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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.1997
Aktenzeichen: C-42/96
Rechtsgebiete: Richtlinie 69/335/EWG, Richtlinie 73/79/EWG, Richtlinie 74/553/EWG, Richtlinie 85/303/EWG
Vorschriften:
Richtlinie 69/335/EWG | |
Richtlinie 73/79/EWG | |
Richtlinie 74/553/EWG | |
Richtlinie 85/303/EWG |
3 Die Richtlinie 69/335 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinien 73/79, 73/80, 74/553 und 85/303 findet auf eine nationale Abgabe, die von dem im Zeitpunkt der Einbringung eines Grundstücks in eine Kapitalgesellschaft festgestellten Wertzuwachs erhoben wird, keine Anwendung. Denn eine solche Abgabe stellt als allgemeine Abgabe auf den Wertzuwachs bei Grundstücken keine Gesellschaftsteuer dar, die bei der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens durch Einlagen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie erhoben wird.
4 Die Richtlinie 69/335 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinien 73/79, 73/80, 74/553 und 85/303 findet Anwendung auf Abgaben wie die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe, da diese bei der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im Fall der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft erhoben werden. Die drei Abgaben stellen in diesem Fall indirekte Steuern mit den gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer dar und sind daher nach Artikel 10 der Richtlinie verboten. Artikel 12 der Richtlinie ist jedoch so auszulegen, daß er einen Mitgliedstaat ermächtigt, in Abweichung von Artikel 10 diese Abgaben zu erheben, sofern sie nicht höher sind als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden.
Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 11. Dezember 1997. - Società Immobiliare SIF SpA gegen Amministrazione delle finanze dello Stato. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale civile e penale di Venezia - Italien. - Richtlinie 69/335/EWG - Einbringung von Liegenschaften. - Rechtssache C-42/96.
Entscheidungsgründe:
1 Das Tribunale civile e penale Venedig hat mit Beschluß vom 2. Februar 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Februar 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinien 73/79/EWG des Rates vom 9. April 1973 zur Änderung des Anwendungsbereichs des ermässigten Satzes der Gesellschaftsteuer, der zugunsten bestimmter Umstrukturierungen von Gesellschaften in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) der Richtlinie betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital vorgesehen ist (ABl. L 13, S. 3), 73/80/EWG des Rates vom 9. April 1973 betreffend die Festsetzung gemeinsamer Sätze der Gesellschaftsteuer (ABl. L 103, S. 15), 74/553/EWG des Rates vom 7. November 1974 zur Änderung von Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 303, S. 9) und 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 zur Änderung der Richtlinie 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 156, S. 23) (im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit der Società Immobiliare SIF SpA (Klägerin) gegen die Amministrazione delle Finanze dello Stato (Steuerverwaltung) wegen deren Weigerung, der Klägerin den nach dem italienischen Recht über die Besteuerung der Einbringung von Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft erhobenen Betrag von 772 228 000 LIT zu erstatten.
3 Die Richtlinie bezweckt u. a. im Zusammenhang mit der Beseitigung der fiskalischen Hindernisse für den freien Kapitalverkehr die Harmonisierung der Einzelheiten, die zur Festsetzung und Erhebung der Steuern beitragen, denen Kapitaleinlagen für Gesellschaften in der Gemeinschaft unterliegen.
4 Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie zählt die Vorgänge auf, die der Gesellschaftsteuer unterliegen; dazu gehört gemäß Buchstabe c die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art.
5 Nach Artikel 7 der Richtlinie in seiner Fassung gemäß der Richtlinie 85/303 kann auf eine solche Einlage die Steuer mit einem einheitlichen Satz von höchstens 1 % erhoben werden.
6 Nach Artikel 10 der Richtlinie erheben die Mitgliedstaaten, abgesehen von der Gesellschaftsteuer, von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf u. a. die in Artikel 4 genannten Vorgänge.
7 Nach Artikel 12 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten jedoch in Abweichung von den Artikeln 10 und 11 u. a. bestimmte Besitzwechselsteuern erheben.
