September 1987 übertrug die Post die zuvor von ihr selbst erledigten Aufgaben in den genannten Bereichen an Sécuripost. Das Unternehmen sollte seinen Kunden- und Tätigkeitskreis sodann ausweiten. Am 30. September 1987 wurde zwischen dem Minister für Post und Telekommunikation und der Sécuripost ein Rahmenvertrag geschlossen. In den Jahren 1987 bis 1989 gewährte Sofipost der Securipost zwei Vorschußdarlehen in Höhe von 5 000 000 FF und von 15 000 000 FF und nahm eine Erhöhung des Kapitals von Securipost vor.

6 Am 4. September 1989 stellten mehrere französische Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, darunter die Beschwerdeführerinnen, bei der Kommission zwei Anträge auf Einleitung eines Verfahrens, und zwar zum einen nach den Artikeln 85, 86 und 90 EG-Vertrag und zum anderen nach den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag. Die vorliegende Rechtssache betrifft nur den letztgenannten Antrag.

7 Auf diese Beschwerde hin forderte die Kommission die französische Regierung mit Schreiben vom 14. März 1990 zur Stellungnahme auf; die französische Regierung antwortete mit Schreiben vom 3. Mai 1990.

8 Am 28. Juni 1991 teilte die Kommission den Beschwerdeführerinnen mit, daß ihre Beschwerde "eine Reihe wichtiger Grundsatzfragen aufwirft, die im vorliegenden Fall eine eingehende Prüfung durch die zuständigen Dienststellen der Kommission erforderlich machen". Am 9. Oktober 1991 führte sie gegenüber den Beschwerdeführerinnen weiter aus, daß ihre Angelegenheit "besonders komplex erscheint und im Hinblick auf die umfangreichen Unterlagen, die sowohl von den Beschwerdeführerinnen als auch von den französischen Behörden vorgelegt wurden, zahlreiche Untersuchungen technischer Art erforderlich macht..."

9 Am 5. Februar 1992 erließ die Kommission eine Entscheidung, in der sie ausführte, daß nicht auf das Vorliegen staatlicher Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages habe geschlossen werden können. Sie stellte insbesondere fest, daß auf der Grundlage der ihr vorliegenden Erkenntnisse der der Errichtung von Sécuripost zugrunde liegende Vorgang vergleichbar sei mit der Reorganisation, die ein Unternehmen vornehme, das sich zwecks gesonderter Führung eines Geschäftsbereichs zur Schaffung einer Tochtergesellschaft entschließe.

10 Am 13. April 1992 erhoben die Beschwerdeführerinnen gegen diese Entscheidung gemäß Artikel 173 EG-Vertrag eine Nichtigkeitsklage. Diese Klage wurde jedoch gegenstandslos, nachdem die Kommission am 22. Juni 1992 ihre Entscheidung vom 5. Februar 1992 widerrufen hatte.

11 Am 24. Juli 1992 ergänzten die Beschwerdeführerinnen ihre bei der Kommission eingereichte Beschwerde. Am 21. Januar 1993 teilte die Kommission ihnen mit, daß sie die Maßnahmen der französischen Regierung gegenüber Sécuripost in das Verzeichnis der nicht angemeldeten Beihilfen aufgenommen habe.

12 Am 26. März 1993 ermächtigte die französische Regierung Sofipost, das Eigentum von Sécuripost zu privatisieren. Am 22. April 1993 reichten die Beschwerdeführerinnen eine weitere Ergänzung der Beschwerde ein. Am 5. Mai 1993 unterrichtete die Kommission sie davon, daß sie die Untersuchung der Angelegenheit in zwei Teile, den vor der Privatisierung und den danach liegenden, aufgeteilt habe.

13 Am 11. Oktober 1993 forderten die Beschwerdeführerinnen die Kommission gemäß Artikel 175 EG-Vertrag auf, auf ihre am 4. September 1989 eingereichte Beschwerde hin eine Entscheidung zu erlassen.

14 Am 31. Dezember 1993 richtete die Kommission - vertreten durch ihr für Wettbewerbsfragen zuständiges Mitglied - an die französische Regierung ein Schreiben, in dem sie ihr ohne besondere Begründung mitteilte, sie habe beschlossen, das Verfahren auf der Grundlage der ihr vorliegenden Erkenntnisse mit der Feststellung einzustellen, daß keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 des Vertrages vorlägen. Sie wies jedoch darauf hin, daß sich ihre Entscheidung nicht auf die seit 1992 im Rahmen der Privatisierung von Securipost getroffenen Maßnahmen erstrecke.

15 Am selben Tag sandte die Kommission - wiederum vertreten durch ihr für Wettbewerbsfragen zuständiges Mitglied - ein Schreiben an die Beschwerdeführerinnen, in dem sie zu den von diesen vorgetragenen Argumenten Stellung nahm und ihnen mitteilte, sie habe festgestellt, daß die von ihr durchgeführte Untersuchung nicht die Schlußfolgerung erlaube, es handele sich im vorliegenden Fall um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 des Vertrages, und sie habe daher beschlossen, das Verfahren einzustellen.

