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Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 28.01.1998
Aktenzeichen: T-172/97
Rechtsgebiete: EGV, VerfO, Verordnung (EWG) Nr. 404/93
Vorschriften:
EGV Art. 175 | |
EGV Art. 186 | |
VerfO § 5 | |
Verordnung (EWG) Nr. 404/93 Art. 87 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
BESCHLUSS DES GERICHTS (Vierte Kammer)
28. Januar 1998 (1)
"Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Bananen - Antrag auf Erteilung zusätzlicher Einfuhrlizenzen - Untätigkeitsklage - Schadensersatzklage - Erledigung der Hauptsache - Streichung"
Parteien:
In der Rechtssache T-172/97
Camar Srl, Gesellschaft italienischen Rechts, niedergelassen in Florenz (Italien), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwältin Wilma Viscardini Donà, Padua, Beistände: Rechtsanwälte Mariano Paolin und Simonetta Donà, Padua, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Ernest Arendt, 8-10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Hubertus van Vliet und Paolo Ziotti, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Beistand: Rechtsanwalt Alberto Dal Ferro, Vicenza, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
wegen Feststellung der Untätigkeit der Kommission insoweit, als diese es unterlassen habe, über einen Antrag der Klägerin auf Erteilung von Einfuhrlizenzen für die Drittlands- oder nichttraditionellen AKP-Bananen für das Jahr 1997 und die folgenden Jahre auf der Grundlage der Mengen, die die Klägerin 1988, 1989 und 1990 vermarktet habe, zu entscheiden, und wegen Verurteilung der Kommission zum Ersatz des durch diese Untätigkeit verursachten Schadens,
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh sowie der Richter K. Lenaerts und J. D. Cooke,
Kanzler: H. Jung
folgenden
Beschluß
Entscheidungsgründe:
1. Durch die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (ABl. L 47, S. 1; im folgenden: Verordnung) wurde eine gemeinsame Regelung für die Einfuhr von Bananen eingeführt, die an die Stelle der einzelnen nationalen Regelungen getreten ist.
2. Nach Artikel 18 der Verordnung wird jährlich ein Zollkontingent für Einfuhren von Bananen aus Drittländern (im folgenden: Drittlandsbananen) und nichttraditionelle AKP-Bananen eröffnet. Dabei handelt es sich um die Bananen, die aus den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (im folgenden: AKP) eingeführt werden, und die über die von den traditionellen AKP-Lieferanten der Gemeinschaft jeweils ausgeführte Menge hinausgehen.
3. Gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung sind für die Einfuhr von Bananen im Rahmen des Zollkontingents Einfuhrlizenzen erforderlich. Jeder Wirtschaftsteilnehmer erhält Einfuhrlizenzen nach Maßgabe der durchschnittlichenBananenmengen, die er in einem spezifischen Referenzzeitraum vermarktet hat. Für die Einfuhren des Jahres 1997 besteht dieser Referenzzeitraum aus den Jahren 1993, 1994 und 1995 (Artikel 5 der Verordnung [EWG] Nr. 1442/93 der Kommission vom 10. Juni 1993 mit Durchführungsbestimmungen zu der Einfuhrregelung für Bananen, ABl. L 142, S. 6).
4. Artikel 30 der Verordnung sieht vor:
"Erweisen sich besondere Maßnahmen ab Juli 1993 als notwendig, um den Übergang von den vor Inkrafttreten dieser Verordnung gültigen Regelungen zu der durch diese Verordnung eingeführten Regelung zu erleichtern und insbesondere ernsthafte Schwierigkeiten zu überwinden, so trifft die Kommission ... alle für erforderlich erachteten Übergangsmaßnahmen."
5. Die Klägerin führte seit 1983 Bananen aus Somalia nach Italien ein. Am 31. Dezember 1990 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus und der normale Ablauf der Einfuhren der Klägerin wurde unterbrochen.
6. Am 27. Januar 1997 stellte die Klägerin bei der Kommission den Antrag, ihr gemäß Artikel 30 der Verordnung Einfuhrlizenzen für Drittlands- oder nichttraditionelle AKP-Bananen für das Jahr 1997 und die folgenden Jahre auf der Grundlage der Mengen zu erteilen, die sie in den Jahren 1988, 1989 und 1990, dem letzten Zeitraum, in dem sie unter normalen Bedingungen hatte tätig sein können, vermarktet hatte, und nicht auf der Grundlage der in dem aus den Jahren 1993, 1994 und 1995 bestehenden Referenzzeitraum vermarkteten Mengen (siehe oben, Randnr. 3).
7. Die Kommission bestreitet nicht, daß dieser Antrag eine Aufforderung, tätig zu werden, im Sinne von Artikel 175 EG-Vertrag dargestellt habe.