8 In Italien ist die Registerabgabe (Imposta di registro) im Dekret Nr. 131 des Präsidenten der Republik vom 26. April 1986 (Supplemento ordinario zu GURI Nr. 99 vom 30. April 1986) geregelt. Handlungen aller Art der Gesellschaften, zu denen die Erhöhung des Gesellschaftskapitals oder -vermögens im Wege der Übertragung des Eigentums oder des dinglichen Nutzungsrechts an Grundstücken gehört, die speziell zur Ausübung von Geschäftstätigkeiten bestimmt sind, sind u. a. zu registrieren. Eine solche Einlage unterliegt einem Abgabensatz von 4 %, der nach Maßgabe des Wertes der eingebrachten Grundstück(e) berechnet wird, wenn diese Einlage speziell für die Ausübung einer geschäftlichen Tätigkeit bestimmt ist.
9 Die Hypothekenabgabe (Imposta ipotecaria) ist im Decreto legislativo Nr. 347 vom 31. Oktober 1990 betreffend die Regelung der Abgaben für die Übertragung und die Eintragung im Grundstücksregister (Supplemento ordinario Nr. 75 zu GURI Nr. 277 vom 27. November 1970; im folgenden: Gesetzesdekret Nr. 347) geregelt. Dieser Abgabe unterliegen die Förmlichkeiten der Übertragung, der Eintragung von Hypotheken, der Erneuerung und der Eintragung von Vermerken in den öffentlichen Liegenschaftsregistern. Die Bemessungsgrundlage der Abgabe wird durch den Wert des übertragenen oder eingebrachten Grundstücks gebildet; der Satz beträgt 1,6 %.
10 Die Katasterabgabe (Imposta catastale) ist ebenfalls im Gesetzesdekret Nr. 347 geregelt; sie wird bei der Umschreibung, d. h. dem Wechsel des Namens des Eigentümers oder Inhabers eines dinglichen Nutzungsrechts an einem im Kataster eingetragenen Grundstück, erhoben. Diese Abgabe, deren Satz 0,4 % beträgt, bemisst sich nach dem Wert der Liegenschaft.
11 Die kommunale Abgabe auf den Wertzuwachs von Grundstücken (Imposta communale sull'incremento di valore dei beni immobili; Invim) wurde durch das Dekret Nr. 643 des Präsidenten der Republik vom 26. Oktober 1972 (Supplemento ordinario Nr. 3 zu GURI Nr. 292 vom 11. November 1972) eingeführt und später mit Wirkung vom 1. Januar 1993 durch Artikel 17 des Decreto legislativo Nr. 504 vom 30. Dezember 1992 (Supplemento ordinario Nr. 137 zu GURI Nr. 305; Gesetzesdekret Nr. 504) aufgehoben. Die Invim wird von der Wertsteigerung von Grundstücken, die in Italien gelegen sind (Artikel 1), erhoben; sie fällt bei einer entgeltlichen Veräusserung oder der Einbringung von Grundstücken in Gesellschaften jeder Art (Artikel 2) oder bei Grundstücken, die Gesellschaften gehören, nach Ablauf von jeweils zehn Jahren, erstmals zehn Jahre nach dem Zeitpunkt des Erwerbs (Artikel 3), an.
12 Bemessungsgrundlage der Invim ist der Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs und demjenigen beim Erwerb oder der Einbringung zuzueglich der Kosten, die diesen Wert gesteigert haben. Beim zweiten Abgabentatbestand (Erhebung der Invim nach Ablauf von zehn Jahren) wird der Wertunterschied bei der Liegenschaft so berechnet, daß als Endwert der Wert zugrunde gelegt wird, den das Grundstück bei Ablauf des Zehnjahreszeitraums hat, und als Anfangswert sein Wert im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Wert, der bei der vorhergehenden Abgabenerhebung festgesetzt wurde (Artikel 6). Der Satz der Abgabe ist progressiv nach Maßgabe des steuerbaren Wertzuwachses; er beträgt je nach dem erzielten Wertzuwachs 3 bis 30 %.