16 Mit Klageschrift vom 2. März 1994 erhoben die Beschwerdeführerinnen beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung.

17 Sie machten zur Begründung ihrer Klage vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund rügten sie, die Kommission habe gegen Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag verstossen, indem sie - in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles - zu Unrecht von der Einleitung des in dieser Bestimmung geregelten Verfahrens abgesehen habe. Mit dem zweiten Klagegrund machten die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, da die Kommission in ihrer - sie beschwerenden - Entscheidung Unterlagen, wie etwa die Stellungnahme der französischen Regierung, verwertet habe, die ihnen nicht übermittelt worden seien. Mit dem dritten Klagegrund wurde geltend gemacht, die Kommission habe gegen Artikel 190 EG-Vertrag verstossen, indem sie in der streitigen Entscheidung eine Erörterung der Rügen versäumt habe, die die Beschwerdeführerinnen in ihrer Beschwerde zu jenen Beihilfen vorgetragen hätten, die 1. in der Abordnung von Verwaltungspersonal der Post an Sécuripost, 2. in der Überlassung von Räumen der Post an Sécuripost, 3. in der Kraftstoffversorgung und in der Wartung von Fahrzeugen zu unverhältnismässig günstigen Bedingungen und 4. in dem Darlehen in Höhe von 15 000 000 FF, das Sofipost Sécuripost zu einem Vorzugszins gewährt habe, bestuenden. Mit dem vierten Klagegrund wurde gerügt, die streitige Entscheidung enthalte offensichtliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kapitals von Sécuripost um 9 775 000 FF, mit den Vorschüssen für Aufträge, die die Post Sécuripost erteilt habe, und mit den ungewöhnlichen Tarifen und Garantien, die von der Post gewährt worden seien.

Das angefochtene Urteil

18 Gemäß dem angefochtenen Urteil war Gegenstand der Klage der Beschwerdeführerinnen die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, "mit der der Antrag der Klägerinnen auf Feststellung, daß die Französische Republik durch die Gewährung von Beihilfen an die Sécuripost SA gegen die Artikel 92 und 93 des Vertrages verstossen hat, abgelehnt wurde".

19 Das Gericht hat in Randnummer 32 des angefochtenen Urteils zunächst ausgeführt, daß es angesichts der Aktenlage die Prüfung auf den dritten und den vierten Klagegrund, die einen Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zum Gegenstand hätten und gemeinsam zu behandeln seien, konzentrieren werde.

20 Sodann hat es in Randnummer 51 festgestellt, es handele sich bei der streitigen Entscheidung um eine Entscheidung der Kommission, durch die das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen mit der Begründung zurückgewiesen worden sei, daß die beanstandeten Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages darstellten; die streitige Entscheidung sei unstreitig eine Entscheidung im Sinne von Artikel 189 Absatz 4 EG-Vertrag und sei daher gemäß Artikel 190 des Vertrages mit Gründen zu versehen gewesen. Das Gericht hat es daher in Randnummer 53 für angebracht gehalten, zu prüfen, ob die Überlegungen, aufgrund deren die Kommission die von den Beschwerdeführerinnen beanstandeten Maßnahmen nicht als staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages eingestuft habe, in der streitigen Entscheidung so klar und unzweideutig wiedergegeben seien, daß die Beschwerdeführerinnen die tragenden Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerde zwecks Wahrnehmung ihrer Rechte hätten erkennen können und daß dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe möglich sei.

21 Insoweit hat das Gericht in Randnummer 54 darauf hingewiesen, daß es sich bei der gerichtlichen Überprüfung, die die Begründung ermöglichen müsse, im vorliegenden Fall nicht um eine Überprüfung auf offensichtliche Beurteilungsfehler handele, wie sie hinsichtlich der - in der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission liegenden - Einschätzung erfolge, ob bereits als staatliche Beihilfen qualifizierte nationale Maßnahmen mit dem Vertrag vereinbar seien; vielmehr gehe es um eine Überprüfung der Auslegung und Anwendung des in Artikel 92 des Vertrages enthaltenen Begriffes der staatlichen Beihilfe, die die Kommission vorgenommen hat, um festzustellen, ob die von den Beschwerdeführerinnen beanstandeten nationalen Maßnahmen als staatliche Beihilfen einzustufen seien oder nicht.

