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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: C-39/07
Rechtsgebiete: Richtlinie 89/48/EWG
Vorschriften:
Richtlinie 89/48/EWG |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
8. Mai 2008
"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 89/48/EWG - Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen - Nationale Regelung, nach der Diplome, die den Zugang zum Beruf des Krankenhausapothekers eröffnen, nicht anerkannt werden - Nichtumsetzung der Richtlinie"
Parteien:
In der Rechtssache C-39/07
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 1. Februar 2007,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbæk und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter L. Bay Larsen, P. Kuris und J.-C. Bonichot sowie der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), verstoßen hat, dass es nicht alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um diese Richtlinie hinsichtlich des Berufs des Krankenhausapothekers umzusetzen.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Richtlinien 85/432/EWG und 85/433/EWG
2 Am 16. September 1985 erließ der Rat die Richtlinie 85/432/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten (ABl. L 253, S. 34).
3 Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 85/432 bestimmt:
"Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Inhaber eines pharmazeutischen Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen akademischen oder als gleichwertig anerkannten Befähigungsnachweises, die den Bedingungen des Artikels 2 genügen, zumindest die in Absatz 2 genannten Tätigkeiten aufnehmen und ausüben dürfen, vorbehaltlich des Erfordernisses einer ergänzenden Berufserfahrung."
4 Art. 3 der Richtlinie 85/432 sieht vor:
"Spätestens drei Jahre nach Ablauf der in Artikel 5 vorgesehenen Frist unterbreitet die Kommission dem Rat geeignete Vorschläge bezüglich der Spezialisierungen im pharmazeutischen Bereich und insbesondere der des Krankenhausapothekers. Der Rat prüft diese Vorschläge innerhalb eines Jahres."
5 Am 16. September 1985 erließ der Rat ferner die Richtlinie 85/433/EWG über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Apothekers und über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts für bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten (ABl. L 253, S. 37).
6 Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 85/433 in der durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 (ABl. L 206, S. 1) geänderten Fassung lautet:
"Jeder Mitgliedstaat erkennt die im Anhang aufgeführten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Artikel 2 der Richtlinie 85/432 ... ausstellen, an und verleiht ihnen in seinem Gebiet die gleiche Wirkung in Bezug auf die Aufnahme und Ausübung der in Artikel 1 genannten Tätigkeiten wie den von ihm ausgestellten und im Anhang aufgeführten Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen."
7 Das in diesem Anhang genannte spanische Diplom ist der "Título de licenciado en farmacia" (Apothekerdiplom).
Die Richtlinie 89/48
8 Art. 1 der Richtlinie 89/48 in der durch die Richtlinie 2001/19/EG geänderten Fassung bestimmt:
"Im Sinne dieser Richtlinie gelten
a) als Diplome alle Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise bzw. diese Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise insgesamt,
- die in einem Mitgliedstaat von einer nach seinen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt werden,
- aus denen hervorgeht, dass der Diplominhaber ein oder ein dieser Dauer entsprechendes Teilzeitstudium an einer Universität oder einer Hochschule oder einer anderen Ausbildungseinrichtung mit gleichwertigem Niveau absolviert und gegebenenfalls die über das Studium hinaus erforderliche berufliche Ausbildung abgeschlossen hat, und
- aus denen hervorgeht, dass der Zeugnisinhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in diesem Mitgliedstaat erforderlich sind,
wenn die durch das Diplom, das Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis bescheinigte Ausbildung überwiegend in der Gemeinschaft erworben wurde oder wenn dessen Inhaber eine dreijährige Berufserfahrung hat, die von dem Mitgliedstaat bescheinigt wird, der ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis eines Drittlands anerkannt hat.
...
c) als reglementierter Beruf die reglementierte berufliche Tätigkeit oder die reglementierten beruflichen Tätigkeiten insgesamt, die in einem Mitgliedstaat den betreffenden Beruf ausmachen;
d) als reglementierte berufliche Tätigkeit eine berufliche Tätigkeit, deren Aufnahme oder Ausübung oder eine ihrer Arten der Ausübung in einem Mitgliedstaat direkt oder indirekt durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz eines Diploms gebunden ist. Als Art der Ausübung einer reglementierten beruflichen Tätigkeit gilt insbesondere
- die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in Verbindung mit der Führung eines Titels, der nur von Personen geführt werden darf, die ein Diplom besitzen, das in einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt ist;
..."
9 Art. 2 der Richtlinie 89/48 sieht vor:
"Diese Richtlinie gilt für alle Angehörigen eines Mitgliedstaats, die als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen.