13 Nach Artikel 17 des Gesetzesdekrets Nr. 504 wird die Invim trotz ihrer Abschaffung nach Maßgabe des am 31. Dezember 1992 erzielten Mehrwerts weiterhin zu den Hoechstsätzen geschuldet, wenn die Voraussetzungen für ihre Erhebung vom 1. Januar 1993 bis zum 1. Januar 2003 erfuellt sind. Nach dieser Übergangsbestimmung wurde die Erhöhung des Gesellschaftskapitals der Klägerin bei den Gesellschaftern, die die Einlage geleistet hatten, nach Maßgabe des vom Zeitpunkt des Ankaufs der Grundstücke durch die Gesellschafter bis zum 31. Dezember 1992 erzielten Wertzuwachses besteuert.
14 In der ausserordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 11. Dezember 1992 nahmen die Gesellschafter die Umwandlung der Gesellschaft, die eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung war, in eine Aktiengesellschaft vor und genehmigten gleichzeitig eine Einbringung von Liegenschaften im Wert von insgesamt 8 712 600 000 LIT zugunsten der Klägerin. Auf diese Einlage folgte eine Erhöhung des Stammkapitals um 4 000 000 000 LIT; dieses stieg durch die Ausgabe von 40 000 neuen Aktien im Wert von jeweils 100 000 LIT bei einem Agio von 97 527 LIT von 290 000 000 LIT auf 4 290 000 000 LIT.
15 Mit Bescheid vom 26. April 1993 forderte die Steuerverwaltung die Zahlung von 859 354 000 LIT für die vier streitigen Abgaben, die wegen der Einbringung von Grundstücken fällig sein sollte. Am 17. Juni 1993 zahlte die Klägerin diesen Betrag, verlangte jedoch von der Steuerverwaltung die Erstattung von 772 228 000 LIT, entsprechend dem Unterschied zwischen dem entrichteten Betrag und dem Betrag von 87 126 000 LIT, den die Klägerin ihrer Ansicht nach bei Anwendung des Satzes von 1 % gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie schuldete. Dieser Antrag wurde stillschweigend abgelehnt.
16 Mit Klageschrift, die am 19. Januar 1994 eingereicht wurde, beantragte die Klägerin beim vorlegenden Gericht, die Steuerverwaltung zur Erstattung von 772 228 000 LIT zu verurteilen; zur Begründung führte sie an, daß die Erhebung von Abgaben von der streitigen Kapitaleinlage gegen die Richtlinie verstosse, die einen einheitlichen Hoechstsatz von 1 % eingeführt habe.
17 Das Tribunale civile e penale hat in der Erwägung, daß die Richtlinie nicht die Feststellung ermögliche, ob der Abgabenhöchstsatz von 1 % im vorliegenden Fall anwendbar sei, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Artikel 4, 7 und 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 73/80/EWG vom 9. April 1973 im vorliegenden Fall anzuwenden?
2. Schließt ihre Anwendung die Erhebung aller anderen Steuern, insbesondere der von der italienischen Registerbehörde erhobenen Steuern, einschließlich der Abgabe auf den Wertzuwachs von Grundstücken (Invim), aus, und wird, falls dies zu bejahen ist, der Satz von 2 % oder der ermässigte Satz geschuldet?
18 Mit seiner ersten Frage begehrt das vorlegende Gericht Auskunft darüber, ob die vier Abgaben, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Mit seiner zweiten Frage möchte es wissen, ob, falls die erste Frage bejaht wird, diese Richtlinie der Erhebung dieser Abgaben entgegensteht.
Zur ersten Frage
19 Die Richtlinie betrifft nach ihrem Titel "die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital".
20 In bezug auf die Invim führt die Klägerin aus, sie sei als Gesellschaftsteuer im Sinne der Richtlinie zu betrachten, während die italienische und die griechische Regierung sowie die Kommission der Ansicht sind, daß die Invim eine direkte Steuer sei, die nicht unter die Richtlinie falle.