22 In Randnummer 55 hat das Gericht ausgeführt, bei dieser Prüfung sei der Kontext, in den sich die angefochtene Entscheidung einfüge, einzubeziehen, da die Beurteilung, ob eine Begründung ausreichend sei, nicht nur von ihrem Wortlaut, sondern auch von ihrem Zusammenhang abhänge. Das Gericht hat insoweit auf vier Punkte hingewiesen: Erstens sei bis zum Erlaß der angefochtenen Entscheidung besonders viel Zeit vergangen (Randnr. 56); zweitens habe die Kommission im Schriftwechsel mit den Beschwerdeführerinnen ausgeführt, daß ihre Beschwerde eine Reihe wichtiger Grundsatzfragen aufwerfe, die eine eingehende Prüfung und zahlreiche Untersuchungen technischer Art erforderlich machten (Randnr. 57); drittens habe die Kommission ihre erste Entscheidung vom 5. Februar 1992 nach Einreichung der Nichtigkeitsklage durch die Beschwerdeführerinnen widerrufen, obwohl in dieser Klage lediglich die verschiedenen Beschwerdepunkte aufgegriffen worden seien, die sie bereits in ihrer ursprünglichen Beschwerde vorgebracht hätten; neue Rügen seien mit der Klage nicht erhoben worden (Randnr. 58); viertens habe die Kommission die streitigen Maßnahmen in das Verzeichnis der nicht angemeldeten Beihilfen eingetragen und in einem Schreiben an die französische Regierung ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, daß für keine der fraglichen Maßnahmen eine vorherige Anmeldung nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages erfolgt sei (Randnr. 59).

23 Im Licht dieser Feststellungen hat es das Gericht in Randnummer 60 für angebracht gehalten, zu prüfen, ob die Begründung der streitigen Entscheidung den Schluß trage, daß die von den Beschwerdeführerinnen beanstandeten Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 92 des Vertrages darstellten.

24 Es ist insoweit zu dem Ergebnis gelangt, daß der Entscheidung, was die Rüge der Beschwerdeführerinnen bezueglich des abgeordneten Verwaltungspersonals angehe, die Begründung fehle (Randnrn. 62 und 63) und daß, was die Rügen bezueglich der Überlassung von Räumen (Randnrn. 65 bis 66), die Wartung der Fahrzeuge (Randnr. 69), die Gewährung des Vorschusses von 15 000 000 FF (Randnr. 72) und die von Sécuripost der Post in Rechnung gestellten Preise (Randnrn. 74 bis 76) angehe, die Begründung dieser Entscheidung unzureichend sei.

25 In diesem Zusammenhang hat das Gericht in den Randnummern 66 und 72 ausgeführt, daß die Kommission, wenn sie beschließe, eine Beschwerde gegen eine Maßnahme, die der Beschwerdeführer als nicht angemeldete staatliche Beihilfe einstufe, zurückzuweisen, ohne dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, sich vor Erlaß der endgültigen Entscheidung zu den Ermittlungsergebnissen ihrer Untersuchung zu äussern, von Amts wegen die Rügen zu prüfen habe, die der Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm diese Ergebnisse bekannt geworden wären.

26 In Randnummer 78 hat das Gericht ausserdem festgestellt, daß die Verpflichtung der Kommission zur Begründung ihrer Entscheidungen unter bestimmten Umständen eine Anhörung des Beschwerdeführers erforderlich machen könne, wenn sie dessen Stellungnahme zu den Tatsachen, die sie in ihrer Untersuchung ermittelt habe, kennen müsse, um ihre Beurteilung einer vom Beschwerdeführer als staatliche Beihilfe bewerteten Maßnahme rechtlich hinreichend zu begründen. Diese Verpflichtung stelle unter solchen Umständen eine notwendige Erweiterung der Verpflichtung der Kommission dar, die Angelegenheit unter Einholung aller erforderlichen Stellungnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen.

27 In Randnummer 80 hat das Gericht schließlich festgestellt, daß die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären sei, da ihre Begründung nicht die Schlußfolgerung trage, daß die von den Beschwerdeführerinnen gerügten Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag darstellten.

Das Rechtsmittel

28 Die Kommission beantragt mit ihrem Rechtsmittel,

- das angefochtene Urteil aufzuheben und aus dieser Aufhebung sämtliche rechtlichen Konsequenzen zu ziehen, insbesondere die Rechtssache zur Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen, und

- den Klägerinnen in dem Verfahren vor dem Gericht die Kosten aufzuerlegen.

29 Die Französische Republik beantragt,

- dem Rechtsmittel der Kommission stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben und

- den von der Kommission in der ersten Instanz gestellten Anträgen stattzugeben.

30 Die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien und das Königreich der Niederlande beantragen ebenfalls, dem Rechtsmittel der Kommission stattzugeben.

31 Zur Begründung des Rechtsmittels trägt die Kommission drei Rechtsmittelgründe vor. Sie macht geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen

- hinsichtlich des Adressaten einer Entscheidung auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen,

- hinsichtlich des Umfangs der Begründungspflicht und

- hinsichtlich der im Rahmen der Bearbeitung der Vorgänge im Bereich der staatlichen Beihilfen zu befolgenden Verfahrensvorschriften.