Diese Richtlinie gilt nicht für die Berufe, die Gegenstand einer Einzelrichtlinie sind, mit der in den Mitgliedstaaten eine gegenseitige Anerkennung der Diplome eingeführt wird."
10 Art. 4 der Richtlinie 89/48 bestimmt:
"(1) Artikel 3 [über das Recht der Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats auf Zugang zu einem reglementierten Beruf] hindert den Aufnahmestaat nicht daran, vom Antragsteller ebenfalls zu verlangen,
...
b) dass er einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt
..."
Nationales Recht
Die Regelung über Spezialisierungen in der Pharmazie
11 Die Spezialisierungen in der Pharmazie werden geregelt durch das Königliche Dekret 2708/1982 zur Regelung der Studiengänge für die Spezialisierung und der Vergabe der Berufsbezeichnung "Fachapotheker" ("Farmacéutico Especialista") vom 15. Oktober 1982 (Real Decreto 2708/1982, por el que se regulan los estudios de especialización y la obtención del título de farmacéutico especialista, BOE Nr. 261 vom 30. Oktober 1982, S. 29994).
12 Art. 1 des Königlichen Dekrets 2708/1982 lautet:
"Für die ausdrückliche Führung der Bezeichnung 'Fachapotheker', für die Ausübung eines solchen Berufs und für die Berufstätigkeit in öffentlichen oder privaten Einrichtungen oder Institutionen unter dieser Bezeichnung ist der Besitz des entsprechenden, vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft erteilten Fachapothekerdiploms erforderlich; hiervon bleiben die Rechte der Apotheker ['Licenciados en Farmacia'] unberührt."
13 Art. 2 des Königlichen Dekrets 2708/1982 bestimmt:
"Um das Fachapothekerdiplom zu erwerben, muss der Betreffende
a) Inhaber des Apothekerdiploms sein,
b) die entsprechende apothekerliche Fachausbildung gemäß den vorgeschriebenen Studienplänen und -programmen vollständig absolviert haben,
c) die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden haben."
14 In Art. 3 des Königlichen Dekrets 2708/1982 heißt es:
"Als fachapothekerliche Spezialisierungen werden anerkannt:
Erste Gruppe. - Spezialisierungen, die hauptsächlich eine Krankenhausausbildung erfordern.
...
- Krankenhauspharmazie
..."
Die Regelung zur Umsetzung der Richtlinien 85/432, 85/433 und 89/48
15 Die Richtlinien 85/432 und 85/433 wurden durch das Königliche Dekret 1667/1989 vom 22. Dezember 1989 (BOE Nr. 4 vom 4. Januar 1990, S. 217) in das nationale Recht umgesetzt.
16 Art. 1 des Königlichen Dekrets 1667/1989 bestimmt:
"Die in Anhang I dieses Dekrets aufgeführten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erteilt wurden, welche die in Anhang II festgelegten Anforderungen erfüllen, werden in Spanien für den Zugang zu den Tätigkeiten des Apothekerberufs mit gleicher Wirkung anerkannt wie das amtliche Universitätsdiplom des Apothekers ['Título Universitario Oficial de Licenciado en Farmacia']."
17 Das in Anhang I des Königlichen Dekrets 1667/1989 genannte spanische Diplom ist das gleiche wie das im Anhang der Richtlinie 85/433 genannte.
18 Die Richtlinie 89/48 wurde durch das Königliche Dekret 1665/1991 vom 25. Oktober 1991 (BOE Nr. 280 vom 22. November 1991, S. 37916) in das nationale Recht umgesetzt.
19 Art. 2 Abs. 1 des Königlichen Dekrets 1665/1991 sieht vor:
"Die Vorschriften dieses Dekrets gelten für die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, die einen in einem dieser Staaten erworbenen Befähigungsnachweis besitzen und in Spanien als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf ausüben wollen, für den eine mindestens dreijährige Hochschulausbildung erforderlich ist."
20 Nach Art. 3 Buchst. a des Königlichen Dekrets 1665/1991 gelten als "reglementierte Berufe" alle in Anhang I des Dekrets aufgeführten Berufe. In diesem Anhang ist der Beruf des Krankenhausapothekers nicht genannt.
Vorgerichtliches Verfahren
21 Am 19. Dezember 2005 sandte die Kommission dem Königreich Spanien ein Mahnschreiben, mit dem sie rügte, dass das Königreich Spanien die Richtlinie 89/48 hinsichtlich des Berufs des Krankenhausapothekers nicht umgesetzt habe.