21 Die Invim ist eine Steuer auf den Wertzuwachs, den der Eigentümer eines Grundstücks im Zeitpunkt von dessen entgeltlicher Veräusserung realisiert, oder, im Fall von Grundstücken, die Gesellschaften gehören, auf den theoretischen Wertzuwachs, der bei Ablauf eines Zeitraums von zehn Jahren entsprechend den in Artikel 6 des Dekrets Nr. 643 festgelegten Kriterien ermittelt wird.
22 Somit wird nicht die Einlage als solche besteuert, sondern der mit der Einlage realisierte Wertzuwachs. Daher unterliegt die Einbringung von Grundstücken in eine Gesellschaft der Invim nicht, wenn der Unterschied zwischen dem ursprünglichen Wert beim Erwerb und dem Wert der Einlage negativ bleibt. Die Gleichstellung der Einbringungen mit Veräusserungshandlungen dient nur der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wert eines Grundstücks und demjenigen zum Zeitpunkt seines Erwerbs zu berechnen ist.
23 Ferner bestimmt sich die Bemessungsgrundlage der Invim nicht, wie dies Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie verlangt, nach dem tatsächlichen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten oder zu leistenden Einlagen, sondern nach dem Wertzuwachs, der mit dieser Einlage realisiert wird. Schließlich wird die Invim beim Einleger erhoben, nicht bei der Gesellschaft, der die Einlage zugute kommt.
24 Somit stellt die Invim als allgemeine Abgabe auf den Wertzuwachs bei Grundstücken keine Gesellschaftsteuer dar, die bei der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens durch Einlagen jeder Art im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie erhoben wird, so daß sie nicht von der Richtlinie erfasst wird.
25 Die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe werden bei der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und damit auch bei der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft erhoben. In diesem Fall werden die Abgaben von der Richtlinie erfasst.
26 Daher ist auf die erste Frage zu antworten, daß die Richtlinie auf eine nationale Abgabe, die von dem Zeitpunkt der Einbringung eines Grundstücks in eine Kapitalgesellschaft festgestellten Wertzuwachs erhoben wird, keine Anwendung findet. Hingegen findet sie auf die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe Anwendung.
Zur zweiten Frage
27 Eine sachgerechte Antwort auf die Frage des vorlegenden Gerichts macht eine Erörterung des Artikels 12 der Richtlinie erforderlich, auch wenn um die Auslegung dieser Bestimmung nicht ersucht worden ist.
28 Es ist nämlich Aufgabe des Gerichtshofes, alle Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen, die für die Entscheidung der bei den staatlichen Gerichten anhängigen Rechtsstreitigkeiten erforderlich sind, auch wenn diese Bestimmungen in den dem Gerichtshof von diesen Gerichten vorgelegten Fragen nicht ausdrücklich genannt sind (Urteil vom 18. März 1993 in der Rechtssache C-280/91, Vießmann, Slg. 1993, I-971, Randnr. 17).
29 Die zweite Frage ist daher in dem Sinne zu verstehen, daß das vorlegende Gericht Auskunft darüber begehrt, ob Artikel 12 der Richtlinie einen Mitgliedstaat ermächtigt, bei einer Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft, die durch die Einbringung von Grundstücken vorgenommen wird, Abgaben wie die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe zu erheben.
30 Die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe haben keinen besonderen Abgabentatbestand der Einbringung von Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft. Sie werden nämlich bei jeder Übertragung des Eigentums an einem Grundstück unabhängig davon erhoben, wer sie vornimmt und in welchem Zusammenhang sie erfolgt (Verkauf, Gesellschaftseinlage, Schenkung, Vererbung oder Gerichtsurteil).
31 Doch führt, wie die Kommission zu Recht bemerkt, die Erhebung dieser drei Abgaben von einer Einbringung von Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft von ihren Auswirkungen her dazu, daß die Einbringung mit diesen Abgaben belegt wird. Daher stellen diese drei Abgaben "indirekte Steuern mit den gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer" dar, die nach der letzten Begründungserwägung der Richtlinie die Zielsetzungen gefährden, die mit den in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen verfolgt werden, und die daher nach Artikel 10 verboten sind.