32 Die Kommission ist der Auffassung, das Gericht habe den durch den Vertrag auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen geschaffenen rechtlichen Rahmen sowie die Rechtsprechung dazu verkannt. In einer Situation wie der vorliegenden, in der sich die Kommission zum Vorliegen einer in einer Beschwerde gerügten staatlichen Beihilfe äussere, habe der Beschwerdeführer keine besonderen Rechte und könne diese Entscheidung nur mit dem gleichen Recht wie jeder andere unmittelbar und individuell betroffene Kläger anfechten.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zu dem durch den Vertrag geschaffenen System der Überwachung staatlicher Beihilfen

33 Bevor die im Rahmen des Rechtsmittels vorgetragenen Rügen geprüft werden, sind die maßgeblichen Vorschriften des durch den Vertrag geschaffenen Systems der Überwachung staatlicher Beihilfen darzustellen.

34 Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages sieht vor: "Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen."

35 Artikel 93 des Vertrages schreibt ein besonderes Verfahren für die fortlaufende Überprüfung und die Überwachung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission vor. Der Einführung neuer Beihilfen durch die Mitgliedstaaten muß ein Vorverfahren vorausgehen; andernfalls kann eine Beihilfe nicht als ordnungsgemäß eingeführt angesehen werden. Gemäß Artikel 93 Absatz 3 Satz 1 des Vertrages in der Auslegung durch den Gerichtshof ist die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen vor deren Durchführung zu unterrichten.

36 Die Kommission nimmt dann eine erste Prüfung der beabsichtigten Beihilfen vor. Ist sie nach Abschluß dieser Prüfung der Auffassung, daß ein Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzueglich das in Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1 vorgesehene Prüfungsverfahren ein; dieser Unterabsatz lautet: "Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äusserung gesetzt hat, daß eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 92 unvereinbar ist oder daß sie mißbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, daß der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat."

37 Aus Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 des Vertrages geht hervor, daß der betreffende Mitgliedstaat in der Vorprüfungsphase die beabsichtigte Beihilfemaßnahme nicht durchführen darf. Bei Einleitung des Prüfungsverfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 besteht dieses Verbot bis zum Erlaß der Entscheidung der Kommission über die Vereinbarkeit der beabsichtigten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt fort. Hat die Kommission dagegen binnen zwei Monaten nach Unterrichtung nicht reagiert, so kann der betreffende Mitgliedstaat die beabsichtigte Beihilfemaßnahme durchführen, nachdem er dies der Kommission angezeigt hat (Urteil vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C-39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I-3547, Randnr. 38).

38 Im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 ist also zu unterscheiden zwischen der Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu ermöglichen, und der in Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag geregelten Prüfungsphase, die es der Kommission ermöglichen soll, sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten eines Falles zu verschaffen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, Randnr. 22, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnr. 16).

39 Das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 ist unerläßlich, sobald die Kommission bei der Prüfung, ob ein Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, auf ernste Schwierigkeiten stösst. Die Kommission darf sich also für den Erlaß einer positiven Entscheidung über ein Beihilfevorhaben nur dann auf die Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnt, daß dieses Vorhaben vertragskonform ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen Überzeugung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen können, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 einzuleiten (vgl. insbesondere Urteil vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82, Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13, und Urteile Cook/Kommission, Randnr. 29, und Matra/Kommission, Randnr. 33).

40 Stellt die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten, aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 fest, daß eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so können die Personen, denen die in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehenen Verfahrensgarantien zugute kommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung der Kommission vor dem Gerichtshof anzufechten (vgl. insbesondere Urteile Cook/Kommission, Randnr. 23, und Matra/Kommission, Randnr. 17).

41 Beteiligte im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages, die nach Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages als unmittelbar und individuell Betroffene Nichtigkeitsklagen erheben können, sind die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände (Urteil vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 16).

42 Die drei von der Kommission geltend gemachten Rechtsmittelgründe sind unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

43 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht habe die Natur der streitigen Entscheidung verkannt, indem es sie als eine Entscheidung angesehen habe, mit der eine Beschwerde zurückgewiesen werde. Die Kommission und die vier dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten weisen darauf hin, daß die Kommission im Rahmen der Artikel 92 und 93 des Vertrages nur Entscheidungen erlassen könne, die an einen Mitgliedstaat gerichtet seien und das Vorliegen oder die Vereinbarkeit einer Beihilfe beträfen. Wenn die Kommission gemäß ihrer Pflicht zur ordnungsgemässen Verwaltung ihre Entscheidung einem etwaigen Beschwerdeführer mitteile, könne diese Mitteilung als solche keine an den Beschwerdeführer gerichtete Entscheidung darstellen. Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts gebe es im Bereich der staatlichen Beihilfen keine eine Beschwerde zurückweisende Entscheidung.

44 Wie das Gericht in Randnummer 50 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt hat, ist für Beschwerden, mit denen das Vorliegen staatlicher Beihilfen gerügt wird, weder im Vertrag noch vom Gemeinschaftsgesetzgeber eine Verfahrensregelung getroffen worden.