22 In seinem Antwortschreiben vom 17. März 2006 machte das Königreich Spanien geltend, dass die Richtlinie 89/48 auf den Beruf des Krankenhausapothekers nicht anwendbar sei, weil es sich hierbei um eine apothekerliche Spezialisierung handele, die durch die Richtlinien 85/432 und 85/433 besonders geregelt werde, welche durch das Königliche Dekret 1667/1989 in das spanische Recht umgesetzt worden seien.
23 Da die Kommission diese Antwort nicht für zufriedenstellend hielt, richtete sie an das Königreich Spanien am 4. Juli 2006 eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Das Königreich Spanien antwortete hierauf am 12. Januar 2007 und damit erst nach Ablauf der von der Kommission in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist. In seinem Antwortschreiben wiederholte das Königreich Spanien sein Vorbringen, dass die Richtlinie 89/48 auf Diplome über Spezialisierungen im pharmazeutischen Bereich nicht anwendbar sei.
24 Da die Kommission diese Argumentation nicht für überzeugend erachtete, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Zur Klage
Vorbringen der Parteien
25 Die Kommission trägt vor, dass der beklagte Staat die Richtlinie 85/433 hinsichtlich des Berufs des Krankenhausapothekers nicht umgesetzt habe, da Art. 1 des Königlichen Dekrets 2708/1982 den Inhabern eines Diploms, das in einem Mitgliedstaat ausgestellt worden sei und nach Art. 2 dieser Richtlinie als gleichwertig anerkannt sei, die Führung der Bezeichnung "Fachapotheker" ("Farmacéutico Especialista") und damit die Ausübung des Berufs des Krankenhausapothekers verwehre.
26 Dieser Befähigungsnachweis sei als "Diplom" im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 anzusehen, da er von der dazu bestimmten zuständigen Stelle ausgestellt werde, ein mindestens dreijähriges Studium abschließe und bescheinige, dass sein Inhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfüge, um den Beruf des Krankenhausapothekers in Spanien auszuüben. Ferner sei der Beruf, den nur die Inhaber des Fachapothekerdiploms ausüben dürften, ein reglementierter Beruf im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/48. Der Beruf bestehe nämlich in der Ausübung einer reglementierten Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Buchst. d der Richtlinie 89/48, da der Zugang zu diesem Beruf den Besitz eines Diploms voraussetze.
27 Die Richtlinie 89/48 schließe keinen reglementierten Beruf von ihrem Anwendungsbereich aus, ausgenommen diejenigen reglementierten Berufe, die Gegenstand einer speziellen Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung seien. Insbesondere enthalte die Richtlinie 89/48 keine Bestimmung, die dahin ausgelegt werden könnte, dass sie die pharmazeutischen Berufe oder, allgemeiner, die Berufe des Gesundheitswesens vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausschlösse. Die Einbeziehung dieser Berufe in die allgemeine Regelung der Anerkennung von Diplomen laufe Art. 47 Abs. 3 EG nicht zuwider, dem zufolge der schrittweisen Aufhebung der Beschränkungen des Niederlassungsrechts eine Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe vorausgehen oder diese Aufhebung mit einer solchen Koordinierung einhergehen müsse. Die Richtlinie ziele nicht auf die Einführung eines Systems der automatischen Anerkennung von Diplomen, sondern auf die Schaffung einer allgemeinen Methode, die die Anerkennung von Diplomen erleichtern solle.
28 Überdies seien die Richtlinien 85/432 und 85/433 auf den Beruf des Krankenhausapothekers nicht anwendbar, da sie nur das Apothekerdiplom beträfen. So gelte die Richtlinie 85/432, die die Ausbildungsvoraussetzungen für die Erteilung des unter die Anerkennungsregelung der Richtlinie 85/433 fallenden Apothekerdiploms koordiniere, nach ihrem Art. 3 nicht für Spezialisierungen im pharmazeutischen Bereich und insbesondere nicht für die Spezialisierung auf Krankenhauspharmazie. Ferner sei das spanische Apothekerdiplom das einzige Diplom, das im Anhang der Richtlinie 85/433 für das Königreich Spanien genannt sei.
29 Das Königreich Spanien hält dem entgegen, dass der Beruf des Krankenhausapothekers als eine Spezialisierung des Apothekerberufs nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48 falle. Ein solcher Beruf könne nur durch besondere Vorschriften geregelt werden, da Art. 47 Abs. 3 EG die Aufhebung der Beschränkungen für die Ausübung insbesondere der pharmazeutischen Berufe einem ausdrücklichen Vorbehalt unterstelle. Diese Aufhebung könne daher nicht durch die allgemeine Regelung über die Anerkennung von Diplomen, wie sie die Richtlinie 89/48 vorsehe, vorgenommen werden.