32 Artikel 12 der Richtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten jedoch, in Abweichung von den Artikeln 10 und 11 u. a. "Besitzwechselsteuern, einschließlich der Katastersteuern, auf die Einbringung von in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Liegenschaften oder "fonds de commerce" in eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck zu erheben" (Absatz 1 Buchstabe b), sofern diese Steuern und sonstigen Abgaben nicht höher sind als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden (Absatz 2).
33 Daher ist zu prüfen, ob die drei Abgaben unter Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie fallen, der eine abschließende Liste der anderen Steuern oder Abgaben enthält, die in Abweichung von den Artikeln 10 und 11 neben der Gesellschaftsteuer von Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit den in diesen Artikeln genannten Vorgängen erhoben werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 36/86, Dansk Sparinvest, Slg. 1988, 409, Randnr. 9, und vom 20. April 1993 in den Rechtssachen C-71/91 und C-178/91, Ponente Carni und Cispadana Costruzioni, Slg. 1993, I-1915, Randnr. 24).
34 Besitzwechselsteuern im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie sind Registersteuern, die von Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit bestimmten Vorgängen der Übertragung von Grundstücken oder "fonds de commerce" nach allgemeinen und objektiven Kriterien erhoben werden.
35 Diese Bestimmung macht keinen Unterschied zwischen verschiedenen Besitzwechselsteuern, die die Mitgliedstaaten erheben können. Sie ermächtigt die Mitgliedstaaten allgemein, neben der Gesellschaftsteuer, jedoch im Zusammenhang mit einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft, Steuern zu erheben, deren Entstehungstatbestand objektiv im Zusammenhang mit der Übertragung des Eigentums an Grundstücken oder "fonds de commerce" steht.
36 Somit ermächtigt Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie die Mitgliedstaaten, als Steuer auf den Besitzwechsel von Grundstücken Registerabgaben zu erheben, deren Satz den Hoechstsatz von 1 % im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie bis zu der in Artikel 12 Absatz 2 Satz 2 der Richtlinie festgesetzten Grenze übersteigen kann.
37 Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die bei einer Einbringung von Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft erhobene Register-, Hypotheken- und Katasterabgabe höher sind als diejenigen, die auf alle anderen Eigentumsübertragungen von Privatpersonen oder Gesellschaften ohne Erwerbszweck erhoben werden.
38 Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, daß Artikel 12 der Richtlinie einen Mitgliedstaat ermächtigt, in Abweichung von Artikel 10 der Richtlinie bei einer Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft, die durch die Einbringung von Grundstücken erfolgt, Abgaben wie die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe zu erheben, sofern diese Abgaben nicht höher sind als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden.
Kostenentscheidung:
Kosten
39 Die Auslagen der italienischen und der griechischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
(Sechste Kammer)
auf die ihm vom Tribunale civile e penale Venedig mit Beschluß vom 2. Februar 1996 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
1. Die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinien 73/79/EWG des Rates vom 9. April 1973 zur Änderung des Anwendungsbereichs des ermässigten Satzes der Gesellschaftsteuer, der zugunsten bestimmter Umstrukturierungen von Gesellschaften in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) der Richtlinie betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital vorgesehen ist, 73/80/EWG des Rates vom 9. April 1973 betreffend die Festsetzung gemeinsamer Sätze der Gesellschaftsteuer, 74/553/EWG des Rates vom 7. November 1974 zur Änderung von Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital und 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 zur Änderung der Richtlinie 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital findet auf eine nationale Abgabe, die von dem im Zeitpunkt der Einbringung eines Grundstücks in eine Kapitalgesellschaft festgestellten Wertzuwachs erhoben wird, keine Anwendung. Hingegen findet sie auf die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe Anwendung.
2. Artikel 12 der Richtlinie 69/335 in der geänderten Fassung ermächtigt einen Mitgliedstaat, in Abweichung von Artikel 10 der Richtlinie bei einer Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft, die durch die Einbringung von Grundstücken erfolgt, Abgaben wie die Registerabgabe, die Hypothekenabgabe und die Katasterabgabe zu erheben, sofern diese Abgaben nicht höher sind als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden.
Ende der Entscheidung
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