45 Daher ist festzustellen, daß Adressaten der Entscheidungen, die die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen erlässt, die betroffenen Mitgliedstaaten sind. Dies gilt auch, wenn eine solche Entscheidung staatliche Maßnahmen betrifft, die in Beschwerden als vertragswidrige staatliche Beihilfen beanstandet werden, und sich aus ihr ergibt, daß die Kommission es ablehnt, das in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehene Verfahren einzuleiten, weil die beanstandeten Maßnahmen nach ihrer Auffassung keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages oder mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Wenn die Kommission solche Entscheidungen erlässt und entsprechend ihrer Pflicht zur ordnungsgemässen Verwaltung die Beschwerdeführer davon unterrichtet, muß der Beschwerdeführer gegebenenfalls die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung und nicht das an ihn gerichtete Schreiben, durch das er von der Entscheidung unterrichtet wird, anfechten.

46 Daher hat das Gericht, auch wenn man es für bedauerlich halten mag, daß die Kommission den Beschwerdeführerinnen ihren Standpunkt nicht durch Übersendung einer Kopie der ordnungsgemäß an den betreffenden Mitgliedstaat gerichteten Entscheidung mitgeteilt hat, einen Rechtsfehler begangen, indem es zu der Auffassung gelangt ist, daß Adressat der streitigen Entscheidung nicht dieser Staat gewesen sei, sondern daß es sich um eine Entscheidung handele, die an die Beschwerdeführerinnen gerichtet gewesen sei und mit der deren Antrag auf Feststellung, daß die Französische Republik durch die Gewährung von Beihilfen an Sécuripost gegen die Artikel 92 und 93 des Vertrages verstossen habe, abgelehnt worden sei.

47 Der Rechtsfehler, den das Gericht damit begangen hat, kann jedoch nicht zur Aufhebung seines Urteils führen, da die Beschwerdeführerinnen, wie die Kommission übrigens eingeräumt hat, durch die streitige Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen waren. Indem die Kommission in ihrer Entscheidung festgestellt hat, daß die von ihr durchgeführte Untersuchung nicht die Schlußfolgerung erlaube, es handele sich um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 des Vertrages, hat sie es nämlich implizit abgelehnt, das in Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages vorgesehene Verfahren einzuleiten. Wie aus der in den Randnummern 40 und 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung hervorgeht, können jedoch in einer solchen Situation die Personen, denen die in dieser Vorschrift vorgesehenen Verfahrensgarantien zugute kommen, deren Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung der Kommission gemäß Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages vor dem Gemeinschaftsrichter anzufechten. Dieser Grundsatz gilt dann, wenn die Entscheidung deshalb getroffen wurde, weil die Kommission die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar hält, wie auch dann, wenn nach ihrer Auffassung überhaupt keine Beihilfe vorliegt.

48 Da die Beschwerdeführerinnen unbestreitbar zu den Personen gehören, denen die fraglichen Verfahrensgarantien zugute kommen, sind sie in dieser Eigenschaft als durch die streitige Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen anzusehen. Sie haben folglich das Recht, deren Nichtigerklärung zu beantragen (vgl. Urteil Cook/Kommission, Randnrn. 25 und 26).

49 Aufgrund dieser Überlegungen ist festzustellen, daß das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, der zur Aufhebung seines Urteils führen könnte, indem es entschieden hat, daß die streitige Entscheidung unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache eine an die Beschwerdeführerinnen gerichtete Entscheidung gewesen sei, mit der deren Antrag auf Feststellung eines Verstosses der Kommission gegen die Artikel 92 und 93 des Vertrages abgelehnt worden sei.

Zum zweiten und zum dritten Rechtsmittelgrund

50 Als zweiten und dritten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, daß der Fehler des Gerichts hinsichtlich des Adressaten der Entscheidung der Kommission zu einer fehlerhaften Beurteilung der Begründungspflicht und der Pflicht zur Prüfung der Beschwerde geführt habe.

51 Die Kommission müsse zwar unabhängig von der Stellung des Adressaten ihrer Entscheidung eine Begründung geben, die die Möglichkeit einer Rechtmässigkeitskontrolle der Handlung gewährleiste, und sie sei gegenüber den Beschwerdeführerinnen verpflichtet, sämtliche ihr von diesen zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu prüfen, doch habe das Gericht den Umfang der Begründungspflicht zu Unrecht so beurteilt, als wären die Beschwerdeführerinnen die Adressaten ihrer Entscheidung.

52 Nach Auffassung der Kommission hat das Gericht daher einen Rechtsfehler begangen, indem es in Randnummer 53 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, daß die streitige Entscheidung so begründet sein müsse, daß die Beschwerdeführerinnen die tragenden Gründe für die Zurückweisung ihrer Beschwerde zwecks Wahrnehmung ihrer Rechte hätten erkennen können. Ein Beschwerdeführer könne nur wie jeder andere unmittelbar und individuell betroffene Kläger später im Rahmen einer Nichtigkeitsklage geltend machen, daß die Begründung einer Entscheidung unzureichend sei.