30 Diese Auslegung werde durch die Richtlinien 85/432 und 85/433 bestätigt, die im Einklang mit dem Erfordernis stünden, dass für die Koordinierung der Rechtsvorschriften über bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten, um die gegenseitige Anerkennung von pharmazeutischen Befähigungsnachweisen und Diplomen zu ermöglichen, besondere Regelungen geschaffen werden müssten. Hingegen könne die Richtlinie 89/48, die als einzige Voraussetzung für die Anerkennung von Diplomen eine Mindeststudienzeit vorsehe, der in Art. 47 Abs. 3 EG niedergelegten Verpflichtung zur Schaffung einer speziellen Regelung nicht genügen. Folglich könne sich die Kommission, da eine nach Art. 3 der Richtlinie 85/432 erlassene einschlägige Regelung fehle, nicht auf die Richtlinie 89/48 berufen, um dem Königreich Spanien vorzuwerfen, dass das innerstaatliche Recht nicht der allgemeinen Regelung über die Anerkennung von Diplomen entspreche.
Würdigung durch den Gerichtshof
31 Beide Parteien des vorliegenden Verfahrens sind der Ansicht, dass die Richtlinien 85/432 und 85/433 nicht auf das Fachapothekerdiplom anwendbar sind, das Zugang zum Beruf des Krankenhausapothekers gewährt. Jedoch ziehen sie aus dieser Auslegung unterschiedliche Konsequenzen. Nach Auffassung der Kommission bedeutet das Fehlen einer speziellen Richtlinie, dass das Diplom in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48 falle, während nach Meinung des Königreichs Spanien mangels einer solchen Richtlinie davon auszugehen ist, dass die Anerkennung dieses Diploms weder durch die Richtlinie 89/48 noch durch einen anderen sekundärrechtlichen Rechtsakt geregelt werde.
32 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48 nicht nach dem Gebiet oder der Typologie der betroffenen Diplome abgegrenzt wird. Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48 ist nämlich zu entnehmen, dass die Richtlinie für alle Hochschuldiplome gilt, die ein mindestens dreijähriges Studium abschließen und ihrem Inhaber den Zugang zu einem reglementierten Beruf eröffnen.
33 Ein Beruf ist nach ständiger Rechtsprechung dann als ein reglementierter Beruf im Sinne der Richtlinie 89/48 anzusehen, wenn die Aufnahme oder die Ausübung der diesen Beruf bildenden beruflichen Tätigkeit unter Rechts- oder Verwaltungsvorschriften fallen, die eine Regelung enthalten, durch die die betreffende berufliche Tätigkeit ausdrücklich Personen vorbehalten wird, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, und die Aufnahme dieser Tätigkeit denjenigen versagt wird, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 1. Februar 1996, Aranitis, C-164/94, Slg. 1996, I-135, Randnrn. 18 und 19, und vom 9. September 2003, Burbaud, C-285/01, Slg. 2003, I-8219, Randnr. 45).
34 Im vorliegenden Fall ist auf der Grundlage der einschlägigen nationalen Regelung festzustellen, dass das Fachapothekerdiplom ein Hochschuldiplom ist, das den Zugang zu einem reglementierten Beruf, nämlich dem des Krankenhausapothekers, eröffnet.
35 Auch wenn das Königreich Spanien dieser Einstufung des in Frage stehenden Diploms und Berufs nicht entgegentritt, ist es doch der Auffassung, dass die Richtlinie 89/48 für Diplome über Spezialisierungen im pharmazeutischen Bereich nicht gelte und dass es deshalb den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten keinen Anspruch auf Zugang zum Beruf des Krankenhausapothekers einräumen müsse.
36 Diese Auslegung der Richtlinie ist zurückzuweisen.
37 Insoweit ist zunächst hervorzuheben, dass der Anspruch auf Anerkennung der Diplome als Ausdruck des grundlegenden Rechts auf Niederlassungsfreiheit durch Art. 43 Abs. 2 EG gewährleistet wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist dieser Bestimmung des EG-Vertrags zu entnehmen, dass ein Mitgliedstaat, der mit einem Antrag auf Zulassung zu einem Beruf, dessen Aufnahme nach nationalem Recht vom Besitz eines Diploms oder einer beruflichen Qualifikation abhängt, befasst wird, die von dem Betroffenen für die Ausübung dieses Berufs in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise in der Weise berücksichtigen muss, dass er die durch diese Nachweise belegten Fachkenntnisse mit den nach nationalem Recht verlangten Kenntnissen und Fähigkeiten vergleicht (vgl. Urteile vom 7. Mai 1991, Vlassopoulou, C-340/89, Slg. 1991, I-2357, Randnr. 16, und vom 14. September 2000, Hocsman, C-238/98, Slg. 2000, I-6623, Randnr. 23).