8. Nachdem die Kommission zu diesem Antrag nicht Stellung genommen hatte, hat die Klägerin mit bei der Kanzlei des Gerichts am 5. Juni 1997 eingereichter Klageschrift die vorliegende Klage erhoben.
9. Am 10. Juli 1997 hat die Klägerin außerdem einen Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen gemäß Artikel 186 EG-Vertrag gestellt.
10. Durch Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 28. Juli 1997 ist die Französische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission gegenüber dem Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen zugelassen worden.
11. In ihrem am 6. August 1997 eingereichten Klagebeantwortungsschriftsatz hat die Kommission beantragt, festzustellen, daß über die Klage nicht mehr entschieden werden müsse, weil die Kommission am 17. Juli 1997 den von der Klägerin in deren Schreiben vom 27. Januar 1997 formulierten Antrag abgelehnt habe. DieKommission ist der Ansicht, die Untätigkeitsklage sei damit gegenstandslos geworden. In bezug auf die Schadensersatzklage beantragt sie, die Klage für unzulässig zu erklären oder - hilfsweise - abzuweisen.
12. Mit Schreiben der Kanzlei des Gerichts vom 7. August 1997 ist die Klägerin aufgefordert worden, sich zu der Frage zu äußern, ob die Klage und der Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen in Anbetracht der Angaben der Kommission noch einen Gegenstand habe.
13. Mit bei der Kanzlei des Gerichts am 22. August 1997 eingereichtem Schreiben hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, sie sei der Ansicht, daß die Untätigkeitsklage nicht weiter geprüft zu werden brauche. Sie hat daher beantragt, förmlich festzustellen, daß das Verfahren nicht mehr fortgesetzt zu werden brauche, und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Dabei hat sie unterstrichen, daß sie gezwungen gewesen sei, das Gericht anzurufen, um nicht die Möglichkeit zum Vorgehen gegen die Kommission zu verlieren, und daß die Klage hätte vermieden werden können, wenn die Kommission sich binnen der in Artikel 175 EG-Vertrag vorgesehenen Fristen geäußert hätte.
14. Was den Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen angeht, hat die Klägerin angekündigt, sie habe, obwohl sie daran zweifle, daß es dem Gericht unmöglich sei, diesen Antrag weiter zu behandeln, beschlossen, diesen Antrag zurückzunehmen, um keine Zeit zu verlieren und um eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung vom 17. Juli 1997 zu erheben.
15. Mit bei der Kanzlei des Gerichts am 4. September 1997 eingereichtem Schreiben hat die Kommission Kenntnis davon genommen, daß die Klägerin ihren Antrag im Verfahren der einstweiligen Anordnung zurückgenommen hat. Sie hat im übrigen beantragt, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, weil der Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen auch ohne die Entscheidung vom 17. Juli 1997 zurückgewiesen worden wäre, da die Voraussetzungen für den Erlaß derartiger Maßnahmen im vorliegenden Fall nicht vorlägen.
16. Zur Klage in der Rechtssache T-172/97 hat die Kommission vorgetragen, was den Schadensersatzantrag angehe, habe die Klägerin die Klage zurückgenommen und müsse daher die Kosten tragen. Hinsichtlich der Untätigkeitsklage hat die Kommission den Antrag der Klägerin vom 22. August 1997 zur Kenntnis genommen und die Entscheidung über die Kosten in das Ermessen des Gerichts gestellt.
17. Der Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnung ist im Register des Gerichts durch Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 8. Oktober 1997 gestrichen worden; die Entscheidung über die Kosten ist dabei vorbehalten geblieben.
18. Nach alledem braucht über die Untätigkeitsklage nicht mehr entschieden zu werden.
19. Was die Schadensersatzklage angeht, ist das Gericht im übrigen der Ansicht, daß das Schreiben vom 22. August 1997 eine Klagerücknahme im Sinne von Artikel 99 der Verfahrensordnung darstellt.
Kostenentscheidung:
20. Nach Artikel 87 § 5 der Verfahrensordnung wird eine Partei, die die Klage zurücknimmt, auf Antrag der Gegenpartei zur Tragung der Kosten verurteilt. Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint. Gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.
21. Nach Artikel 87 § 6 der Verfahrensordnung entscheidet das Gericht, wenn die Hauptsache für erledigt erklärt wird, über die Kosten nach freiem Ermessen.
22. Im vorliegenden Fall ist anzuordnen, daß die Parteien ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung tragen und daß die Streithelferin im Verfahren der einstweiligen Anordnung ihre eigenen Kosten trägt.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
beschlossen:
1. Über die Untätigkeitsklage braucht nicht entschieden zu werden.
2. Die Rechtssache T-172/97 wird im Register des Gerichts gestrichen.
3. Die Parteien tragen jeweils ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung.
4. Die Streithelferin im Verfahren der einstweiligen Anordnung trägt ihre eigenen Kosten.
Luxemburg, den 28. Januar 1998
Ende der Entscheidung
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