53 Zwar sei die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren gegen eine Person, das zu einer sie beschwerenden Handlung führen könne, ein tragender Grundsatz des Gemeinschaftsrechts; auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen könne sich jedoch nur der betroffene Mitgliedstaat in einer solchen Situation befinden, so daß nur er aufzufordern sei, zu den von beteiligten Dritten abgegebenen Erklärungen Stellung zu nehmen.

54 Infolge dieser fehlerhaften Auslegung der Tragweite der streitigen Entscheidung habe das Gericht mit seiner Auffassung, daß die Kommission von Amts wegen die Rügen zu prüfen habe, die der Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm diese Ergebnisse bekannt geworden wären, und daß die Begründungspflicht unter Umständen eine Anhörung des Beschwerdeführers erforderlich machen könne, dem Beschwerdeführer ohne Rechtsgrundlage neue Verfahrensrechte gewährt. Angesichts des Umfangs der Untersuchung, wie sie das Gericht in bezug auf sämtliche hypothetischen Rügen verlangt habe, die ein "idealer Beschwerdeführer" mit Sicherheit erhoben hätte, wäre die Kommission systematisch zu einer solchen Anhörung verpflichtet.

55 Schließlich trägt die Kommission vor, das Gericht habe im vorliegenden Fall unter dem Anschein der Kontrolle der Begründung eine Kontrolle auf Beurteilungsfehler durchgeführt und damit das rein verfahrenstechnische Erfordernis der Begründung mit der materiellen Rechtmässigkeit der Entscheidung vermengt. Das Gericht habe der Kommission nämlich einen offensichtlichen Beurteilungsfehler vorgeworfen, den es darin gesehen habe, daß die von der Kommission vorgenommene Untersuchung unzureichend gewesen sei.

56 Die vier dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen Staaten tragen im wesentlichen dieselben Argumente vor wie die Kommission. Die Bundesrepublik Deutschland weist jedoch darauf hin, daß der Kommission, wenn sie beschließe, das Vorprüfungsverfahren gemäß Artikel 93 Absatz 3 abzuschließen, und dabei die Form der Entscheidung im Sinne des Artikels 189 des Vertrages wähle, keine Begründungspflicht obliege, da es sich beim Vorprüfungsverfahren um ein nichtkontradiktorisches Verfahren handele, bei dem der Beschwerdeführer keine Rechtsschutzmöglichkeiten habe.

57 Angesichts dieses Vorbringens ist zu prüfen, welche Verpflichtungen die Kommission hat, wenn sie eine Beschwerde erhält, in der nationale Maßnahmen als staatliche Beihilfen beanstandet werden.

58 Zunächst gibt es für eine Verpflichtung der Kommission, unter bestimmten Umständen den Beschwerdeführer anzuhören, die sich nach dem angefochtenen Urteil aus der Pflicht der Kommission zur Begründung ihrer Entscheidungen ergeben soll, keine Rechtsgrundlage.

59 Wie nämlich der Generalanwalt in Nummer 83 seiner Schlussanträge vorgetragen hat, kann eine solche Verpflichtung nicht allein auf Artikel 190 des Vertrages als Rechtsgrundlage gestützt werden. Im übrigen ergibt sich, wie die Kommission und die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen Staaten ausgeführt haben, aus der in den Randnummern 38 und 39 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, daß die Kommission nicht verpflichtet ist, die Beschwerdeführer in der Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages anzuhören. Ausserdem braucht die Kommission nach dieser Rechtsprechung in der Prüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 2 die Beteiligten lediglich zur Äusserung aufzufordern. Wie die als Streithelfer beigetretenen Regierungen im Verfahren vor dem Gerichtshof sowie der Generalanwalt in Nummer 91 seiner Schlussanträge ausgeführt haben, könnte somit der Umstand, daß von der Kommission im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens nach Artikel 93 Absatz 3 eine Anhörung des Beschwerdeführers verlangt wird, zu Unstimmigkeiten zwischen der Verfahrensregelung nach dieser Vorschrift und der des Artikels 93 Absatz 2 führen.

60 Sodann ist in bezug auf die angebliche Verpflichtung der Kommission zur Prüfung bestimmter Rügen von Amts wegen festzustellen, daß die Kommission entgegen der Entscheidung des Gerichts nicht verpflichtet ist, von Amts wegen die Rügen zu prüfen, die der Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm die Ermittlungsergebnisse ihrer Untersuchung bekannt geworden wären.

61 Dieses Kriterium, nach dem sich die Kommission in die Lage des Beschwerdeführers zu versetzen hat, ist zur Abgrenzung der Prüfungspflicht der Kommission nicht geeignet.

62 Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, daß die Kommission nicht verpflichtet ist, bei der Prüfung einer Beschwerde gegebenenfalls über eine blosse Prüfung der ihr vom Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hinauszugehen. Die Kommission hat nämlich im Interesse einer ordnungsgemässen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrages auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen die Beschwerde sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, was eine Prüfung von Gesichtspunkten erforderlich machen kann, die der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich erwähnt hat.