38 Durch die Richtlinie 89/48 wurde, wie aus ihrem dritten Erwägungsgrund hervorgeht, eine "Methode zur Anerkennung" der von ihr erfassten Diplome geschaffen. Die Richtlinie legt eine allgemeine Regelung für die Anerkennung von Hochschuldiplomen fest, die den Zugang zu einem reglementierten Beruf und damit die Wahrnehmung eines durch den Vertrag gewährleisteten Rechts ermöglichen.
39 Im Übrigen wird durch die Richtlinie 89/48, wie die Kommission in Erinnerung gerufen hat, keine Regelung der automatischen Anerkennung geschaffen. Auch wenn die Richtlinie das Recht auf Zugang zu reglementierten Berufen vorsieht, gestattet sie es nämlich gemäß ihrem Art. 4 Buchst. b dem Aufnahmestaat, von dem Antragsteller, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats ist, einen dreijährigen Anpassungslehrgang oder die Ablegung einer Eignungsprüfung zu verlangen, und zwar insbesondere dann, wenn sich die von dem Antragsteller absolvierte Ausbildung auf Fachgebiete bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch das im Aufnahmemitgliedstaat geforderte Diplom abgedeckt werden, oder wenn der reglementierte Beruf im Aufnahmemitgliedstaat eine oder mehrere reglementierte berufliche Tätigkeiten umfasst, die nicht Bestandteil des reglementierten Berufs im Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaat des Antragstellers sind, und dieser Unterschied zwischen den beruflichen Tätigkeiten in den beiden betroffenen Mitgliedstaaten durch eine unterschiedliche besondere Ausbildung gekennzeichnet ist.
40 Das Königreich Spanien macht geltend, es werde jedenfalls durch Art. 47 Abs. 3 EG ausgeschlossen, dass eine Richtlinie zur Schaffung einer allgemeinen Regelung der Anerkennung von Diplomen auf Berufe des Gesundheitswesens angewandt werde. Dieser Artikel sehe nämlich einen ausdrücklichen Vorbehalt für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe vor, die nicht liberalisiert werden dürften, solange ein Rechtsakt mit Vorschriften über die "Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten" fehle.
41 Dieses Argument ist zurückzuweisen. Eine solche Auslegung von Art. 47 Abs. 3 EG führte nämlich nicht nur zu einer Nichtanwendung der Richtlinie 89/48, sondern sie hätte, allgemeiner, zur Folge, dass ein Recht der Gemeinschaftsangehörigen auf Anerkennung der Diplome über Spezialisierungen im pharmazeutischen Bereich ausgeschlossen wäre, obgleich sich dieses Recht aus Art. 43 Abs. 2 EG ergibt.
42 Vielmehr zielt Art. 47 Abs. 3 EG darauf, zu verhindern, dass für Diplome, die den Zugang zu Berufen des Gesundheitswesens eröffnen, eine Regelung der automatischen Anerkennung geschaffen wird, solange es an einer Koordinierung der Vorschriften über die Ausübung dieser Berufe fehlt, nicht aber darauf, den Umfang des Rechts auf die Anerkennung von Diplomen zu beschränken. Diese Vertragsbestimmung betrifft somit eine derartige Regelung, die in Verbindung mit der schrittweisen Harmonisierung der Vorschriften über die Ausübung dieser Berufe zu konzipieren ist.
43 Folglich fällt die Anerkennung von Diplomen, die den Zugang zum Beruf des Krankenhausapothekers eröffnen, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/48, und die Mitgliedstaaten müssen eine Regelung vorsehen, die unter den in dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen eine solche Anerkennung zulässt.
44 Nach alledem ist festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 89/48 verstoßen hat, dass es nicht alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um die Richtlinie 89/48 hinsichtlich des Berufs des Krankenhausapothekers umzusetzen.
Kostenentscheidung:
Kosten
45 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Spanien mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, verstoßen, dass es nicht alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um diese Richtlinie hinsichtlich des Berufs des Krankenhausapothekers umzusetzen.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.
Ende der Entscheidung
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