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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 15.11.1993
Aktenzeichen: C-76/93 P (2)
Rechtsgebiete: EWG-Satzung, Verfahrensordnung, EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Satzung Art. 37 Abs. 2
EWG-Satzung Art. 49
Verfahrensordnung Art. 93
Verfahrensordnung Art. 123
EWG-Vertrag Art. 179
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Im Hinblick auf einen von einem Beamten im Rahmen einer von einem anderen Beamten erhobenen Anfechtungsklage gestellten Streihilfeantrag ist unter einem berechtigten Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 37 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes ein unmittelbares Interesse an der Entscheidung über die Anträge zu verstehen, die speziell die Handlung betreffen, deren Aufhebung beantragt wird.

Im Rahmen einer von einem Beamten gegen eine Entscheidung über die Art und Weise der Zahlung seiner Dienstbezuege erhobenen Anfechtungsklage ist daher ein Streithilfeantrag eines anderen Beamten unzulässig, der gegen eine Entscheidung betreffend die Zahlung seiner eigenen Dienstbezuege keine Klage erhoben hat, obwohl er dies hätte tun können, und der am Ausgang des Rechtsstreits nur ein mittelbares Interesse besitzt, das sich auf die Anerkennung der Begründetheit einer vom Kläger inzidenter erhobenen Rechtswidrigkeitseinrede bezieht und auf der Ähnlichkeit zwischen seiner Situation und der Situation des Klägers beruht.


BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES VOM 15. NOVEMBER 1993. - PIERA SCARAMUZZA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - STREITHILFE. - RECHTSSACHE C-76/93 P.

Entscheidungsgründe:

1 Piera Scaramuzza hat mit Rechtsmittelschrift, die am 17. März 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EWG-Satzung und den entsprechenden Bestimmungen der EGKS- und der EAG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Dezember 1992 in der Rechtssache T-75/91 (Slg. 1992, II-2557) eingelegt, mit dem das Gericht ihre Klage gegen die Entscheidung der Kommission, die Auszahlung ihrer gesamten Dienstbezuege in der Währung und unter Anwendung des Berichtigungsköffizienten des Landes der dienstlichen Verwendung abzulehnen, abgewiesen hat.

2 Annick Auzat u. a., vertreten durch Rechtsanwälte Thierry Demaseure und Gérard Collin, Brüssel, Zustellungsanschrift: SARL Fiduciaire Myson, 1, rü Glesener, Luxemburg, haben mit Schriftsatz, der am 28. Juni 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, beantragt, in der Rechtssache C-76/93 P als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführerin zugelassen zu werden.

3 Der nach Artikel 37 Absatz 2 der EWG-Satzung des Gerichtshofes gestellte Streithilfeantrag ist gemäß den Artikeln 93 und 123 der Verfahrensordnung eingereicht worden.

4 Aus dem Streithilfeantrag ergibt sich, daß die Antragsteller Beamte sind oder waren und in einem Drittland Dienst tun oder taten. Als solche unterliegen oder unterlagen sie dem Beamtenstatut und den internen Richtlinien zu seiner Durchführung, mit denen u. a. die Zahlungsmodalitäten für die Dienstbezuege festgelegt werden. Die Rechtsmittelführerin macht die Rechtswidrigkeit dieser Richtlinien geltend.

5 Gemäß Artikel 37 Absatz 2 der EWG-Satzung des Gerichtshofes können alle Personen einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn sie ein berechtigtes Interesse an dessen Ausgang glaubhaft machen.

6 Dieses Interesse muß sich auf die Anträge der Partei beziehen, zu deren Unterstützung der Antragsteller zugelassen werden will. Er muß ferner ein unmittelbares gegenwärtiges Interesse daran glaubhaft machen, daß diesen Anträgen stattgegeben wird.

7 Die Antragsteller machen insoweit geltend, ihr Interesse am Ausgang des Rechtsmittelverfahrens könne nicht in Zweifel gezogen werden, weil die von der Rechtsmittelführerin zur Stützung ihres Rechtsmittels vorgetragenen Gründe Grundsatzfragen der Organisation des europäischen öffentlichen Dienstes und insbesondere der Situation aller in Drittstaaten diensttuenden Beamten aufwürfen.

8 Im vorliegenden Fall kann unterstellt werden, daß die im künftigen Urteil zu treffende Auslegung der Vorschriften die Situation der Antragsteller beeinflussen könnte, da die Verwaltungsbehörden der Gemeinschaft sich bei der Anwendung der beanstandeten Regelung auf alle Beamten danach richten könnten. Gleichwohl bleibt die Frage, ob einzelne Beamte wie die Antragsteller in einem Verfahren gemäß Artikel 179 EWG-Vertrag ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 37 Absatz 2 der EWG-Satzung des Gerichtshofes besitzen.

9 Unter einem berechtigten Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 37 Absatz 2 der EWG-Satzung ist im vorliegenden Zusammenhang ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung über die Anträge zu verstehen, die speziell die Handlung betreffen, deren Aufhebung beantragt wird.

10 Andernfalls hätte jeder Beamte, der dartut, daß seine Situation irgendwie durch die Entscheidung über die vom Kläger gerügte Rechtsverletzung beeinflusst werden könnte, ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Das wäre mit dem Rechtsschutzsystem der Artikel 90 und 91 des Statuts, insbesondere mit den dort geregelten Fristen, nicht vereinbar.

11 Es ist daher zwischen Antragstellern, die ein unmittelbares Interesse speziell an der Entscheidung über die Handlung besitzen, deren Aufhebung beantragt ist, und solchen Antragstellern zu unterscheiden, die nur wegen der Ähnlichkeit ihrer Situation mit der Situation einer der Parteien ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits besitzen.

12 Im übrigen werden die Rechtsschutzmöglichkeiten eines Antragstellers, der selbst Klage erheben kann oder konnte, nicht dadurch beeinträchtigt, daß er in einer anderen Rechtssache, die eine Situation oder eine Auffassung betrifft, die mit der seinen vergleichbar ist, nicht als Streithelfer zugelassen wird.

13 Die Antragsteller haben demnach kein unmittelbares gegenwärtiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft gemacht. Der Streithilfeantrag ist daher zurückzuweisen.

14 Da der Streithilfeantrag zurückgewiesen worden ist, sind nach Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung den Antragstellern ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

beschlossen:

1) Der Streithilfeantrag wird zurückgewiesen.

2) Die Antragsteller tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 15. November 1993

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