63 Zur Begründungspflicht der Kommission ist daran zu erinnern, daß nach ständiger Rechtsprechung die nach Artikel 190 EG-Vertrag vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muß, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 190 EG-Vertrag genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. insbesondere Urteile vom 13. März 1985 in der Rechtssache 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnrn. 15 und 16, und vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86).

64 Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission anbelangt, mit der verneint wird, daß es sich bei einer von einem Beschwerdeführer gerügten Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handelt, ist entgegen den Ausführungen der deutschen Regierung festzustellen, daß die Kommission dem Beschwerdeführer jedenfalls in hinreichender Weise die Gründe darzulegen hat, aus denen die in der Beschwerde angeführten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe genügt haben. Die Kommission braucht jedoch nicht zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben.

65 Anhand dieser Feststellungen zum Umfang der Verpflichtungen der Kommission bei der Untersuchung des Vorgangs und der Begründung der streitigen Entscheidung ist das Vorbringen der Kommission und der dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen Staaten zu beurteilen, das Gericht habe das rein verfahrenstechnische Erfordernis der Begründung mit der materiellen Rechtmässigkeit der Entscheidung vermengt und der Kommission unter dem Anschein einer unzureichenden Begründung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler vorgeworfen, den es darin gesehen habe, daß die von der Kommission vorgenommene Untersuchung unzureichend gewesen sei.

66 Das Gericht hat, wie in Randnummer 19 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Klagegründe eines Verstosses gegen Artikel 190 EG-Vertrag und eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers gemeinsam geprüft.

67 Dabei handelt es sich jedoch um zwei verschiedene Klagegründe, die im Rahmen der Klage nach Artikel 173 des Vertrages geltend gemacht werden können. Der erste, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, enthält den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne dieses Artikels, und stellt einen Gesichtspunkt dar, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen prüfen muß (vgl. insbesondere Urteil vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C-166/95 P, Kommission/Daffix, Slg. 1997, I-983, Randnr. 24). Mit dem zweiten, der die materielle Rechtmässigkeit der streitigen Entscheidung betrifft, wird dagegen eine Verletzung einer bei der Durchführung des Vertrages anzuwendenden Rechtsnorm im Sinne des Artikels 173 gerügt; er darf vom Gemeinschaftsrichter nur geprüft werden, wenn sich der Kläger darauf beruft.

68 Das Gericht hat im übrigen, wie der Generalanwalt in Nummer 52 der Schlussanträge vorgetragen hat, die beiden genannten Klagegründe zwar gemeinsam geprüft, die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission aber letztlich allein auf den Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages gestützt. Mit einigen der gegen die Entscheidung erhobenen Rügen, die in dem angefochtenen Urteil als begründet angesehen wurden, kann aber kein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht werden.

69 So hat das Gericht in bezug auf die Überlassung von Räumen der Post an Sécuripost in Randnummer 65 des angefochtenen Urteils ausgeführt, daß die Kommission die von Sécuripost tatsächlich geforderten Mieten mit den von Wettbewerbern von Sécuripost für die Nutzung vergleichbarer Räume zu zahlenden Mieten hätte vergleichen müssen. Was die Wartung der Fahrzeuge von Sécuripost durch den "Service national des Ateliers et Garages des PTT" (staatlicher Werkstatt- und Garagendienst der Post) angeht, hat das Gericht in Randnummer 69 des angefochtenen Urteils die Kommission für verpflichtet gehalten, die von diesem Werkstattdienst verlangten Preise mit denen privater Werkstätten zu vergleichen.

70 Ebenso hat das Gericht in Randnummer 72 des angefochtenen Urteils festgestellt, der Umstand, daß die Gewährung eines Vorschusses in Höhe von 15 000 000 FF von Sofipost an Sécuripost ein entgeltliches Geschäft sei, könne für den Nachweis, daß es sich nicht um eine staatliche Beihilfe handele, nicht genügen, weil für ein solches Geschäft ein Zinssatz eingeräumt werden könne, der einen besonderen Vorteil darstelle. Die Kommission hätte daher prüfen müssen, ob der verlangte Zinssatz den marktüblichen Zinsen entsprochen habe.

71 Zur Rüge der Beschwerdeführerinnen, die der Post von Securipost berechneten Preise seien eindeutig höher als branchenüblich, hat das Gericht in den Randnummern 74 und 75 des angefochtenen Urteils überdies darauf hingewiesen, daß die Kommission die der Post berechneten Preise nur auf der Grundlage der Daten für 1993 mit den den Casino-Warenhäusern berechneten Preisen verglichen habe. Sie habe dabei die Unterschiede bei den berechneten Preisen in den Jahren 1987 bis 1992 nicht berücksichtigt, obwohl die der Post von Sécuripost berechneten Preise von 1987 bis 1993, insbesondere gemäß dem am 30. September 1987 zwischen Post und Sécuripost geschlossenen Rahmenvertrag, fortlaufend gesenkt worden seien, wodurch sich die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Preisunterschiede noch vergrössert hätten. Nach Auffassung des Gerichts hätte daher die Kommission die der Post und anderen Kunden von Securipost in den Jahren vor 1993 berechneten Preise prüfen müssen.

72 In den in den Randnummern 69 bis 71 des vorliegenden Urteils genannten Fällen hat das Gericht also offensichtlich nicht die erforderliche Unterscheidung zwischen dem Begründungserfordernis und der materiellen Rechtmässigkeit der Entscheidung vorgenommen. Es hat nämlich der Kommission unter dem Anschein einer unzureichenden Begründung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler vorgeworfen, den es darin gesehen hat, daß die von der Kommission vorgenommene Untersuchung unzureichend gewesen sei.

73 Gleichwohl hat das Gericht jedoch in bezug auf die anderen Rügen bei der Feststellung, daß die Begründung der streitigen Entscheidung unzureichend sei, keinen Rechtsfehler begangen.

74 In Randnummer 62 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zunächst ausgeführt, der Entscheidung fehle die Begründung in bezug auf die Rüge der Beschwerdeführerinnen, die Kommission habe nicht den in der Beschwerde geltend gemachten besonderen Vorteil geprüft, der darin bestehe, daß die von der Post an Sécuripost abgeordneten Beamten jederzeit, ohne daß vom Empfängerunternehmen irgendeine Abfindung wegen Kündigung oder Entlassung zu zahlen sei, wieder ihrer Stammverwaltung zugewiesen werden könnten, wenn bei dem Unternehmen ein Personalabbau erforderlich werde. Die Kommission hat dem vor Gericht nur entgegengehalten, bei der Nichtzahlung von Abfindungen wegen Kündigung oder Entlassung handele es sich lediglich um einen nachrangigen Gesichtspunkt im Rahmen eines in mehreren Beschwerden vorgebrachten Beschwerdepunkts, der die vollständige oder partielle Übernahme der Personalkosten von Sécuripost durch den Staat zum Gegenstand habe.

75 Das Gericht hat zu Recht festgestellt, daß der streitigen Entscheidung insoweit die Begründung fehle, da die Kommission auf diesen Beschwerdepunkt nicht geantwortet habe. Dieser in der Beschwerde ausdrücklich genannte Punkt durfte nämlich nicht als nachrangiger Gesichtspunkt der Rüge der vollständigen oder partiellen Übernahme der Personalkosten von Sécuripost durch den Staat betrachtet werden. Selbst wenn die Kosten des gesamten von der Post abgeordneten Personals von Securipost übernommen worden wären, wäre dadurch nicht ausgeschlossen gewesen, daß Securipost den Vorteil gehabt hätte, gegebenenfalls keine Abfindungen wegen Kündigung oder Entlassung zahlen zu müssen.

76 Weiter hat das Gericht in Randnummer 63 seines Urteils ausgeführt, der streitigen Entscheidung fehle die Begründung in bezug auf die Rüge der Beschwerdeführerinnen, daß Sécuripost für die abgeordneten Beamten keine Beiträge an die Arbeitslosenversicherung zahle. Die Kommission habe darauf entgegnet, daß "für die Beschäftigung abgeordneter Beamter hingegen keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung anfallen, da diese nach ihrer dienstrechtlichen Stellung eine Beschäftigungsgarantie besitzen".

77 Auch insoweit hat das Gericht zu Recht festgestellt, daß der streitigen Entscheidung die Begründung fehle. Wie das Gericht hervorgehoben hat, hat die Kommission nämlich in der streitigen Entscheidung ausdrücklich anerkannt, daß keine Versicherungsbeiträge gezahlt worden waren; ihre Erklärung zu den Gründen, die sie zu der Auffassung gebracht hätten, daß dieser Umstand keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 des Vertrages darstelle, ist derart mangelhaft, daß der streitigen Entscheidung damit die Begründung fehlt.

78 Nach alledem ergibt sich, daß die Rechtsmittelgründe der Kommission teilweise begründet sind. Der Gerichtshof hat jedoch ebenso wie das Gericht festgestellt, daß die streitige Entscheidung auch Begründungsmängel aufweist. Diese reichen für sich allein aus, die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung zu begründen. Folglich ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

79 Gemäß Artikel 122 Absatz 1 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen; gemäß Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt oder wenn ein aussergewöhnlicher Grund gegeben ist.

80 In der vorliegenden Rechtssache ist die Kommission unterlegen; die Beschwerdeführerinnen und Klägerinnen im erstinstanzlichen Verfahren haben sich jedoch nicht am Rechtsmittelverfahren beteiligt und folglich keinen Kostenantrag gestellt. Unter diesen Umständen ist gemäß Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung zu entscheiden, daß die Kommission und die Französische Republik ihre eigenen Kosten tragen. Die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien und das Königreich der Niederlande tragen gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung ebenfalls ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien, die Französische Republik und das Königreich der Niederlande tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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